Peter Lehnert

Sitzungen

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Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will zunächst etwas Grundsätzliches sagen, weil einige Kolleginnen und Kollegen gefragt haben, warum wir eine Aktuelle Stunde durchführen. Ich bin dem Herrn Innenminister sehr dankbar, dass er einen der Gründe genannt hat, nämlich den offenen Brief von Frau Fröhlich. Es ist ja schon ein relativ einmaliger Vorgang, dass in diesem wichtigen Themenbereich der eine Koalitionspartner dem anderen öffentlich über eine Presseerklärung mitteilt, welche gegenteilige Position er in einigen Punkten hat. Ich denke, das ist durchaus ein Grund, um eine Aussprache hier im Plenum zu führen.
Ich will versuchen, mich den Positionen der Landesregierung zu nähern. Der Innenminister hat einige Ausführungen dazu gemacht.
Sie wissen, dass wir die ständigen Konferenzen der Innenminister mit besonderem Interesse verfolgen.
Sie haben einen Beschluss einer Konferenz erwähnt. Eine weitere Konferenz hat im November in Lübeck stattgefunden. Damals hat es auch einen Beschluss der Innenministerkonferenz gegeben. Ich will ihn einmal wörtlich zitieren:
„Sie spricht sich dafür aus, die DNAAnalyse vor dem Hintergrund der überragenden Bedeutung im Rahmen der Kriminalitätsbekämpfung zukünftig zum Zwecke der Identifizierung in künftigen Strafverfahren entsprechend den erkennungsdienstlichen Maßnahmen zu nutzen.“
Hierzu gab es eine Protokollnotiz von zwei Ländern. Sie hatten eine Protokollnotiz von Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein von der Ministerkonferenz davor erwähnt. Zu dem Beschluss vom 19. November gibt es eine Protokollnotiz von Berlin und SchleswigHolstein. Diese lautet:
„Berlin und Schleswig-Holstein sehen die Prüfungen zu weiteren Anwendungsmöglichkeiten der DNA-Analyse als noch nicht abgeschlossen an.“
Das ist die Konferenz vom 19. November in Lübeck gewesen. Dann hat es den offenen Brief von Frau Fröhlich gegeben, in dem sie noch einmal darauf hinweist, dass sich der Innenminister in den letzten Tagen wiederholt zur Aufnahme der DNA-Analyse in den Katalog der erkennungsdienstlichen Maßnahmen geäußert hat. Sie macht deutlich, dass die Grünen dazu eine unterschiedliche Position haben, und schließt:
„Wir möchten Sie daher bitten, sich für eine Novellierung der bundesrechtlichen Vorschriften über die Durchführung erkennungsdienstlicher Maßnahmen einzusetzen. Diese muss die gesetzlichen Voraussetzungen für erkennungsdienstliche Maßnahmen enger fassen und Löschungsregelungen beinhalten, die rechtsstaatlichen Grundsätzen genügen.“
Das heißt, die Grünen wollen noch eine weitere Verengung. Kollege Schlie und auch die Zahlen der GdP haben deutlich gemacht, dass von 87.000 Tatverdächtigen in Schleswig-Holstein weniger als 7.000 überhaupt erkennungsdienstlich behandelt werden. Das sind weniger als 8 %. Dieser Kreis soll also nach der Forderung der Grünen noch weiter eingeengt werden. Ich denke, das ist nicht zu vertreten.
Zum Wechsel bei der Innenministerkonferenz vor wenigen Tagen, am 20. Januar, hat der Innenminister
noch einmal deutlich gemacht, dass er sich für diese erkennungsdienstliche Standardmaßnahme ausspricht und insofern die Polizei unterstützt. Er hat auch noch einmal ganz deutlich gemacht, dass wir mit der DNAAnalyse im nicht codierenden Bereich den Fingerabdruck des 21. Jahrhunderts haben, dass der Beweiswert des DNA-Materials dem herkömmlichen Fingerabdruck und anderen Verfahren zur Identifikation weit überlegen ist, wegen ihrer überragenden Bedeutung für die Kriminalitätsbekämpfung sollte man daher die DNA-Analyse zur erkennungsdienstlichen Standardmaßnahme machen.
Die Polizei benutzt bei der Standard-DNA-Analyse nur den nicht codierenden Teil; denn nur diese Merkmale sind von Person zu Person sehr unterschiedlich. Nur dadurch erhält sie überhaupt diese enorm hohe Treffsicherheit. Das ist im codierenden Bereich gar nicht möglich. Deswegen wird er auch nicht erfasst. Das ist ganz eindeutig geregelt. Der Innenminister hat das Gott sei Dank auch deutlich gemacht.
Ich sehe keine Missbrauchsgefahr, insbesondere nicht durch staatliche Behörden, vor allen Dingen nicht durch unsere Polizei. Ich will ganz deutlich sagen, dass dort mit hoher Fachkompetenz und hoher Sensibilität gearbeitet wird. Der Innen- und Rechtsausschuss hat das Landeskriminalamt besucht, hat sich vor Ort sachkundig gemacht. Der CDU-Fraktionsarbeitskreis Innen und Recht hat sich bereits vorher dort zu diesem Thema sachkundig gemacht. Einigen Kollegen in diesem Plenum würde es gut tun, das zu vertiefen.
Im Interesse der Bürgerinnen und Bürger muss die Polizei schwere Verbrechen möglichst schnell aufklären, um weitere Verbrechen zu verhindern. Manche Mordermittlungen dauern Jahre mit erheblichem personellen und zeitlichen Aufwand. In dieser Zeit läuft ein potenzieller Mörder oder ein Sexualstraftäter, bei dem die Wiederholungsgefahr besonders hoch ist, frei herum.
Es besteht ein krasser Widerspruch zwischen dem Misstrauen gegenüber kontrollierten staatlichen Behörden und der Gefahr, dass Bürger persönlichste Daten in vielfältigster Form in den privaten Wirtschaftsbereich weitergeben. Ich glaube, dass der Gesetzgeber hier einen dringlicheren Handlungsbedarf hat.
Ich will zum Abschluss aus einer Analyse des Bundeskriminalamts zitieren. Inzwischen ist Herr Zierke Chef des Bundeskriminalamtes geworden. Das Bundeskriminalamt stellt fest:
„Bei der DNA-Analyse geht es nicht darum, Täter nach dem ersten Ladendiebstahl zu erfassen, sondern nach dem fünften oder nach dem zehnten Vergehen.“
Der durchschnittliche Sexualtäter hatte nach der BKA-Studie in fünf Deliktsbereichen 22 Vorstrafen.
Deswegen glaube ich, werden uns die Fachleute eindringlich darum bitten - Herr Präsident, ich komme zum Schluss -, diese Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung, übrigens auch zum Schutz derjenigen, die unschuldig in Verdacht geraten, einzuführen. Wir sind dringend aufgefordert, hier schnell und entschlossen zu handeln.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Herr Kubicki, Bürgerinnen und Bürger, insbesondere Kinder, müssen wirksam vor Angriffen gefährlicher Hunde geschützt werden. Dies wird am besten durch ausreichende Vorsichtsmaßnahmen und durch verantwortungsbewusstes Verhalten der Hundehalter bewirkt. Wir sind uns sicherlich einig darüber, dass sich fast alle Hundehalter dieser Verantwortung bewusst sind und entsprechend handeln.
Gleichwohl hat es in der Vergangenheit dramatische Vorfälle gegeben, die, wie wir wissen, zu verschiedenen landes- und bundesrechtlichen Regelungen geführt haben, mit denen der Schutz vor besonders gefährlichen Hunden verbessert werden sollte. Die Rechtmäßigkeit dieser Regelungen war vielfach umstritten, sie hatten häufig vor Gericht keinen Bestand.
Bis zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 16. März letzten Jahres war insbesondere strittig, ob Verbote oder Schutzmaßnahmen an der Rassezugehörigkeit festgemacht werden dürfen. Das Bundesverfassungsgericht hat das bundesgesetzliche Verbot der Einfuhr und Verbringung von Hunden vier bestimmter Rassen nach Deutschland bestätigt. Kollege Puls hat sie eben erwähnt. Es gebe, so das Gericht, genügend Anhaltspunkte, dass diese Hunde für Leib und Leben von Menschen so gefährlich seien, dass ihre Einfuhr unterbunden werden könnte.
Hinsichtlich der unterschiedlichen Behandlung von Hunderassen ist nach Auffassung des Gerichts jedoch die weitere Beobachtung und Überprüfung des Beiß
verhaltens von Hunderassen erforderlich. Bei Vorliegen verlässlicher Ergebnisse müssten bestehende Regelungen angepasst, also bestimmte Rassen wieder herausgenommen oder noch nicht erfasste Rassen neu aufgenommen werden.
Ferner hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass das im Tierschutzgesetz und in der TierschutzHundeverordnung geregelte Zuchtverbot für die hier in Rede stehenden Hunde insbesondere dem Schutz der Menschen diene und deshalb als Maßnahme der Gefahrenabwehr in die Gesetzgebungskompetenz der Länder falle.
Für dieses landesrechtlich zu regelnde Zuchtverbot sieht die Innenministerkonferenz die Notwendigkeit einer einheitlichen Regelung in ganz Deutschland. Dabei sollen alle rechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft werden, das Zuchtverbot insbesondere auf die Hunderassen beziehungsweise -typen zu erstrecken, die nach Bundesrecht einem Einfuhr- und Verbringungsverbot unterliegen.
Es ist wichtig, länderübergreifende, verhältnismäßige, tierschutzgerechte und vor allem verfassungsgemäße Regelungen zu finden. Dabei sind wir uns alle einig, dass der Schutz des Menschen immer oberste Priorität genießen muss.
Die Sicherheitsstandards sind zu vereinheitlichen. Verwirrung bei den Haltungsvoraussetzungen und die damit zwangsläufig verbundenen Schlupflöcher für unseriöse Halter können wir uns bei diesem sensiblen Thema nicht erlauben.
