Protokoll der Sitzung vom 17.11.2000

Wie sieht es jedoch mit einer einheitlichen Organisation im Katastrophenfall aus? - Hier bin ich der Auffassung, dass ein norddeutsches Havariekommando, in dem man zusammenarbeitet - wie von der Expertenkommission vorgeschlagen worden ist -, sicher die richtige Idee ist. Grundlage hierfür muss allerdings eine klar umrissene Anordnungskompetenz auch im länderübergreifenden Bereich sein. Dies gibt es derzeit weder im länderübergreifenden Bereich noch auf Landesebene. Laut Bericht werden die länderübergreifenden Möglichkeiten untersucht und ausgearbeitet. Dies begrüßen wir, wünschen uns aber noch mehr Schnelligkeit. Auch auf Landesebene müssen wir schon jetzt die entsprechenden Vorarbeiten anlaufen lassen, um eine einheitliche Führungsorganisation in Schleswig-Holstein aufzubauen, um dies dann später auch länderübergreifend umzusetzen.

Es besteht nunmehr die Möglichkeit, dass hier bei uns in Schleswig-Holstein nicht nur das Fachministerium, sondern auch das Innenministerium den interministeriellen Leitungsstab in einer so genannten besonderen Lage einberufen kann. Dies ist sicherlich zu begrüßen, weil hierdurch Entscheidungswege im ersten Moment verkürzt werden. Aber was wird, wenn der Katastrophenfall eintritt? Wie geht es dann weiter?

Aus dem Bericht wird nicht deutlich, ob die Zügel dann in einer Hand oder immer noch in mehreren Händen liegen. Zwar sind die Krisenzentrale der Landesregierung und das Lagezentrum des Innenministeriums zusammengelegt und technisch besser ausgestattet worden, aber es muss genau festgelegt sein, wer in welchem Fall die Verantwortung hat, damit in Zukunft schneller reagiert werden kann.

Der Bericht macht leider nicht deutlich, ob sich in den Ablaufstrukturen etwas geändert hat und was sich geändert hat. Sie sehen, liebe Kolleginnen und Kollegen, bisher haben wir auch zwei Jahre nach der „Pallas“-Havarie immer noch große organisatorische Probleme, wenn es um die Bekämpfung von Schiffsunfällen in der Deutschen Bucht geht.

Die Organisation im Fall der Fälle scheint immer noch unübersichtlich zu sein und einheitliche Leitungsstrukturen sind nicht erkennbar. Wenn das der schleswig-holsteinische Beitrag zu einer maritimen Leitkultur sein soll, so sehen wir diese Leitkultur bei Schiffsunfällen ebenso kritisch wie manch andere Leitkultur.

(Heiterkeit und Beifall beim SSW)

Das Wort für die Landesregierung hat jetzt Herr Minister Buß.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich denke, die Landesregierung hat das, was sie aus eigener Kraft regeln kann, im Wesentlichen erledigt.

Erstens. Die Strukturen, die Herr Harms eben angesprochen hat, sind zu üben. Wir sind in enger Verbindung mit der Bundeswehr. Ich bin selbst beim Flottenkommando gewesen und wir haben bestimmte Verabredungen getroffen. Das muss geübt werden und dann sind natürlich möglicherweise Verbesserungen nötig. Jeder, der sich mit solchen Dingen befasst hat, weiß, dass man am grünen Tisch allein nicht etwas Hundertprozentiges schaffen kann, sondern es muss umgesetzt werden.

Zweitens. Die Projektorganisation - das hat Herr Hentschel angesprochen - ist in der Tat zäh; sie ist typisch deutsch. Die wollen möglichst 130 % regeln und dann begnügen sie sich mit 100 %.

(Vizepräsidentin Dr. Gabriele Kötschau übernimmt den Vorsitz)

Deswegen haben ja auch die Innenminister der Küstenländer genau das in einem sehr scharf gehaltenen Brief moniert und gesagt: Dann zieht zumindest die Konstruktion des Havariekommandos vor, weil das das ist auch meine Sicht - unabdingbar ist, um im Katastrophenfall wirklich eine einheitliche und klare Führungsorganisation zu haben.

