Protokoll der Sitzung vom 10.05.2000

Das Wort hat Frau Abgeordnete Spoorendonk.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der SSW begrüßt die Initiative der F.D.P.-Fraktion. Sie war überfällig - das sage ich auch selbstkritisch -, nicht zuletzt auch deshalb, weil Schleswig-Holstein schon lange in den Ruf der Überversorgung seiner Ministerinnen und Minister gekommen war. Bekanntlich versorgt kein anderes Bundesland außer Nordrhein-Westfalen seine Minister im Ruhestand so gut wie Schleswig-Holstein.

Ziel der Novellierung des Ministergesetzes muss es auch sein, die Altersversorgung in Schleswig-Holstein an den Bundesländern zu orientieren, die bereits ver

nünftige und sachlich angemessene Pensionsregelungen haben.

(Beifall der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Ich sagte bereits in meiner Rede zur Regierungserklärung, es sei ein Teil der Glaubwürdigkeit von Politik, dass verantwortliche Politikerinnen und verantwortliche Politiker immer wieder ihre eigenen Besitz- und Versorgungsansprüche überprüfen. Es ist den Bürgerinnen und Bürgern kaum zu vermitteln, wenn Politikerinnen und Politiker bereits in sehr jungen Jahren hohe Pensionsansprüche erhalten, während gleichzeitig das Rentenalter der gesetzlichen Rentenversicherung nach oben gesetzt wird.

Um nicht missverstanden zu werden: Politikerinnen und Politiker sollen angemessen für ihre oft zeitaufwendige Arbeit bezahlt werden, gerade um ihre Unabhängigkeit und Unbestechlichkeit zu sichern. Aber wir müssen aufpassen, dass wir bei den Pensions- und Versorgungsansprüchen nicht überziehen. Das gilt nicht nur für Minister, sondern natürlich auch für Abgeordnete. Mit der Änderung des Abgeordnetengesetzes werden wir uns noch beschäftigen müssen.

Der SSW sieht der Beratung im Ausschuss positiv entgegen, weil auch die Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zugesagt hat, dass sie weitere Überlegungen einbringen will. Es wäre schön gewesen, wenn diese Vorschläge dem Landtag bereits zugeleitet worden wären, damit wir sie heute in dieser Debatte hätten berücksichtigen können.

Der SSW vertritt die Auffassung, dass es bei der angesagten Änderung keinen Schnellschuss geben darf. Für uns wird entscheidend sein, dass die gefundene Neuregelung der Versorgungsansprüche transparent und nachvollziehbar wird.

(Beifall der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Damit ist unter anderem gemeint, dass es aus Sicht des SSW zu einer Angleichung des Abgeordnetengesetzes und des Landesministergesetzes hinsichtlich des Ruhegehaltes kommen sollte.

(Beifall beim SSW und des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [F.D.P.])

So schreibt das Abgeordnetengesetz vor, dass Abgeordnete grundsätzlich erst mit dem 65. Lebensjahr Anspruch auf eine Altersentschädigung haben. Der SSW unterstützt ausdrücklich die Forderung der Bündnisgrünen, das Landesministergesetz - bildlich gesprochen - vom Beamtenrecht zu lösen. Es leuchtet ein, dass im Gesetz eine Regelung auch für Angestellte und Selbstständige getroffen werden muss. In Klam

(Anke Spoorendonk)

mern hinzugefügt gilt das Gleiche für das Abgeordnetengesetz. Auch das ist mehr ein Beamtengesetz als ein Abgeordnetengesetz.

(Beifall beim SSW und des Abgeordneten Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Es wäre also ein positives Signal nach außen, wenn wir eine Lösung in dieser Angelegenheit finden könnten, die von allen Parteien des Landtages unterstützt wird. Wir freuen uns auf die Ausschussberatung.

(Beifall bei SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [F.D.P.])

Das Wort hat Herr Minister Möller.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich stelle einen großen Konsens darüber fest, dass es Handlungsbedarf gibt. Es bedarf natürlich keiner weiteren Vertiefung, dass erstmalig der Bezug von Ruhegehalt für ausgeschiedene Landesminister künftig auch vom Erreichen einer Altersgrenze abhängig gemacht werden soll. Die Ministerpräsidentin hat sich in diesem Sinne bereits in der letzten Wahlperiode öffentlich für die Einführung einer Altersgrenze ab 55 Jahren ausgesprochen.