Grundsätzlich begrüßen wir die neue gesetzliche Regelung, da damit insbesondere für die Halter Richtlinien vorgesehen sind. Allerdings schließen wir uns der Kritik der Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Landesverbände an, die die im Gesetzentwurf enthaltene Vielzahl von unbestimmten Rechtsbegriffen und Regelungen für Ausnahmen kritisiert, die mangels ausreichender Bestimmtheit auch im Hinblick auf Ordnungswidrigkeiten das Handeln erschweren.
Der Innen- und Rechtsausschuss hat sich wiederholt mit diesen Punkten beschäftigt, sich zuletzt in seiner Sitzung am 8. Dezember 2004 damit befasst und eine schriftliche Anhörung durchgeführt. Der Ausschuss empfiehlt dem Landtag einstimmig, den Gesetzentwurf mit den Änderungen, die aus der Drucksache 15/3917 hervorgehen, anzunehmen.
Außerdem empfiehlt der Ausschuss mit der Drucksache 15/3926 einstimmig, die Nummern 1 und 3 des
Antrags der FDP-Fraktion für erledigt zu erklären und die Nummer 2 unverändert anzunehmen. Interessant war der Versuch einer Erklärung des Kollegen Garg über den Zustand des Kollegen Kubicki während der Abstimmung.
Ich will das nicht näher kommentieren. Er hat das hier öffentlich getan. Wir werden den Antrag der FDPFraktion ablehnen und der Ausschussempfehlung zustimmen.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst möchte ich auch die Gelegenheit nutzen, mich bei all denjenigen zu bedanken, die mit ihrer Arbeit die Grundlage für eine praktikable Umsetzung der Gesetzesänderungen im Zusammenhang mit Hartz IV gelegt haben. Dabei sind zunächst die vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus unseren Kommunalverwaltungen und den Bundesagenturen für Arbeit zu nennen. Ihre unermüdliche Arbeit hat entscheidend dazu beigetragen, die Grundlage für einen weitgehend reibungslosen Ablauf zu schaffen. Zu nennen sind hier auch die kommunalen Landesverbände in Schleswig-Holstein, die mit ihren Vorständen und den hauptamtlichen Mitarbeitern sehr konstruktiv an einem Kompromiss mitgearbeitet haben. Das jetzt Erreichte ist ein flexibler Handlungsrahmen, der es den schleswig-holsteinischen Kommunen ermöglicht, in eigener Verantwortung Lösungen im Rahmen von Satzungen zu treffen, mit denen sich gerade in Anbetracht regionaler Unterschiede gut arbeiten lässt.
Die Rolle der Landesregierung und das zeitweise Koordinierungschaos zwischen den vier beteiligten Ministerien möchte ich angesichts des insgesamt positiven Ergebnisses nicht in allen Einzelheiten an
sprechen. Zwei Punkte müssen allerdings wegen ihrer Bedeutung heute noch einmal erwähnt werden. Der Versuch des Finanzministers, den Kommunen nach Wegfall des quotalen Systems die alleinige Finanzverantwortung zu überlassen, war nicht nur leicht zu durchschauen, sondern traf auch auf den berechtigten Widerstand der kommunalen Landesverbände.
Die einseitige Veröffentlichung eines diesbezüglichen Briefes an die kommunalen Landesverbände war wenig hilfreich, entspricht allerdings durchaus der mangelnden Sensibilität des Finanzministers.
Erschwerend kam hinzu, dass der Innenminister zunächst explizit der Auffassung war, dass nur eine vom Gesetzgeber erzwungene massive Kreisumlagenerhöhung die Finanzierungsgrundlage für die anstehende Neuordnung der Finanzierungsströme der Kommunen untereinander sein könne, wobei auch ihm klar sein musste, dass dies zu massiven Verwerfungen innerhalb des kommunalen Finanzausgleichs geführt hätte. Auf wiederholten Druck des Innen- und Rechtsausschusses hat dann das Innenministerium Gott sei Dank Alternativen vorgelegt, die durch die kommunalen Landesverbände zukunftweisend weiter entwickelt wurden und heute unsere Beschlussgrundlage bilden.
Die CDU-Fraktion hat heute zu der vom Ausschuss beschlossenen Empfehlung noch einen Ergänzungsantrag gestellt, dessen Inhalt uns im Rahmen der Anhörung der kommunalen Landesverbände eindringlich empfohlen wurde. Es handelt sich dabei analog zu dem, was der Bundesgesetzgeber im Rahmen einer Revisionsklausel geregelt hat, um eine Revisionsklausel, die sicherstellen soll, dass die Gelder, die das Land im Rahmen der Neustrukturierung durch Hartz IV einspart, auch wirklich vollständig an die Kommunen weitergeleitet werden. Die alleinige Zusicherung einer entsprechenden Zahlung erscheint mir angesichts der desaströsen Haushaltslage und schlechter Erfahrungen aus der Vergangenheit nicht ausreichend.
Das wichtigste Ziel unserer Arbeitsmarktpolitik muss es nun sein, den Menschen in unserem Land eine ausreichende Zahl von Arbeitsangeboten zu machen. Dabei kommt der Bundesagentur für Arbeit ebenso wie der Landesregierung, die endlich die politischen Rahmenbedingungen für mehr Arbeit schaffen muss, eine entscheidende Bedeutung zu. Die Ausgangsposition ist schwierig. Noch nie waren in Schleswig
Holstein so viele Menschen arbeitslos wie zurzeit. Hinzu kommt die höchste Sozialhilfequote aller westdeutschen Flächenländer, eine nicht enden wollende Pleitewelle sowie eine rückläufige Beschäftigung. Wir müssen deshalb zügig und umfassend die Rahmenbedingungen für den Standort Schleswig-Holstein verbessern.
Um Arbeitsplätze zu sichern und neue zu schaffen, muss der Arbeitsmarkt von rechtlichen und bürokratischen Belastungen befreit werden. Nur so wird es uns gelingen, wieder mehr Arbeit zu schaffen und die Menschen in Beschäftigung zu bringen, denn unter Arbeitslosigkeit leiden nicht nur die betroffenen Menschen, sondern vor allen Dingen ihre Angehörigen. Dabei sind die Hauptleidtragenden meistens die Kinder. Wir sind mitten in einer Reformdebatte. Sie muss konsequent weitergeführt werden. Dabei sollten wir uns auf einen Kernsatz konzentrieren, der für alle Reformen gelten muss, die wir noch in Angriff zu nehmen haben: Sozial ist, was Arbeit schafft.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Deutschland ist in den letzten Jahren im internationalen Vergleich immer weiter zurückgefallen. Die Politik der rot-grünen Bundesregierung hat bisher dazu geführt, dass in Deutschland ständig Arbeitsplätze verloren gegangen sind und wir auch in anderen wichtigen finanz- und wirtschaftspolitischen Daten in Europa zum Schlusslicht geworden sind. Um diese für unser Land so gefährliche Entwicklung zu stoppen, wurde eine Kommission unter der Leitung des VW-Managers Peter Hartz eingesetzt. Die von dieser Kommission vorgeschlagenen umfangreichen Reformen bilden die Grundlage unserer heutigen Diskussion.
Unter dem Aspekt der Schaffung zukunftsfähiger sozialer Sicherungssysteme sowie einer Steigerung des Anreizes zur Aufnahme einer Arbeit ist der Grundgedanke, der den so genannten Hartz-Gesetzen zugrunde liegt, richtig. Da es sich dabei um gravierende Eingriffe in die persönlichen Lebensverhältnisse vieler Menschen in unserem Lande handelt, ist es allerdings besonders wichtig, beide Seiten der Medaille, also „Fördern und Fordern“, gleichrangig zu betrachten. Dabei hat es die Bundesregierung leider
wieder einmal versäumt, den Menschen die Notwendigkeit dieser Politik zu erklären.
Ohne eine klare Formulierung von Zielen und Perspektiven wird es uns gemeinsam nicht gelingen, die notwendige Akzeptanz für diese Maßnahmen zu erreichen und die Menschen auf diesem Wege mitzunehmen. Die bisherige Informationspolitik der Bundesregierung kann in dieser Hinsicht leider nur als ungenügend bezeichnet werden. Durch viel zu spät einsetzende Informationen wurden und werden viele Menschen in unverantwortlicher Weise verunsichert. Wer verunsichert ist, entwickelt Ängste, welche wiederum den Nährboden für radikale Gruppierungen am rechten und linken politischen Rand bilden. Der Minister hat eben sehr deutlich gemacht, mit welchen Problemen wir bei den letzten Landtagswahlen zu kämpfen hatten.
Mit ständigen handwerklichen Fehlern im Gesetzgebungsverfahren und politischen Alleingängen werden die Menschen noch weiter verunsichert und der Erfolg der so wichtigen Arbeitsmarktreformen gefährdet. Bei der konkreten Umsetzung von Hartz IV geht es zuerst um die betroffenen Menschen. Es liegt in unserer Verantwortung, sie nicht nur umfassend zu informieren, sondern ihnen auch persönliche Perspektiven aufzuzeigen. Dabei muss es vor allem darum gehen, wie mehr Arbeit in Deutschland geschaffen werden kann. Ansonsten wird das Ziel dieser Reformen, Menschen wieder in Arbeit zu bringen, nicht erreicht. Um Arbeitsplätze zu schaffen, muss der Arbeitsmarkt von Behinderungen befreit, müssen rechtliche und bürokratische Belastungen für die Unternehmen abgebaut werden.
Selbst der Namensgeber der Arbeitsmarktreform, Peter Hartz, kritisiert, dass bei den Gesetzen der Regierung wesentliche Teile des Konzeptes fehlen und so jedenfalls nicht die vorgesehenen neuen Arbeitsplätze geschaffen werden können.
Die beunruhigenden Nachrichten über massive technische Probleme bei der Einführung der notwendigen Software bei den zuständigen Bundesagenturen für Arbeit, der mangelhafte Rücklauf der viel zu umfangreichen und komplizierten Antragsformulare sowie die ungeklärten Fragen der Mittelbereitstellung für die kommunale Ebene erfordern schnelles und entschlossenes Handeln.
