Gender Mainstreaming ist ein neuer Ansatz, der darauf ausgerichtet ist, dass zum Beispiel in Politik und Verwaltung alle grundsätzlichen Entscheidungen auf die tatsächliche Gleichheit der Geschlechter Rücksicht zu nehmen haben. Ziel ist es, in allen Entscheidungsprozesse die Perspektive des Geschlechterverhältnisses einzubeziehen und alle Entscheidungsprozesse für die Gleichstellung der Geschlechter nutzbar zu machen.
Gender Mainstreaming und klassische Frauenförderung sind untereinander nicht austauschbar. Sie haben unterschiedliche Aufgaben, aber ein gemeinsames Ziel, nämlich die Herstellung von Geschlechtergerechtigkeit und Geschlechterdemokratie.
Die bisherige Gleichstellungspolitik, wie wir sie in Schleswig-Holstein, seit die SPD am Ruder ist - wenn ich das einmal so sagen darf - relativ erfolgreich sonst bräuchten wir dieses Instrument heute nicht
durchgeführt haben, basiert auf der Kompensation von Nachteilen und Diskriminierung von Frauen. Damit ist allerdings die Gefahr verbunden, dass Frau sein als defizitär und ausgleichsbedürftig wahrgenommen wird, was natürlich überhaupt nicht der Fall ist.
Die Quote berücksichtigt Frauen zwar prozentual, macht aber keine Aussage über die tatsächliche Berücksichtigung von Frauenbelangen. Die klassische Frauenförderung ermöglicht zwar den Einstieg in die männlich dominierte Welt, ändert sie jedoch nicht per se. Inhalte, Handlungs- und Entscheidungsmuster werden mit ihr nicht automatisch verändert, obwohl insbesondere die von Gisela Böhrk favorisierte Frauenpolitik auch immer diese strukturellen Aspekte mit in den Blick genommen hat.
Genau aus diesem Grund erscheint es notwendig, das Instrument des Gender Mainstreaming als zusätzlichen Ansatz zur Geschlechtergerechtigkeit zu realisieren. Wir werden uns also und Sie werden sich also an den Begriff gewöhnen müssen,
genauso wie es zum Beispiel mit den Begriffen Multimedia Campus, Start up Unternehmen, Internet, Homepage bereits erfolgt ist.
Das Festhalten an diesem Begriff hat außerdem den Vorteil, dass damit eine international entwickelte
Die EU ist uns inzwischen schon sehr weit voraus. Mit dem In-Kraft-Treten des Vertrages von Amsterdam am 1. Mai 1999 wurde die Gleichstellung von Männern und Frauen als grundlegendes Prinzip des Gemeinschaftsrechts und als eines der Ziele der Gemeinschaft festgeschrieben. Die Gemeinschaft verpflichtet sich bei all ihren Tätigkeiten, auf die Beseitigung von Ungleichheiten und die Förderung der Gleichstellung von Frauen und Männern hinzuarbeiten. Der EU liegen dabei drei Annahmen zugrunde:
Zweitens. Die gleichberechtigte Beteiligung von Frauen und Männern ist ein demokratisches Grundprinzip.
In vielen Fällen findet das Gender Mainstreaming auf europäischer Ebene bereits jetzt seinen Niederschlag, zum Beispiel in der Entwicklung neuer Methoden zur Messung und Analyse der geschlechtsspezifischen Auswirkungen beschäftigungspolitischer Maßnahmen. Ein Beispiel: In den Jahren 2000 bis 2006 erhält Deutschland rund 930 Millionen DM aus dem Europäischen Strukturfonds für spezifische Frauenmaßnahmen zur Verfügung. Wegen der bestehenden Ungleichgewichte zwischen Frauen und Männern auf dem Arbeitsmarkt sollen zur Verwirklichung der Chancengleichheit unterschiedliche Maßnahmen eingeleitet werden. Es ist geplant, im Sinne des Gender Mainstreaming die Ursachen für Benachteiligungen von Frauen auf dem Arbeitsmarkt systematisch zu analysieren. Dabei sollen die Aspekte der schlechteren Bezahlung und der geringeren Karrierechancen von Frauen besonders beachtet werden.
Es ist außerdem geplant, Frauen in allen Fördermaßnahmen entsprechend ihrem Anteil an den Arbeitslosen zu berücksichtigen. Es ist weiter geplant, für Berufsrückkehrerinnen, allein stehende Frauen und ältere Arbeitnehmerinnen besondere Qualifizierungs- und Beschäftigungsmaßnahmen bereitzustellen.
Ebenso wie die EU hat das Bundeskabinett in seinem Beschluss vom Juni letzten Jahres die Gleichstellung von Frauen und Männern als durchgängiges Leitprinzip der Bundesregierung anerkannt und sich dazu verpflichtet, diese Aufgabe im Sinne des Gender Mainstreaming zu fördern und umzusetzen. Eine interministerielle Steuerungsgruppe wird auf Leitungsebene
unter Federführung des Bundesfrauenministeriums dafür sorgen, dass das Gender Mainstreaming in allen Ressorts zur Handlungsroutine wird.
