Protokoll der Sitzung vom 21.03.2001

Herr Hentschel, eine letzte Bemerkung! Zu den Befürwortern, die Sie für Ihre Benzinpreiserhöhung anführen - also dem BJU und dem Chefvolkswirt der Deutschen Bank -, muss ich Ihnen sagen, dass diese nicht für eine Benzinpreiserhöhung eintreten, sondern für eine ökologische Steuerreform.

(Beifall bei F.D.P. und CDU)

In diesem Zusammenhang frage ich den Volkswirt, Herrn Professor Rohwer, und die Volkswirtin, Frau Simonis: Ist Ihnen eigentlich klar, dass es für volkswirtschaftliche Prosperität - und damit auch für die Schaffung von Arbeitsplätzen - letztlich „schnurzpiepegal“ ist, wenn Sie den Leuten auf der einen Seite Geld aus der Tasche ziehen, um es ihnen auf der anderen Seite wieder hineinzustecken? Es kommt auf die Gesamtbelastung der Volkswirtschaft mit Steuern und Abgaben an, nicht darauf, ob Sie auf der einen Seite etwas geben, das Sie auf der anderen Seite wieder nehmen.

(Anhaltender Beifall bei F.D.P. und CDU - Glocke des Präsidenten)

Zu einem letzten Debattenbeitrag zu diesem Tagesordnungspunkt erteile ich Herrn Abgeordneten Ritzek das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach dieser leidenschaftlichen Debatte meines Vorredners möchte ich einige volkswirtschaftliche Zahlen nennen, um Ihnen die Verantwortungslosigkeit der Fortsetzung der Ökosteuer für unsere Wirtschaft in Daten vorzuführen.

Wir haben heute eine Inflationsrate von 2,8 %. Für die letzten zwölf Monate bedeutet das einen Anstieg von mehr als einem Prozentpunkt. Eine solche Inflationsrate hatten wir während der letzten fünf Jahre nicht mehr. Diese Inflationsrate von 2,8 % begründen die Institute wesentlich mit dem Anstieg der Energiepreise. Der Anstieg der Energiepreise wird mit dem Anstieg der Rohölpreise und der Ökosteuer begründet. Die Ökosteuer sollte in den Jahren 1999/2000 in Abhängigkeit zur Rohölpreisentwicklung erhöht werden. Das wurde damals so gesagt. Nichts ist geschehen. Stattdessen haben Sie die Ökosteuer regelmäßig um 6 Pf pro Liter erhöht. Die Ökosteuererhöhung hat also zu der Inflationsrate von 2,8 % geführt. Eine Inflationsrate von 2,8 % bedeutet eine Geldentwertung. Das heißt, jeder Bürger und jede Bürgerin hat real weniger Geld in der Tasche, um sich den gleichen Warenkorb zu leisten.

(Lars Harms [SSW]: Das ist reine Theorie!)

- Das ist keine Theorie! Wir erkennen das auch an den Wachstumsraten der Wirtschaft. Die Institute haben prognostiziert, dass das Wachstum der Wirtschaft von 3,1 % auf 2,1 % beziehungsweise 2,4 % sinken wird. In Schleswig-Holstein liegen wir mit 1 % Wachstum wesentlich unter dem Bundesdurchschnitt.

(Anhaltende Zurufe des Abgeordneten Karl- Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN])

Wir müssen also noch mehr aufpassen als die Gesamtwirtschaft. Jede Reduzierung des Wachstums um 1 % bedeutet eine Minderung der Neuanstellungszahlen von zirka 500.000 Beschäftigten.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Abgeordneter Hentschel, Zwischenrufe sind erlaubt, aber keine Zwischenreden!

(Wortmeldung der Abgeordneten Anke Spoo- rendonk [SSW])

Frau Abgeordnete, ich würde von Zwischenfragen absehen.

Ich habe keine Zeit für Zwischenfragen. Zu einem Sachverhalt möchte ich noch Stellung nehmen: Die Anzahl der Arbeitslosen wurde hier von zwei Kollegen angeführt. Die zusätzlichen 500.000 Arbeitsplätze sind doch geschönt. Die 500.000 Arbeitsplätze, von denen Sie sagen, sie seien zusätzlich, entsprechen den früheren 630-DM-Arbeitsverhältnissen, die heute versicherungspflichtig sind. Mehr ist das nicht!