Deshalb muss die Landesregierung ihre Aktivitäten erhöhen, um für eine fristgerechte und erfolgreiche Umsetzung zu sorgen. Der Versuch, die aufgezeigten
Umsetzungsprobleme auf die kommunale Ebene abzuwälzen, ist für die CDU-Landtagsfraktion dabei nicht akzeptabel. Die Kommunen in SchleswigHolstein haben sich sehr frühzeitig und intensiv auf die anstehenden Aufgaben vorbereitet. Sie haben sich mit großer Sachkenntnis und konstruktiven Vorschlägen aktiv in die Diskussion eingebracht. Im Gegensatz zur Landesregierung, die sich erst relativ spät mit den anstehenden Problemen auseinander gesetzt hat, und der Bundesagentur für Arbeit, die trotz positiver regionaler Kooperation immer wieder durch das Bundeswirtschaftsministerium vor dem Abschluss von konstruktiven Vereinbarungen zurückgepfiffen wurde, stehen die Kommunen in Schleswig-Holstein für eine erfolgreiche Vorbereitung der anstehenden Arbeitsmarktreformen. Jetzt ist die Landesregierung aufgefordert, den vorgelegten Gesetzentwurf nachzubessern und dabei die finanziellen Rahmenbedingungen für die Umsetzung von Hartz IV wie versprochen für die Kommunen auskömmlich zu gestalten.
Der Innenminister hat in diesem Zusammenhang auf Initiative der CDU-Landtagsfraktion in der 114. Sitzung des Innen- und Rechtsausschusses darauf hingewiesen, dass sich unsere Kommunen zurzeit in der schwersten Finanzkrise der letzten Jahrzehnte befinden. Wie unter diesen finanziellen Rahmenbedingungen auch noch der dringend erforderliche Ausbau der Kinderbetreuung für die unter Dreijährigen finanziert werden soll, muss noch im Verfahren geklärt werden. Wer die Vereinbarkeit von Familie und Beruf nachhaltig verbessern will, muss hierfür auch die entsprechenden Finanzmittel zur Verfügung stellen.
In der dringend erforderlichen Anhörung zum Gesetzentwurf der Landesregierung müssen noch eine ganze Reihe von Punkten intensiv diskutiert werden. Dabei haben wir insbesondere über die Zukunft des quotalen Systems zu reden. Außerdem müssen wir über die Frage der zukünftigen Finanzierung des Asylbewerberleistungsgesetzes sprechen.
Der dabei von der Landesregierung vorgeschlagene Weg, die kreisangehörigen Städte und Gemeinden ausschließlich über eine Erhöhung der Kreisumlage zur Mitfinanzierung heranzuziehen, wird von der CDU-Landtagsfraktion abgelehnt. Das Land sollte sich lieber auf die Bereitstellung ausreichender Finanzmittel konzentrieren. Alle erforderlichen Entscheidungen sollten besser vor Ort in eigener Verantwortung getroffen werden können. Im Rahmen der Anhörung könnten wir dann auch die Frage klären, wieso die prognostizierte Entlastung der Kreise und kreisfreien Städte in Schleswig-Holstein um fast 27 Millionen € verringert wurde.
Die Landesregierung ist daher dringend aufgefordert, endlich konkrete Zahlen vorzulegen, um den Kommunen eine solide Planungsgrundlage zu geben.
- Herr Präsident, ich komme zum Schluss.
Nur wenn die Landesregierung endlich bereit ist, konkrete Verantwortung für die erforderliche Umsetzung der anstehenden Reformen zu übernehmen, kann es gelingen, Erfolge für die Menschen in unserem Land zu erreichen. Die CDU-Landtagsfraktion wird dabei sehr genau darauf achten, dass das Ziel der Sicherung und vor allen Dingen der Schaffung neuer Arbeitsplätze nicht aus den Augen verloren wird. Nur wenn uns dies gelingt, werden wir die Menschen auf diesem schwierigen Weg mitnehmen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die vielfältigen Herausforderungen im Bereich der Sicherheit haben bei der letzten Innenministerkonferenz erfreulicherweise eine wichtige Rolle gespielt. Die Menschen in Schleswig-Holstein erwarten dabei von der Politik endlich Antworten zu konkreten Fragen, die insbesondere aus dem Bereich der Polizei immer wieder an uns herangetragen werden. Damit verbunden ist die Aufforderung der Praktiker aus dem Sicherheitsbereich, endlich Lösungen zu finden und entsprechend zu handeln.
Wenn uns dies nicht gelingt, besteht durchaus die Gefahr, dass es uns die Menschen nicht mehr zutrauen, diese Probleme wirklich zu lösen.
Vor diesem Hintergrund begrüßt die CDU-Landtagsfraktion ausdrücklich den Beschluss der Innenministerkonferenz zur Verbreiterung der Anwendungsmöglichkeiten der DNA-Analyse. Dabei ist es wichtig, dass die Justizministerkonferenz jetzt zügig die dringend erforderlichen Gesetzesinitiativen ergreift.
Leider ist die Landesregierung derzeit noch nicht bereit, die notwendigen Initiativen auf den Weg zu bringen. Gleiches gilt für die Aussonderungsprüffristen und Fristen für Speicherung von Fingerabdruckmaterial und DNA-Identifizierungsmustern. Die durch die IMK angestrebte Beweismitteldatei, die der Identifizierung von Spurenverursachern dienen soll, sollte unserer Auffassung nach schnellstmöglich eingerichtet werden.
Die Möglichkeiten, Straftaten aufzuklären sowie unschuldig Verdächtige nachweislich zu entlasten, sind durch eine rechtsstaatlich abgesicherte Nutzung der DNA-Analyse entscheidend verbessert worden - Sie haben das bereits mehrfach ausgeführt, Herr Innenminister - und müssen auch unter dem Aspekt des besseren Schutzes der Bevölkerung, insbesondere im Bereich der Prävention bei Gewaltverbrechen, besser und konsequenter genutzt werden als bisher.
Im Bereich der bisherigen Regelung des Gewaltschutzgesetzes bereitet uns die teilweise Ablehnung der Übermittlung von entsprechenden Entscheidungen an die Polizei durch schleswig-holsteinische Gerichte Sorge.
Da dies mit Hinweis darauf erfolgt, dass bisher keine Mitteilungsverpflichtung vorgesehen sei, begrüßen wir ausdrücklich die Initiative der Innenministerkonferenz - diesmal erfreulicherweise mit konsequenter Unterstützung aus Schleswig-Holstein -, in Zukunft eine entsprechende Mitteilungspflicht der Gerichte an die Polizei zu schaffen. Damit würde nicht nur den
fachlichen Bedürfnissen der Polizei Rechnung getragen, sondern vor allen Dingen auch ein verbesserter Opferschutz sichergestellt.
Über die Gefahren des Internet für Kinder und Jugendliche, insbesondere die Gefahr des sexuellen Missbrauchs von Kindern und Jugendlichen im Zusammenhang mit dem Internet, soll verstärkt öffentlich informiert und aufgeklärt werden. Die Innenministerkonferenz hält es darüber hinaus für erforderlich, konkret zu prüfen, ob das vorhandene rechtliche Instrumentarium zur Bewältigung dieser neuen Herausforderungen an die Kriminalitätsbekämpfung ausreichen oder ob es zusätzlicher oder veränderter Regelungen bedarf, ob und in welcher Form es einer besseren europäischen internationalen Zusammenarbeit bei der Bekämpfung dieses Deliktsbereiches bedarf, inwieweit Anbieter von Internetleistungen verstärkt eingebunden werden können und welche zusätzlichen Maßnahmen geeignet sind, Straftaten in diesem Bereich vorzubeugen und ein vermutetes erhebliches Dunkelfeld aufzuhellen.
In diesem Zusammenhang bin ich sehr froh über die bisher eingegangenen schriftlichen Stellungnahmen zu unserem Antrag bezüglich einer besseren Bekämpfung der Internetkriminalität. Dabei begrüßt nicht nur der Verband der deutschen Internetwirtschaft grundsätzlich den Antrag der CDU-Landtagsfraktion als richtungsweisenden Schritt in einer Diskussion über sachgerechte Lösungswege, sondern auch der schleswig-holsteinische Datenschutzbeauftragte, Herr Dr. Bäumler, führt dazu aus, dass der von uns gemachte Vorschlag eine sinnvolle Ergänzung zu den bereits bestehenden gesetzlichen Lösungsregelungen sein kann.
In diesem Sinne hoffe ich, dass es uns in der nahen Zukunft gelingt, bei den von uns aufgezeigten Problembereichen weitere Verbesserungen im Interesse der Menschen und ihrer Sicherheit zu erreichen. Herr Innenminister, ich danke Ihnen für den uns vorgelegten Bericht und beantrage, ihn in den Innen- und Rechtsausschuss zu überweisen, um über den weiteren Fortgang dieser Punkte dort miteinander zu beraten.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Menschen, insbesondere Kinder, müssen wirksam vor Angriffen gefährlicher Hunde geschützt werden. Dies wird am besten durch ausreichende Vorsichtsmaßnahmen und verantwortungsbewusstes Verhalten der Hundehalter bewirkt. Wir sind uns sicherlich darüber einig, dass die meisten Hundehalter sich dieser Verantwortung bewusst sind und entsprechend handeln. Gleichwohl hat es in der Vergangenheit dramatische Vorfälle gegeben, die, wie wir wissen, zu verschiedenen landes- und bundesrechtlichen Regelungen geführt haben, mit denen der Schutz vor besonders
gefährlichen Hunden verbessert werden sollte. Die Rechtmäßigkeit dieser Regelungen war vielfach umstritten und sie hatten häufig vor Gericht keinen Bestand.
Bis zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 16. März diesen Jahres war insbesondere strittig, ob Verbote oder Schutzmaßnahmen an der Rassezugehörigkeit festgemacht werden dürfen. Das Bundesverfassungsgericht hat das bundesgesetzliche Verbot der Einfuhr und Verbringung von Hunden vier bestimmter Rassen nach Deutschland bestätigt. Es handelt sich um die Rassen Pitbull-Terrier, AmericanStaffordshire-Terrier, Staffordshire-Bullterrier und Bullterrier. Für diese Hunde gebe es - so das Gericht - genügend Anhaltspunkte, dass sie für Leib und Leben von Menschen so gefährlich seien, dass ihre Einfuhr unterbunden werden könne. Hinsichtlich der unterschiedlichen Behandlung von Hunderassen ist nach Auffassung des Gerichts jedoch die weitere Beobachtung und Überprüfung des Beißverhaltens von Hunderassen erforderlich. Bei Vorliegen verlässlicher Ergebnisse müssten bestehende Regelungen angepasst, also bestimmte Rassen wieder herausgenommen oder noch nicht erfasste Rassen neu aufgenommen werden.
