Dass hier nicht mit gezinkten Karten gespielt wird, zeigt schon die Tatsache, dass mit NRW und Schleswig-Holstein zwei Bundesländer, die eine rot-grüne Regierung haben, von den Dienstpostenzahlen her gesehen stark betroffen sind. Die Problematik in der
Absurd wird es, wenn Herr Austermann erklärt - ich zitiere -, seine Heimat würde leer geräumt, und dann noch behauptet, Struck hätte den Standort Kellinghusen aufgelöst, weil er einen persönlichen Rachefeldzug gegen ihn führe. Herr Austermann, das grenzt schon an Verfolgungswahn.
Auch die CDU-Kritik, dass die innere Sicherheit, der Heimatschutz und der Katastrophenschutz gefährdet werden, muss ich entschieden zurückweisen. Der Schutz von gefährdeten zivilen Objekten bleibt Aufgabe von Polizei und Grenzschutz. Für den Katastrophenschutz wird die Bundeswehr bundesweit vier Standorte für die zivil-militärische Zusammenarbeit einrichten, die so genannten ZMZ-Stützpunkte. Einer dieser ZMZ-Stützpunkte wird in Husum sein. Dort ist das Spezialpionierbataillon 164 stationiert. Schleswig-Holstein ist also gerade in diesem Bereich bevorzugt behandelt worden. Also auch hier Entwarnung vor heißer Luft. Die CDU hat wieder einmal etwas nicht mitbekommen.
Jetzt gilt es anzupacken. Der Umsetzungszeitraum reicht bis 2010. Die detaillierten Umzugs- oder Schließungspläne werden erarbeitet. Der Zeitrahmen muss jetzt für die Umstrukturierung genutzt werden; das wird schwer genug. Schaufensterreden helfen nicht weiter. Ideen für neue Nutzung und zivile Beschäftigung sind gefragt. Da ist Platz genug für alle hier im Haus, sich bei der Hilfe für die Menschen und die Regionen zu profilieren.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es kam, wie es kommen musste: Am 2. November gab der Bundesverteidigungsminister seine Entscheidung zur Reform der Bundeswehr mit extrem bitteren
Folgen für Schleswig-Holstein bekannt. Wir haben die Zahlen gehört, aber ich denke, Wiederholung tut Not, weil wir uns nur dadurch bewusst werden, welche Konsequenzen diese Standortschließungen haben. Insgesamt werden 13 Standorte geschlossen, 8.000 Dienstposten fallen weg oder werden verlagert.
Wieder einmal ist der Landesteil Schleswig - wie schon bei früheren Bundeswehrreformen - überproportional stark betroffen; denn im Norden SchleswigHolsteins werden in Zukunft 4.000 zivile und militärische Dienstposten verlegt oder abgebaut. Besonders hart trifft es dieses Mal die Standorte Rendsburg und Kappeln. In Rendsburg sollen zwei Kasernen und die Standortverwaltung mit insgesamt 2.000 Dienstposten schließen. Damit wird die lange militärische Tradition Rendsburgs, die ja schon als Garnisonsstadt unter den dänischen Königen begann, beendet.
Dramatische Folgen wird die Schließung des Marinestützpunktes Olpenitz für die gesamte Region um Kappeln haben. Denn der Wegfall von 2.000 militärischen und zivilen Arbeitsplätzen in einer Stadt mit nur 10.000 Einwohnern - auch das muss man sich noch einmal vor Augen führen - ist nichts weniger als eine wirtschaftliche und menschliche Katastrophe, weil damit ein sehr großer Teil der Kaufkraft der Stadt wegfällt. Deshalb haben sich auch die Bürgerinnen und Bürger Kappelns mit dem Bürgermeister an der Spitze gemeinsam mit den Soldaten und Zivilbeschäftigten von Olpenitz seit Jahren so vehement für den Marinestandort eingesetzt.
Trotz vieler guter militärfachlicher und betriebswirtschaftlicher Argumente, die auch bei dem Besuch von Bundesverteidigungsminister Struck Eindruck machten - wenigstens stand es so in der Presse -, gelang es nicht, die Verlegung des Militärstandortes nach Kiel zu verhindern. Dies muss vor dem Hintergrund der Kosten der Verlagerung und der erst vor Jahren getätigten vielen Investitionen in Olpenitz sehr verwundern, denn es ist ja nicht so, dass Olpenitz ein heruntergekommener Standort wäre. Im Gegenteil! Unter dem Strich dürfte die Verlegung des Marinestandortes der Bundeswehr nach Kiel Millionen von Euro kosten. Kein Wunder, dass die Menschen in Kappeln zu Recht, wie ich finde, über diese Entscheidung empört sind.
