Protokoll der Sitzung vom 28.01.2005

Einstimmig empfiehlt der Wirtschaftsausschuss dem Plenum des Landtages, den Gesetzentwurf der Landesregierung unverändert anzunehmen.

Ich danke der Frau Berichterstatterin. Gibt es Wortmeldungen zum Bericht? - Das ist nicht der Fall. Dann erteile ich der Frau Ministerpräsidentin Heide Simonis das Wort.

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist gerade zwei Wochen her, dass in der Deutschen Bucht der holländische Ro/RoFrachter „Schieborg“ in Brand geraten ist. An Bord befanden sich mehrere Hundert Tonnen Bunkeröl; die Besatzung konnte geborgen werden, obgleich zum Zeitpunkt der Havarie ein starker Sturm herrschte. Es herrschten Bedingungen, die wir von der „Pallas“

Havarie vor ein paar Jahren kennen. Diesmal ist es gelungen, das Schiff schnell auf den Haken eines Schleppers zu nehmen. Das Havariekommando übernahm die Leitung der Bergung. Der Unfall wurde ohne weitere Umweltschäden abgewickelt und das Schiff in einen Hafen geschleppt.

Das zeigt zum einen: Es gibt in der Schifffahrt keine Garantie gegen Unfälle. Das zeigt aber auch: Wir sind heute im Bereich Schiffssicherheit wesentlich besser aufgestellt als vor fünf Jahren.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN, SSW und des Abgeordneten Joachim Behm [FDP])

Die Initiativen der Landesregierung, auf die auch der Aufbau des Havariekommandos maßgeblich zurückzuführen ist, haben die Sicherheit auf See in den letzten Jahren erheblich erhöht. Die Ausrüstung wurde verbessert, die Struktur gestrafft und die Reaktionszeit deutlich verkürzt. Das heißt allerdings leider noch nicht, dass im Bereich der Schiffssicherheit schon alles perfekt wäre; hier sind noch einige Aufgaben zu erledigen.

Die Landesregierung legt mit dem Bericht „Zukunft Meer: Mehr Schiffssicherheit in der Ostsee“ den erreichten Stand dar und zeigt auf, wo wir noch besser werden müssen. Mit dieser Bestandsaufnahme kommt die Landesregierung dem Antrag der Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN nach. Dem Seeverkehr als wirtschaftlichem und umweltfreundlichem Verkehrsmittel auch und gerade in der Ostsee kommt eine immer wichtigere Rolle bei der Bewältigung des stark wachsenden internationalen Handels zu. Um angesichts des bereits dichten und weiter zunehmenden Verkehrsaufkommens die Ostsee vor weiteren Meeresverschmutzungen zu schützen, müssen entsprechende Maßnahmen gesetzt und umgesetzt werden. Deshalb werden unsere Anstrengungen darauf gerichtet sein, den Schiffsverkehr insbesondere in der Ostsee so gut zu sichern, wie es überhaupt nur möglich ist.

In den letzten Jahren sind uns dabei schon einige Verbesserungen gelungen. Beispielhaft möchte ich neben der Errichtung des Havariekommandos die Verbesserung der Wegeführung in der Kadetrinne seit Anfang 2002 - seitdem ist es hier zu keinem Zwischenfall mehr gekommen - sowie die Entscheidung von EU und IMO zur beschleunigten Ausmusterung von Einhüllentankern nennen.

Der Landesregierung geht es auch darum, bei den übrigen Ostseeanrainerländern, insbesondere bei den neuen EU-Mitgliedstaaten und Russland, das Bewusstsein für die Belange der Schiffssicherheit und

(Ministerpräsidentin Heide Simonis)

des Meeresumweltschutzes in der Ostsee zu stärken. Wir werden daher unseren bisherigen Kurs, diese Thematik in die Gremien der Ostseezusammenarbeit und in Brüssel einzubringen, fortsetzen.

Auch das Notliegeplatzgesetz, das jetzt verabschiedet werden soll, ist ein wichtiger Mosaikstein zu einer verbesserten Schiffssicherheit. Mit dem zu dieser Tagung vorgelegten Entwurf des Notliegeplatzgesetzes wird eine langjährige Forderung SchleswigHolsteins und ebenso der so genannten Kieler Vorschläge umgesetzt. Der Bund und die Küstenländer haben die Notliegeplatzvereinbarung unterzeichnet, die mit dem Gesetz in Landesrecht überführt werden kann.

