Herr Abgeordneter Dr. Wadephul, erlauben Sie jetzt eine Zwischenfrage der Frau Abgeordneten Dr. Kötschau?
Warum konnten die Ministerpräsidenten Stoiber und Biedenkopf noch Verbesserungen für ihre Länder erreichen, Sie aber nicht, Frau Simonis? Wo sind Ihre Beziehungen, die so wichtig gewesen wären, um eine Sache, auch einmal über Parteigrenzen hinweg, für unser Land endlich einmal durchzusetzen?
Der Einfluss der Ministerpräsidentin SchleswigHolsteins auf die Regierungspolitik in Berlin ist gleich null.
Frau Simonis, die Meereshöhe darf in der Politik nicht immer der Maßstab sein. Zu dem, was Sie erreicht haben, muss ich Folgendes sagen. Als Rheinländerin wissen Sie: Auch dreimal null ist null.
Ihre Politik erscheint wie ein Fortsetzungsroman unter dem Titel: „Heide - wieder einmal besonders erfolglos“.
Am 31. Januar haben Sie verkündet, der Standort Hohenlockstedt müsse bleiben, denn wir haben - ich zitiere - „auch elementare Belange des Landes zu vertreten und zu schützen. Zu diesen Belangen gehört es, den Katastrophenschutz sicherzustellen“. Am 13. Februar hieß es: „Die Landesregierung hat den Bundesverteidigungsminister zu umfangreichen Nachbesserungen aufgefordert.“ Heute sprechen Sie nur noch davon, das Beste aus den Ergebnissen zu machen. Den Erfolg Ihrer Bemühungen brauche ich nicht weiter zu kommentieren.
Genauso wenig erfolgreich waren Sie bei den Bemühungen um die faktische Schließung des Pionierbataillons in Schleswig. Das Bataillon ist hoch modern ausgestattet und bestens untergebracht. Es verfügt
über beste Infrastrukturanbindungen und hat Funktionen für den Katastrophenschutz im Land, die nur schwer zu kompensieren sein werden. Innenminister Buß kündigte am 29. September 2000 an, in einem Gespräch auf „hoher politischer Ebene“ im Verteidigungsministerium diese richtigen Argumente vorzubringen. Herr Buß, für Sie ist die hohe politische Ebene offenbar der Pförtner gewesen. Sie haben auch in dieser Sache leider nichts erreicht.
Ein weiteres Beispiel. Hier wird es absurd: Die Wehrbereichsverwaltung in Kiel fällt weg. Frau Simonis erklärt dies nun mit „höheren politischen Einsichten“. Wir alle ahnen, was damit wohl gemeint ist, Herr Neugebauer! Die höhere politische Einsicht besteht wohl darin, dass ein höheres politisches Tier diese Dienststelle an die Leine gezogen hat.
Das ist offenbar wieder einmal ein Beispiel von „Basta“-Politik. Frau Simonis, zur „Basta“-Politik gehört beides - einer, der „Basta!“ sagt und ein anderer, der sich „Basta!“ sagen lässt. Wir verlangen, dass die Interessen unseres Landes in Zukunft vorangestellt werden und dass beim Konversionsprogramm wirklich Geld für Schleswig-Holstein locker gemacht wird. Das verlangt Ihren Einsatz.
Das verlangt auch vom Bundesverteidigungsminister eine andere Diskussionskultur. Sie haben sie sehr gelobt. Vor Ihrem Gespräch mit Herrn Scharping haben Sie uns erklärt, warum Sie ihn überzeugen werden. Nach den Gesprächen erklären Sie uns, warum nichts zu machen war. Und Herr Scharping hat Ihnen nicht einmal seine Gründe dargelegt, warum er hart geblieben ist. Die Scharping’sche neue Dialogkultur ist zu einer Salamitaktik verkommen, in der die Wahrheit über Monate hinweg nur scheibchenweise ans Licht kam. Was für ein Umgang unter Genossen! Unserem Land schadet das.
Wir stehen gern bereit - wir freuen uns, dass es einen großen überparteilichen Konsens gibt -, vom Bund jetzt ein Konversionsprogramm zu fordern. Herr Eichel hat die UMTS-Milliarden mit großer Freude und mit großer Selbstverständlichkeit einkassiert. Er will den Erlös aus dem Verkauf der Liegenschaften ebenfalls einstreichen. Wir dürfen die Bundesregierung an dieser Stelle nicht aus der Verantwortung entlassen. Wir verlangen ein Konversionsprogramm für dieses Land und wir verlangen endlich eine Regierung, die in Berlin für Schleswig-Holstein etwas durchsetzt.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In den letzten Tagen hat uns die Ministerpräsidentin über ihre Gespräche mit dem Verteidigungsminister schon berichtet. Sie hat uns gesagt, Herr Scharping nehme ihre Argumente ernst und beziehe sie in seine Planungen ein. Wie ernst der Verteidigungsminister die Argumente der Landesregierung genommen hat, wissen wir nun. Er hat diese Argumente schlicht und einfach beiseite geschoben.
Dass die Ministerpräsidentin es der Öffentlichkeit als ihren Erfolg verkauft, die Wehrbereichsverwaltung könnte wenigstens über die Standorte einzelner Standortverwaltungen entscheiden, kann darüber nicht hinwegtäuschen. Diese Kompetenz hat die Wehrbereichsverwaltung ohnehin.
