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Erste Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Ausführung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch für das Land Schleswig-Holstein sowie zur Änderung und Aufhebung anderer Rechtsvorschriften Gesetzentwurf der Landesregierung Drucksache 15/3649
Dann eröffne ich die Grundsatzberatung. Zunächst darf ich das Wort Herrn Minister Professor Dr. Rohwer erteilen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Erlauben Sie mir eine Vorbemerkung. Die Arbeitsmarktreformen, die unter dem Begriff Hartz IV zusammengefasst werden, haben am letzten Wochenende in Sachsen und Brandenburg zu einem politischen Erdbeben geführt. Ich meine, das sollte uns auch in diesem hohen Haus dazu anhalten, mit diesem Thema verantwortungsvoll und sachlich umzugehen. Mit Panikmache lösen wir die Probleme nicht, sondern spielen denen in die Hände, die keine Reform, sondern im Grunde eine andere Republik wollen.
Mit dem Ihnen vorliegenden Gesetzentwurf zur Ausführung des SGB II, zur Grundsicherung für Arbeitsuchende sowie zur Änderung und Aufhebung ande
rer Rechtsvorschriften soll die Voraussetzung für eine termingerechte Umsetzung der Hartz-IV-Reform im Lande geschaffen werden. Der Entwurf beinhaltet unverzichtbare Regelungen für die Umsetzung von Hartz IV. Im SGB II geht es um Leistungen wie Unterkunfts- und Heizkosten sowie um soziale Begleitmaßnahmen. Diese werden danach als pflichtige kommunale Selbstverwaltungsangelegenheiten definiert.
Das Land bekommt die Aufsicht über die SGB-IIUmsetzung. Amtsfreie Gemeinden und Ämter werden durch die Kreise zur Durchführung der kommunalen SGB-II-Aufgaben herangezogen. Der Bundesanteil an den Unterkunftskosten wird an die kommunalen Träger weitergeleitet. Daneben beinhaltet der Gesetzentwurf Hartz-IV-bedingte Änderungen in verschiedenen Gesetzen: Wohngeldgesetz, Finanzausgleichsgesetz bis hin zum Landespflegegesetz.
Die Landesregierung hat sich auch intensiv mit der Frage der Bedarfsgrenzen bei den Kita-Gebühren befasst. Hierzu können unterschiedliche Auffassungen vertreten werden. Ich schlage vor, dass diese Frage in den weiteren parlamentarischen Beratungen entschieden wird.
Über diese einzelgesetzlichen Änderungen wird im Verlaufe des parlamentarischen Verfahrens zu reden sein. Das Wichtigste ist, dass dieses unter hohem Zeitdruck erarbeitete Gesetzeswerk termingerecht zum 1. Januar 2005 in Kraft treten kann. Der Bund trägt die Verantwortung für den technisch problemlosen Übergang in die neue Grundsicherung für Arbeitsuchende. Die immer noch ungelösten EDV-Probleme müssen dringend gelöst werden. Außerdem sollten Kommunen und Agenturen für Arbeit nicht durch immer neue Vorschriften und Leitfäden in ihrer Arbeit behindert werden. Das ist wichtig. Wir haben eine Initiative gegenüber der Bundesregierung gestartet, dass uns so wenig wie möglich bürokratische Reglementierungen gegeben werden
und dass wir so weit wie möglich im Lande entscheiden können auf kurzen Wegen zwischen Arbeitsagenturen, den Kommunen und dem Land. Ich hoffe, dass wir die Leine noch etwas länger bekommen. Wir arbeiten daran mit der Bundesregierung.
Diese Landesregierung tut alles, damit Hartz IV erfolgreich in Schleswig-Holstein umgesetzt wird. Dieses beinhaltet weiterhin natürlich eine enge Kooperation mit dem Bund, mit der Bundesagentur und den Kommunen. Dies beinhaltet natürlich auch die Sicherung der gesetzlichen Grundlagen. Vor allem aber muss es darum gehen, den Betroffenen ab Januar
Ich füge hinzu: Genauso wichtig ist es, ihnen so viele Beschäftigungs- und Qualifizierungsmöglichkeiten wie irgend möglich anzubieten. Das ist das Wichtigste.
Deswegen hat die Landesregierung - Sie wissen das - im Rahmen von ASH 2000 25 Millionen € reserviert. Ich kann von mir aus gern noch einmal erklären, wie das gelaufen ist. Das wissen Sie auch alles. Wir haben das damals angekündigt. 25 Millionen € für die Jahre 2005 und 2006 sind reserviert dafür, Hartz-IVbezogene Beschäftigungsmaßnahmen durchzuführen. Das ist damals auch bekannt gegeben worden. Das setzen wir jetzt um und ich meine, wir setzen es gut um mit zwei Instrumenten, einem KombilohnModell, das sich anderswo schon bewährt hat - wir reden im nächsten oder übernächsten Antrag noch einmal darüber -, und einer Aufwertung gemeinnütziger Arbeitsgelegenheiten.