Bei diesem Gesetz handelt es sich gerade im Hinblick auf die Regelung ohne Altersbegrenzung um Eckwerte, die 1988 bereits bestanden. Natürlich können Sie fragen, warum wir bis jetzt nichts gemacht haben. Ich möchte Ihnen ganz ehrlich sagen, wir hatten einen Entwurf Ende letzten Jahres fertig gestellt. Hätten wir aber angesichts der Euphorie der Opposition, dass sie die Wahl gewinnen werde, in der heißen Wahlkampfphase ein Gesetz vorlegen sollen, das die neuen Minister einer neuen Regierung benachteiligt und die alten außen vor lässt?

(Heiterkeit bei der CDU)

Das war ein Grund dafür, dieses Thema erst jetzt zu Beginn der neuen Wahlperiode anzupacken.

(Martin Kayenburg [CDU]: Wer soll das glauben? Wenn Sie es fertig haben, dann le- gen Sie es doch vor! - Unruhe)

Einen Moment bitte! Herr Minister Möller hat das Wort. - Bitte, Herr Minister!

Ein Gesetz, das in den Eckwerten über 20 Jahre Bestand hatte, sollte man nicht in der heißen Wahlkampfphase revidieren. Wenn Sie es gewollt hätten, hätten Sie von dem Initiativrecht Gebrauch machen können.

Die Landesregierung ist nicht untätig geblieben. Eine entsprechende Kabinettsvorlage zur Änderung des Landesministergesetzes befindet sich in der Ressortabstimmung, mit der sich das Kabinett am 23. Mai befassen wird. Es wird dem Schleswig-Holsteinischen Landtag noch im Mai zugeleitet, sodass es in der JuniTagung beraten werden kann.

(Lothar Hay [SPD]: Sehr gut!)

Ich möchte Ihnen ein paar Eckwerte nennen: Einführung einer Altersgrenze zum Erwerb von Ruhegehalt, Neuregelung der Anrechenbarkeit von Vorzeiten, Neuregelung der Zuverdienstmöglichkeiten, Neuregelung des Übergangsgeldes, natürlich anteilige Gehaltszahlung bei Amtsbeginn und -ende innerhalb eines laufenden Kalendermonats. Wir werden Ihnen einen Vorschlag unterbreiten, der Seiteneinsteiger und diejenigen, die nur kurzfristig Minister waren, betrifft und damit das Unbehagen berücksichtigt, dass bislang Minister, die vorher Beamte waren, besser als andere weggekommen sind. Daneben wird es ein paar Begradigungen hinsichtlich der Versorgung geben.

Ich will der F.D.P.-Fraktion die Absicht, die Schwächen des Landesministergesetzes im Zusammenhang mit dem Bezug von Ruhegehalt meiden zu wollen, nicht absprechen. Aber ich muss Ihnen sagen, ich vermag in dem vorliegenden Gesetzentwurf den Willen, diese Schwächen ernsthaft zu beseitigen, nicht zu erkennen.

Damit komme ich auf eine weitere Schwachstelle zu sprechen, Sie haben bereits darauf hingewiesen. Sie sagen, die Altersbegrenzung solle 65 Jahre betragen und wer zehn Jahre lang Minister war, könne mit 55 Jahren - das ist, so glaube ich, eine Anlehnung an die Abgeordnetenversorgung - eine Pension beziehen.

(Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: Wie beim Ab- geordnetengesetz!)

Das ist okay. Sie haben aber - ich weiß nicht, ob es Ihre Absicht war - alle Anrechenbarkeiten des § 11 Abs. 2 nicht korrigiert. Einem Beamten können fünf Jahre Vordienstzeiten angerechnet werden. Sie haben auch nicht geändert, dass die ersten fünf Jahre bereits zählen. Sie gehen von 35 % aus. Wer fünf Jahre Vordienstzeiten à 4 % hat, erhält 20 % dazu.

(Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: Für jedes weite- re Jahr! Sehen Sie sich das genau an!)

(Minister Claus Möller)

- Wir sind ja nicht in der Schlussberatung. Wir interpretieren das jedenfalls so, dass man bereits nach fünf Jahren einen Anspruch von 75 % hat. Das kann vermutlich nicht von Ihnen gewollt sein. Wenn Sie nicht an § 11 Abs. 2 herangehen und ihn ändern, ist es so. Das ist sicherlich nicht Ihre Absicht gewesen. Aber heute findet nicht die letzte Lesung statt. Wenn das Ihre Absicht wäre, bedanke ich mich sehr für die Großzügigkeit gegenüber den jetzigen Ministern.