Ferner hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass das im Tierschutzgesetz und in der TierschutzHundeverordnung geregelte Zuchtverbot für die hier in Rede stehenden Hunde insbesondere dem Schutz der Menschen dienen und deshalb als Maßnahme der Gefahrenabwehr in die Gesetzgebungskompetenz der Länder fällt. Für dieses landesrechtlich zu regelnde Zuchtverbot sieht die Agrarministerkonferenz die Notwendigkeit einer einheitlichen Regelung in Deutschland. Hierzu soll unter Beteiligung der Innenministerkonferenz ein Lösungsvorschlag erarbeitet werden. Da trifft es sich ganz gut, dass unser Innenminister derzeitig Vorsitzender ist.
Es ist wichtig, länderübergreifende, verhältnismäßige, tierschutzgerechte und vor allem verfassungsgemäße Regelungen zu finden. Dabei sind wir uns alle einig, dass der Schutz des Menschen immer oberste Priorität genießen muss.
Die Sicherheitsstandards sind zu vereinheitlichen. Verwirrung bei den Haltungsvoraussetzungen und die damit zwangsläufig verbundenen Schlupflöcher für unseriöse Halter können wir uns bei diesem sensiblen
Thema nicht erlauben. Es ist sicherlich auch sachgerecht, bei der Beratung im zuständigen Fachausschuss die Ergebnisse der im Juli stattfindenden Innenministerkonferenz einzubeziehen.
Grundsätzlich begrüßen wir die neue gesetzliche Regelung, da damit insbesondere für die Halter feste Richtlinien vorgesehen sind. Allerdings schließen wir uns der Kritik der Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Landesverbände an, die die im Gesetzentwurf enthaltene Vielzahl von unbestimmten Rechtsbegriffen und Regelungen für Ausnahmen bemängelt, die mangels ausreichender Bestimmtheit auch im Hinblick auf Ordnungswidrigkeiten das Handeln erschweren.
Im Weiteren werden durch die kommunalen Landesverbände noch eine umfangreiche Anzahl von Punkten im Gesetzentwurf genannt, die einer Klärung und Überarbeitung bedürfen. Es wird insbesondere auf die Einschränkungen für alle Hunde hingewiesen, die für „gefährliche“ ebenso wie „ungefährliche“ Hunde gelten. Dabei wird darauf abgehoben, dass Ausnahmen nicht nur für Blindenhunde, sondern auch für Hunde, die für therapeutische oder pädagogische Zwecke eingesetzt werden, möglich sein sollten.
Die insgesamt elf Seiten umfassende Stellungnahme sollte durch den zuständige Innen- und Rechtsausschuss mit zur Grundlage weiterer Beratungen gemacht werden und wir sollten uns im Rahmen einer Anhörung noch weiteren Sachverstand zu diesem sensiblen Bereich einholen. Dabei können wir dann auch die wichtige Frage klären, warum ein als gefährlich eingestufter Hund zusätzlich zum Maulkorb auch noch ein hellblaues Halsband tragen muss.
Der nun inzwischen vorgelegte Gesetzentwurf bietet eine Beratungsgrundlage und wir sollten im Ausschuss die Ergebnisse der Innenministerkonferenz sowie der Anhörung miteinander beraten und diese für sachdienliche Änderungen und Ergänzungen am Entwurf nutzen.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kollege Puls, lassen Sie mich zunächst beginnen: Ich war eigentlich davon ausgegangen - ich hatte auch die dpa-Meldung gelesen, was jetzt verabschiedet worden ist -, dass Sie Ihren Antrag zurückziehen, weil faktisch alle Regelungen, auch die Härtefallregelungen, die Sie eben angesprochen haben, vereinbart sind. Ich glaube nicht, dass da noch etwas geändert wird, aber das kann der Innenminister vielleicht nachher aus seiner Sicht noch erläutern, welche Möglichkeiten er da noch sieht.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Aufnahme von Flüchtlingen und Asylsuchenden, also der Schutz verfolgter Menschen, wie wir ihn wollen und wie ihn unsere Verfassung garantiert, findet nur dann auf Dauer die notwendige Akzeptanz in der Bevölkerung, wenn gleichzeitig kein Zweifel daran besteht, dass unberechtigte Zuwanderung im Ergebnis nicht zu einem faktischen oder gar rechtlich abgesicherten Daueraufenthalt in Deutschland führen kann. Schon die Diskussion über eine erneute Altfallregelung gibt ein falsches politisches Signal. Sie würde nicht nur Personen belohnen, denen es beispielsweise gelungen ist, unter Missbrauch des Asylrechts nach Deutschland einzureisen und eine faktisch längere Aufenthaltsdauer zu erreichen, zugleich wird auch eine Anreizwirkung auf diejenigen Menschen ausgeübt, die noch in ihrem Heimatland sind. Bei ihnen wird die
Hoffnung und der Eindruck erzeugt, man könne in Deutschland ohne das Vorhandensein politischer oder religiöser Verfolgung auf Dauer Aufnahme zu finden, sofern es nur gelingt, lange genug dort zu bleiben und dann unter irgendeine Altfallregelung zu fallen. Dies wäre ein fatales Signal, weil es den Zuwanderungsdruck auf Deutschland weiter verstärken, den Zuwanderungskompromiss ad absurdum führen und den Integrationsbemühungen für die hier legal lebenden Ausländerinnen und Ausländer entgegenwirken würde.
Deutschland hat mit dem Asylkompromiss aus dem Jahr 1992 und dem nun gefunden Zuwanderungskompromiss vernünftige Entscheidungen getroffen. Es ist dabei ein humanes und weltoffenes Land geblieben. Im Zuge des Bürgerkriegs im ehemaligen Jugoslawien war es Deutschland, das mehr als die Hälfte aller Flüchtlinge aus dieser Region aufgenommen hat. Das waren mehr Menschen als alle anderen EU-Staaten zusammen aufgenommen haben. Unser Land hat damals in einer großen gemeinsamen Kraftanstrengung all diesen Menschen Schutz und Sicherheit gegeben.
Angesichts der Schwierigkeiten, die sich beim Vollzug der asylrechtlichen Bestimmungen vor allem dann ergaben, wenn Asyl- und Vertriebenenbewerber sowie Bürgerkriegsflüchtlinge bereits länger in Deutschland waren und sich faktisch integriert hatten, haben die Innenminister und -senatoren der Länder zahlreiche Altfall- und Härtefallregelungen beschlossen: Ich nenne die Altfallregelung anlässlich des Asylkompromisses 1992, die Regelung für ehemalige DDR-Vertragsarbeitnehmer aus Angola, Mosambik, Vietnam von 1993, die Härtefallregelung von 1996 für Familien mit minderjährigen Kindern, die Altfallregelung von 1999 für abgelehnte Asylbewerber, die Altfallregelung für Bürgerkriegsflüchtlinge aus dem ehemaligen Jugoslawien von November 2000, Februar 2001 und Mai 2001, die Bleiberegelung für abgelehnte Spätaussiedlerbewerber von November 2001 und schließlich die Härtefallregelung im Rahmen des Zuwanderungskompromisses aus dem Juni dieses Jahres.
Hinzu kommt die Umsetzung der EU-Anerkennungsrichtlinie die nichtstaatliche und geschlechtsspezifische Verfolgung betreffend, die auch Bestandteil des ausgehandelten Zuwanderungskompromisses ist. Diese umfangreiche Auflistung macht deutlich, dass es in diesem Bereich bereits zahlreiche Regelungen gegeben hat. Wir sollten allerdings nicht den nun gefundenen Zuwanderungskompromiss wieder durch weit reichende zusätzliche Forderungen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN aus Schleswig-Holstein
gefährden. Bei allem Verständnis für die grünen Kollegen, weil sie an der Ausformulierung des gefundenen Kompromisses nicht direkt beteiligt gewesen sind, sollte doch die gefundene Einigung Bestand haben. Wir als CDU haben volles Vertrauen in diejenigen, die den gefundenen Kompromiss in Gesetzestexte gegossen haben. Wir haben Vertrauen zu Herrn Schily, zu Herrn Beckstein und zu Herrn Müller.
Erlauben Sie mir noch einige Bemerkungen zu unserem Antrag „Sicherheit, Integration und Zuwanderung“ aus der vorletzten Landtagstagung. Das notwendige Beharren der Union, den untrennbaren Zusammenhang zwischen Zuwanderung, Integration und Sicherheit auch bei diesem Gesetzesvorhaben beizubehalten, hat sich gelohnt. Es ist der Union zu verdanken, dass etwa eine Abschiebungsanordnung der Länder und des Bundes schon aufgrund einer tatsachengestützten Gefahrenprognose erfolgen kann, dass bei Einbürgerungsverfahren und vor Erteilung unbefristeter Niederlassungserlaubnissen zwingend eine Regelanfrage beim Verfassungsschutz erfolgt, dass Hassprediger ausgewiesen werden können, dass Schleuser, die zu Freiheitsstrafen von einem Jahr verurteilt sind, ausgewiesen werden müssen und dass eine Warndatei für Visumverfahren eingerichtet wird und damit eine erste Konsequenz aus dem SchleuserSkandal aufgrund des Fischer-Volmer-Erlasses gezogen wird.
Ein weiterer Erfolg ist darüber hinaus, dass der Bund seine finanzielle Verantwortung bei der Integration endlich wahrnimmt und damit Länder und Kommunen vor weiteren finanziellen Belastungen geschützt werden. Ich bin sehr froh darüber, dass im Rahmen der Ausformulierung des Zuwanderungskompromisses all diese Punkte, die wir vor zwei Plenartagungen als Unionsinitiative hier eingebracht haben, übernommen worden sind. Ich finde, das ist eine positive Entwicklung. Wir sollten diesen gefunden Kompromiss und die darin enthaltenen wichtigen Punkte nicht weiter belasten und gefährden.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich noch kurz drei Punkte erwähnen.
