Protokoll der Sitzung vom 14.12.2000

darstellt, nicht durch wettbewerbsverzerrende Strategien von Rot-Grün an den Rand gedrängt werden darf.

Jetzt komme ich zu den Zahlen in Schleswig-Holstein. Die sind nämlich, um mit den Worten meines Fraktionsvorsitzenden zu sprechen, grottenschlecht: In den ersten zehn Monaten des Jahres 2000 genehmigten die Baubehörden in Schleswig-Holstein den Bau von 11.200 Wohnungen, ein Rückgang gegenüber dem Vorjahr von mehr als 25 %. Im Geschosswohnungsbau wurde das niedrige Vorjahresergebnis mit 2.300 Wohnungen sogar um 46 % unterschritten.

Und was macht der Innenminister? Er agiert mit einem stark reduzierten Wohnungsbauprogramm und nutzt nicht die Möglichkeit einer Schwerpunktförderung beim Eigenheimbau. Mehr als 2.000 öffentlich geförderte Mietwohnungen stehen nach Angaben des Mieterbundes leer. Dennoch ist die Nachfrage nach Mitteln der Eigentumsbildung im sozialen Wohnungsbau für Familien mit Kindern weiterhin stark. - Das, meine Damen und Herren, ist die wohnungspolitische Lage.

Deshalb fordere ich Sie auf, Herr Minister, einen deutlichen Akzent für die Eigentumsförderung beim Wohnungsbauprogramm zu setzen, das Sie ja demnächst vorlegen werden. Tun Sie etwas für die Bauwirtschaft in Schleswig-Holstein, tun Sie etwas für die Familien, die jetzt bauen möchten!

Mit der kleinen Novellierung zur Fehlbelegungsabgabe wollen Sie nun etwas für Mieter und Wohnungsunternehmen tun. Im Spannungsfeld zwischen Gerechtigkeit, Wohnumfeld und Wohnungsmarkt ist die Fehlbelegungsabgabe zurzeit in der Diskussion. Hamburg hat den Einstieg in den schrittweisen Ausstieg beschlossen, Baden-Württemberg wird zum Jahreswechsel die Fehlbelegungsabgabe um 50 % reduzieren. Die viel zu hohen Verwaltungskosten bei der Investitionsbank stehen immer noch in einem krassen Missverhältnis zum Nettoergebnis. Ob die angepeilte Verwaltungskostensenkung durch Entzerrung der Leistungsstichtage wirklich ein Schritt nach vorn ist, soll die Ausschussberatung ergeben. Für gut erachten wir die Vorselektion der Wohngeldempfänger zur Verwaltungsvereinfachung.

Eine merkwürdige Regelung ist Ihr Vorschlag für eine Härtefallklausel. Ich kann mir durchaus Sonderfälle vorstellen, wo ein Umzug für die Person unzumutbar wäre. Das Vorliegen einer schweren Krankheit wäre für mich solch ein Fall, der eine derartige Ausnahme zulassen würde. Herr Minister Buß, hier müssen Sie noch Überzeugungsarbeit leisten, damit nicht der Verdacht aufkommt, dass dies das geöffnete Tor für Gefälligkeitsentscheidungen ist - ein wichtiger Punkt auch für die CDU. Zudem wäre der zusätzliche Verwaltungsaufwand eindeutig darzulegen.

Der Vorschlag zur Vermeidung von Überabschöpfung ist eine alte Forderung der Wohnungswirtschaft und wird hier richtigerweise aufgegriffen. In der Ausschussberatung werden wir vor dem Hintergrund eines sinkenden Bestandes an Sozialwohnungen und eines entspannten Wohnungsmarktes kritisch alles auf den Prüfstand zu stellen haben. Die CDU-Fraktion wird deshalb ergebnisoffen in diese Beratung einsteigen.