Meine Damen und Herren, ich kann Ihnen versichern, dass der von mir unterschriebene Referentenentwurf für eine umfassende Überarbeitung des Landesministergesetzes - der Ihnen, wie ich sagte, noch im Mai zugeleitet wird - analog zu entsprechenden Gesetzen anderer Länder in der Tendenz die Versorgung reduziert - zum Beispiel bei der Altersgrenze - und nicht ausweitet, eine Gefahr, die wir bei Ihrem Entwurf sehen. Einzelheiten des Regierungsentwurfs kann und will ich Ihnen jetzt nicht detailliert darlegen; ein paar Eckpunkte habe ich genannt.

Ich möchte jedoch betonen, dass es hier nicht um die Versorgung so genannter besser Verdienender geht, sondern um eine angemessene und ausgewogene Ausgestaltung von Pensionsbezügen der Ministerinnen und Minister, die in einem direkten Vergleich mit den Regelungen anderer Länder und des Bundes abzugleichen sind. Wir haben dabei auch noch einen Ansatz für den Aspekt, wie es eigentlich mit Leuten ist, die nicht aus dem öffentlichen Dienst kommen, gemacht.

Ich möchte mich ausdrücklich für die sachliche Diskussion bedanken. Man könnte ja fast von der „neuen Sachlichkeit“ sprechen, Herr Wadephul - Herrn Kayenburg zur Nachahmung empfohlen! -,

(Beifall bei der SPD)

und wenn wir dann im Juni und anschließend in den Ausschüssen ausführlich darüber diskutieren, würde ich mich sehr freuen, wenn es uns gelingen würde wie auch von Ihnen, Herr Kubicki, meines Wissens in der Öffentlichkeit geäußert -, eine solche Regelung in einem breiten Konsens hier zu verabschieden.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zu einem Kurzbeitrag nach § 58 Abs. 2 der Geschäftsordnung erhält zunächst der Herr Abgeordnete Kubicki das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Günter Neugebauer, vielleicht sollten wir von

unserem parlamentarischen Selbstverständnis her einmal darüber nachdenken, was wir eigentlich von einem Parlament halten sollen, das die Frage der Ministerversorgung in die Hände der Regierung legt. Ich hätte von der SPD und von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erwartet, dass aus den Reihen des Parlaments heraus eine entsprechende Initiative gestartet würde und dass nicht die Regierung selbst zunächst durch eine Vorlage über ihre eigene Versorgung befinden muss.

Zum anderen denke ich, dass wir uns einmal in aller Ruhe und Gelassenheit - und jetzt wirklich einmal in Anlehnung an das Abgeordnetengesetz, denn im Dienst am Land stehen Abgeordnete den Ministern in nichts nach; das möchte ich ausdrücklich sagen - die Frage stellen sollten, wie Altersversorgung, Übergangsgelder und die sonstigen Regelungen für Abgeordnete und Angehörige der Regierung analog gestaltet werden können.

Es gibt ein weiteres Problem - darüber müssen wir ebenfalls nachdenken; das hat nichts mit Leuten aus der Wirtschaft oder mit Quereinsteigern zu tun - mit Leuten aus der Wirtschaft angesichts der Zahlungen, die das Land leistet oder überhaupt nur leisten kann. Die Attraktivität kann - jedenfalls pekuniär - nur äußerst wenig schmackhaft gemacht werden. Wir wundern uns immer wieder - ich mich jedenfalls auch -, dass es immer noch Leute gibt - hier sitzen ja nur ausgebildete und qualifizierte Persönlichkeiten -, die bereit sind, für diesen vergleichsweise - ich sage das jetzt in allem Ernst - Hungerlohn den Dienst für das Land Schleswig-Holstein zu leisten.

(Werner Kalinka [CDU]: Oh Gott!)

Ich sage das immer wieder - wenn Leute sagen „oh Gott!“, Kollege Kalinka -: Ich kann darauf verzichten, dass ich hier entschädigt werde. Ich möchte wissen, wer das noch kann und wem wir das im Zweifel überhaupt zumuten wollen. Ein bestimmtes Maß an eigener Souveränität, Herr Kollege Kalinka, die sich nicht nur darin äußert, dass man große Erklärungen abgibt, sondern dass man vielleicht auch einmal sein eigenes Selbstwertgefühl darstellt und sich nicht jeden Spruch des Steuerzahlerbundes oder von anderen Dritten zu Eigen macht,

(Lothar Hay [SPD]: Sehr gut! - Beifall bei F.D.P. und SPD)

würde dem Parlamentarismus und damit auch der Achtung der Bürgerinnen und Bürger dieses Landes vor den Abgeordneten wesentlich mehr helfen als so mancher Satz.