Protokoll der Sitzung vom 24.09.2004

Die Umsetzung von Erfindungen in neue Produkte bedarf eben eines solchen zeitlichen Vorlaufs.

Herr Abgeordneter, Sie haben weiterhin das Wort. Ich wollte lediglich etwas mehr Aufmerksamkeit fordern und Sie bitten, sich etwas kürzer zu fassen.

- Herr Präsident, ich weiß, wie spät es ist.

Also, dieser zeitliche Vorlauf, der für die wirtschaftliche Umsetzung einer Erfindung schlicht und ergreifend in den Betrieben nötig ist, ist genau die Begründung für eine weitere Starthilfe aus Landes- und Bundesmitteln. Das Bundesforschungsministerium hat dies erkannt und deshalb seine Förderzusage von 2004 bis 2006 um drei Jahre verlängert. Das Land sollte sich diesem Anliegen seinerseits nicht verschließen.

Der im nächsten Haushaltsjahr mit 5 Millionen € dotierte Innovationsfonds der Hochschulen ist meines Erachtens sehr gut geeignet, um die in einem - wie gesagt - relativ geringen Umfang von jährlich 125.000 € liegende erforderliche Unterstützung für die Patentverwertungsagentur mit zu ermöglichen.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich ergänzend dazu noch zwei weitere Argumente anführen. Schleswig-Holstein liegt im Bundesvergleich nach den vorliegenden Statistiken, die bis zum Jahr 2001 diese Zahlen ausweisen, bei den Patentanmeldungen fast am Ende der Liste der Bundesländer. Mit nur 25 Patenten pro 100.000 Einwohnern liegt SchleswigHolstein ganz unten auf der Liste. Nur MecklenburgVorpommern schnitt noch schlechter ab.

Eine Einrichtung, die Patente und andere Schutzrechte aus dem Hochschulbereich verwertet, könnte sehr gut dazu beitragen, dass unser Land diese Schlusslichtrolle alsbald hinter sich lässt.

Die Patentverwertungsagentur Schleswig-Holstein hat bereits eine Reihe von Lizenzvereinbarungen

geschlossen und es gibt bereits mehrere „Letters of Intent“, die unter Dach und Fach gebracht worden sind. Von den zwischen Februar 2002 und Juni 2004 erfolgten Schutzrechtsanmeldungen entfallen 15 - das sind 28 % - auf die Medizintechnik, zwölf auf die Verfahrenstechnik und jeweils sieben - das sind jeweils 13 % - auf Biotechnologie und Lasertechnik.

Unsere Hochschulen sind also gerade auch in Bereichen innovativ und produktiv, die wir bereits in früheren Diskussionen - ich denke auch fraktionsübergreifend - als wichtige Forschungsfelder für die wirtschaftliche Entwicklung unseres Landes anerkannt haben. Deshalb ist es wichtig, dass wir auf diesen Innovationsfeldern auch die wirtschaftliche Nutzung von Patenten aus dem Hochschulbereich weiter voranbringen.

Die PVA Schleswig-Holstein ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, eine GbR. Falls ihre weitere Finanzierung über das Jahresende 2004 hinaus nicht gesichert sein sollte, droht ihr die Insolvenz.

Die PVA Schleswig-Holstein ist die Umsetzung einer sehr guten Idee.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Sie ist mit großem Engagement aller Beteiligten gestartet und sie verdient auch für die kommenden Jahre die weitere Unterstützung durch das Land.

(Beifall bei der FDP)

Ich erteile dem Herrn Abgeordneten Weber das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die SPD-Landtagsfraktion sieht ebenso wie die FDP die Arbeit der Patentverwertungsagentur SchleswigHolstein als einen wichtigen Beitrag zur Hochschulentwicklung im Land an.

Man kann feststellen, dass seit Änderung des Arbeitnehmererfindungsgesetzes vom Frühjahr 2002 nicht nur Professoren, sondern auch andere wissenschaftliche Mitarbeiter aus Hochschulen das Recht haben, Erfindungen zum Patent anzumelden.

Durch die intensive Förderung durch die Bundesregierung - aufgrund derer allein nach SchleswigHolstein über 1 Million € in diesen Bereich geflossen sind - konnten Erfolge erzielt werden. Die Arbeit der PVA darf erfolgreich genannt werden. Sie hat ein verwertungsfreundliches Klima an den Hochschulen geschaffen; man darf diesen Bereich nicht unterschätzen. Man muss den Leuten klarmachen, dass es

(Jürgen Weber)

manchmal schlauer ist, ein Patent anzumelden, statt zuerst den Aufsatz darüber zu veröffentlichen, der es anderen ermöglicht, daraus Patente abzuleiten.

Die PVA, deren Gesellschafter zu 50 % die Wirtschaftsförderung und Technologietransfer SchleswigHolstein GmbH und zu 50 % die Hochschulen des Landes sind, darf erwarten, dass mittel- und kurzfristig ein tragfähiges Konzept auch ohne Landeszuschüsse entwickelt wird. Die SPD-Fraktion ist - das möchte ich hinzufügen - der Auffassung, dass geprüft werden muss, ob die PVA nicht stärker mit der Wirtschaftsförderung des Landes Schleswig-Holstein verbunden werden sollte.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zurzeit wird an einem solchen zukunftsfähigen Konzept gearbeitet und es wird eine Reihe von Gesprächen geführt. Deswegen möchte ich zum Abschluss sagen, dass wir Informationen über die Konzeptberatung und ihre Ergebnisse haben müssen, bevor wir einen definitiven Beschluss über die Zur-VerfügungStellung weiterer Steuergelder zum Beispiel aus dem Innovationsfonds beschließen können oder wollen.

