Erstens gehen Sie per se davon aus, dass eine einzelne Tierart für die mangelnden Erträge der Fischereiwirtschaft verantwortlich ist. Andere Umwelteinflüsse blenden Sie komplett aus. Auf den Gewässerverbau oder die Gewässerverschmutzung zum Beispiel gehen Sie gar nicht ein. Sie sind auch in Ihrer Rede nicht darauf eingegangen. Diese Faktoren bilden aber jedenfalls meines Wissens einen wesentlich größeren Anteil am Rückgang der Fischpopulation als die vermeintlichen Fraßschäden durch den Kormoran.
Zweitens. Der Entwurf geht davon aus, dass Kormorane einen erheblichen gemeinwirtschaftlichen Schaden verursachen. Ansonsten könnte keine Ausnahme für den Abschuss angenommen werden. Hier, liebe Frau Kollegin Todsen-Reese, handelt es sich aber um
einen betriebswirtschaftlichen Schaden. Wir laufen sehenden Auges in die Gefahr, eine Verordnung zu verabschieden, die rechtlich keinen Bestand haben kann, zumal unsicher ist, ob zum Beispiel die Abschüsse zu einer Stabilisierung oder gar Verbesserung der natürlichen Artenvielfalt in den Gewässern beizutragen hätten.
Drittens. Problematisch ist meiner Ansicht nach, dass durch Abschussmaßnahmen andere Tier- und vor allem Vogelarten ebenfalls gestört werden. Sie werden aufgeschreckt, verletzt oder sogar getötet.
Viertens. Problematisch an Ihrem Entwurf ist aus meiner Sicht auch, dass noch nicht einmal im Ansatz versucht wird, tierschutzgerechten Methoden wie beispielsweise die Vergrämung, der Schutz der Gewässer, der Austausch von Gelegen und so weiter den Vorrang vor dem Töten der Tiere einzuräumen.
Das Töten eines Wirbeltieres ohne wichtigen Grund ist aber nach § 17 des Tierschutzgesetzes verboten. Den wichtigen Grund habe ich auch Ihrem Redebeitrag nicht entnehmen können.
Schließlich noch Folgendes: Trotz umfangreicher Abschüsse insbesondere in Oberbayern, Schwaben und Mittelfranken zeigen ganz aktuelle Untersuchungen, dass hierdurch keine Reduzierung der Kormoranbestände erreicht werden konnte. Abgeschossene Vögel werden schnell wieder ersetzt, wenn die lokalen Ressourcen entsprechend attraktiv sind. Darüber hinaus benötigen Kormorane zusätzliche Energie, wenn sie von einem Gewässer zum nächsten gehetzt werden, sodass ihr Nahrungsbedarf noch ansteigt und sie noch mehr Fische fressen.
Liebe Frau Kollegin, insofern werde ich mich - ich bedanke mich bei meiner Fraktion, dass sie das zulässt - einer aus meiner Sicht völlig unsinnigen Veranstaltung nicht anschließen. Ich werde diesen Entwurf ablehnen.
Zu einem weiteren Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung erteile ich dem Herrn Abgeordneten Kubicki das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte nur deutlich machen, dass die FDPFraktion es sich bei diesem Thema nicht leicht gemacht hat, sondern sehr intensiv - auch unter Zuhilfenahme des Fach- und Sachverstandes von Christel Happach-Kasan, die in diesem Haus schon häufiger sehr gerühmt worden ist - diskutiert hat. Meine verständliche Frage ist, wie können wir einerseits den berechtigten Anliegen von Fischereibetreibern, die Probleme vor Ort haben, Geltung verschaffen und andererseits den Bedingungen des Naturschutzes gerecht werden. Das ist die historische Kontroverse. Die einen haben gesagt, wir müssen auch Abschüsse der Kormorane im Einzelnen zulassen, die anderen haben gesagt, wir wollen die schwarzen Vögel nicht abschießen, wir wollen ihnen an die Eier.
Das Ergebnis sehen Sie, die FDP-Fraktion ist in sich unschlüssig, was sie mit dem Antrag machen soll. Es ist das erste Mal, dass wir uns als Landesparlament - im Prinzip gesetzgeberisch tätig werdend - mit einer Verordnung beschäftigen.
- Gott bewahre uns davor, dass wir jede einzelne Verordnung, die der Verordnungsgeber machen soll, als Parlamentarier hier in der großen Runde beschließen sollen.
Eigentlich müssten wir den Antrag an den Ausschuss überweisen, dann wiederkommen lassen und eine zweite Lesung machen. Denn er ist im Prinzip doch nichts anderes als ein verkappter Gesetzentwurf.
- Nein, Frau Todsen-Reese, hören Sie doch bitte einmal zu! Er ist nichts anderes als ein verkappter Gesetzentwurf, der in sich entweder nicht ordentlich formuliert worden sein kann - wegen der Normenklarheit, die auch für Verordnungen gilt - oder aber die Beteiligten, die ihn geschrieben haben, wussten nicht, was sie taten. Ich möchte das einmal an einem Beispiel deutlich machen.
(1) Wer - ohne Jagdscheininhaber oder Jagdausübungsberechtigter zu sein - von der Zu (Wolfgang Kubicki)
lassung nach § 1 Abs. 1 - mit Ausnahme des Abschusses - Gebrauch gemacht hat, hat der Unteren Naturschutzbehörde bis zum 10. April eines jeden Jahres über die im Zeitraum nach § 3 getätigten Maßnahmen schriftlich zu berichten und dabei insbesondere anzugeben:
Also, wer ohne abgeschossen zu haben, von den anderen Maßnahmen Gebrauch gemacht hat, soll darüber berichten, wie viele Abschüsse er getätigt hat. Das ist sehr interessant.
