Ich will gar nicht ausführlich darauf eingehen - wir haben das hier in vielen Debatten gemacht -, wo die spezifischen Chancen und Risiken und auch Perspektiven für Schleswig-Holstein liegen. Die besondere Situation mit dem Schwerpunkt im Bereich Nahrungsmittel, Landwirtschaft, Gesundheit und Umwelt zeigt, dass dies für die Biotechnologie besonders interessante Bereiche sind, die in Schleswig-Holstein stark verankert sind. Wir wissen, dass wir an Hochschulen jetzt schon viele Dinge, die häufig unerwähnt bleiben, an Strukturen haben - angefangen von der Bioverfahrenstechnik an der Fachhochschule in Flensburg bis hin zu dem, was unsere Universitäten im Bereich der Medizin anbieten. Das muss ich Ihnen hier gar nicht alles noch einmal en détail ausbreiten.
Jede Entscheidung und jedes Handeln hinsichtlich der Förderung neuer Technologien setzt natürlich auch eine Bewertung von Nutzen und Risiken voraus und das ist in diesem Fall von besonderer Bedeutung - eine Beurteilung auf höchstem, auf bestem wissenschaftlichen Niveau.
Das Thema Biotechnologie ist natürlich nach wie vor ein Reiz- und Streitthema. Gerade deswegen sollten wir uns nicht darauf beschränken, auf der einen Seite apokalyptische Horrorgemälde zu zeichnen oder auf der anderen Seite vorsätzliche Gedankenlosigkeit zu
fabrizieren, sondern es geht um eine vernünftige Bewertung von Technikfolgen, übrigens dann auch immer systematisch im Vergleich zu anderen denkbaren Handlungsund Entwicklungsoptionen. Sonst brauchte man so etwas ja gar nicht durchzuführen.
Wir brauchen sie auch als Entscheidungshilfe für die Förderung und für Förderungsrichtungen. Darüber muss sich doch auch wissenschaftlich qualifiziert geäußert werden können.
Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, dass das Prinzip der Technikfolgenabschätzung nicht so neu ist. Wer einmal in die Akten hineinschaut, wird feststellen, dass bereits 1973 - man höre und staune! - die damalige CDU/CSU-Opposition im Bundestag einen Gesetzentwurf zur Errichtung eines - ich zitiere!
- nicht immer, Frau Schmitz-Hübsch; in diesem Fall will ich es aber gern konzedieren - „Amtes zur Bewertung technologischer Entwicklungen“ vorgelegt hat. Das hat dann zwar noch 16 Jahre gedauert, bis in der Bundesrepublik etwas Entsprechendes geschaffen wurde, aber wir haben heute in der Tat bundesweit eine Reihe von Einrichtungen. Ich nenne als Beispiel das Wissenschaftszentrum Berlin, ich nenne die Akademie für Technikfolgenabschätzung in BadenWürttemberg oder auch die Universität Hamburg, wo wir auf hohem Niveau entsprechende Einrichtungen haben.
So unterschiedlich die Gegenstandsbereiche und Methoden von TA sind, sie haben alle erstens einen Anspruch auf wissenschaftliche Objektivität, sie haben zweitens alle den Anspruch einer möglichst umfassenden Darstellung des Problems und sie haben drittens alle den Anspruch - egal, wo sie sich befinden -, auch in Politikberatung einzumünden.
Deswegen glaube ich, dass sich hier für uns in Schleswig-Holstein wünschenswerte Aufgaben und Bearbeitungsfelder anbieten: zum einen Untersuchungen über die Zukunft der Landwirtschaft auch unter dem systematischen Vergleich unterschiedlicher Entwicklungsmöglichkeiten und unter Einbeziehung transgener Pflanzen - oder nicht - oder auch Handlungsbedarf und Entwicklungsalternativen im Bereich der pränatalen und prädiktiven genetischen Diagnostik.