Aus diesem Grunde beantragen wir, den FDP-Antrag an den Bildungsausschuss zu überweisen und dort weiter zu beraten.

Ich erteile Herrn Abgeordneten Greve das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Minister Stegner formulierte noch als Wissenschaftsstaatssekretär in einer Rede anlässlich der InWaterTec am 30. August 2001 - ich zitiere -:

„Besonders im angloamerikanischen Bereich ist das Bewusstsein zur Patentierung wissenschaftlicher Arbeiten und zu deren wirtschaftlicher Verwertung weitaus stärker ausgeprägt als in Deutschland. Dort haben sich Instrumente vergleichbar zu der eben beschriebenen Patentverwertungsagentur als operative Hilfsmittel zur Überleitung von Hochschulwissen in den Markt schon lange bewährt. Auch andere europäische Länder sind hier weiter als wir in Deutschland.“

Des Weiteren sagte er:

„Die Wettbewerbsfähigkeit Finnlands basiert auf erfolgreich getätigten Investitionen in Forschung und Entwicklung beziehungswei

se der damit verknüpften erfolgreichen Verwertung von Forschungs- und Entwicklungsergebnissen."

Jeder dieser Sätze ist richtig und kann nur mit Nachdruck wiederholt werden. Jetzt fordern wir aber auch entsprechendes Handeln ein.

Was sind Patente? - Patente sind die innovativen Produkte von morgen. Nur sie sichern die Arbeitsplätze unserer Kinder. Sie sind eine Zukunftsversicherung schlechthin.

Ein Land, das Allerweltsprodukte herstellt, muss seinen Gesamtstandard den Ländern anpassen, die das ebenfalls tun - auch bei Löhnen und Sozialleistungen. Wenn Deutschland also zumindest ein Land mit höheren Löhnen und guten sozialen und kulturellen Standards bleiben soll, dann sind wir geradezu verurteilt, in möglichst vielen Bereichen von Technik, Chemie, Pharmazie, um nur drei bedeutende Bereiche zu nennen, an der Weltspitze zu stehen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Möglichst viele innovative Patente sind dafür eine unabdingbare Voraussetzung. Wenn wir die Bevölkerungszahl Schleswig-Holsteins in Beziehung zu den von Schleswig-Holsteinern angemeldeten Patenten setzen, stehen wir - Herr Dr. Klug hat es bereits formuliert - im Verhältnis zu den anderen Bundesländern gerade nur im unteren Drittel. Deshalb ist der Erhalt der Patentverwertungsagentur für Erfindungen an den Hochschulen unerlässlich. Die Landesregierung ist deshalb dringend aufgefordert, ihren Anteil zum Gesamtbudget dieser Agentur zu leisten.

(Beifall bei CDU und FDP)

Das Gegenargument, dafür sei kein Geld da, untergräbt die Fundamente unserer wirtschaftlichen Zukunft.

(Unruhe bei der CDU)

Meine Damen und Herren, aus den CDU-Reihen, ich bitte, dem Redner nicht so offensichtlich Ihre Missachtung auszudrücken.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Ich muss hier nicht einmal eigene Vorschläge machen, woher das Geld kommen soll, wie das Land finanzieren soll. Der Landesrechnungshof hat immer wieder eine Reihe von möglichen Einsparpositionen aufgezeigt. Selbstverständlich wäre auch das, was

(Uwe Greve)

Dr. Klug formuliert hat, also das Geld über den Innovationsfonds aufzubringen.

Klammheimliche Kritik, die Ergebnisse der Agentur seien ja nicht gerade berauschend, zum Beispiel bisher nur 12 Lizenzverträge, muss zurückgewiesen werden.

Seit mehr als einem Jahrzehnt ist es eines meiner Berufsfelder, zwischen Erfindern und Unternehmen den Kontakt herzustellen. Patente oder Lizenzen zu verkaufen erfordert langjährige Kontakte und systematischen Vertrauensaufbau. Beides ist in kurzer Zeit nicht zu leisten. Die bisherigen Ergebnisse der Agentur, nämlich 11 Patenterteilungen, 12 Lizenzverträge und 168 Erfindungsmeldungen, sind aus meiner Sicht hochachtbar. Außerdem ist es unendlich beschwerlich, Patente oder Lizenzen in Deutschland zu verkaufen, weil dem innovativen Mittelstand - auch eine Folge von Basel II - das Kapital fehlt, während die international operierenden Konzerne oft eine Entwicklungsflexibilität aufweisen, die jener sozialistischer Staatskonzerne gleichkommt.

(Beifall bei CDU und FDP)

Auch gibt es dort ebenso fragwürdige wie erfolgreiche Strategien, Erfinder um ihren verdienten Lohn zu bringen. Da habe ich viele Erfahrungen gemacht.

Die Patentverwertungsagentur für an den Hochschulen entwickelte Patente ist also eine hochnotwendige Einrichtung. Sie stimuliert den Erfindergeist an den Hochschulen und stärkt die Eigenverantwortung der Hochschulen. Wir müssen ihr mindestens acht, vielleicht sogar zehn Jahre geben, damit sie sich dann wirklich selbst tragen kann. Die Frage, ob es auf lange Sicht günstiger wäre, alle Technologietransferagenturen zusammenzuschließen, steht hier nicht zur Debatte. Wir unterstützen deshalb den Antrag der FDP mit Nachdruck.

(Beifall bei CDU und FDP)