Erster Punkt: Die Zuordnung zur Union. Sie sagen, wir wollten ein Zuwanderungsverhinderungsgesetz. Das stimmt nicht. Wir wollen ein Zuwanderungsbegrenzung- und -steuerungsgesetz.
Deshalb haben wir gerade im Bereich der Arbeitsmigration Vereinbarungen getroffen, die es hoch qualifizierten Selbstständigen und erfolgreichen Studienabsolventen erlaubt, hier tätig zu werden.
Das sind übrigens politische Zielsetzungen, die auch die Einwanderungsgesetzte von Kanada, den Vereinigen Staaten von Amerika oder Australien haben. Das ist keine besondere deutsche Lösung.
Diese Staaten orientieren sich auch daran.
Zweiter Punkt: Frau Fröhlich, ich bin mir ziemlich sicher - ich glaube, dass kann ich hier heute Abend sagen -, dass die Unionsfraktionen und die unionsregierten Länder diesem gefundenen Kompromiss zustimmen werden. Es wird allerdings auch keine Aufweichung mehr in irgendeinem Punkt geben.
Dritter Punkt. Erlauben Sie mir, zum Schluss aus der dpa-Meldung, Uhrzeit 16:06 Uhr, heute, Berlin, zu zitieren:
„Die Grünen-Spitze hat der Partei empfohlen, dem Kompromiss zur Zuwanderung zuzustimmen...“
„Bütikofer nannte die Vereinbarung zur Zuwanderung einen ‚im Ganzen tragfähigen Kompromiss’. Dass nun ein Durchbruch erzielt worden sei, ‚ist alles andere als ein Grund, Trauer zu tragen’,“
- Wörtliches Zitat! -
„fügte er hinzu. Die Neuregelung habe eine ‚historische Dimension’. Er sei ‚sehr zufrieden mit dem Ergebnis’.“
- Alles wörtliches Zitat Herr Bütikofer! -
„Der Verhandlungsführer der Grünen bei den Verhandlungen um die Zuwanderung, Volker Beck, zeigte sich ebenfalls zufrieden …
Bütikofer und Beck räumten ein, im Schlusstext gebe es einige Abweichungen gegenüber dem Kompromiss, der in den Verhandlungen von Bundeskanzler Gerhard Schröder … mit der Opposition formuliert worden war. Diese seien aber nicht ohne die Grünen vorgenommen worden.“
Ich kann Ihnen das nur mitteilen, wenn Ihnen das noch nicht vorliegt. Das ist derzeit die Position Ihres Bundesverbandes.
Zu allem anderen weise ich auf das hin, was Ihnen der Kollege Kubicki eben als Anregung gegeben hat.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Seit dem 11. September 2001 hat sich die Welt verändert. Die Angriffe auf New York und Washington haben in ihrer grenzenlosen Brutalität eine neue Dimension des politischen Verbrechens aufgezeigt.
Mörderische Terroranschläge wie zuletzt in Madrid richten sich gezielt gegen unsere Gesellschaft und lassen erkennen, dass Terroristen alle bedrohen - auch Deutschland.
Die Auseinandersetzung mit dieser Form des Terrorismus wird eine der Hauptaufgaben aller Demokratien für die nächsten Jahre sein. Die Menschen in unserem Land haben einen Anspruch darauf, dass alle notwendigen Maßnahmen ergriffen werden, um nicht nur nach terroristischen Anschlägen die Täter zu verfolgen und vor Gericht zu stellen, sondern dass solche Anschläge im Vorfeld verhindert werden.
Nach übereinstimmender Einschätzung aller Sicherheitsexperten besteht auch für Deutschland die Gefahr von Anschlägen des islamistischen Terrorismus. Unser Innenminister hat erst vor wenigen Tagen im Rahmen der Vorstellung des Verfassungsschutzberichtes 2003 im Zusammenhang mit dem islamistischen Terrorismus von der gegenwärtig stärksten Bedrohung für die freiheitliche Verfassungsordnung gesprochen. Er führte in diesem Zusammenhang aus, dass Strukturen des islamistischen Terrors auch in Deutschland weiterhin zu befürchten seien. Deshalb ist es nach unserer Auffassung dringend notwendig, zur Abwehr und Bekämpfung des internationalen Terrorismus und zum Schutz der Bevölkerung eine neue und umfassende Sicherheitsarchitektur zu schaffen, um Risiken zu minimieren.
Es muss dabei zur Kenntnis genommen werden, dass das deutsche Ausländer- und Sicherheitsrecht islamistische Terroristen und Extremisten bisher nicht hinreichend davon abgeschreckt hat, in Deutschland Unterschlupf zu nehmen und unser Land als Ruhe- und Vorbereitungsraum für terroristische Anschläge zu missbrauchen.
Welches Ausmaß die Verbindungen des islamistischen Terrorismus nach Deutschland haben, belegen
nicht zuletzt die Prozesse im Zusammenhang mit den Ermittlungen um den 11. September. Drei der vier in den USA entführten Flugzeuge waren von Selbstmordpiloten gesteuert worden, die lange in Hamburg gelebt hatten.
Deutschland ist ein ausländerfreundliches und tolerantes Land. Das darf aber nicht dazu führen, dass die Anstrengungen bei der Bekämpfung des internationalen Terrorismus vernachlässigt werden.
Die Grenzen der Toleranz liegen dort, wo terroristische Bestrebungen befürwortet, geduldet oder unterstützt werden.
Nach den Anschlägen vom 11. September hat es bereits einige Ansätze zu Verbesserungen im Bereich der Sicherheit gegeben. Heute zeigt sich allerdings, dass aufgrund einer veränderten Sicherheitslage weitere Verbesserungen notwendig sind.
Dabei ist es dringend erforderlich, dass alle zuständigen Behörden auf europäischer und nationaler Ebene besser als bisher miteinander vernetzt und vor allen Dingen ihre Informationen umfassend ausgetauscht werden. Geheimdienste, Polizei und Verfassungsschutz sollen ihre Erkenntnisse an eine zentrale Stelle melden, um ein einheitliches Lagebild im Bereich der Bekämpfung des Terrorismus zu erlangen.
Die technische Ausstattung der Polizei muss von den Ländern und dem Bund gemeinsam dringend verbessert werden. Die Ausstattung mit moderner Telekommunikationstechnik ist teilweise beschämend. Verbrecher und Terroristen dürfen nicht über bessere technische Mittel verfügen als die Polizei.
Die elektronische Überwachung bestimmter besonders gefährdeter Bereiche im öffentlichen Raum wie zum Beispiel Bahnhöfe oder Züge muss zur Verhinderung von Anschlägen ermöglicht werden.
Im Rahmen der Diskussion über ein neues Zuwanderungsgesetz auf Bundesebene haben inzwischen auch Sozialdemokraten und Grüne erkannt, dass die sicherheitsrelevanten Punkte in diesem Zusammenhang dringend einer zügigen Klärung bedürfen. Zu einer Reihe von Vorschlägen, die wir in diesem Zusammenhang von der Landesregierung abgefragt haben, hat sich Bundesinnenminister Schily wiederholt geäußert, wobei ich allen interessierten Kolleginnen und Kollegen den aktuellen Artikel aus dem „Spiegel“ ans Herz lege. Er trägt der Überschrift: „Wer den Tod liebt, kann ihn haben - Bundesinnenminister Otto
Schily über das neue Interesse El Kaidas an Deutschland, die gezielte Tötung von Terroristen und den Vorschlag einer Sicherungshaft für Islamisten“.
Die darin gemachten Vorschläge und Anregungen kommen den Vorstellungen der Union entgegen und stellen unserer Auffassung nach eine gute Grundlage für die weiteren Gespräche im Zusammenhang mit der weiteren Beratung des Zuwanderungsgesetzes dar. Wir würden es begrüßen, wenn sich auch die rotgrüne Landesregierung diesen fundierten rechtsstaatlichen Anliegen anschließen könnte, um eine im Interesse der Menschen liegende verbesserte Sicherheitsarchitektur zügig umsetzen zu können.
Allerdings halten wir es als Union auch für sehr wichtig, die integrationsrelevanten Punkte beim Zuwanderungsgesetz in der öffentlichen Diskussion nicht zu vernachlässigen. Ich habe den Eindruck, dass hier eine breite Mehrheit im Bundesrat mit der mangelnden Bereitschaft der Bundesregierung, sich an den Maßnahmen und umfangreichen Bemühungen zur Integration angemessen zu beteiligen, unzufrieden ist; der Innenminister hat dies auch angedeutet.
Der Umfang und der Erfolg dieser Integrationsmaßnahmen sind nach unserer Auffassung für eine erfolgreiche Integration sowohl der Menschen, die zu uns kommen wollen, als auch derjenigen, die bereits bei uns sind, von entscheidender Bedeutung. Wir wissen aus verschiedenen Untersuchungen, insbesondere aus denen im Bildungsbereich, dass die betroffenen Personengruppen vor allen Dingen durch sprachliche Barrieren nicht die notwendigen Qualifikationen erhalten und dies als Folge auch zu Problemen auf dem Arbeitsmarkt führt.
Die daraus resultierenden sozialen Probleme, insbesondere im städtischen Bereich, dürfen nicht unterschätzt werden. Eine wichtige Aufgabe kommt dabei gerade den Kommunen zu, die aufgrund der derzeitigen finanziellen Rahmenbedingungen vielfach nicht in der Lage sind, entsprechende Integrationsmaßnahmen anzubieten.
Hier ist in erster Linie der Bund gefordert, deutlich höhere Kostenanteile zu übernehmen, um diese Projekte auch in Zukunft finanzieren zu können. Ein modernes Zuwanderungsgesetz muss diesen sicherheits- und integrationsrelevanten Erfordernissen Rechnung tragen. Es muss uns gelingen, zu einer Lösung zu kommen, die von Menschen verstanden wird und unserem Land nutzt.