Drittens. Herr Maurus, es nützt überhaupt nichts, wenn Sie wegen der „Oceanic“ auf mich einschlagen. Das ist zwar einfach, aber das Entscheidende ist - das wissen Sie auch -: Wir können den Vertrag nicht unterschreiben. Das muss der Bund machen. Ich bin der F.D.P. auf Bundesebene dankbar, dass sie eine Kleine Anfrage gestartet hat und in diese Richtung denkt. Das hilft.

Wir sind - wenn man auf Sylt wohnt, geht das vielleicht manchmal verloren -, auch wenn wir im Norden liegen, nicht unbedingt der Kopf dieser Republik. Es reden auch noch andere mit. In der Tat sind auch massive finanzielle Interessen im Spiel. Wir alle sind uns doch einig, dass wir eine tragfähige Konstruktion, ein tragfähiges Konzept für Nord- und Ostsee brauchen. Das beim Bund und den anderen Ländern zu erreichen, ist eben leider nicht so einfach.

Das gilt auch für die Küstenwache. Wer glaubt, eine einheitliche Küstenwache könne so im Handumdrehen gemacht werden - Herr Harms hat das eben angespro

chen -, Schleswig-Holstein macht ein Konzept und man geht hin zu den Ländern und sagt, „Machen wir das doch mal so!“, ändert die Verfassung mal eben so mit einem kleinen Handstreich, der ist reichlich naiv. Das ist dermaßen schwierig! Kein Land ist bisher bereit, Kompetenzen aufzugeben. Schleswig-Holstein kann das allein nicht erreichen. Sie können den Kopf schütteln, bis er abfällt; das wird sich nicht ändern.

(Heiterkeit und Beifall bei SPD und BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Zu einem Kurzbeitrag nach § 58 Abs. 2 hat Herr Abgeordneter Maurus das Wort.

(Zuruf von der SPD: Vorsichtig mit dem Kopf!)

Herr Minister Buß, ich höre Ihnen immer gern zu. Ich nehme Ihnen auch nicht übel, dass Sie in einem Punkt so daneben geschossen haben, dass eigentlich Sie den Kopf richtig schütteln müssten.

Ich will es Ihnen noch einmal deutlich machen. In Ihrem Bericht können Sie auf Seite 4 lesen, am 9. Dezember - jetzt müssen Sie genau zuhören - „wurde das Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen“ aufgrund unserer Beschlussfassung „gebeten, im Hinblick auf die ‘Pallas’-Havarie einen lückenlosen Übergang für ausreichende Notschleppkapazitäten in der Deutschen Bucht sicherzustellen“. Herr Minister Buß, bevor Sie im Amt waren, gab es in diesem Land eine umfassende Diskussion: Hochseeschlepperkapazitäten oder Notschleppkapazitäten. Das ist ein gravierender Unterschied. Wir haben in diesem Hause übereinstimmend deutlich gemacht, dass wir mit den Notschleppkapazitäten allein überhaupt nicht zurecht kommen, sondern Hochseeschlepperkapazitäten brauchen. Wenn Sie unseren Beschluss so umsetzen und diese Forderung erheben, wie sie in dem Bericht zum Ausdruck kommt, liegen Sie daneben. Dann haben Sie den Auftrag dieses Hauses nicht erfasst. Darum ging es. Das unterstreiche ich noch einmal.

(Beifall des Abgeordneten Rainer Wiegard [CDU])

Zur Frage der einheitlichen Küstenwachen! Mir ist vollkommen klar, dass Sie die nicht von heute auf morgen umsetzen können. Ich sehe aber Folgendes das sage ich sehr deutlich auch aufgrund vieler Diskussionen, die wir im Land und auch mit Mitarbeitern Ihres Hauses geführt haben -: Ich habe ein wenig den Eindruck, dass sich auch das schleswig-holsteinische Innenministerium in dieser Frage sehr, sehr schwer tut

(Heinz Maurus)

und mit dem Herzen und auch mit dem Verstand noch lange nicht bei dieser Lösung ist. Wir haben heute noch einmal einvernehmlich klargestellt, dass es Aufgabe der Regierung ist, die hier im Hause gefassten parlamentarischen Beschlüsse umzusetzen. Wir haben angemahnt, dass sie das tut. Das sage ich mit allem Nachdruck.