(Beifall bei CDU und F.D.P. sowie der Ab- geordneten Irene Fröhlich [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Das Wort für die SPD-Fraktion erteile ich jetzt der Abgeordneten Renate Gröpel.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Storjohann, Sie haben in Ihrem Einstieg allgemein auf das Wohnungsbauprogramm Bezug genommen, was mit der geplanten Gesetzesänderung erst einmal überhaupt nichts zu tun hat. Lassen Sie mich dennoch mit zwei Sätzen darauf eingehen: Gerade gestern haben wir - wie vorher der Bund - mit der Verabschiedung des Haushaltes einer Aufstockung der Mittel für die Städtebauförderung zugestimmt.

(Beifall der Abgeordneten Irene Fröhlich [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Das erhöht das Investitionsvolumen für die Bauwirtschaft und ist damit ein deutliches Signal. Weil diese Mittel der Städtebauförderung sofort wirksam werden, haben wir einen guten Beitrag dazu geleistet, dass sowohl die Bauwirtschaft insgesamt als auch gerade das Handwerk vor Ort gestärkt werden.

(Holger Astrup [SPD]: Das stimmt! - Lothar Hay [SPD]: Sehr gut!)

Lassen Sie mich jetzt zum Gesetzentwurf kommen, der uns heute vorliegt. Die letzte Änderung, im Jahre 1998, führte bereits zu vielen Verbesserungen für Mieterinnen und Mieter, um soziale Härten zu vermeiden. Meine damalige Kollegin und heutige Ministerin Ingrid Franzen hatte diese Änderungen als Feierstunde des Eingabenausschusses gewürdigt. Denn gerade im Eingabenausschuss gab es viele Hinweise auf Ungerechtigkeiten bei der Erhebung der Fehlbelegungsabgabe.

Die jetzt geplante Gesetzesänderung enthält drei wesentliche Punkte - darauf ist schon der Minister eingegangen -: Es soll eine Härtefallklausel eingeführt werden, die bei Mieterinnen und Mietern besonders schwierige Lebensumstände berücksichtigen soll.

(Renate Gröpel)

Demgemäß kann dann auf die Erhebung der Fehlbelegungsabgabe verzichtet werden.

(Beifall des Abgeordneten Lothar Hay [SPD])

Um einseitigen Belegungsstrukturen entgegenzuwirken, werden den Wohnungsunternehmen weitere flexible Möglichkeiten eingeräumt. So soll neu aufgenommen werden, dass so genannte Fehlbeleger von der Abgabe befreit werden können, wenn die Wohnungsunternehmen an einer bindungsfreien Wohnung ein Belegrecht einräumen und für Sozialmieter zur Verfügung stellen. Ich denke, mit dieser Regelung liegt ein Stück Verantwortung auch bei den Wohnungsunternehmen, die so flexibel handeln können. Außerdem soll es nicht zu höheren Ausgleichszahlungen führen, wenn zum Beispiel Wohnungsunternehmen die Miete senken, um Wohnungsleerstände zu vermeiden. Hiermit wird auch einer Forderung der Wohnungsunternehmen und des Mieterbundes entsprochen.

Wir begrüßen ebenfalls die organisatorischen Maßnahmen, die ergriffen werden sollen, um die Verwaltungskosten zu senken. Ich gebe Ihnen Recht, Herr Storjohann: Das war immer ein großer Kritikpunkt. Die Verwaltungskosten sind nicht nur bei uns, sondern auch in anderen Ländern immer noch zu hoch. Das heißt, nach unserer Auffassung müsste netto eigentlich mehr für den Wohnungsbau bleiben, als das jetzt der Fall ist. Daher begrüßen wir ausdrücklich diese Schritte, die in diesem Zusammenhang unternommen werden sollen.

Sinnvoll ist auch die Regelung, dass die Wohngeldempfänger nicht noch einmal angeschrieben und aufgefordert werden, ihre Einkommensverhältnisse nachzuweisen. Da sie von der Ausgleichsabgabe befreit sind, war es auch für die Wohngeldempfänger nicht verständlich, wieso sie eigentlich ihre Einkommensverhältnisse noch einmal nachweisen sollten.

