Insgesamt möchte ich aber sagen, dass die Vorschläge, die gemacht wurden, zwar - wie gesagt - in der Sache in Ordnung sind, aber weitgehend sehr lange in der Umsetzung brauchen würden. Wenn ich die Äußerungen und die Zahlen des Ministeriums bisher richtig verstanden habe, dann ist es so, dass wir für die jungen Lehrer - sei es für die neuen Planstellen, die wir schaffen wollen, oder sei es für die Wiederbesetzung der Planstellen, die durch die Pensionierungswelle frei werden - das Gros der Planstellen eigentlich bis zum Jahre 2005 benötigen. Insoweit brauchen wir eine schnelle Reaktion, nicht eine, die dazu führt, dass wir sozusagen den Lehrerbedarf im Jahr 2008 oder 2009 decken können. Wir müssen eine Reaktion finden, die wirklich bis zum Jahr 2005 dafür sorgt, dass wir genügend Lehrerinnen und Lehrer an den Schulen haben.
In dem Zusammenhang möchte ich auf unseren Vorschlag zu sprechen kommen; denn wir haben einen anderen Weg in unserer Positionierung gewählt, was den Lehrermangel angelangt, indem wir sagen: Wir wollen 500 Lehrerinnen und Lehrer jetzt, nämlich im kommenden Haushaltsjahr. Wir sind deshalb zu einem anderen Ansatz gekommen, weil die meisten Vorschläge - wie etwa Umschulung von Quereinsteigern und Öffnung für andere Studiengänge, Öffnung zum Umfeld und so weiter - von der Grundannahme ausgehen, dass wir keine studierten Lehramtsbewerberinnen und -bewerber mehr finden, keine studierten professionellen Pädagoginnen und Pädagogen.
Wir gehen von einem anderen Ansatz aus: Wir sagen, bevor man Planspiele darüber anstellt, wie man Nichtlehrer zu Lehrern macht, sollten wir doch erst einmal überlegen, ob man doch nicht alles versuchen kann, um Lehrerinnen und Lehrer einzustellen, die es im Moment ja gibt, die aber keine Anstellung finden.
Wir sind der Auffassung, wir müssen die Lehrer einstellen, solange sie auf dem Markt noch vorhanden sind, und deshalb müssen wir jetzt innerhalb kürzester Zeit so viele Planstellen mobilisieren, wie es irgendwie geht.
Das gilt es zu prüfen. Das ist der Kern unseres Vorschlages, den wir heute vorlegen, dass wir sagen, im nächsten Jahr, im Haushaltsjahr 2002, werden 500 Planstellen geschaffen statt 200 und danach werden pro Jahr bis zum Jahr 2005 nur noch 100 geschaffen. Damit würden wir im Rahmen des „1.000Lehrer-Programms“ bleiben, aber eben nur zu einer anderen Stückelung kommen. Das würde auch die finanziellen Mehrbelastungen in einem verantwortbaren Rahmen halten.
Dass das mit Mehrbelastungen einhergeht, wird niemand leugnen. Das tun wir auch nicht. Das wird zusätzliches Geld kosten. Nur, auf der anderen Seite wurde uns das damals auch gesagt, als wir die 1.000 Lehrer gefordert haben. Da wurde auch gesagt, das könnt ihr überhaupt nicht finanzieren. Wenn wir es damals nicht trotzdem gefordert hätten, hätten wir heute dieses „1.000-Lehrer-Programm“ nicht, das wir gerade umsetzen wollen. Insofern ist es auch unsere Aufgabe als Opposition, hier Gedankenansätze vorzuschlagen, die realistisch umsetzbar sind, die eben nur den politischen Mut und die politische Kraft erfordern, es auch wirklich zu tun.
Manchmal hat man den Eindruck, Frau Erdsiek-Rave, dass Sie auch ganz froh sind, wenn die Opposition solche Vorschläge macht, weil das ja Ihren Rücken in den Verhandlungen mit Herrn Möller stärkt; die sind ja immer schwierig. Wir werden Sie dabei unterstützen.
Dass wir dabei auch die Unterstützung der SPD haben, erfreut mich natürlich auch. Herr Weber hat das zwar, wie ich den „KN“ entnommen habe, alles zurückgewiesen, weil es nur wohlfeile Forderungen wären, aber, Herr Weber, die „KN“ zitieren Sie daraufhin auch: „Die qualifizierten Leute, die da sind, sollten auch so gut wie möglich gehalten werden. Hier erwarten wir Flexibilität, auch wenn sie nicht zum Nulltarif zu haben ist.“ Insofern glaube ich, dass wir hier in der Debatte schon einmal ein Stück weitergekommen sind. Wir halten das auch für richtig.