Ich beantrage für unsere Fraktion die Überweisung des Berichtes an den Innen- und Rechtsausschuss.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zum Schluss der Debatte möchte ich mich beim Innenminister ebenfalls für seinen sehr sachlichen Bericht bedanken. Was mich überrascht hat, sind die Reaktionen der Kolleginnen und Kollegen der Fraktionen von Rot-Grün. Deswegen will ich Gelegenheit nehmen, Ihnen noch einmal vorzutragen, was Ihr rot-grüner Bundesinnenminister in seinem „Spiegel“-Interview dazu gesagt hat.
Herr Schily hat dort ausgeführt, wir hätten die Pflicht, die Menschen zu schützen. Er hat gefragt, was denn in diesem Lande passiere, wenn es hier einen Anschlag nach dem Muster von Madrid gäbe, was dann mit einer Gesellschaft geschähe, in der es ohnehin Spannungen gäbe. Hierauf müsse der Staat eine Antwort haben.
Dann führt er weiter aus, trotzdem könnten wir der Frage nicht ausweichen, was wir mit Personen machten, die wir für eine massive Gefahr für unser Land hielten. Wenn wir sie nicht abschieben könnten, sei es im Extremfall möglicherweise notwendig, sie für eine Weile in Haft zu nehmen. Zum Schluss wird er gefragt, was er als ausreichend für eine Ausweisung ansehen würde, ob dies ein Aufenthalt in einem AlKaida-Lager sein könnte. Der Minister antwortet - das ist für mich auch nicht ganz nachvollziehbar, Kollege Kubicki, aber der Innenminister tut dies -, das sei das anschaulichste Beispiel. Darüber hinaus gebe es eine breite Palette anderer Fallgestaltungen.
Dann wird nach einem Kampfeinsatz in Tschetschenien gefragt. Daraus ergebe sich eine Gefahrenprognose. Sie haben vom Anfangsverdacht geredet; der
Bundesinnenminister redet ebenfalls von einer positiven Gefahrenprognose. Die entscheidende Frage sei immer, ob die Anwesenheit einer Person eine objektive Gefahr für unser Land sei, die wir nicht akzeptieren könnten. Wenn dies so sei, dann müsse die Möglichkeit bestehen, diese Person außer Landes zu bringen, auch wenn sie behaupte, sie sei ein friedlicher Gemüsehändler. - Das hat der rot-grüne Bundesinnenminister im „Spiegel“ gesagt. Das ist keine Behauptung, die wir in dieser Debatte aufgestellt haben.
Ich darf den Grünen noch sagen: Ich habe mir - bei Ihnen wird das auch so sein - Mühe gegeben, diese Diskussion vorzubereiten. Sie kennen sicherlich den Beschluss Ihres Parteirats vom 26. April 2004. Ich habe einen Teil meiner Redepassagen ganz bewusst wörtlich aus Ihrem Papier übernommen. Ich kann Ihnen das gern noch einmal vortragen: Deutschland sei wie andere Länder auch Teil eines allgemeinen Gefahrenraums. Die Sicherheit und Freiheit der Bürgerinnen und Bürger zu gewährleisten, sei eine grundlegende Aufgabe des Staates. Dann wird ausgeführt, heute zeige sich, dass aufgrund einer veränderten Sicherheitslage weitere Verbesserungen notwendig seien. - Dies ist ein einstimmiger Beschluss des Parteirates.
Dann wird ausgeführt, dass der Informationsaustausch weiter verstärkt und besser ausgestaltet werden müsse. Die Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden müsse darüber hinaus auf allen Ebenen intensiviert werden. Die technische Ausstattung der Polizei, der Feuerwehren und des Katastrophenschutzes in Deutschland müsse von den Ländern und vom Bund gemeinsam dringend verbessert werden. - Das alles ist noch Parteiratsbeschluss der Grünen. - Es könne nicht länger hingenommen werden, dass es immer noch kein einheitliches digitales Fernsprechsystem für alle Sicherheitsstellen gebe. - Hört, hört! - Die Ausstattung mit moderner Telekommunikationstechnik sei teilweise beschämend. Verbrecher und Terroristen dürften nicht über bessere technische Mittel verfügen als die Polizei.
Jetzt kommt der letzte Punkt: Zur Verhinderung von Anschlägen müsse eine elektronische Überwachung bestimmter besonders gefährdeter Bereiche im öffentlichen Raum, so auf Bahnhöfen oder in Zügen durchgeführt werden. Geeignete Löschungen von Datenschutzkontrollvorschriften müssten vorgeschrieben werden.
Das sind alles Punkte, die der Innenminister geäußert hat und die der Parteirat der Grünen beschlossen hat. Das habe ich zum Teil in meine Rede übernommen. Das zu kritisieren, finde ich schon ziemlich abenteuerlich.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In den vergangenen Jahren sind die Bedürfnisse der Opfer von Straftaten, aber auch die Defizite der bestehenden Rechtsordnung im Hinblick auf die Opfer zunehmend ins Bewusstsein der Menschen gerückt. Der vorliegende Bericht zum Opferschutz zeigt auf, was auf dem Gebiet des Opferschutzes auf Bundesebene geschieht. Ich bin sehr froh darüber, dass überhaupt etwas geschieht. Schaut man sich nämlich im Gegenzug die Aktivitäten der Landesregierung an, muss man feststellen, dass sie den Opferschutz nicht besonders prioritär behandelt.
Ich möchte das an folgendem Beispiel verdeutlichen. Im Mai 2001 hat sich meine Fraktion unter anderem dafür eingesetzt, den Katalog derjenigen Delikte, bei denen auch ohne Bedürftigkeit beziehungsweise ohne die Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe auf Antrag ein Anwalt beizuordnen ist, zu erweitern. Eine Forderung, die übrigens nach wie vor auch vom Weißen Ring erhoben wird. Zum damaligen Zeitpunkt hat die Justizministerin darauf verwiesen, dass der Antrag ins Leere laufe, weil eine entsprechende Bundesratsinitiative der Länder vorliege, in der - ich zitiere aus den Plenarprotokollen der Sitzung vom 30. Mai 2001 - „die Verfahrensverbesserungen vorgeschlagen werden, die denkbar sind“.
Tatsache ist - so ist es auch in Ihrem Bericht nachzulesen -, dass der von Ihnen gelobte und von Schleswig-Holstein im Bundesrat mitgetragene Gesetzentwurf nach Ablauf der 14. Wahlperiode der Diskontinuität anheim fallen ist. Nun frage ich mich, warum die Landesregierung im Anschluss nichts unternommen hat, um das Thema wieder auf die Tagesordnung zu setzen. Schließlich ist ihr das Thema nach eigenem Bekunden doch so wichtig.
Insofern ist es ausdrücklich zu begrüßen, dass die CDU/CSU-Bundestagsfraktion im April dieses Jahres den Gesetzentwurf des Bundesrates erneut in die parlamentarische Beratung eingebracht hat. Er verfolgt das Ziel, die Rolle des Verletzten von der eines bloßen Beweismittels zu der eines gleichberechtigten
Prozessbeteiligten weiterzuentwickeln, damit die Opfer in die Lage versetzt werden, ihre Interessen selbst und aktiv in das Prozessgeschehen einzubringen.
Weit über ein halbes Jahr hat Rot-Grün die Beratungen im Bundesrat blockiert. Eine verlorene Zeit für den Opferschutz, denn das, was die Bundesjustizministerin Anfang November vorgelegt hat, ist schlecht abgeschrieben, halbherzig und teilweise kontraproduktiv. Nichtsdestotrotz hat ihn sich die rot-grüne Regierungskoalition zu Eigen gemacht.
Kein Gesetz verändert allerdings von allein die Situation der Opfer von Straftaten. Hinzu kommen muss die praktische Umsetzung, um das Strafverfahren noch stärker an den Bedürfnissen der Opfer auszurichten. Deshalb haben wir zu diesem Punkt bereits mehrfach entsprechende Anträge gestellt. Leider haben wir bei den Schlussabstimmungen im Landtag trotz vieler freundlicher Worte aus allen Fraktionen nur die FDP-Fraktion auf unserer Seite gehabt.
- Ja, das ist für uns ganz wichtig. - Egal, ob Information oder Schutz von Opferzeugen, aktive Teilnahme des Opfers am Verfahren oder rascher und unkomplizierter Ausgleich materieller Schäden des Opfers schon im Strafverfahren - Sie hatten das angesprochen, das so genannte Adhäsionsverfahren -; all dies war schon einmal besser im Entwurf der Union enthalten.
Schlimmer ist jedoch das, was im Regierungsentwurf fehlt beziehungsweise unzureichend geregelt ist. So können danach weiterhin Kopien von Bild-TonAufzeichnungen einer Vernehmung des Opfers gefertigt und an den Verteidiger herausgegeben werden, während der Unionsentwurf ganz klar auf die Zustimmung des Opfers abstellt, in dessen Persönlichkeitsrecht mit solchen Maßnahmen mitunter massiv eingegriffen wird. Dies wurde im Übrigen auch in der öffentlichen Anhörung des Rechtsausschusses im Deutschen Bundestag bestätigt. So wies eine Vertreterin der Staatsanwaltschaft Flensburg - Frau Ministerin, Sie haben darauf hingewiesen - darauf hin, dass die im Opferrechtsreformgesetz der Bundesregierung vorgesehene Regelung keinen ausreichenden Schutz vor einem Missbrauch der Aufzeichnungen biete. Die Regelung gewährleiste nicht, dass unbefugte Personen keine Einsicht in die Aufzeichnung nehmen könnten.
Des Weiteren fordert die Union, Opfer - insbesondere von Sexualverbrechen - unter 16 Jahren vom Vorsitzenden in einem separaten Raum vernehmen zu
lassen, da erste praktische Erfahrungen mit dem Zeugenschutzgesetz aus dem Jahr 1998 zeigen, dass bei der gängigen Vernehmungspraxis den Belangen kindlicher Opferzeugen nicht ausreichend Rechnung getragen wird. Ziel muss es sein, ein persönliches Gespräch mit dem Kind fernab vom Täter führen zu können.