In Analogie zum Beschluss der EU und der Bundesregierung fordern wir heute die Landesregierung auf, die Prinzipien des Gender Mainstreaming in der Landesverwaltung umzusetzen.
Dabei geht es uns sowohl um personelle als auch um sachliche Entscheidungen. Die bisherigen Instrumente zur Sicherung der Teilhabe von Frauen und Männern an allen gesellschaftlichen Bereichen - wie Frauenförderprogrammen, Frauenförderplänen und Gleichstellungsbeauftragten - sind mit einzubeziehen. Wir stellen den Antrag, weil er ein weiteres wichtiges Instrument zur Erreichung der Ziele „Geschlechtergerechtigkeit“ und „Abbau von Diskriminierung“ bedeutet.
Wir sind auf den ersten Bericht der Landesregierung über die Umsetzung des Konzepts gespannt. Ich bitte Sie, unserem Antrag zuzustimmen.
Bevor wir uns dem nächsten Redebeitrag zuwenden, möchte ich Gäste begrüßen. Auf der Tribüne begrüße ich Mitglieder der Marinewaffenschule Eckernförde, zweite Lehrgruppe A, sowie Mitglieder des Bundeswehrverbandes Kiel-Nord und Kronshagen. Herzlich Willkommen!
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es wurde bereits deutlich, dass Gender Mainstreaming nicht unbedingt ein Begriff ist, den jeder von uns zu seinem täglichen aktiven Wortschatz zählt.
Frau Schümann, deswegen wollte ich auch einige Erläuterungen an den Anfang meiner Rede stellen. Diese haben Sie nun schon - zum Teil und ein wenig einseitig
- gegeben. Ich möchte noch das eine oder andere hinzufügen. Ziel des Gender-Ansatzes ist es, im Geschlechterverhältnis mehr Gleichberechtigung zu erreichen. Dabei geht es aber nicht nur um die Stärkung der Position von Frauen, sondern um Veränderungen des Verhältnisses der Geschlechter zueinander.
Beim Gender Mainstreaming geht es im politischen Bereich darum, die Bemühungen um das Vorantreiben der Chancengleichheit nicht auf die Durchführung von Sondermaßnahmen für Frauen zu beschränken. Zur Verwirklichung der Gleichberechtigung müssen ausdrücklich sämtliche allgemein-politischen Konzepte und Maßnahmen eingespannt werden, indem die etwaigen Auswirkungen auf die Situation von Frauen und Männern bereits in der Konzeptionsphase aktiv und erkennbar integriert werden. Dies setzt voraus, dass politische Konzepte und Maßnahmen systematisch hinterfragt und ihre etwaigen Auswirkungen bei der Umsetzung berücksichtigt werden.
Die Maßnahmen zur Gleichstellung erfordern ein ehrgeiziges Konzept, das von der Bereitschaft der Anerkennung einer weiblichen und einer männlichen Identität sowie von der Bereitschaft zu einer ausgewogenen Teilung der Verantwortung zwischen Frauen und Männern ausgehen muss. Förderung der Gleichstellung ist nämlich nicht einfach der Versuch, statische Parität zu erreichen. Da es darum geht, eine dauerhafte Weiterentwicklung der Elternrollen, der Familienstrukturen, der Formen der Arbeitsorganisation, der Zeiteinteilung und so weiter zu fördern, betrifft die Chancengleichheit nicht allein die Frauen in der Entfaltung ihrer Persönlichkeit und ihrer Selbstständigkeit, sondern sie betrifft auch die Männer und die Gesellschaft insgesamt, für die sie ein Fortschrittsfaktor und ein Unterpfand für Demokratie und Pluralismus sein kann.
Bei meinen - die Ausführungen von Frau Schümann ergänzenden - Erläuterungen des Begriffs halte ich mich eng an die Definition der EU. Genau das ist die Richtung, die die CDU in der Frauen- und Gleichstellungspolitik verfolgt und schon immer verfolgt hat.
Sie wurde von der EU 1997 im Vertrag von Amsterdam mit dem Begriff Gender Mainstreaming als Prinzip der Chancengleichheit von Männern und Frauen festgeschrieben. - Ich bemerke Unruhe auf der linken Seite des Hauses. Das ist so, das ist überall nachzulesen.
- Das ist das Problem. Ich bin Frau Schlosser-Keichel, die den Antrag für die SPD mit unterschrieben hat, Frau Fröhlich und auch Frau Schümann sehr dankbar, dass sie dieses Thema heute auf die Tagesordnung gesetzt haben. Das bedeutet allerdings nicht, dass wir mit allen Bestandteilen und allen Formulierungen des vorliegenden Antrags einverstanden sind. Ich bin zum Beispiel nicht mit dem zweiten Satz des ersten Absatzes einverstanden, in dem davon die Rede ist, dass „unter dem Schein der rechtlichen Gleichheit die traditionellen Ausgrenzungen faktisch nicht fortgesetzt werden dürfen.“