Bei der Diskussion mit anderen Bundesländern ist es schon hilfreich, wenn ein eigenes Konzept entwickelt worden ist, das schlüssig ist. Wenn Sie Ihren bayerischen Amtskollegen mit der Frage konfrontieren, ob er im Bereich der Polizei Hoheitsrechte abgeben möchte, dann - so ist mir vollkommen klar - sagt er Nein. Er hat aber auch nicht dieselbe Problemlage. Vielleicht sollten Sie einmal mit dem Mecklenburger Kollegen reden. Da - so scheint mir - tut sich im Moment so ein bisschen etwas. Da kommt ein bisschen Umdenken. Ich bin davon überzeugt, dass man auch die Niedersachsen gerade bei dem Punkt Wasserschutzpolizei ein Stück weiter bewegen kann.

Wir alle müssen damit rechnen, dass sich Seeunfälle wie bei der „Pallas“, aber auch gravierendere wiederholen. Dazu brauchen wir schlagkräftige Strukturen und einsatzfähige Kräfte. Je komplizierter und verfächerter das ist, umso problematischer wird es, das zu bewältigen.

Noch zwei kurze Bemerkungen! Auf die Brandbekämpfung sind Sie eingegangen. Wir haben aber noch einen weiteren Schwachpunkt, der vom Nautischen Verein und anderen Gruppierungen an uns herangetragen worden ist. Was machen wir denn mit der Versorgung Verletzter im Zuge von Seeunfällen? Dazu steht im Bericht überhaupt nichts.

Ein weiterer Prüfauftrag, den wir an den Umweltminister gerichtet haben, ging dahin, noch einmal die Organisation des staatlichen Umweltamtes und des ALR zu überprüfen, zu überprüfen, ob es nicht sinnvoll ist, die Führung von Gerätschaften und Personal aus dem staatlichen Umweltamt wieder zum ALR zurück zu verlagern.

(Beifall der Abgeordneten Anke Spoorendonk [SSW])

Auch dazu kein Wort!

Wir werden noch einmal darüber reden.

(Beifall bei der CDU)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe damit die Beratung.

Es ist beantragt worden, den Bericht der Landesregierung zur abschließenden Beratung dem Innen- und Rechtsausschuss zu überweisen.

(Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nicht abschließend!)

- Nicht abschließend? Aha! - Dann also zur Beratung in den Innen- und Rechtsausschuss. Wer dem so zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Dies ist einstimmig so beschlossen.

Ich lasse über den Antrag 15/532 abstimmen. Es ist beantragt worden, diesen Antrag dem Innen- und Rechtsausschuss zu überweisen. Wer dem so zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen.

(Konrad Nabel [SPD]: Mitberatend Umwelt- ausschuss! - Heinz Maurus [CDU]: Mitbera- tend Umwelt und Wirtschaft!)

- Mitberatend Umweltausschuss und Wirtschaftsausschuss! Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Das ist einstimmig so beschlossen.

Ich rufe jetzt Tagesordnungspunkt 21 auf:

Verbeamtung von Lehrerinnen und Lehrern

Landtagsbeschluss vom 12. Juli 2000 Drucksache 15/261

Bericht der Landesregierung Drucksache 15/513

(Unruhe)

Meine Damen und Herren, ich mache darauf aufmerksam, dass die Sitzung noch nicht geschlossen ist.

Ich erteile das Wort der Ministerin für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Kultur, Frau Erdsiek-Rave.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es gibt Berichtsanträge, über die geht die Zeit hinweg. Aber der Bericht soll heute selbstverständlich gegeben werden. Er zeigt deutlich - dies richte ich insbesondere an die Frau Kollegin Spoorendonk, die den Antrag seinerzeit gestellt hat -, dass es auch heute sehr zurückhaltend beurteilt werden muss, einen einheitlichen Status für Lehrerinnen und Lehrer länderübergreifend zu erreichen. Ich will die Gründe dafür kurz nennen.

Für die Länder ist der Beschäftigungsstatus von Lehrerinnen und Lehrern ein ganz wesentliches Instrument, um auf die Bedingungen des Arbeitsmarktes reagieren zu können. So war ein Überangebot von Lehrkräften, wie es Mitte der 90er-Jahre be

(Ministerin Ute Erdsiek-Rave)

stand, Ausgangspunkt für die so genannte Einstellungsteilzeit, die zunächst auch im Beamtenstatus durchgeführt wurde.