Protokoll der Sitzung vom 18.10.2000

Wir hoffen auf eine der Ernsthaftigkeit dieser Sache angemessene Diskussion in den Ausschüssen.

(Anhaltender Beifall bei CDU und F.D.P.)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Jacobs das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Einführung einer Oberflächenwasserabgabe ist bereits in der Juli-Tagung erörtert worden. Die CDU hatte das Thema auf die Tagesordnung gesetzt, weil sie diese Abgabe nicht wollte. Sie sei angeblich verfassungswidrig, wirtschaftsfeindlich und diene nur fiskalischen Zwecken.

(Zurufe von der CDU: So ist es! - Beifall bei der CDU - Reinhard Sager [CDU]: Jetzt wis- sen Sie das auch!)

Eine erneute juristische Überprüfung hat ergeben, dass das Gesetz verfassungsgemäß ist. Der Bund hat zwar eine Rahmenkompetenz für den Wasserhaushalt, macht aber von dieser Kompetenz nicht in der Weise Gebrauch, dass die Regelung von Wasserentnahmeentgelten durch die Länder ausgeschlossen wäre.

(Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: Es gibt eine Zweckbindung!)

In anderen Bundesländern wird diese Abgabe bereits seit mehreren Jahren erhoben. Sie hat sich bewährt. In Schleswig-Holstein fällt sie im Vergleich sogar niedri

ger aus. Es wurde bereits gesagt, dass sie bei uns 1,5 Pf/m3 beträgt, während in anderen Ländern bis zu 4 Pf erhoben werden. Da die Abgabe in der Hauptsache von den Kernkraftwerken aufgebracht wird, kann hier auch nicht von einer Gefährdung des Wirtschaftsstandorts Schleswig-Holstein gesprochen werden.

(Beifall bei SPD und SSW)

Es ist schlecht möglich, mit einem Kernkraftwerk abzuwandern. Außerdem agieren die Betreiber unserer Kraftwerke - HEW und PreussenElektra - bundesweit und sind sogar höhere Abgaben gewohnt.

Es wird kritisiert, dass es sich bei der Abgabe um eine rein fiskalische Maßnahme handele. In Anbetracht einer immer schwieriger werdenden Haushaltssituation muss natürlich nach weiteren Einnahmemöglichkeiten geschaut werden.

(Zurufe von der CDU - Beifall bei der SPD)

Es handelt sich jedoch nicht um ein Abkassieren oder Abzocken.

(Zurufe von der CDU: Nein, nein!)

Mit der Oberflächenwasserabgabe soll der wirtschaftliche Vorteil, den Einzelne durch die Inanspruchnahme des Rechtes zur Entnahme von Oberflächenwasser erzielen, mit einer Abgabe belegt werden. Die Entnahme einer schützens- und erhaltenswerten natürlichen Ressource - wie das Oberflächenwasser aufgrund eines Rechtes oder einer Befugnis verschafft dem Einzelnen die Teilhabe an einem Gut der Allgemeinheit und damit einen Sondervorteil gegenüber denjenigen, denen eine solche Nutzung nicht - oder nicht im gleichen Umfang - gestattet ist.

(Martin Kayenburg [CDU]: Dann müssen Sie die bessere Luft in Schleswig-Holstein auch besteuern!)

- Das überlegen wir vielleicht! Die Abgabenerhebung ist auch von der Intention geleitet, dass einerseits die Einnahmen des Landes immer geringer werden, andererseits die Kosten für die Erhaltung der Umwelt stetig steigen. Auf allen staatlichen Ebenen - und im kommunalen Bereich - steht die Erfüllung von Aufgaben des Umweltschutzes einem steigenden Finanzbedarf gegenüber. Ohne die Einnahme aus der Oberflächenwasserabgabe wäre der Umwelthaushalt nicht auszugleichen gewesen.

(Zurufe der CDU: Oh Gott! - Zuruf des Ab- geordneten Wolfgang Kubicki [F.D.P.] - Un- ruhe - Glocke des Präsidenten)

Meine Damen und Herren, Herr Abgeordneter Jacobs, ich bitte um mehr Ruhe, insbesondere auf der rechten Seite dieses Hauses.

Nachdem wegen des Wegfalls der Landesabfallabgabe bereits auf die Bezuschussung von Altlastensanierungen und abfallwirtschaftlichen Projekten völlig verzichtet werden musste, wären jetzt auch andere Haushaltstitel in Gefahr.

(Martin Kayenburg [CDU]: Weil das rechts- widrig war!)

Ich sage hier ganz deutlich: Wer gegen die Abgabe ist, riskiert zum Beispiel einen weiteren Rückgang der Zuschüsse für die Wasser- und Bodenverbände.