Im Rahmen der Kieler Ostseesicherheitskonferenz im Mai vergangenen Jahres wurden die viel beachteten 14 Kieler Vorschläge zur Erhöhung der Schiffssicherheit in der Ostsee und natürlich auch in anderen Meeren erarbeitet. Besonders erfreulich ist in dem Zusammenhang, dass sich jetzt auch Russland dem Sicherheitsthema öffnet, sich der Bedeutung der Sicherheit und Sauberkeit der Ostsee verstärkt bewusst wird und dies mit einer Unterschriftsleistung durch Präsident Putin am 21. Dezember 2004 auf Schloss Gottorf in Schleswig zum Ausdruck gebracht hat.

Mit ihrer Unterschrift bekräftigen die Vertragspartner, dass eine Intensivierung der Zusammenarbeit im Bereich der Bekämpfung der Meeresverschmutzung durch Öl und andere Schadstoffe geboten ist und erarbeitet werden soll. Beide Seiten streben an, dass ihre Behörden gegenseitig nach Maßgabe des Helsinki-Übereinkommens Hilfe leisten. Weiterhin sollen sich die Behörden zur Bekämpfung der Meeresverschmutzung durch Schadstoffe gegenseitig informieren und unterstützen und ihre diesbezüglichen Erfahrungen austauschen.

Auf deutscher Seite ist das Havariekommando die zuständige Behörde. Das ist aus unserer Sicht ein bedeutender Schritt zur Intensivierung der Zusammenarbeit aller Ostseeanrainerstaaten.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und des Abgeordneten Joachim Behm [FDP])

Man kann sehen - im Bericht ist das alles noch bedeutend ausführlicher dargestellt -: Wir haben schon einiges für die Sicherheit und Sauberkeit der Meere bewegt. Das sind richtige und wichtige Schritte, die uns einer koordinierten europäischen Meerespolitik näher bringen. Wir werden dies selbstverständlich auch in Brüssel auf den politischen Tisch legen. Unser Projekt „Zukunft Meer“, mit dem wir zu einer europäischen maritimen Modellregion werden wol

len, kann nur erfolgreich werden, wenn die Sicherheit und Sauberkeit der Ostsee garantiert und gewährleistet ist.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich darf um Ihre Zustimmung zu dem Gesetz bitten, damit Schleswig-Holsteins Küsten und die Meere weiter lebenswert und attraktiv für Bewohner, Besucher, Touristen, Feriensuchende, Tier- und Pflanzenwelt bleiben.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN, SSW und des Abgeordneten Joachim Behm [FDP])

Ich danke der Frau Ministerpräsidentin. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat Herr Abgeordneter Maurus.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben uns bereits am 27. August mit den Anträgen zum Thema „Zukunft Meer: Mehr Schiffssicherheit in der Ostsee“ auseinander gesetzt und Grundsatzpositionen und Forderungen formuliert, sodass ich mich heute auf meine damaligen Aussagen beziehen kann. Der uns nunmehr vorliegende Bericht spiegelt die Diskussionen um die Seesicherheit im Schleswig-Holsteinischen Landtag, im Deutschen Bundestag, im Europäischen Parlament und in der IMO wieder und ist eine gute Sachstandsgrundlage für künftige Beratungen zu diesem Thema. Für diese Fleißarbeit bedanke ich mich im Namen meiner Fraktion bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Landesregierung.

(Beifall)

Gestatten Sie dennoch einige kurze Anmerkungen zum Bericht. Erstens. Die Ratifikation und Umsetzung aller relevanten internationalen Konventionen sind unterstützenswert. Wir beobachten in diesem Zusammenhang, dass auf dem Gebiet der maritimen Sicherheit allerdings mehr und mehr auch regionale Ansätze festzustellen sind. Hier stellt sich anschließend wieder die Frage der Harmonisierung.

Zweitens. Das Vorschreiben von Tankertransitrouten in der Ostsee sehen wir als eine Möglichkeit zur Verbesserung des Seeverkehrs, auch im Rahmen der verfügbaren IMO-Instrumente.

Drittens. Die Verantwortlichkeit der Flaggen- und Hafenstaaten zu stärken, halten wir für ein richtiges

(Heinz Maurus)

Anliegen im Interesse der Verbesserung des Meeresumweltschutzes. Die so genannte „Flag State Implentation“ ist ein aktuelles Thema auf der Tagesordnung der IMO. Die Sanktionierung von Verstößen gegen die Vorschriften zur Verhütung von Meeresverschmutzung ist ebenfalls eines der Instrumente, die zur Verfügung stehen sollte.