Ich verweise in diesem Zusammenhang auch gern darauf, dass wir im letzten Jahr in der Enquetekommission „Chancen und Risiken der Gentechnologie“ einstimmig - ich betone einstimmig! - empfohlen haben - ich zitiere! -: Es ist „darauf hinzuwirken, dass an einer der Universitäten des Landes eine TA-Einheit eingerichtet wird, die sich schwerpunktmäßig mit den Konsequenzen der Genund Biotechnologie für Schleswig-Holstein befasst und die dazu vorhandenen regionalen Entwicklungsalternativen erforscht.“
Nun wissen wir alle, dass man unter dem Gebot äußerster Sparsamkeit im Bereich der öffentlichen Finanzen der Installierung neuer Einheiten und Einrichtungen und Institutionen nicht ohne weiteres das Wort reden soll. Aber es geht darum -, entsprechend bitten wir mit unserem Antrag die Landesregierung -, eine Bestandsaufnahme bereits bestehender Projekte und Einzelforschungsvorhaben in diesem Land vorzunehmen, um das entsprechend gewichten zu können, und zweitens Möglichkeiten zu prüfen, was im Rahmen norddeutscher Kooperationen in diesem Bereich möglich ist.
Ich sage noch einmal auf den CDU-Antrag hin orientiert: Es ist keinesfalls so, dass es hier keinen regionalen Handlungsbedarf gibt. Es gibt natürlich für regionale Entscheidungen auch das Erfordernis regionaler Forschung in diesem Bereich. Sie muss nicht unbedingt hier gemacht werden, sie kann theoretisch auch woanders gemacht werden, aber eine Aufgabe für unser Land ist es auch.
(Vereinzelter Beifall bei der SPD und Beifall des Abgeordneten Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Die Bundesregierung stellt in diesem Jahr und in den nächsten Jahren zusätzlich mehrere 100 Millionen DM zur Forschung im Bereich der Bio- und Gentechnologie zur Verfügung.
Integraler Bestandteil - ja, aber auch immer den zweiten Teil lesen! - dieses herausragenden Pakets zur Förderung der Biotechnologie in Deutschland sind Mittel für die begleitende Forschung zu rechtlichen, sozialen Fragen der Genomforschung wie auch zu Aspekten der Technikfolgenabschätzung. Wir sehen auch diesen Aspekt als eine Herausforderung in Schleswig-Holstein an, der wir uns stellen wollen.
Lassen Sie mich an dieser Stelle noch einmal Folgendes deutlich sagen: Die vor kurzem angeblich gelunge
ne vollständige Entschlüsselung des menschlichen Genoms bietet in der Tat zahlreiche Chancen für das, was man heutzutage neudeutsch „Life Sciences“ nennt. Dabei wird - das sollte man in der Diskussion nicht verkennen - in zunehmendem Maße deutlich, welche Bedeutung die modernen Biowissenschaften auch als Basis für Innovationen in anderen wissenschaftlichen Bereichen haben. Das ist etwas - so glaube ich -, was wir nicht unterschätzen sollten.
Alle gängigen Technologiestudien, die wir kennen, belegen, dass sich Innovationen sehr häufig in den Grenzbereichen verschiedener wissenschaftlicher Disziplinen ergeben. Es muss daher meines Erachtens künftig in unserem Interesse sein zu prüfen, inwieweit die üblichen, auf Einzeldisziplinen begrenzten Betrachtungsweisen überwunden werden können. Dazu gehört dann auch der gesamte Bereich von Technikfolgenabschätzung, wie wir uns ihn für dieses Land wünschen.
Die Zahl der Bereiche in Forschung und Technik, die Disziplingrenzen überschreiten, dürfte ständig zunehmen. Wir erleben heute, dass ein Mathematiker ein Biologiebuch in die Hand nimmt, um neue evolutive mathematische Methoden zu erarbeiten, um beispielsweise das Strömungsverhalten von Turbinen vorhersagen zu können, und wir wissen, dass Informatiker und Ingenieure von der Natur lernen wollen - wir lesen das jeden Tag -, wie man fehlertolerante Computer baut. Die verschiedenen Instrumente zusammenzubringen und das Know-how zu koppeln, muss Bestandteil von Forschungspolitik sein. Ein Aspekt in diesem Zusammenhang ist die Technikfolgenabschätzung. Deshalb haben wir zu diesem Zeitpunkt auf diesen Aspekt ein besonderes Augenmerk gelegt.