Natürlich muss man dem Verteidigungsminister zugestehen, dass er seine Bundeswehrreform aus militärischen Erwägungen durchführt. Etwas anderes wäre auch völlig fehl am Platze. Olpenitz jedoch hätte auch aus militärfachlicher Sicht nicht geschlossen werden müssen.
Man muss sich auch ernsthaft die übergeordnete Frage stellen, ob die neue Militärdoktrin der Bundesregierung, die besagt - ich zitiere eine Aussage des Bundesverteidigungsministers -, „dass die Bundesrepublik am Hindukusch und am Horn von Afrika verteidigt werden soll“, wirklich der richtige Weg ist. Ich habe da große Zweifel, obwohl ich nicht so weit gehen möchte wie die CDU, die behauptet, dass durch diese Bundeswehrreform die Landesverteidigung in Gefahr gerät. Das ist angesichts der realen Bedrohung nach dem Fall der Mauer und der EU-Osterweiterung in diesem Jahr eher fraglich.
Lieber Kollege Kayenburg, von der Tendenz her gebe ich Ihnen ja Recht; das habe ich vorhin gesagt, das ist eine Aussage, die gefallen ist.
Wenn man für diese neue militärische Strategie eintritt, so kommt man um Umstrukturierungen, Standortschließungen und auch die Reduzierung der Anzahl der Soldaten und zivilen Beschäftigten nicht umhin. Es geht aber nicht an, dass die Bundesregierung angesichts der schwerwiegenden Folgen für die betroffenen Regionen und Kommunen einfach sagt: Das ist eine rein militärische Entscheidung und wir geben keinerlei Kompensationen. - Diese Argumentation ist nicht hinnehmbar und ist ein Schlag ins Gesicht der betroffenen Menschen.
Gerade in Schleswig-Holstein sind die Bundeswehrstandorte in den 50er- und 60er-Jahren auch unter regionalen Gesichtspunkten besonders im strukturschwachen ländlichen Raum reduziert worden.
Des Weiteren sind schon durch die Umstrukturierung der Bundeswehr in den letzten Jahren fast 20.000 Dienstposten und Arbeitsplätze weggefallen. Der Kollege Hay hat uns diese Zahlen gegeben. Aus der Sicht des nördlichen Landesteils nenne ich stichwortartig nur das Marienegeschwarder 2 in Tarp/Eggebek oder die massiven Standortschließungen beziehungsweise -reduzierungen in Schleswig und Flensburg.
Rahmen der vorhandenen EU- und GA-Programme Konversionsmittel für die betroffenen Standorte bereitzustellen. Das begrüßen wir ausdrücklich. Darüber freuen wir uns. Wir freuen uns auch darüber, dass die Landesregierung gesagt hat, die Förderquote solle nunmehr 70 % betragen. Ich füge allerdings in Klammern hinzu, dass man in Schleswig damit einige Schwierigkeiten hat, denn dort wurde eine solche Zusage nicht gemacht.
Wenn man sich Standorte wie Flensburg anguckt, stellt man fest, es gibt durchaus Erfolge bei der Konversion. Das darf man nicht vom Tisch wischen. Die bisherigen Erfahrungen zeigen auch, dass dies kein einfacher Prozess ist und dass man den gesamten Wegfall von Arbeitsplätzen nicht hat kompensieren können. Angesichts der vielen betroffenen Kommunen reicht das vorhandene Volumen des Konversionsprogramms auf Landesebene aus unserer Sicht nicht aus. Deshalb fordert der SSW, dass sich die Bundesregierung zu ihrer regionalen Verantwortung bekennt und ein Bundeskonversionsprogramm auflegt. Das ist immer unsere Forderung gewesen und das bleibt auch unsere Forderung.
Wir laufen sonst Gefahr, dass die Investitionen der Landesregierung für Konversionsprojekte zulasten anderer wichtiger geplanter Projekte gehen. Das lehnen wir entschieden ab.