Wir setzen uns ansonsten bei der Bundesregierung dafür ein, dass wir in Sachen Personalbestückung, Übergangskosten - also Anschubfinanzierung - und Ausschreibungen zu schnelleren Lösungen kommen.
Zurzeit wird quer durch Schleswig-Holstein - ich kann das wirklich aus eigener Erfahrung aus vielen Besuchen nachvollziehen - überall mit Hochdruck daran gearbeitet, Hartz IV zum Januar 2005 umzusetzen - in den Kommunen, in den Arbeitsagenturen, in vielen anderen Bereichen, auch bei uns in der Landesverwaltung. Ich finde, an dieser Stelle kann man sich auch einmal für diese Arbeit bedanken, die rund um die Uhr, teilweise auch an Wochenenden, geleistet wird. Ich glaube, das steht uns allen gut an, uns dafür zu bedanken.
Ich habe mit Interesse die Presseerklärung der Kommunalpolitischen Vereinigung der CDU gelesen, in der es darum geht, dass das Wirtschaftsministerium nicht vertreten sei. Ich bitte einfach bei solchen Einladungen auch mich, das Ministerbüro, anzusprechen. Dann kann man so etwas besprechen. Meine Leute sind ununterbrochen unterwegs. Es kann nicht sein, dass man kurzfristig Leute zu einem Termin schicken kann. Wenn es da ein Problem gibt, sprechen Sie also mich an, sprechen Sie unsere politische Leitung an. Es ist nicht möglich, alles zur gleichen Zeit zu ma
chen. Sie müssen sich da bitte auch ein bisschen vorstellen, dass es hier und da Zeitprobleme gibt. Nochmals: Ich bitte Sie alle, diese Bemühungen zu unterstützen.
Einen letzten Appell möchte ich an dieser Stelle loswerden, der mit unserem Gesetz unmittelbar nichts zu tun hat. Ich bitte alle Arbeitslosen und Sozialhilfeempfänger, die betroffen sind, ihre Anträge jetzt auszufüllen. Es wäre wirklich grob fahrlässig, wenn wir denen jetzt sagen wollten, wartet noch ein paar Wochen, ob vielleicht etwas anderes kommt. Nein, die Reform kommt! Schieben Sie das nicht länger hinaus. Wo Sie Probleme mit den Anträgen haben, wenden Sie sich an uns, an die Arbeitsagenturen, an die Kommunen. Sie bekommen vernünftige Hilfe. Wir haben Stellen eingestellt. Ich glaube, das sollten wir überall auch vor Ort noch einmal sagen, damit jedenfalls an dieser Stelle nichts passiert. Ich bitte Sie also um Unterstützung unseres Gesetzentwurfs.
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort für die Fraktion der CDU erteile ich Herrn Abgeordneten Peter Lehnert.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Deutschland ist in den letzten Jahren im internationalen Vergleich immer weiter zurückgefallen. Die Politik der rot-grünen Bundesregierung hat bisher dazu geführt, dass in Deutschland ständig Arbeitsplätze verloren gegangen sind und wir auch in anderen wichtigen finanz- und wirtschaftspolitischen Daten in Europa zum Schlusslicht geworden sind. Um diese für unser Land so gefährliche Entwicklung zu stoppen, wurde eine Kommission unter der Leitung des VW-Managers Peter Hartz eingesetzt. Die von dieser Kommission vorgeschlagenen umfangreichen Reformen bilden die Grundlage unserer heutigen Diskussion.
Unter dem Aspekt der Schaffung zukunftsfähiger sozialer Sicherungssysteme sowie einer Steigerung des Anreizes zur Aufnahme einer Arbeit ist der Grundgedanke, der den so genannten Hartz-Gesetzen zugrunde liegt, richtig. Da es sich dabei um gravierende Eingriffe in die persönlichen Lebensverhältnisse vieler Menschen in unserem Lande handelt, ist es allerdings besonders wichtig, beide Seiten der Medaille, also „Fördern und Fordern“, gleichrangig zu betrachten. Dabei hat es die Bundesregierung leider
Ohne eine klare Formulierung von Zielen und Perspektiven wird es uns gemeinsam nicht gelingen, die notwendige Akzeptanz für diese Maßnahmen zu erreichen und die Menschen auf diesem Wege mitzunehmen. Die bisherige Informationspolitik der Bundesregierung kann in dieser Hinsicht leider nur als ungenügend bezeichnet werden. Durch viel zu spät einsetzende Informationen wurden und werden viele Menschen in unverantwortlicher Weise verunsichert. Wer verunsichert ist, entwickelt Ängste, welche wiederum den Nährboden für radikale Gruppierungen am rechten und linken politischen Rand bilden. Der Minister hat eben sehr deutlich gemacht, mit welchen Problemen wir bei den letzten Landtagswahlen zu kämpfen hatten.