Innovationen brauchen - ich darf einmal sagen, das ist ein Selbstgänger - Diskurs. Wir wissen, im Mittelpunkt des Innovationsprozesses steht immer der Mensch - einerseits, weil er ihn selbst prägt und ausgestaltet, andererseits, weil er Ziel von Innovationen ist, sei es als Verbraucher, Anwender oder Nutzer. Diese Innovation braucht auch wissenschaftlich fundierte Abschätzung von Technikfolgen. Wir wissen, dass sich weltweit global die Märkte und Produkte auch durch internationale Arbeitsteilung verändern, gerade in dem Bereich und gerade auch durch die neuen Methoden und Strukturen, die hinter der Biotechnologie und Biowissenschaft stehen. Wer diese Prozesse, die sich vor unseren Augen entwickeln, verantwortlich und verantwortbar mitgestalten will, muss wissen, worüber er redet. Deshalb brauchen wir ein integriertes Konzept für nachhaltiges Handeln.
Auf genau diese nachhaltige Betrachtungsweise zielt unser Antrag. Wir wünschen uns Zustimmung zu dem
Antrag, wollen ihn aber natürlich gern mit den vorliegenden Anträgen von CDU und F.D.P. in den Ausschüssen weiterberaten.
Auf der Besuchertribüne begrüße ich eine weitere Besuchergruppe der Klaus-Harms-Schule Kappeln und der Deutsch-Dänischen Gesellschaft aus Plön.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist zwar ungewohnt, aber durchaus erfreulich, dass auch die Regierungsfraktionen einmal einen Antrag zur Gentechnologie einbringen. Auf diese Art und Weise bekommen wir wieder die Gelegenheit, dieses Thema im Landtag zu diskutieren. Der Antrag der F.D.P., der heute mitbearbeitet wird, wurde ja bereits mehrfach verschoben. An dieser Stelle möchte natürlich auch ich Frau Dr. Happach-Kasan gute Besserung wünschen.
Ja, Herr Weber, aber damit ist das positive Erstaunen schon wieder beendet, denn der Antrag enthält - wie könnte es auch anders sein - im Wesentlichen Forderungen nach der Beschreibung und der Erforschung der Risiken dieser neuen Technik. Eine Forderung, die Chancen zu beschreiben, finde ich leider nicht.
Die Bedenkenträger in den rot-grünen Fraktionen haben einmal wieder gesiegt. Ich stelle fest, in den Antrag ist es nicht hineingekommen, Ihre Rede eben war etwas anders, aber offensichtlich haben Sie sich bei der Abfassung des Antrages nicht durchsetzen können.
Für die CDU-Fraktion möchte ich klarstellen: Jede neue Technik birgt Chancen und Risiken. Bei ihrer Erforschung muss Nicht-Wissen in Wissen und damit in Sicherheit umgewandelt werden. Bei ihrer Anwendung hat der Schutz von Mensch und Umwelt Priorität. Die bisherigen praktischen Ergebnisse im Umgang mit der Bio- und Gentechnologie zeigen, dass die Risiken beherrschbar sind, wenn wir verantwortungsvoll mit dieser Technologie umgehen. Zu dieser Verantwortung gehört auch die Schließung von Wissenslücken durch Sicherheitsforschung. Deshalb unterstützen wir voll und ganz die Forderung nach einer wissenschaftlich
Ich freue mich, von Ihnen zu hören, dass Parteifreunde von mir diese Forderung schon vor 27 Jahren eingebracht haben. Da können Sie sehen, wie vorausschauend die CDU als Partei und ihre Vertreter doch sind.
Technologiefolgenabschätzung unterstützen wir also voll und ganz. Aber wieso brauchen wir dazu eine regionale Einrichtung? Zum einen gibt es leider nur relativ wenig Bio- und Gentechnologie-Forschung in Schleswig-Holstein - leider! Zum anderen gibt es solche Forschungsvorhaben an wissenschaftlichen Instituten bundesweit - Sie haben etliche genannt -; ich erwähne hier auch die Universität Hamburg oder zum Beispiel die Fachhochschule Wildau, an der im Übrigen ein antizipatives Verfahren zu einem BioplastikProjekt in Schleswig-Holstein läuft. Es findet also längst schon alles das statt, was Sie da fordern.
Wenn man den Gedanken zu Ende spinnen würde, müssten alle sechzehn Bundesländer eine eigene wissenschaftliche Technologiefolgenabschätzungsinstitution zur Gentechnologie unterhalten. Dieser Hinweis zeigt, wie absurd der Vorschlag ist.
In Anbetracht des desolaten Zustandes der schleswigholsteinischen Landesfinanzen fällt es mir schwer, mich zu diesem realitätsfernen Vorschlag freundlich zu äußern,