Die Neuregelung zur Entzerrung der Stichtage führt zu einer besseren Auslastung des Personals bei der Investitionsbank. Vor allen Dingen halten die Mieterinnen und Mieter, die eine Ausgleichsabgabe zahlen müssen, so zeitgerecht ihren Bescheid. Auf diese Weise vermeiden wir Nachzahlungen, die immer wieder zu Ärger geführt haben und Anlass für viele Petitionen waren.

Der Mieterbund sowie einige Wohnungsunternehmen auch das haben Sie angesprochen, Herr Storjohann haben mehrfach die Forderung erhoben, auf die Fehlbelegungsabgabe ganz und gar zu verzichten. Der Landtag hat sich hierzu in der September-Tagung damit auseinander gesetzt. Mit dem Antrag von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zur Zukunft des

Wohnungsbaus haben wir beschlossen, den Bund aufzufordern, mit der Reform des sozialen Wohnungsbaus die Grundlagen zu schaffen, die eine Erhebung der Fehlbelegungsabgabe entbehrlich machen.

Wir wollen den Bund hier nicht aus der Verantwortung entlassen und fordern eine finanzielle Ausstattung für das Wohnungsbauprogramm.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich möchte noch einmal betonen, dass die Abschaffung der Fehlbelegungsabgabe kein Allheilmittel ist. Sie kann nur ein Mittel sein, um das Problem der überforderten Nachbarschaften zu entschärfen. Auch jetzt gibt es mehrere Möglichkeiten, hierauf zu verzichten. So wird die Abgabe nicht erhoben in den Fördergebieten „Soziale Stadt“ und in den Gebieten, in denen auf Antrag von Kommunen und Wohnungsunternehmen eine Freistellung erfolgt ist. Das gilt auch für Wohnungen, die mit der so genannten vereinbarten Förderung bereits gefördert werden.

Zurzeit kann Schleswig-Holstein auf die Einnahmen aus der Fehlbelegungsabgabe nicht verzichten. Das sind immerhin netto 7 Millionen DM, die zur Mitfinanzierung des Landeswohnungsbauprogramms vorgesehen sind. Auch in den anderen Bundesländern gibt es - außer in Baden-Württemberg - keine Signale, auf die Fehlbelegungsabgabe zu verzichten, zum Beispiel auch nicht im größten Flächenland, in NordrheinWestfalen. Dort geht es immerhin um Einnahmen von 100 Millionen DM. Allein die Stadt München verzeichnet 30 Millionen Einnahmen aus der Fehlbelegungsabgabe. Wir brauchen erst einmal eine vernünftige Finanzierung. Ohne weiteres können wir auf die Einnahmen nicht verzichten.

Unter diesen Gesichtspunkten begrüßt die SPDLandtagsfraktion die Verbesserungen, die mit der Änderung des Gesetzes über die Fehlbelegungsabgabe erreicht werden sollen. Wir bitten darum - das haben Sie schon gesagt, Herr Storjohann -, den Gesetzentwurf federführend dem Innen- und Rechtsausschuss und mitberatend dem Sozialausschuss zu überweisen. Dort werden wir darüber diskutieren und entscheiden können, in welcher Form wir die Verbände anhören wollen.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Das Wort für die F.D.P.-Fraktion erteile ich jetzt Herrn Abgeordneten Günther Hildebrand.

Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Nachdem wir im September die Wirrungen der Wohnungsbaupolitik der Landesregierung diskutiert haben, reden wir heute über einen Gesetzentwurf, mit dem an den unliebsamen Folgen dieser Politik herumgedoktert werden soll, ja muss.

Die Fehlbelegungsabgabe ist die zwingende Folge aus der Objektförderung in der Wohnungspolitik. Die Einkommensverhältnisse der Mieterinnen und Mieter von Sozialwohnungen ändern sich schneller als der Subventionstatbestand für ihre Wohnung. Steigen die Einkommen über die festgelegten Grenzen, muss der entstandene geldwerte Vorteil über die Fehlbelegungsabgabe teilweise zurückgezahlt werden.