Mit ständigen handwerklichen Fehlern im Gesetzgebungsverfahren und politischen Alleingängen werden die Menschen noch weiter verunsichert und der Erfolg der so wichtigen Arbeitsmarktreformen gefährdet. Bei der konkreten Umsetzung von Hartz IV geht es zuerst um die betroffenen Menschen. Es liegt in unserer Verantwortung, sie nicht nur umfassend zu informieren, sondern ihnen auch persönliche Perspektiven aufzuzeigen. Dabei muss es vor allem darum gehen, wie mehr Arbeit in Deutschland geschaffen werden kann. Ansonsten wird das Ziel dieser Reformen, Menschen wieder in Arbeit zu bringen, nicht erreicht. Um Arbeitsplätze zu schaffen, muss der Arbeitsmarkt von Behinderungen befreit, müssen rechtliche und bürokratische Belastungen für die Unternehmen abgebaut werden.
Selbst der Namensgeber der Arbeitsmarktreform, Peter Hartz, kritisiert, dass bei den Gesetzen der Regierung wesentliche Teile des Konzeptes fehlen und so jedenfalls nicht die vorgesehenen neuen Arbeitsplätze geschaffen werden können.
Die beunruhigenden Nachrichten über massive technische Probleme bei der Einführung der notwendigen Software bei den zuständigen Bundesagenturen für Arbeit, der mangelhafte Rücklauf der viel zu umfangreichen und komplizierten Antragsformulare sowie die ungeklärten Fragen der Mittelbereitstellung für die kommunale Ebene erfordern schnelles und entschlossenes Handeln.
Deshalb muss die Landesregierung ihre Aktivitäten erhöhen, um für eine fristgerechte und erfolgreiche Umsetzung zu sorgen. Der Versuch, die aufgezeigten
Umsetzungsprobleme auf die kommunale Ebene abzuwälzen, ist für die CDU-Landtagsfraktion dabei nicht akzeptabel. Die Kommunen in SchleswigHolstein haben sich sehr frühzeitig und intensiv auf die anstehenden Aufgaben vorbereitet. Sie haben sich mit großer Sachkenntnis und konstruktiven Vorschlägen aktiv in die Diskussion eingebracht. Im Gegensatz zur Landesregierung, die sich erst relativ spät mit den anstehenden Problemen auseinander gesetzt hat, und der Bundesagentur für Arbeit, die trotz positiver regionaler Kooperation immer wieder durch das Bundeswirtschaftsministerium vor dem Abschluss von konstruktiven Vereinbarungen zurückgepfiffen wurde, stehen die Kommunen in Schleswig-Holstein für eine erfolgreiche Vorbereitung der anstehenden Arbeitsmarktreformen. Jetzt ist die Landesregierung aufgefordert, den vorgelegten Gesetzentwurf nachzubessern und dabei die finanziellen Rahmenbedingungen für die Umsetzung von Hartz IV wie versprochen für die Kommunen auskömmlich zu gestalten.
Der Innenminister hat in diesem Zusammenhang auf Initiative der CDU-Landtagsfraktion in der 114. Sitzung des Innen- und Rechtsausschusses darauf hingewiesen, dass sich unsere Kommunen zurzeit in der schwersten Finanzkrise der letzten Jahrzehnte befinden. Wie unter diesen finanziellen Rahmenbedingungen auch noch der dringend erforderliche Ausbau der Kinderbetreuung für die unter Dreijährigen finanziert werden soll, muss noch im Verfahren geklärt werden. Wer die Vereinbarkeit von Familie und Beruf nachhaltig verbessern will, muss hierfür auch die entsprechenden Finanzmittel zur Verfügung stellen.
In der dringend erforderlichen Anhörung zum Gesetzentwurf der Landesregierung müssen noch eine ganze Reihe von Punkten intensiv diskutiert werden. Dabei haben wir insbesondere über die Zukunft des quotalen Systems zu reden. Außerdem müssen wir über die Frage der zukünftigen Finanzierung des Asylbewerberleistungsgesetzes sprechen.
Der dabei von der Landesregierung vorgeschlagene Weg, die kreisangehörigen Städte und Gemeinden ausschließlich über eine Erhöhung der Kreisumlage zur Mitfinanzierung heranzuziehen, wird von der CDU-Landtagsfraktion abgelehnt. Das Land sollte sich lieber auf die Bereitstellung ausreichender Finanzmittel konzentrieren. Alle erforderlichen Entscheidungen sollten besser vor Ort in eigener Verantwortung getroffen werden können. Im Rahmen der Anhörung könnten wir dann auch die Frage klären, wieso die prognostizierte Entlastung der Kreise und kreisfreien Städte in Schleswig-Holstein um fast 27 Millionen € verringert wurde.
Die Landesregierung ist daher dringend aufgefordert, endlich konkrete Zahlen vorzulegen, um den Kommunen eine solide Planungsgrundlage zu geben.
Nur wenn die Landesregierung endlich bereit ist, konkrete Verantwortung für die erforderliche Umsetzung der anstehenden Reformen zu übernehmen, kann es gelingen, Erfolge für die Menschen in unserem Land zu erreichen. Die CDU-Landtagsfraktion wird dabei sehr genau darauf achten, dass das Ziel der Sicherung und vor allen Dingen der Schaffung neuer Arbeitsplätze nicht aus den Augen verloren wird. Nur wenn uns dies gelingt, werden wir die Menschen auf diesem schwierigen Weg mitnehmen.