Viertens. Die Stationierung von Notschleppern entlang der Hauptschifffahrtsrouten ist ebenfalls eine sinnvolle Maßnahme. In diesem Zusammenhang gestatten Sie mir, mein Unverständnis über das derzeitige die Notschlepper betreffende Ausschreibungsverfahren deutlich zu machen. Das Bundesverkehrsministerium hatte versäumt zu begründen, warum die neuen Schlepper mehr Kosten verursachen als die derzeit vorhandenen gecharterten Schlepper.

(Jürgen Feddersen [CDU]: Schlamperei!)

Von daher kann eine Ausschreibung für die zukünftigen Notschlepper erst im nächsten Jahr beginnen. Das ganze Verfahren ist ein einziger Skandal.

(Beifall bei CDU und FDP)

Ich erwarte, dass das Land Schleswig-Holstein jetzt endlich - in den noch verbleibenden Tagen - intensiv auf die Ausschreibungskriterien Einfluss nimmt.

(Beifall des Abgeordneten Jürgen Feddersen [CDU] - Wolfgang Kubicki [FDP]: Sehr gut!)

Es handelt sich bei Notschleppaufgaben nicht um eine allgemeine Dienstleistung in der Seefahrt. Hier muss erfahrenes, kompetentes und hoch motiviertes Personal beschäftigt werden, das nachgewiesene Erfahrungen beim Schleppen und bei Bergungen von havarierten Schiffen besitzt.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Ebenso sind beste Revierkenntnisse und Deutschsprachigkeit Voraussetzung für eine schnelle und sichere Arbeit in Notfällen auf See.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Andere EU-Nationen wie England, die Niederlande oder Frankreich sichern aus gutem Grund mit nationalen Besatzungen ihre Küsten. Deutschland sollte diesem Beispiel folgen und nicht leichtfertig das Sicherheitsinteresse der Küstenbevölkerung ignorieren und für Billiglösungen auf See Tür und Tor öffnen. Dies ist nicht akzeptabel.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Fünftens. Die Einrichtung von Notliegeplätzen gehört zu einem schlüssigen Sicherheitskonzept. Die

Erfahrung hat gezeigt, dass notwendige Maßnahmen an einem Havaristen in einem Notliegeplatz häufig effektiver gehändelt werden können als auf hoher See.

Von daher stimmen wir auch dem vorliegenden Gesetzentwurf zur Einrichtung von Notliegeplätzen zu. Wir haben mit dem vorliegenden Gesetzentwurf eine vernünftige Lösung für die Belange der Seesicherheit, aber auch der Hafenbetreiber gefunden. Die finanziellen Schadensregelungen sind durchdacht und nach allen möglichen Eventualitäten durchleuchtet. Sollte es im Einzelfall doch noch zu unvorhersehbaren Ungerechtigkeiten bei der Bewältigung eines Schadensfalles kommen, müssten wir uns dieses Gesetzes noch einmal annehmen. Es ist in der Tat sehr schnell gegangen und auch sehr kooperativ. Herzlichen Dank hierfür!

(Beifall bei der CDU)

Das Land Schleswig-Holstein kommt mit dem vorliegenden Gesetzentwurf der Umsetzung einer entsprechenden Anforderung der EU nach. Die EU hatte zwar die Umsetzung bereits bis Februar 2004 gefordert, aber mit knapp einem Jahr Verspätung liegt die Landesregierung im europäischen Vergleich immer noch im akzeptablen Rahmen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Ich erteile dem Herrn Abgeordneten Malerius das Wort.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Seeschifffahrt und die maritime Wirtschaft haben außerordentliche Bedeutung für den Wirtschaftsstandort Deutschland und mithin auch für die Wirtschaft und die Menschen in Schleswig-Holstein. Die Leistungsfähigkeit des Seeverkehrs ist eine entscheidende Voraussetzung für den Transport von Gütern und Rohstoffen, ohne die unsere exportorientierte Volkswirtschaft nicht wettbewerbsfähig wäre.

Die vierte nationale Konferenz in Bremen mit über 800 Teilnehmern - leider keinem Vertreter der Opposition in diesem Hause - hat tragfähige Zukunftskonzepte für die deutsche maritime Wirtschaft entwickelt beziehungsweise vorgeschlagen. Zukunftsstrategien sowie Fragen der Vernetzung und die Positionierung deutscher Unternehmen auf dem Weltmarkt, die Erhaltung und Schaffung von Arbeitsplätzen, die Schiffssicherheit und die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit deutscher Produkte waren Themen,