Die Schwachstellen im Bereich des Opferschutzes müssen geschlossen werden. Verbrechensopfer sind keine lästigen Bittsteller, sondern haben Anspruch auf Solidarität und praktische Hilfestellung.
Es ist zu hoffen, dass sich die Bundesjustizministerin durch die in dieser Woche erfolgte Anhörung dazu bewegen lässt, die besseren und weitergehenden Vorschläge von Union und FDP im Bundestag zu übernehmen. Auf ein Tätigwerden der Landesregierung hoffe ich in der Sitzung des Bundesrates. Frau Ministerin, Sie haben das angesprochen. Ich glaube, wir müssen in dem Gesetzentwurf im Interesse der Opfer in diesem Verfahren noch einige Verbesserungen vornehmen.
Ich bitte, den Antrag an den zuständigen Innen- und Rechtsausschuss zu überweisen, damit wir dort über weitere Initiativen sprechen können.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Kollege Puls, Sie haben das Thema Besteuerung von Großkonzernen in die Diskussion gebracht. Soweit ich mich erinnern kann, ist der Einbruch der Körperschaftsteuer durch die Gesetzgebung des Bundes durch Herrn Eichel ausgelöst worden.
Ich glaube, damals im Schulunterricht richtig aufgepasst zu haben: Der Bundesrat ist auch beteiligt gewesen - und da hat die Landesregierung auch zugestimmt.
Sie haben mit Ihrer Äußerung - so interpretiere ich sie - auch scharfe Kritik an der damaligen Entscheidung der Landesregierung geübt.
Ich glaube, darin sind wir uns alle in diesem hohen Haus einig.
Mit der Vorlage eines eigenen Gesetzentwurfes zur Erhöhung der Gewerbesteuer im Bundesrat versucht die Landesregierung, wieder einmal von ihrem eigenen finanzpolitischen Versagen abzulenken.
Nachdem selbst Frau Heinold festgestellt hat, dass das Land pleite ist, versucht nun der Finanzminister, durch das Werfen von verbalen Nebelkerzen von der eigenen Verantwortung abzulenken.
Herr Minister Buß hat das schön ausgeführt - ich will es noch einmal wiederholen -, wie überhaupt der Diskussionsstand bei diesem Thema ist. Es ist besonders spannend, wie sich Rot-Grün zurzeit zu dieser Frage stellt. Da ist die Situation ziemlich unübersichtlich. Die rot-grüne Bundesregierung legt einen Gesetzentwurf vor, der von der rot-grünen Landesregierung strikt abgelehnt wird. Da verweigert die SPDFraktion im Deutschen Bundestag der Regierung die Unterstützung und hat im Bundestag nur unter der Bedingung zugestimmt, dass eine Fraktionsarbeitsgruppe eingesetzt wird, die umgehend Änderungsanträge einbringt. Das ist ein sehr merkwürdiges Verfahren.
Im Bundesrat wird der rot-grüne Vorschlag Schleswig-Holsteins keine Mehrheit finden - also wieder einmal viel Lärm um nichts.
Die Kernpunkte Ihres Antrags sind schnell zu durchschauen: zunächst massive Steuererhöhungen für die Wirtschaft durch die Einbeziehung von Freiberuflern und die Besteuerung der Substanz der Unternehmen. Da wird Schleswig-Holstein ausweislich der Daten des Statistischen Landesamtes bei der Wirtschaftsentwicklung im ersten Halbjahr dieses Jahres im negativen Sinne nur noch von MecklenburgVorpommern übertroffen. Und die Landesregierung reagiert wieder einmal mit der Forderung nach Steuererhöhungen, frei nach dem Motto: Ist der Ruf erst ruiniert, lebt es sich doppelt ungeniert.
Also wird ein Gesetzentwurf vorgelegt, in dem zwei Drittel der virtuellen Mehreinnahmen der Kommunen durch höhere Steuern von Wirtschaft und Verbrauchern finanziert werden sollen. Fast 30 % soll der Bund übernehmen, der gerade zum zweiten Mal hintereinander die Maastricht-Kriterien deutlich verfehlt hat, und den geringen Rest sollen gnädiger Weise die Länder aufbringen.
Da kommt man sich fast vor wie bei der „Fielmann“Werbung, frei nach dem Motto: Keinen Cent dazu bezahlt!
Schließlich stellt sich noch die Frage, wann eigentlich Ihre Luftbuchungen finanzwirksam werden sollen. In Ihrem Gesetzentwurf nennen Sie wohlweislich kein Datum, sondern sprechen nur nebulös von einem „Entstehungsjahr“. Wann soll das denn sein: 2005, 2006 oder planen Sie eine neue Agenda 2010?
Jetzt verstehe ich auch, warum uns der Gesetzentwurf erst wenige Stunden vor der Debatte vorgelegt wurde. Ich hätte ihn an Ihrer Stelle auch nicht früher dem Parlament zugeleitet.
Der Deutsche Landkreistag unterstützt übrigens die Inhalte unseres CDU-Antrages aus der Juni-Debatte, der auch Grundlage für den Beschluss des Bundesrates für ein Sofortprogramm gewesen ist. Der Deutsche Landkreistag führt dazu wörtlich aus:
„Bis eine neue und für alle Beteiligten tragfähige Lösung gefunden ist, benötigen die Kommunen zur Absicherung ihrer Finanzausstattung ein Notprogramm. Insoweit fordert der Deutsche Landkreistag Bundestag und Bundesrat auf, sich unverzüglich zu einer Absenkung der Gewerbesteuerumlage und einer Erhöhung der kommunalen Umsatzsteuerbeteiligung auf der Grundlage des vom Bundesrat beschlossenen Sofortprogramms zu verständigen.“
- Klare Position des Deutschen Landkreistages. Auch der Deutsche Städtetag und der Städte- und Gemeindebund fordern laut Artikel der „Kieler Nachrichten“ vom gestrigen Tag - Sie haben ja auch daraus zitiert, aber ich möchte eine andere Passage zitieren -:
„Um die drohende Schließung von Kindergärten, Schwimmbändern oder Büchereien zu vermeiden, fordert man ein Sofortprogramm - der Bund soll auf Anteile der Gewerbesteuerumlage verzichten.“
Also ist auch bereits der Städtetag auf dem Weg in die richtige Richtung.
Ich meine, das sollten wir hier begrüßen.
Ich fordere Sie auf: Brechen Sie endlich mit der unseligen Tradition in diesem Haus, unsere Anträge erst abzulehnen, um sie dann viel zu spät - wahrscheinlich in einem Moment der Selbsterkenntnis - zu übernehmen. Erkennen Sie die Aussichtslosigkeit Ihrer Forderung nach massiven Steuererhöhungen und unterstützen Sie das Unions-Programm mit einer Soforthilfe für die Kommunen, damit Not leidende Kommunen wieder eine bessere finanzielle Ausstattung bekommen. Wenn Sie jetzt nicht endlich handeln und über Ihren ideologischen Schatten springen, werden viele Kommunen in diesem Land die Notbremse ziehen müssen und Leidtragende dieser Entwicklung sind die Menschen in den Kommunen in SchleswigHolstein.
Sie dürfen nicht die Opfer einer verfehlten rot-grünen Finanzpolitik auf Bundes- und Landesebene werden. Lassen Sie es nicht so weit kommen.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte versuchen, die Debatte, die etwas an Fahrt gewonnen hat, wieder auf eine sachliche Ebene zu bringen.
Zunächst möchte ich Herrn Kollegen Garg sagen, dass die intellektuellen Ansätze Ihres Antrages für uns durchaus nachvollziehbar sind. Wir als Union und Mehrheitsfraktion in den meisten Kommunen sind jedoch an praktikablen Lösungen interessiert. Ihr Modell - das wissen Sie wahrscheinlich selber - ist natürlich kein Modell, das ab dem 1. Januar nächsten Jahres in Kraft treten kann. Wir brauchen ein Modell, das den Kommunen schnell finanzielle Entlastungen bringt.
Beim Kollegen Puls hatte ich den Eindruck, dass er unseren Antrag nicht gelesen hat. Er hat versucht, uns in die gleiche Ecke zu stellen. Ich finde, wir sind nicht nur seit der Kommunalwahl, sondern schon viel länger - viele Kollegen unserer Fraktion sind ja kommunalpolitisch tätig - unserer besonderen Verantwortung gegenüber den Kommunen in SchleswigHolstein immer gerecht geworden. Wir haben versucht, dies in unserem Antrag auch zu formulieren. Ich möchte jetzt versuchen, das in meiner Rede deutlich zu machen.
Nach vielen Jahren der Untätigkeit hat die Bundesregierung jetzt einen Gesetzentwurf zur Ausweitung der Gewerbesteuer vorgelegt. Dieser Gesetzentwurf ist vor allem hinsichtlich der Einbeziehung der Freiberufler in die Gewerbesteuerpflicht für uns nicht akzeptabel. Eine überbürokratisierte, international weitgehend unbekannte und damit wettbewerbsverzerrende, konjunkturanfällige und aufgrund erheblicher Abgrenzungsprobleme ungerechte Steuer wird nicht dadurch besser, dass sie auf einen größeren Personenkreis ausgedehnt wird.
Schon jetzt wird von ca. 2,7 Millionen Steuerpflichtigen nur etwa jeder Dritte veranlagt, von denen wiederum nur wenige den Großteil der Steuereinnahmen erbringen. Jetzt soll dieser Kreis auch noch um mehr als 780.000 Personen, nämlich um die Freiberufler, erweitert werden. Die Gewerbesteuer wird auch nicht dadurch besser, dass Sie versuchen, gegen den ausdrücklichen Rat Ihres Bundeswirtschaftsministers
ertragsunabhängige Bestandteile in die Steuerpflicht mit aufzunehmen.