Meine Damen und Herren, ich glaube, wenn wir an der sturen Stückelung von 200 Planstellen pro Jahr festhalten, werden wir die letzten Planstellen im Jahr 2005 mit dem Haushalt einstellen, wenn sich niemand mehr darum bewerben wird; denn wir müssen zur Kenntnis nehmen: Die Grundbedingungen der Bildungspolitik in Deutschland haben sich geändert. Wir haben einen Wettbewerbsföderalismus und der Wettbewerb im Kulturföderalismus ist im Moment am schärfsten und am härtesten in der Frage der Gewinnung von Lehrernachwuchs und der Vermeidung von Lehrermangel.
Die Hessen haben es gezeigt: Sie werden - wie auch die Baden-Württemberger - ganz massiv um Lehrer werben. Die Kultusministerkonferenz hat zwar gesagt, das solle nicht mehr während des laufenden Schuljahres passieren, aber sie hat es denen nicht verboten. Natürlich werden diese Länder weiterhin für Lehrerinnen und Lehrer werben. Hier müssen wir eben sehen, dass wir ein Angebot haben, das wir dem entgegenhalten können. Wir glauben, dass wir das mit unserem jetzigen Vorschlag erreichen können.
Unser Vorschlag hätte darüber hinaus den Vorteil, dass wir zu einer kurzfristigen und spürbaren Verbesserung der Unterrichtssituation kämen. Um das Thema Unterrichtsversorgung ist es ja still geworden. Aber wir sollten nicht so tun, als hätte sich die Unterrichtsversorgung im Land verbessert. Das Gegenteil ist der Fall.
Die Unterrichtsversorgung in Schleswig-Holstein ist nach wie vor schlecht. Insofern ist es richtig, jetzt viele Planstellen zur Verfügung zu stellen, um dort zumindest zu einer Linderung zu kommen.
Es ist ja anders, als Sie es dargestellt haben, lieber Kollege Klug. Es ist so, dass heute Lehrerinnen und Lehrer abgelehnt werden, obwohl sie ein Fach haben, das ein Mangelfach ist, weil das mit der Kombination nicht hinhaut. Das sind eben haargenau die Punkte genau die Post erreicht uns -, die die Leute nicht verstehen, sie sagen: Wir werden eigentlich gebraucht, aber wir werden nicht eingestellt, weil es die Planstellen für uns nicht gibt. Da sagen wir: Diese Planstellen müssen zur Verfügung gestellt werden. Das ist der Punkt, den wir heute mit unserem Vorschlag anregen wollen.
Die Umsetzung unseres Vorschlages beruht darauf, dass man tatsächlich eine detaillierte und genaue Bedarfsprognose für die Fächer, die Fächerkombinationen und die Schularten hat. Da stellt man sich die Frage: Warum gibt es die eigentlich nicht? Darauf haben Sie nun gesagt, Frau Erdsiek-Rave, an dieser Sammlung werde gearbeitet - so heißt es heute in einer dpa-Meldung -, aber es sei schwierig, exakte Zahlen zu ermitteln. Das ist vielleicht schwierig, wenn man es in aller Schnelle machen muss, aber Sie hätten dafür natürlich jahrelang Zeit gehabt - seit 1995. Auch der Landesrechnungshof hat das damals angemahnt. Ihre Vorgängerin, Frau Böhrk
Man hat mitunter den Eindruck, dass die Bedarfsprognose vom Ministerium deshalb nicht vorgelegt worden ist, weil Sie die politische Konsequenz aus diesen Zahlen fürchten.
Deshalb freue ich mich, dass nicht nur wir Sie in dieser Frage drängen, sondern dass wir das zusammen mit dem Kollegen Weber tun, der gleich als Nächster reden wird. Ich hoffe also, dass wir demnächst eine Bedarfsprognose bekommen werden. Ich sage jetzt schon an: Die Große Anfrage haben wir bereits fertig und sie
liegt in der Schublade. Wenn wir die Bedarfsprognose nicht bald bekommen - so kündige ich an -, werden wir diese Große Anfrage stellen.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das waren ja von Ihnen, Kollege de Jager, zum Schluss Angst einflößende Worte. Vorweg vielleicht so viel: Wenn man einmal von der ritualisierten Kritik an rot-grüner Bildungspolitik und der Äußerung zu Flensburg absieht, Herr Kollege Klug, sind wir bei dem, was wir auf den Weg bringen wollen, schon relativ nahe beieinander. Ich erwarte, dass wir im Ausschuss eine sehr sach- und fachbezogene Diskussion führen werden.
