Protokoll der Sitzung vom 13.12.2000

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Kurz in zwei Minuten Folgendes! Lieber Herr Kollege Jacobs, Sie haben erstens gesagt, das Gesetz sei notwendig für das Land. Es ist zwar notwendig, aber nicht für das Land, sondern für Ihre Kasse. Zweitens haben Sie gesagt: Man ist entweder dafür oder man ist dagegen. Wir sind dagegen.

(Beifall bei F.D.P. und CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, warum wir dagegen sind, können Sie in zwei Plenarprotokollen nachlesen. Ich empfehle sie Ihnen dringend einmal zur Lektüre.

Im Übrigen noch ein Satz zum Verfahren. Es ist in der Tat erstaunlich, wie dieses Gesetz ohne irgendeine mündliche Anhörung durchgehauen worden ist. Herr Kollege Jacobs, Sie wollten die Argumente offensichtlich nicht hören, nicht einmal die Argumente des Bundesverbandes für Windenergie. Das haben Sie heute

hier deutlich gemacht. Wir lehnen das Gesetz nach wie vor ab, weil es auch die Betroffenen ablehnen.

(Beifall bei F.D.P. und CDU)

Frau Abgeordnete Fröhlich!

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wer wertvolle Naturressourcen nutzt, muss den Wert dieser Nutzung kennen. Die Gesellschaft als Ganzes muss sich darüber im Klaren sein, dass auch Natur nicht zum Nulltarif zu haben ist, jedenfalls dann nicht, wenn mit ihr Geld verdient wird. In naturverbundenen Gesellschaften sind es Tabus und göttliche Gebote, die die Natur um ihrer selbst willen schützen können.

In unserer Kultur, die manche gern als „Leitkultur“ in welcher Schreibweise auch immer - bezeichnen, greifen Tabus und göttliche Gebote nicht. Wert schafft einzig das Geld und darum werden wir, um die Natur vor unserem Zugriff schützen zu können, ihr einen Preis zumessen müssen. Dieser muss in etwa in Beziehung gesetzt sein zu anderen Werten und in vernünftiger Relation zum Nutzen, den man schöpft, stehen.

Manche technischen Entwicklungen hätte es in unserem Land und anderswo möglicherweise überhaupt nicht gegeben, wenn Oberflächenwasser schon immer einen Preis gehabt hätte. Nun wird sie also eingeführt, die Oberflächenwasserentnahmeabgabe, und wir befinden uns damit in durchaus ansehnlicher Gesellschaft mit anderen Bundesländern, mit dem Europäischen Parlament sowie dem Rat der Europäischen Union, der empfiehlt, zum Schutz der Binnenoberflächengewässer wirtschaftliche Instrumente einzusetzen.

Uns ist dabei besonders wichtig, dass die Hälfte der eingenommenen Mittel zweckgebunden in den Schutz und die Pflege der Oberflächengewässer zurückfließt. Damit kommt die privatwirtschaftliche Nutzung des Gemeingutes Wasser eben diesem Gut und damit der Allgemeinheit wieder zugute.

Frau Kollegin Aschmoneit-Lücke - sie ist gar nicht hier; na ja, egal -, man kann eine Anhörung ernst nehmen, auch wenn man nicht mit allen Beteiligten direkt im mündlichen Gespräch ist. So habe ich mir die Anhörungsunterlagen sehr genau angeschaut

(Zuruf der Abgeordneten Roswitha Strauß [CDU])

und besonders die Stellungnahme des Verbandes

(Irene Fröhlich)

Windenergie hat mich beflügelt - ich verstehe Sie nicht, deswegen rede ich jetzt einfach weiter -,

(Martin Kayenburg [CDU]: Das ist ja nichts Neues!)

mich intensiv damit auseinander zu setzen, welche Argumente uns dieser Verband an die Hand gegeben hat. So habe ich einmal nachgeprüft, ob es stimmt, was uns dieser Verband geschrieben hat, nämlich dass es gewisse Genehmigungsauflagen zum Beispiel für das Atomkraftwerk Brokdorf gibt, die aus meiner Sicht ökologisch bedeutsam sind.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Etwas mehr Ruhe bitte im Haus!

Ich will Sie Ihnen hier vorstellen. So gehört in die Genehmigungsunterlagen für das Atomkraftwerk Brokdorf hinein, dass maximal 70 m3 Wasser pro Sekunde aus der Elbe entnommen und nach Gebrauch im Stundenmittel bis zu 9° C erwärmt in die Elbe zurückgeleitet werden können und drüber hinaus durchaus radioaktiv kontaminiertes Abwasser aus dem Kraftwerksbetrieb in die Elbe einzuleiten ist.