Um dies alles festzustellen und entsprechend zu reagieren, wird rund ein Drittel der Einnahmen aus der Fehlbelegungsabgabe für ihre Erhebung verbraucht. Der Gesetzentwurf soll dazu beitragen, diese Verwaltungskosten zu senken, eine löbliche Absicht. Die Vereinfachung des Erhebungsverfahrens entsprechend den Punkten 4 bis 7 des vorliegenden Gesetzentwurfs trägt hierzu sicherlich bei.

Diese Wirkungen werden jedoch durch die neue Härteklausel konterkariert. Hier wird ein neuer Ausnahmetatbestand geschaffen. Das hat nichts mit Verwaltungsvereinfachung und Kostensenkung zu tun, auch wenn die Landesregierung dies in den Vorbemerkungen behauptet.

(Beifall bei der F.D.P. - Renate Gröpel [SPD]: Mit sozialer Gerechtigkeit!)

Im Gegenteil, Ausnahmen verursachen zusätzlichen Aufwand und Aufwand verursacht Kosten und vermeidet sie nicht.

Die Landesregierung vermeidet es auch in der Begründung des Gesetzentwurfs, die neue Generalklausel näher zu erläutern. Ich hoffe, das liegt nicht daran, dass der Landesregierung keine entsprechenden Sachverhalte eingefallen sind, ich befürchte es aber. Ich frage mich, welche besondere Härte der persönlichen Lebensumstände hier relevant sein soll, die nicht zu anderen Hilfen unseres Sozialsystems führt und somit einen der schon vorhandenen Tatbestände für die Befreiung von der Fehlbelegungsabgabe erfüllt. Alles das ändert aber nichts daran, dass der soziale Wohnungsbau ein kostspieliger Anachronismus der Sozialpolitik ist. Er beruht auf dem alten sozialdemokratischen Reflex, dass der Staat alles selber machen müsse, in diesem Fall selbst bezahlbaren Wohnraum produzieren oder vorhalten.

(Renate Gröpel [SPD]: Haben Sie nicht gera- de die Subventionen für die Wettbewerbshilfe erhöhen wollen?)

Sehr viel wirksamer wäre es, den Menschen einfach durch zielgerichtete finanzielle Unterstützung mit Wohngeld zu helfen.

(Beifall bei der F.D.P.)

Die derzeitige Entspannung auf dem Wohnungsmarkt böte uns die Chance, die Wohnungspolitik auf einen wirksameren Pfad zu führen. Ich befürchte allerdings, dass dieser Gesetzentwurf Anstrengungen in diese Richtung verhindert. Die falsche Politik kostengünstiger durchzuführen, macht diese Politik nicht besser, erschwert aber den Wechsel zu mehr Nachhaltigkeit in der Wohnungspolitik.

(Beifall bei der F.D.P. sowie der Abgeordne- ten Manfred Ritzek [CDU] und Roswitha Strauß [CDU])

Das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich jetzt der Frau Abgeordneten Irene Fröhlich.

Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, schon ein bisschen ermüdet und ausgedünnt, aber immerhin noch vorhanden!

(Zurufe)

- Nein, Herr Kubicki ist nie ermüdet, gebe ich zu Protokoll.

(Zurufe)

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf werden einige Vereinbarungen des Koalitionsvertrages umgesetzt. Soll ich einen Augenblick warten? - Hier wäre zuerst die Härtefallklausel zu nennen, mit der es nun möglich sein wird, in besonderen nicht vorhersehbaren Fällen auf die Erhebung der Ausgleichszahlung zu verzichten. Einige der vorliegenden Regelungen dienen der Verwaltungsvereinfachung, der wir uns ebenfalls verpflichtet sehen, selbst wenn das einige Damen und Herren auf der rechten Seite dieses Hauses nicht wahrhaben wollen.

Auch die Überabschöpfung bei der Fehlbelegungsabgabe wird durch das Gesetz vermindert, da Mietminderungen gegenüber der Kostenmiete nicht mehr berücksichtigt werden sollen. Auf Deutsch: Auch der so

(Irene Fröhlich)