Messen wir den Ausdruck „ernst genommen werden“ an den tatsächlichen Ergebnissen, dann sind Ihre Argumente, Frau Ministerpräsidentin, auf taube Ohren gestoßen. Wir könnten nun darüber spekulieren, ob es an den Sachzwängen der Planung im Verteidigungsministerium lag, an politischen Kriterien auf höheren Ebenen oder eben an den Argumenten.
Zum Stichwort Wehrbereichsverwaltung: Die Entscheidung gegen Kiel und für Hannover ist besonders bitter, weil sie argumentativ weder sicherheitspolitisch noch strukturpolitisch zu begründen oder auch nur nachzuvollziehen ist.
Ich frage mich, ob hier der Kanzler wieder eines seiner berühmten Machtworte gesprochen hat. Oder hat möglicherweise der Verteidigungsminister schon im vorauseilenden Gehorsam gehandelt? Frau Simonis war jedenfalls in diesem Zusammenhang in diesem Schachspiel nicht einmal die Dame.
Eines hat Frau Simonis allerdings geschafft: Sie hat unsere Forderung, die ich in der letzten Tagung bereits erhoben habe, nämlich die Forderung nach einem Konversionsprogramm des Bundes, aufgenommen. Hierfür möchte ich Ihnen und auch der SPD und den Grünen sowie natürlich allen, die den gemeinsamen Antrag vorgelegt haben, auch danken.
Die F.D.P. hält ein solches Programm für notwendig, um die Härten der Anpassung in den betroffenen Gemeinden abzumildern.
Frau Ministerpräsidentin, ich halte es allerdings für vorsichtig ausgedrückt - strategisch unklug, wenn Sie in einer Pressekonferenz auf die Frage nach den Erfolgschancen der Forderung nach einem Konversionsprogramm sinngemäß antworten, das werde sowieso nichts. Das zeigt nicht gerade den knackigen Biss in dieser Angelegenheit.
Warum sollte sich Berlin dann anstrengen, ein solches Programm auf die Beine zu stellen? Die Würfel sind gefallen. So hat es der Präsident der Wehrbereichsverwaltung ausgesagt.
In diesem Zusammenhang, Herr Benker, vielleicht noch ein Wort: Ich verstehe es eigentlich nicht, dass Sie hier noch von einem Erfolg sprechen.
Sie haben die Worte des Herrn Präsidenten der Wehrbereichsverwaltung sicherlich auch gehört. Er hat sehr genau deutlich gemacht, dass mit dieser Entscheidung die Wehrbereichsverwaltung endgültig aus Kiel und damit natürlich auch aus Schleswig-Holstein verschwinden wird, was für Schleswig-Holstein insgesamt sehr, sehr bitter ist.
Wir wissen nun, wo gekürzt wird und welche Standorte endgültig geschlossen werden. SchleswigHolstein ist übrigens in diesem Fall nicht unterproportional betroffen worden. Die Zahlen liegen ja auf dem Tisch.
Die Kürzungen sind tatsächlich im Verhältnis zur Einwohnerzahl überproportional. Schleswig-Holstein wird von allen Bundesländern im Verhältnis zu seiner Bevölkerungszahl am meisten betroffen. Ich kann Ihnen die Zahlen gern vorlesen.
Und auf das Land bezogen ist ja die letzte Strukturreform überhaupt noch nicht durchgeführt. Das heißt, auch dies wird noch vom gesamten Land zu verkraften sein. Das verschärft die Situation.
Die betroffenen Gemeinden stehen vor großen Problemen. Sie verlieren Arbeitsplätze und kaufkraftkräftige Nachfrage nach örtlichen Waren und Dienstleistungen. In vielen Standorten wird es nicht möglich
sein, für die zivilen Mitarbeiter räumlich nahe gelegene Ersatzarbeitsplätze zu finden. Die Konversion aufgegebener Liegenschaften dauert ihre Zeit und kostet viel Geld.
Aber in dieser Situation liegen auch Chancen. Wo Altes weicht, ist für Neues Platz. Die Chancen liegen in einem Strukturwandel der örtlichen Wirtschaft unter Nutzung der nun frei werdenden Liegenschaften.
Aus Sicht der Landespolitik müssen wir uns jetzt auf die Zukunft und damit auf die Chancen konzentrieren. Es kommt darauf an, den betroffenen Gemeinden dabei zu helfen, diese Chancen zu nutzen. Die frei werdenden Liegenschaften müssen zügig, altlastenfrei und zu tragbaren Preisen übernommen werden können. Den Gemeinden müssen zusätzliche Finanzierungsquellen für die Übernahme und die Entwicklung der Liegenschaften eröffnet werden. Für die Umwidmung der Liegenschaften für neue Zwecke dürfen keine großen rechtlichen Hürden aufgebaut werden.
Dabei darf sich das Land aber nicht nur auf die Hoffnung auf mögliche Hilfen aus Berlin stützen - eine Hoffnung, die die Landesregierung ja selbst bekanntlich schon aufgegeben hat. Deshalb geht uns der vorliegende Antrag, lieber Herr Kollege Benker, für ein Konversionsprogramm des Bundes nicht weit genug. Auch das Land steht in der Pflicht und das wollen wir mit unserem Antrag deutlich machen.