(Martin Kayenburg [CDU]: So ein Unsinn! - Zurufe von der CDU: Oh, oh!)

Diese Mittel wurden in den letzten Jahren bereits erheblich zurückgefahren. Nur durch diese neue Abgabe kann man dem Landesverband endlich einen festen Betrag garantieren. Im Haushalt ist ein Abgabevolumen von 46 Millionen DM veranschlagt, da es sich um Vorauszahlungen von 75 % handelt. In den darauf folgenden Jahren werden 62 Millionen DM erwartet. Die Hälfte der Abgabe ist für ökologische Maßnahmen zu verwenden.

Angesetzt sind im Haushalt Maßnahmen im Bereich biologischer Flächenschutz und Artenschutz, Zuweisungen an den Landesverband der Wasser- und Bodenverbände und Maßnahmen zur Unterhaltung der Gewässer. Der Vorwurf, dass diese Haushaltstitel nicht zusätzlich seien, mag zwar teilweise richtig sein. Sicher ist aber auch, dass diese von mir eben genannten Maßnahmen ohne Abgabe weiter gekürzt werden müssten.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Abgeordneter, kommen Sie bitte zum Schluss!

Ja, ich komme zum Schluss. - Es gab Überlegungen, Ausnahmen für Branchen vorzusehen. Der Minister hat ja bereits darauf hingewiesen, dass das für das Pumpspeicherkraftwerk in Geesthacht nicht möglich sei.

Als vor 25 Jahren die ersten größeren Kernkraftwerke gebaut wurden, wurden Eingriffe in die Natur noch relativ bedenkenlos hingenommen. Heute gilt, dass

kein Eingriff in die Natur umsonst zu haben ist. Wer Wasser entnimmt, nutzt und wieder einleitet, sollte auch dafür bezahlen.

Ich bitte um Überweisung des Gesetzesentwurfs an den Umweltausschuss.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Ich erteile Frau Abgeordneter Aschmoneit-Lücke das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn wir kein Geld mehr haben, dann nehmen wir es denen weg, die wir sowieso nicht mögen. Das ist die ganze Philosophie, die hinter dieser Abgabe steht.

(Beifall bei F.D.P. und CDU)

Die Idee ist ja nicht neu. Man denke nur an die Mineralölsteuer! Neu ist allerdings die Wahrheitsliebe, man könnte auch sagen Schamlosigkeit,

(Beifall bei F.D.P. und CDU)

mit der die Regierung das Ziel des Abkassierens vertritt.

Das Ministerium für Umwelt, Natur und Forsten hat im Juni auf eine Kleine Anfrage der Kollegin Ursula Sassen geantwortet, dass die entnommene Wassermenge dem Naturhaushalt in vollem Umfange wieder zugeführt werde, dass die Wiedereinleitung des entnommenen Wassers erst dann geschehe, wenn es sich wieder auf die zulässige Temperatur abgekühlt habe und dass sich im Bereich der Einleitungsstellen keine ökologischen Veränderungen ergäben.

(Dr. Ekkehard Klug [F.D.P.]: Hört, hört!)

Folgerichtig hat dann Staatssekretärin Berg am 29. Juni vor dem Finanzausschuss erklärt, die Verhinderung ökologischer Schäden stehe nicht im Vordergrund der Überlegungen.

(Dr. Ekkehard Klug [F.D.P.]: Hört, hört!)

Herr Staatssekretär Döring hat in derselben Sitzung betont, es sei zu keinem Zeitpunkt behauptet worden, bei der Oberflächenwasserabgabe handele es sich um eine Lenkungsabgabe.

(Klaus Schlie [CDU]: Ehrlicher Mann! - Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: Die reden alle nicht miteinander! Alles Autisten!)

(Christel Aschmoneit-Lücke)

Mit diesen Äußerungen hat die Landesregierung hinreichend dargelegt, dass es keine ökologischen Gründe für die Erhebung der Oberflächenwasserabgabe gibt.

(Beifall bei F.D.P. und CDU)

Die jüngsten Äußerungen des Fraktionsvorsitzenden der Grünen, der die Abgabe als „guten Finanzierungsbeitrag, den wir für die Konsolidierung des Haushaltes gerne nutzen“, bezeichnet, müssen auch den letzten Zweifel hinsichtlich der Zielrichtung dieses Gesetzes beseitigen.

Geradezu rührend sind da die Versuche der Kollegin Heinold in der letzten Tagung, das Unterfangen doch noch mit einem ökologischen Mäntelchen zu versehen. Ich erlaube mir, aus dem Protokoll der Landtagssitzung vom Freitag, dem 14. Juli dieses Jahres, zu zitieren:

„Selbstverständlich ist die Oberflächenwasserentnahmeabgabe ökologisch begründet."