Die wirtschaftlichen Folgen der Ausweisung des Naturschutzgebietes sind aus meiner Sicht nicht von Nachteil. Im Gegensatz: Grundschutz ist wirtschaftlich machbar. Mit Naturschutz kommt mehr Geld in die Region als ohne. Durch die gezielt auf Grünlandförderung ausgerichtete Agrarpolitik der Landesregierung profitiert insbesondere der Großteil der Landwirtschaft auf Eiderstedt.
Nun wissen wir, dass Klagen anhängig sind. Ich bin fest davon überzeugt, dass sie keine Aussicht auf Erfolg haben. Nur die Rechtsanwälte machen den
Reibach. Mit den Mitteln der Betroffenen und der Gemeindekasse wird hier von den Initiatoren fahrlässig umgegangen.
Unter dem Strich muss der Dialog, so schwierig er ist, fortgesetzt werden. Daneben müssen in der konkreten Umsetzung Vorteile für die Region organisiert werden. Wir stimmen dem Antrag in der geänderten Fassung, also gemäß der Beschlussempfehlung des Umweltausschusses, zu.
(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD - Veronika Kolb [FDP]: Wir haben nichts anderes erwartet!)
Ich darf einen neuen Gast auf der Tribüne im Landtag Schleswig-Holstein begrüßen, nämlich den Landesvorsitzenden der FDP, den Bundestagsabgeordneten Koppelin. - Herzlich willkommen!
Nun rufe ich den zuständigen Fachminister, Umweltminister Müller, als Redner für die Landesregierung auf.
Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Damen und Herren! Ich beginne mit einem Zitat: „Vor wenigen Tagen rief der Bauernverband in dieser Zeitung zum Widerstand auf gegen die von der Landesregierung zur Nachmeldung nach Brüssel vorgesehenen Vorschläge zu Gebieten nach der Flora-Fauna-HabitatRichtlinie und der Vogelschutzrichtlinie.“ - Etwas weiter steht dort: „Wie wir in Erfahrung gebracht haben, findet die Anti-FFH-Kampagne zurzeit mit nahezu gleich lautenden Pressemitteilungen in zahlreichen Landkreisen statt.“
Die beiden Worte, die ich ausgelassen habe, waren „Main-Spessart“, das ist der Bauernverband. Weiter handelt es sich um die bayerische Staatsregierung. Wir erleben das Schauspiel, dass die Diskussionen über Vogelschutz und FFH-Gebiete immer noch zu Polemik und Übertreibung taugen. Ich bedaure es, dass das Plädoyer des Herrn Oppositionsführers, Herrn Kayenburg, vonseiten der CDU etwas mehr Rücksicht auf Umweltbelange zu nehmen, schlicht ohne Resonanz geblieben ist.
Die Landesregierung hat Wort gehalten. Sie hat genau das getan, was sie angekündigt hat. Sie hat alle Ein
wendungen, die es gegen Vorschläge gegeben hat, sorgfältig geprüft. Was Eiderstedt angeht, waren es um die 400. Sie hat diese ergebnisoffen überprüft und geguckt, ob sie mit europäischem Recht konform sind. Ich habe an dieser Stelle oft genug darauf hingewiesen, wer dieses europäische Recht mit auf den Weg gebracht hat. Es waren nämlich die, die sich jetzt populistisch in die Büsche schlagen.
Wir haben den ursprünglichen Gebietsvorschlag nach Auswertung aller Hinweise deutlich verändert. Dies haben wir genau so angekündigt. Frau Sassen, ich werde nicht müde, darauf hinzuweisen, dass wir - so wie es in einer offenen und transparenten Verwaltung auch sein sollte - alle Varianten durchdiskutiert haben. Das habe ich immer gesagt. Da gibt es nichts Neues hineinzugeheimnissen.
Wir haben die Konsequenzen verschiedener Varianten geprüft. Wir haben uns dann aufgrund von naturschutzfachlichen Kriterien für die richtige Variante entschieden. Sie versuchen hier nach wie vor Dinge zu suggerieren, die an dieser Stelle schlicht nicht wahr sind. Lieber Kollege Hildebrand, ich kann nur deutlich sagen: Wenn man Referatsleitung und Abteilungsleitung verwechselt, dann ist das nicht schlimm. Wir haben schon mehrfach auf diesen Fehler hingewiesen. Wenn man Textbausteine recycelt, dann passiert das manchmal. Wenn Sie aber schlicht nicht zur Kenntnis nehmen, dass Leute Irrtümer und Versehen auch einräumen und nachher korrigieren, dann hat das mit einer rechtsstaatlichen Partei, die Sie so gern sein möchten, schlicht nichts zu tun. Es hat auch erst recht nichts mit einer redlichen und ehrlichen Debatte zu tun.