Dann steht in Ihrem zweiten Absatz, dass die Jäger, also die Jagdausübungsberechtigten, auch berichten sollen, im gleichen Zeitraum, aber jetzt nicht an die Untere Naturschutzbehörde, sondern an die Jagdbehörde, die dann ihrerseits an die Naturschutzbehörde berichten soll.
Ich habe im Ohr - das möchte ich nur sagen -, dass wir alle gemeinsam in diesem Haus, darunter auch die CDU, erklärt haben, wir wollten eine Vielzahl von bürokratischen Abläufen vereinfachen, möglicherweise ganz abschaffen.
Also, die Mehrheit der Fraktion der FDP unterstützt das Anliegen, auch Abschüsse von Kormoranen im Einzelfall möglich zu machen.
- Ja, das wissen wir auch. - Sie unterstützt es über das bisherige Maß hinaus. Das ist die Auffassung der FDP - mit Ausnahme des Kollegen Garg, der sich vehement diesem Ansinnen widersetzt. Das ist sein gutes Recht. Aber die Mehrheit der Fraktion kann mit dem vorgelegten Entwurf so nichts anfangen. Deshalb haben wir beantragt, ihn an den Ausschuss zu überweisen. Wenn die Mehrheit des Hauses das nicht mitmachen will, wird sich meine Fraktion enthalten - mit Ausnahme des Kollegen Garg, der dagegen stimmen wird. Wir tun das nicht, weil wir das Anliegen nicht teilen, sondern weil wir den Verfahrensweg einfach nicht nachvollziehen können.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Damen und Herren! Wir wussten schon immer, dass der Kollege Kubicki gern Innenminister wäre, profunder hätte eine Normenprüfung nicht ausfallen können.
Wir beschäftigen uns heute wieder einmal mit dem Thema Kormorane. Diesmal geht es aber nach Angaben der Entwurfsverfasser nicht nur um die bislang nie in der Höhe nachgewiesenen und belegten Fraßschäden, sondern insbesondere um den Schutz der heimischen Tierwelt. Das hat mich schon überrascht. Es gibt nämlich derzeit keinen wissenschaftlich fundierten Hinweis darauf, dass der Fortbestand anderer Arten in Schleswig-Holstein durch den Kormoran gefährdet ist. Auch wenn Kormorane - wie viele andere Vogelarten auch - schon immer Fisch gefressen haben, sind es in der Tat nicht sie - da kann ich mich den Kollegen Redmann, Matthiessen und Harms anschließen -, die für deren Gefährdung verantwortlich wären. Dieses Problem muss auf andere Weise angegangen werden, zum Beispiel durch die Verbesserung der Gewässerqualität, wie wir das in Schleswig-Holstein schon sehr erfolgreich durch die Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie tun.
Hinzu kommt, dass den Schöpfern des Entwurfes nicht einmal die tatsächlichen Verhältnisse bekannt zu sein scheinen. Geflissentlich wird in der Medienoffensive verschwiegen, dass die schleswigholsteinische Kormoranpopulation seit dem Bestandsmaximum von 1995 um rund 1.000 Paare, um rund ein Drittel, zurückgegangen ist. Um das in Zahlen auszudrücken: Von rund 3.200 Brutpaaren sind wir bereits auf 2.200 heruntergegangen. Das heißt, die Entwicklung ist bereits abschüssig, jetzt relativ konstant, unter anderem Dank des Wirkens des Seeadlers.
Ähnliches konnten wir im Zusammenhang mit den Restbeständen feststellen. Weiterhin ist anzumerken, dass zwei Drittel der Brutpaare in der Nähe der Meeresküste siedeln und für die schleswig-holsteinische Binnenfischerei - um die es gerade ging - nur von geringer Bedeutung sind.
An die Tatsache, dass mit fachlichen Grundlagen im Zusammenhang mit den Kormoranen - gelinde gesagt - sorglos umgegangen wird, habe ich mich be
reits gewöhnt. Unangenehm überrascht mich aber, wie der leichtfertige Umgang mit Recht und Gesetz stattfindet. So muss man sich beim Zusammenstricken eines Verordnungsentwurfes schon einmal die Mühe machen, bundes- und EU-rechtliche Regelungen genauer zu lesen. Wer Abschüsse auch in FFH- und Vogelschutzgebieten weitgehend zulassen will, der verstößt in der Form dieses Verordnungsentwurfes eindeutig gegen europäisches Recht. Das heillose Durcheinander naturschutz- und jagdrechtlicher Bestimmungen sowie die Unkenntnis der damit eng verknüpften Zuständigkeiten sind ein weiterer gravierender Mangel des Entwurfes.
Aber, Herr Peter-Harry Carstensen hat ja Recht, Staatssekretärsposten sollten doch erst nach der Wahl vergeben werden. Zweifel an der Qualifikation sind hier durchaus angebracht.
Erstaunlich ist auch der sorglose Umgang mit den sonst von der CDU-Fraktion vehement verteidigten Rechten von Jägern und Grundeigentümern. So soll Dritten erlaubt werden, in fremden Jagdrevieren und möglicherweise sogar gegen den Willen des Jagdberechtigten auf Abschusstour zu gehen. Das ist schon komisch.
Natürlich muss die Verbreitung des Kormorans so gelenkt werden, dass Fischereischäden möglichst gering bleiben und gleichzeitig der notwendige Schutz des Kormorans gewährleistet wird. Aber dazu reicht die geltende Rechtslage aus. Sie ermöglicht die Verhinderung von Ansiedlung durch Vergrämungsabschüsse dort, wo erhebliche Schäden drohen, zum Beispiel in der Teichwirtschaft.