Das würde bedeuten, dass der Staat auch dann abkassiert, wenn die Unternehmen Verluste machen. Herr Kollege Puls, Sie haben ausgeführt, dass ja dann die Kommunen eine Stundung vornehmen könnten. Bei der derzeitigen finanziellen Situation der Kommunen ist das sehr schwierig. Ich kann das ein wenig beurteilen, weil ich Vorsitzender des Finanzausschusses unserer Gemeinde bin. Es bringt den Unternehmen keine Entlastung, wenn eine Stundung durchgeführt wird. Das sollten Sie wissen. Die Belastung an sich bleibt nach wie vor bestehen.
In einer Situation, in der der Mittelstand in Deutschland mit der schlechten wirtschaftlichen Lage zu kämpfen hat und viele Betriebe unterkapitalisiert sind, würde ein weiterer Eingriff in die Substanz stattfinden. Eine solche Politik ist verantwortungslos, weil es gerade der Mittelstand ist, der in unserem Land Arbeits- und Ausbildungsplätze in erheblichem Umfang zur Verfügung stellt.
Aus diesem Grunde hatte selbst Ihre eigene Bundesregierung davon Abstand genommen, die Substanz mittelständischer Unternehmen zusätzlich zu besteuern. Dies wäre wirtschaftsfeindlich und arbeitsplatzgefährdend.
Die von der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in ihrem Antrag geforderte Steuererhöhung lehnen wir deshalb entschieden ab. Es darf hierbei nicht um Steuererhöhungen, sondern es muss um eine gerechte und der Verfassung entsprechende Verteilung der Steuereinnahmen durch die Senkung der Gewerbesteuerumlage gehen.
Das Ergebnis der von der Bundesregierung eingesetzten Kommission kommt viel zu spät. Es ist deshalb klar, dass dieser Gesetzentwurf nicht kassenwirksame Verbesserungen der kommunalen Einnahmen im nächsten Jahr herbeiführen kann. Wir erkennen die Notwendigkeit an, dass für einen überschaubaren Zeitraum die Gewerbesteuer nicht abgeschafft werden kann. Wenn aber die Gewerbesteuer mit ihren auch konjunkturell bedingten dramatischen Einbußen vorübergehend beibehalten werden muss, muss es flankierende Maßnahmen für die Kommunen geben. Die Union bleibt deshalb bei ihrer Forderung nach
einem Sofortprogramm zur finanziellen Entlastung der Kommunen. Es ist nach wie vor richtig und notwendig. Ich darf die Forderungen unseres Sofortprogramms noch einmal kurz skizzieren.
Erstens die sofortige Absenkung der Gewerbesteuerumlageü zweitens die Erhöhung der kommunalen Anteile der Umsatzsteuer, drittens die Aufnahme des Konnexitätsprinzips in das Grundgesetz und viertens, dass es bei der geplanten Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe zu einer stärkeren Entlastung der Kommunen kommt. Des Weiteren fordern wir die Landesregierung auf, die von ihr selbst verursachte Schwächung der Finanzlage der kommunalen Ebene in Schleswig-Holstein zu korrigieren.
Es darf keine weiteren Entnahmen aus den Finanzmitteln der kommunalen Ebene zur Finanzierung des Landeshaushaltes geben. Wir brauchen vielmehr eine nachhaltige Stärkung der Investitionsfähigkeit der Kommunen durch eine angemessene Finanzausstattung, nämlich die sachgerechte und transparente Neuordnung des kommunalen Finanzausgleichs, eine zügige Umsetzung der Funktionalreform mit vorheriger Definition durch das Land, welche Aufgaben wegfallen müssen,
und die Stärkung der kommunalen Entscheidungskompetenz durch Reduzierung und Öffnung von Vorschriften und Standards.
Ursächlich für die schwierige Situation der Kommunen ist die falsche Wirtschafts-, Arbeitsmarkt- und Finanzpolitik der rot-grünen Bundesregierung.
Die fehlenden Konjunkturimpulse, die Stagnation der Wirtschaft und die hohe Arbeitslosigkeit lähmen Kreise, Städte und Gemeinden. Die grundlegend falschen bundespolitischen Weichenstellungen wirken sich auf kommunaler Ebene in sinkenden Steuereinnahmen, wachsenden Sozialausgaben und fehlenden Investitionen aus. Zu diesen bundespolitisch verursachten und konjunkturell verstärkten Problemen der Kommunen kommen die von Rot-Grün in Bund und Land verursachten strukturellen Defizite: Die Konsequenzen der rot-grünen Wirtschafts- und Steuerpolitik sind unter anderem erhebliche Ausfälle bei den Gewerbesteuereinnahmen der Kommunen. Durch die dramatische Erhöhung der Gewerbesteuerumlage müssen die Kommunen zudem an den Bund und die Länder einen noch höheren Anteil ihrer ohnehin sinkenden Einnahmen abführen. Belastungen nüssen die
Kommunen außerdem durch die Einführung neuer Leistungsangebote und durch Steuerausfälle wie bei der Abschreibung für die UMTS-Lizenzen hinnehmen.
Die bisher von der rot-grünen Bundesregierung verfolgten Ansätze mit einem so genannten Investitionsprogramm und Hilfen für besonders bedürftige Kommunen durch günstigere Kredite sind verfehlt. Auf diese Weise wird den Kommunen das Geld, das ihnen vorher entzogen wurde, über Kredite wieder geliehen. Vielen Kommunen ist das Bedienen von Krediten oder die Kofinanzierung von Investitionsprogrammen allerdings gar nicht mehr möglich.
Diese Situation erfordert ein rasches und entschlossenes Handeln aller politisch Verantwortlichen. Darüber hinaus muss für die Kommunen und deren Selbstverwaltung eine langfristig tragbare Grundlage geschaffen werden, die auch im zusammenwachsenden Europa Bestand hat. Deshalb fordern wir die Landesregierung auf, seriöse Modelle für den Ersatz der derzeitigen Gewerbesteuer im Zuge einer Reform der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer bei gleichzeitiger Neuverteilung des Steueraufkommens zwischen den politischen Ebenen vorzulegen und in die Beratungen des Bundesrates einzubringen.
Wir glauben, dass nur dies der richtige Weg sein kann, um die kommunalen Einnahmestrukturen langfristig auf eine solide Grundlage zu stellen.
Unsere Kritik an der Bundesregierung bezieht sich auch auf die zu starke Begrenzung der Aufgaben der Kommission zur Neuregelung der Gemeindefinanzen. Wichtige Bereiche wurden von vornherein ausgeschlossen. Dabei handelt es sich um: eine Verschiebung der relativen Finanzkraft zwischen den Ebenen, Bund, Länder und Kommunen; die Erörterung von Mechanismen zur Einschränkung der Aufgaben und Kostenverlagerung auf die Kommunen; die Fragen der Neuverteilung von Aufgaben, Ausgaben und Einnahmen zwischen Bund, Ländern und Kommunen, die über die beiden Kernaufgaben der Kommission hinausgehen; Fragen des Abbaus von Mischfinanzierungen; Fragen des Abbaus oder der Reduzierung nicht mehr leistbarer Aufgaben und Reformen anderer bedeutender Kommunalsteuern wie zum Beispiel der Grundsteuer. Außerdem können die Kommunen an der Gesetzgebung des Bundes nicht direkt mitwirken. Die Länder sollen im Bundesrat und im Vermittlungsausschuss die Interessen der Kommunen mit vertreten. In der Praxis hat diese Regelung allerdings
häufig versagt - leider gerade auch bei uns in Schleswig-Holstein.
Es fehlt nach wie vor die Verankerung des Konnexitätsprinzips im Grundgesetz, das den Bund bei Aufgaben- und Kostenverlagerung auf die Kommunen zur Sicherstellung der Finanzierung verpflichten würde. Die rot-grüne Bundesregierung hat diesem Vorhaben eine Absage erteilt.
In diesem Zusammenhang sollten wir einmal zu unseren Nachbarn in Österreich schauen. Dort wird ein Konsultationsmechanismus erfolgreich praktiziert. Das Prinzip ist einfach: Wenn eine staatliche Ebene Regelungen mit Kostenfolgen für eine andere staatliche Ebene treffen will, müssen sich alle Beteiligten über die Finanzierung einigen. Kommt keine Einigung zustande, bezahlt die beschließende Ebene oder die Regelung kann nicht in Kraft gesetzt werden. Dieser Mechanismus verhindert erfolgreich die Aufgaben- und Kostenverlagerung, schränkt die Verschuldung der öffentlichen Hände wirksam ein und dämmt die Gesetzesflut.
Dies ist nur ein Beispiel für die mutlose Beschränkung der Aufgabenstellung der Kommission durch die Bundesregierung. Die Liste der ausgeklammerten Probleme ist einfach zu lang, um eine nachhaltige Lösung der Finanznot der Kommunen zu erreichen.
Erlauben Sie mir an dieser Stelle einige Ausführungen zur geplanten Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe. Um paralleles Betreuen der gleichen Personengruppe bei Arbeits- und Sozialämtern ebenso wie so genannte Verschiebebahnhöfe zwischen den staatlichen Ebenen künftig auszuschließen, soll ein einheitliches Leistungsrecht bei einheitlicher Finanzverantwortung auf dem Leistungsniveau der Sozialhilfe geschaffen werden. Erreicht werden muss ein kombiniertes Hilfesystem, das die finanziellen Anreize zur Arbeitsaufnahme, die Verpflichtung zur Selbsthilfe, aber auch die staatlichen Fürsorgemaßnahmen in eine neue Balance bringt. Durch ein System, das die Betroffenen gleichzeitig fördert, aber auch fordert, sollen die Hilfeempfänger motiviert und in ihrer Eigenverantwortung gestärkt werden.
Anzustreben ist ein einfaches und für jeden überschaubares Hilfesystem, das neben der Verbesserung der Arbeitsmarkt- und Eingliederungschancen vor allem auf eine persönliche und transparente Betreuung des Hilfeempfängers setzt. Die originäre Arbeitsverpflichtung ist zu unterstreichen und weitestgehend durchzusetzen, indem für Arbeitsunwillige die Leistungen deutlich gekürzt werden. Finanzielle Anreize
zur Wiedereingliederung in den ersten Arbeitsmarkt müssen gesetzt werden.
Die Möglichkeiten für Hinzuverdienste sollten erweitert werden.