Wir sind inzwischen im Dialog mit verschiedenen Gruppen aus Eiderstedt schon wesentlich weiter, als Sie es suggerieren. Viele Menschen haben es dort vor Ort inzwischen begriffen, dass viele Dinge, die Sie hier behauptet haben, schlicht nicht wahr sind. Ich kann nur sagen: Ein Großteil der Kontroversen, die wir dort erlebt haben, waren bewusst geschürte Kontroversen. Ich sage Ihnen: Wer in diesem Land herumläuft und behauptet, diese Landesregierung würde Politik nicht mit den Menschen machen, dem kann ich nur sagen: Sie sind diejenigen, die Öl ins Feuer geschüttet haben. Sie sind diejenigen, die hier die Debatten geschürt haben. Sie haben ganz erheblich zu dieser Polemik beigetragen.
Darum will ich noch einmal kurz und knapp wiederholen: Ein NATURA 2000-Gebiet bedeutet ein Verschlechterungsverbot. Dies bedeutet für Eiderstedt, dass wir den Dauergrünlandanteil erhalten wollen und die Wasserstände nicht weiter abgesenkt werden dürfen. Das ist der Punkt, über den wir diskutieren. Dafür gibt es sogar eine Grünlanderhaltungsprämie. Wir haben sogar gesagt, dass es ein Zonierungsmodell mit mehr Flexibilität im Interesse der Landwirte gibt. Wir haben angeboten, dass darüber hinausgehende Maßnahmen gesondert honoriert werden. In Fragen der Wasserstände gilt dies explizit natürlich nur mit Zustimmung der Eigentümerinnen und Eigentümer.
Verehrter Lars Harms, ich kann nur sagen: Es besteht ein Unterschied zwischen 100 % und zwei Dritteln. Ich erläutere dir das gern noch einmal mathematisch. Das ist absolut nachvollziehbar. Ich war die ganze Zeit im Umweltausschuss dabei. Ich kann dir sagen: Alle Abgeordneten, die die Hand gehoben haben, wissen, was der Unterschied zwischen 100 % und zwei Dritteln ist. Ich kann sagen: Eiderstedt besteht aus 30.000 ha Landfläche. Das ist eindeutig ein Unterschied zu den 19.800 ha, die wir gemeldet haben. Grundrechenarten sind nicht weiter kompliziert.
Verehrte Frau Abgeordnete, zur Frage der Aktenvorlage sage ich Ihnen: Es gibt natürlich einen Unterschied zwischen den Akten, die wir dem Parlament - wie Sie wissen vertraulich und im Rahmen Ihrer Rechte als Abgeordnete - vorgelegt haben, und denen, die wir vor Gericht den Anwälten vorlegen. Wir erläutern Ihnen das gern noch einmal im Umweltausschuss. Ich komme diesem Informationsbedürfnis an dieser Stelle ausgesprochen gern nach.
Die Landesregierung hat das getan, was europäisches Recht ist. Sie schützt das schleswig-holsteinische Naturerbe vorbildlich. Ich weiß, dass das den regierungstragenden Fraktionen wichtig ist. Darum begrüße ich den heute vorliegenden Beschluss. Ich weiß, dass das der Opposition schlicht egal ist. Ich bin sicher, dass sich das bei den Menschen herumsprechen wird.
Zu einem Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung erteile ich zunächst Herrn Abgeordneten Lars Harms das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe ein paar Repliken auf das, was ich hier gesagt habe, bekommen. Deswegen will ich die Gelegenheit nutzen, dazu etwas zu sagen. Erstens. Ich gebe Herrn Kollegen von Hielmcrone Recht und bedanke mich ausdrücklich dafür, dass er es noch einmal genannt hat: Unser Ziel war es, einen Kompromiss hinzukriegen. Dieser Kompromiss sollte unserer Meinung nach darauf beruhen, was sowohl die Gutachten von der einen als auch die Gutachten von der anderen Seite ergeben hätten. Es wäre herleitbar gewesen, weniger auszuweisen. Das ist definitiv so. Es war aber der politische Wille nicht da.
Herr von Hielmcrone hat nun eben gerade gesagt, ein Drittel bliebe frei. Das ist nicht ganz Eiderstedt. In etwas verschärfter Form sagte nun Minister Müller: Zwei Drittel seien nicht 100 %; ich irrte mich. Ich sage nur: Er selber irrt sich, weil die Landesregierung ihre großflächige Ausweisung so beschreibt, wie sie auch in der Region empfunden wird. In einer Entgegnung auf die Stellungnahme einer Eiderstedter Gemeinde - Sie ahnen bestimmt, welche Gemeinde das ist, denn das ist meine eigene Gemeinde - antwortet die Landesregierung: Man sehe die Meldung von Eiderstedt als unverzichtbar an. Eiderstedt sei als Vogelschutzgebiet unverzichtbar. Man spricht also von Eiderstedt immer in seiner Gesamtheit - das tut gerade der Umweltminister - und nicht von ausgewählten Gebieten auf Eiderstedt oder von Teilen auf Eiderstedt oder von zwei Dritteln auf Eiderstedt. Das heißt, dass unser Minister Müller auch nicht weiß, was 100 % sind, wenn er über zwei Drittel redet. Wir müssen schon wissen, worüber wir reden, lieber Herr Müller.