Die ökologische Unbedenklichkeit hat dieses ganze Verfahren nur deswegen bekommen, weil das Wasser beim Austritt aus dem Atomkraftwerk verwirbelt wird, sodass es mit Sauerstoff angereichert wird. Dies ist einem Denken geschuldet, das ich als ökologisch hoch problematisch bezeichne.

Als meine Kollegin Monika Heinold bei der ersten Lesung des Gesetzes ökologische Gründe für die Einführung des OWAG nannte, konnte sie kaum weitersprechen ob des Protestes, der sich daraufhin erhob. Das hat - so meine ich - ideologische Gründe. Liebe Kolleginnen und Kollegen, hören Sie gut zu! Es mag ja sein, dass die ökologischen Bedenken, die einen angesichts der genannten Tatbestände beschleichen können, juristisch keine Rolle spielen. Aber ich sage Ihnen: Die Riesenwelse, die in dieser Badewanne mit Whirlpool wachsen können, möchte ich nicht essen.

(Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: Müssen Sie auch nicht!)

Offenbar haben wir noch lange nicht gelernt, die Natur um ihrer selbst willen zu schützen, und verfahren mit Naturressourcen, wie es im Rahmen von Ausgleichslogik und Grenzwertdiskussionen juristisch gerade noch angeht.

(Beifall des Abgeordneten Karl-Martin Hent- schel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] - Un- ruhe)

Solange das Wasser keinen Preis hat, wird sich daran leider nichts ändern.

Weil auch wir Verbraucherinnen und Verbraucher nur begrenzt leidensfähig sind, gewöhnen wir uns irgendwann an den Gedanken des Restrisikos und an die ängstlichen Fragen nach der Auswirkung von radioaktiver Niedrigstrahlung und gehen zur Tagesordnung über. Fische werden riesig unter solchen ökologischen Bedingungen und Menschen halten den Dauerstress von Schreckensmeldungen nicht aus.

(Unruhe)

Darum ist es richtig und gut, dass es vom 1. Januar 2001 an wenigstens das OWAG gibt.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie vereinzelt bei SPD und SSW)

Herr Abgeordneter Harms!

(Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: Frau Fröhlich, Sie sind das einzige Restrisiko, das wir hier im Hause haben!)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als erstes möchte ich mehrere Klarstellungen vorausschicken.

Wer im Gegensatz zu anderen Marktteilnehmern eine natürlich vorhandene Ressource kostenlos für sich nutzen kann, hat einen massiven Vorteil gegenüber den anderen Marktteilnehmern.

(Beifall bei SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Derartige Wettbewerbsvorteile gegenüber anderen Marktteilnehmern müssen abgebaut werden.

(Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: Wer wird denn gehindert?)

Mit Hilfe der Oberflächenwasserentnahmeabgabe wird dieser Vorteil abgeschöpft und so die Ausgangslage für alle Marktteilnehmer angeglichen, Herr Kubicki!

(Beifall bei SSW und SPD -Wolfgang Ku- bicki [F.D.P.]: Das ist Quatsch! Wer wird denn gehindert?)

Steuern und Abgaben sind zum „Steuern“ da. Deswegen heißt das so. Diese Steuerung des Marktes wird

(Lars Harms)

durch die Abgabe erreicht. Damit wird das Marktgeschehen erst wieder in Gang gesetzt.

(Herlich Marie Todsen-Reese [CDU]: Wir können doch froh sein, wenn wir mal einen Standortvorteil haben!)

Nur die Entnahme von Oberflächenwasser wird mit einer Abgabe belegt. Das heißt, nur die Entnahme führt zur Abgabepflicht. Alle anderen Nutzungen im Wasser und aus dem Wasser sind von der Abgabe von vornherein ausgenommen. Ich verweise hierbei noch einmal auf die Ausführungen von Herrn Jacobs.

Durch die Bagatellgrenze von 5.000 DM ist sozusagen auch eine soziale Komponente eingebaut. Das heißt, Betriebe, die sich unter dieser Bagatellgrenze befinden und denen dies nicht zugemutet werden kann, fallen aus der Abgabepflicht heraus.

Der Preis von 1,5 Pf pro Kubikmeter Wasser liegt in etwa im Mittelfeld der üblichen Preisspanne. Somit hat die Landesregierung den Bogen auch nicht überspannt, sondern geht sehr behutsam mit dieser Abgabe um.

Die Abgabe hat darüber hinaus die Wirkung, dass betroffene Betriebe mit der Ressource Wasser sparsam umgehen. Das heißt, dadurch, dass der Wassergebrauch mit einer Abgabe belegt wird, wird die Sensibilität für die Knappheit der Ressource Wasser erhöht.

(Beifall beim SSW - Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Ich bitte um etwas mehr Aufmerksamkeit.

Mit der Abgabe werden teilweise ökologische Projekte finanziert. Das heißt, die Abgabe hat mittelbar auch eine ökologische Komponente.