Weiter ist es aber auch wichtig, dass die Institutionen des Bundes den Kommunen bei der zukünftigen Verwendung der brachliegenden Bundeswehrliegenschaften weiter entgegenkommen, als es bisher der Fall war, zum Beispiel beim Verkaufspreis der Liegenschaften. Gerade in diesem Bereich erleben wir immer wieder, dass sich die Bundesregierung in der Frage einer vernünftigen Verwendung der Liegenschaften querstellt. Ein Beispiel dafür ist die Insel Sylt. Hier verhandelt man schon seit Jahren über den Verkaufspreis der ehemaligen Bundeswehrhäuser. Man könnte fast sagen, man streitet über den Preis. Man scheint jetzt zwar eine Lösung gefunden zu haben, aber der im Raum stehende Preis ist eigentlich immer noch zu hoch und geht zulasten der Menschen auf der Insel. Der SSW fordert, dass der Bund sich bei Verhandlungen über den Verkauf der Liegenschaften mehr von den Interessen der betroffenen Kommunen und ihrer Bürgerinnen und Bürger leiten lässt als von den Vorgaben des Bundesrechnungshofs.
Sie alle wissen, dass der Bundesrechnungshof fast ohne Rücksicht auf Verluste fordert, der Bund müsse
- Das ist richtig, lieber Kollege Astrup, aber ich hätte Lust, den Herrn Innenminister zu zitieren, der sehr wohltuend und ganz offen gesagt hat, auch der Bundesrechnungshof bestehe nur aus Menschen, die sich vielleicht auch einmal überlegen könnten, wie die Gesamtsituation sei.
- Dann muss man das im Haushaltsausschuss ändern. Das ist auch das, was jetzt ansteht. Das gilt zum Beispiel auch für Olpenitz, wo wir schon heute die Situation haben, dass private Investoren bereits jahrelang über die Nutzung eines brachliegenden attraktiven Grundstücks mit dem Bund streiten. Hier ist mehr Fingerspitzengefühl im Sinne der Betroffenen angesagt.
Ein weiterer Punkt, der aus Sicht der dänischen Minderheit und der friesischen Volksgruppe berücksichtigt werden sollte, ist die Frage, was in Zukunft mit Bundeswehrbeschäftigten geschieht, die aus der Minderheit kommen. Hier fordert der SSW, dass die Situation dieser Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter besondere Berücksichtigung finden muss, damit sie auch in Zukunft dort leben können, wo sie ihre Kultur und Sprache ausleben können.
Lieber Kollege Astrup, das ist eine Forderung, die auch im Kontaktausschuss für die dänische Minderheit nicht nur diskutiert wurde, sondern auch Unterstützung gefunden hat, denn diese Forderung findet in der EU-Sprachencharta keine Unterstützung. Ich sage dies nur, um ein Beispiel zu nennen. Tun Sie bitte nicht so, als wäre es völlig hirnrissig, dies zu sagen. (Holger Astrup [SPD]: Darüber reden wir noch!)
- Ja, das können wir tun. Zuletzt möchte ich noch unterstreichen, dass der SSW den Ansatz der Landesregierung begrüßt, gemeinsam mit den Kommunen zukunftsweisende Konversionsprojekte zu entwickeln. Bekanntlich hat es bereits eine Konferenz gegeben, um eine erste Bestandsaufnahme vorzunehmen. Aus unserer Sicht ist es für das Gelingen der Konversion vor Ort entscheidend, dass die Landesregierung eine Anlaufstelle schafft, die den Kommunen sozusagen aus einer Hand durch den Dschungel der Programme und der Verwaltungsvorschriften hilft. Es braucht einen Lotsen, wenn es um die Zuständigkeiten der verschiedenen Ministerien geht. Auch das hat
Minister Buß in einem Gespräch in Eggebek zugesagt. Ich freue mich, dass er diese Zusage einhalten wird.
Wir haben den Berichtsantrag und wir haben den CDU-Antrag. Der Inhalt des CDU-Antrags trifft aus unserer Sicht den Stand der Diskussion. Wir können ihm ohne weiteres zustimmen.
Im Rahmen der vereinbarten Redezeit der Fraktionen erteile ich jetzt Herrn Abgeordneten Benker das Wort.