(Beifall bei der CDU)

Daher lautet das Fazit meines kurzen Beitrags: Eine Fortsetzung der Ökosteuererhöhung ist unverantwortlich für die Gesamtwirtschaft.

(Beifall bei CDU und F.D.P.)

Ich erteile Herrn Minister Möller das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich Folgendes sagen: Hier wurde gesagt, die Frage der Steuerbelastung des Mittelstandes sei besonders wichtig für unser Land. Ich erinnere daran, welche Aktivitäten es in diesem Zusammenhang während der letzten Jahre gegeben hat: Die betriebliche Vermögenssteuer fiel weg; die Gewerbekapitalsteuer fiel weg.

(Martin Kayenburg [CDU]: Das sind Pea- nuts!)

Die Gewerbeertragssteuer ist für Unternehmen, die Gewerbesteuer zahlen, neutral, weil sie abzugsfähig ist. Für Unternehmen, die keine Gewerbesteuer zahlen und gut verdienen, wurde der Spitzensteuersatz gesenkt. Es gibt auch mittelständische handwerkliche Betriebe, die nicht zu den Spitzenverdienern zählen. Diese partizipieren an der Anhebung des Grundfreibetrags und an der Senkung des Einkommensteuersatzes. Das ist auch Mittelstandspolitik.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Zurufe von der CDU)

- Wir kommen noch zur Steuererhöhung. Ich finde, es ist blanker Hohn,

(Martin Kayenburg [CDU]: Das, was Sie machen, ist blanker Hohn!)

wenn ein Vertreter der F.D.P. sich hier hinstellt und über die Höhe der Gesamtlast für die Unternehmen und die Volkswirtschaft klagt. In welcher Zeit haben

(Minister Claus Möller)

wir denn die Abgabenlast auf ein Rekordniveau gesteigert? Das war in der Zeit der Kohl-Regierung.

(Beifall bei der SPD - Brita Schmitz-Hübsch [CDU]: In der Zeit der Wiedervereinigung!)

Diese absolute Spitzenstellung bewirkte - teilweise zu Recht - eine anhaltende Wettbewerbs- und Standortdiskussion in Deutschland, weil die Gesamtbelastung für die Volkswirtschaft und die Unternehmen viel zu hoch war. Es ist nichts passiert! Im Gegenteil, die Schulden sind von 350 Milliarden DM auf 1,5 Billionen DM angestiegen.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es war und ist diese rot-grüne Bundesregierung, die sich zuerst klare Ziele gesetzt hat,

(Zuruf des Abgeordneten Klaus Schlie [CDU])

nämlich die Stabilisierung der Abgaben im Sozialbereich, zum Beispiel über die Ökosteuer.

(Wortmeldung der Abgeordneten Roswitha Strauß [CDU] - Glocke des Präsidenten)

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Frau Abgeordneten Strauß?

Nein. - Es gibt eine Stabilisierung der Krankenkassenbeiträge.

(Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: Das ist völliger Quatsch!)

Ich hoffe, dass wir bei einer weiter positiven Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt vielleicht auch zu einer Senkung der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung kommen können. Darüber hinaus ist es diese Regierung gewesen, die nicht nur den Mut gehabt hat, eine klare Zielvorstellung zu formulieren, nämlich die Schulden abzubauen, sondern die parallel dazu das größte Steuerentlastungspaket auf den Weg gebracht hat, das es jemals gegeben hat. Das senkt die Abgabenlast für alle!

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Klaus Schlie [CDU]: Blödsinn! - Wortmeldung des Abgeordneten Martin Kay- enburg [CDU])

Die aktuelle Stunde ist beendet. Tagesordnungspunkt 1 ist abgeschlossen.

Bevor ich Tagesordnungspunkt 11 aufrufe, begrüße ich Besucherinnen und Besucher. Auf der Tribüne haben sich Justizanwärter und Justizanwärterinnen des Landgerichts Lübeck sowie Schülerinnen, Schüler und Lehrkräfte der Beruflichen Schulen Kiel, Sozialwirtschaft und Sozialpädagogik, eingefunden. Herzlich Willkommen!

(Beifall)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 11 auf:

Konzept zur Sicherung des Lehrerbedarfs in Schleswig-Holstein

Antrag der Fraktion der F.D.P. Drucksache 15/796

Änderungsantrag der Fraktion der CDU Drucksache 15/825

Das Wort zur Begründung wird nicht gewünscht.

Ich eröffne die Aussprache und erteile Herrn Abgeordneten Dr. Klug das Wort.