Sie selber sehen es auch im Nachhinein noch genau so, wie es damals der Ausschuss gesehen hat. Der Ausschuss wollte einen Kompromiss haben und Sie haben das innerhalb von 14 Tagen durchgezogen und den Ausschuss links liegen gelassen. Das ist das, was passiert ist.
Ein letztes Wort zu dem, was Kollegin Sassen gesagt hat. Sie sagten, alle Abgeordneten hätten sich zusammenschließen und etwas für Eiderstedt machen sollen. Es gibt einen Dissens zwischen uns. Deshalb konnten wir nicht zusammenkommen. Auch wir als SSW sagen: „Es gibt Gebiete auf Eiderstedt, die aus
gewiesen werden müssen, weil sie den Naturschutzzweck erfüllen.“ Sie haben immer ratzekahl dagegen argumentiert und gesagt: „Gar nichts gibt es“; genauso wie der Bauernverband. Das ist der inhaltliche Unterschied!
Der inhaltliche Unterschied deckt sich mit dem, was auch Eiderstedter Gemeinden sagen. In vielen Stellungnahmen Eiderstedter Gemeinden wird deutlich gesagt: Wir schlagen auch einige Gebiete in unserem Gemeindegebiet vor, für die wir uns vorstellen könnten, hier etwas zu tun. - Der Dissens zwischen uns ist riesengroß. Deshalb konnten wir nicht gemeinsam antreten. Das wäre überhaupt nicht möglich gewesen.
Liebe Kollegin Sassen, Sie haben sich darauf eingeschossen, eine Frontalopposition zu machen. Sie wollten aus dieser üblichen Frontalopposition heraus gegen die Landesregierung vorgehen. Das ist Ihr gutes Recht, das dürfen Sie gern tun. Das ist aber nicht die Art der Politik, die wir machen. Wir wollten etwas für Eiderstedt erreichen. Das Ding ist: Wir haben etwas für Eiderstedt erreicht. Das wird mit dem Antrag heute deutlich. Es soll Vertragsnaturschutz angestrebt werden. Die einzelnen Landwirte müssen sich nicht einem Vertragsdiktat unterwerfen. Die Wasserstände werden nicht zwangsweise angehoben. All das sind Resultate der von uns geleisteten Arbeit. Das, was Sie geleistet haben, ist nichts als heiße Luft. Das ist zu wenig für Eiderstedt.
Nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung erteile ich Frau Abgeordneter Ursula Sassen das Wort zu einem Kurzbeitrag.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Zunächst noch einmal eine Bemerkung an Herrn Minister Müller: Uns ist selbstverständlich klar, dass wir nicht alle Akten - auch die sechs Ordner, die Sie uns nicht genannt haben - einsehen können. Das würden wir akzeptieren, wenn es so sein muss. Dass Sie uns aber von ihrer Existenz nichts gesagt haben und sie in Ihrem Brief nicht erwähnt haben, monieren wir.
Aus Ihrem Beitrag ist etwas nicht deutlich geworden: Ich würde gern die Frage beantwortet haben, warum man sich erst die Mühe macht und warum man erst den Aufwand betreibt, eine kleine Kulisse zu berech
nen, wenn man von vornherein weiß, man wird diese in Brüssel gar nicht vertreten können. Sie haben Ihr Ministerium mit den Berechnungen beschäftigt. Das erweckt doch den Eindruck: Okay, wenn ich es mir finanziell leisten kann, dann kann ich die große Lösung nehmen. Wenn nicht, dann muss ich mich auf den kleinen Teil beschränken. So sieht Ihre Begründung aus!
Zum Kollegen Lars Harms: Wir haben uns innerhalb der Fraktion besprochen. Wir werden diesen Antrag - entgegen unserer vorherigen Enthaltung - ablehnen, und zwar aus dem Grund, weil es noch Unklarheiten gibt.
Bei uns sieht es anders aus. Wir gehen nach wie vor davon aus, dass die fachliche Begründung zweifelhaft ist, und wir wollen keinem Gerichtsbeschluss vorgreifen.
Zu einem Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 unserer Geschäftsordnung erteile ich dem Herrn Abgeordneten Karl-Martin Hentschel das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben diese Diskussion des Öfteren geführt und ich glaube, dass sich die Debatte inzwischen beruhigt hat. Denn mittlerweile stellen die Menschen fest, dass vieles von dem, was an Schreckgespenstern an die Wand gemalt worden ist, gar nicht stimmt.