Erlauben Sie mir aber auch, aus sozialdemokratischer Sicht ein paar Anmerkungen zu dem vorliegenden Thema zu machen. Wir haben doch in deutschen Bildungslanden ein hohes Maß an Einmütigkeit, was das Starten einer Werbe- und Imagekampagne für den Lehrerberuf angeht, wohl wissend, dass wir in der Bundesrepublik insgesamt - und die Probleme haben alle Bundesländer - einen Einstellungsbedarf in den Jahren 2005 bis 2010 - auch wenn wir bei den Zahlen hier und da Abweichungen und statistische Probleme haben - von mindestens 30.000 Lehrern jährlich haben werden. So hat Klemm vorgerechnet. Wir wissen aber auch, dass an unseren Hochschulen tatsächlich nur drei Viertel dieses Bedarfs von Studierenden, die Lehramtsstudiengänge belegen, gedeckt wird.
Wer die aktuellen Zahlen betrachtet, weiß, dass diese Schere größer und nicht kleiner wird. Die Zahl der Studienanfänger sinkt überall in der Bundesrepublik auch in den lehrerbildenden Fächern -, während die Konkurrenz der Wirtschaft für eine Reihe interessanter Studienfächer und Studienbereiche wächst. Die Ursachen sind vielfältig und können nicht en détail dargelegt werden. Ich will aber, da man lang-, mittelund kurzfristige Konzepte braucht, auf ein paar Punkte hinweisen, die über kurzfristige Maßnahmen und Anreize hinausgehen.
Natürlich ist das Thema „Image und Bild des Lehrers“ für die Attraktivität von Bedeutung. Dort muss mehr getan werden. Wir wissen, dass wir mit der Anhebung der Anwärterbezüge einen Schritt gehen müssen, um dort etwas zu korrigieren, was die alte Bundesregierung an Fehlern übrig gelassen hat; wir wollen das auch. In diesem Punkt sind wir uns im Prinzip einig.
Ich glaube aber, dass wir nicht nur über finanzielle Anreize reden müssen. Ich möchte gern ein aktuelles Beispiel nennen, das uns immer wieder vor Augen geführt wird. Wir haben zurzeit keine Probleme, Lehrer zu finden, die in den Grundschulen unterrichten. Wir haben aber große Probleme, die Stellen an den Hauptschulen, die schon vorhanden sind, tatsächlich zu besetzen.
Die Probleme, die wir dort haben, sind offensichtlich auch Probleme, die mit dem Lehreralltag, mit den Arbeitsbedingungen und -belastungen an den Schulen zu tun haben. Da gibt es Punkte, an die wir anknüpfen müssen. Ich nenne beispielhaft die verstärkte sozialpädagogische Arbeit in diesen Bereichen und die Verbesserung der Lehreraus- und fortbildung. In der mittelfristigen Perspektive - das sollten wir bildungspolitisch nicht ausklammern - brauchen wir ein gerechteres System der Lastenverteilung bei den Lehrern zwischen den unterschiedlichen Schularten.
Ich komme noch einmal auf die sinkende Anzahl der Studierenden zu sprechen. Diese Situation werden wir natürlich kurzfristig nicht beheben können. Wir sind hier aber an einem Punkt, an dem einmal deutlich gesagt werden muss: Wer den Zugang zum Abitur und zum Studium begrenzen, erschweren oder kanalisieren will, behindert die dringend notwendige Erhöhung der Zahl junger Menschen mit Studienabschluss, junger Menschen, die studierwillig und studierfähig sind. Deswegen bleiben wir dabei, dass Chancengleichheit und Innovationspotenzial gleichzeitig bildungspolitische Partner sind, die unzertrennlich sind und unzertrennlich bleiben müssen. Wir werden uns weiter dafür einsetzen, diesen Bereich nicht aus den Augen zu verlieren.
Die Bildungsministerin hat in der vorletzten Woche Zahlen zum Lehrerbedarf und zum Lehrernachwuchs vorgelegt und ein Maßnahmenbündel auf den Tisch gelegt, das ich hier nicht en détail wiederholen muss. Das ist ein richtiger und wichtiger Schritt und knüpft an die positive Imagekampagne für den Lehrerberuf an, die vor einiger Zeit in Schleswig-Holstein gestartet worden ist und die eine ganze Reihe von Bundesländern nachahmen. Trotzdem wissen wir, dass wir angesichts der aktuellen und konkreten Problemsituation in
den nächsten Jahren in unserem Land eine Deckungslücke von zirka 1.500 bis 2.000 Lehrern haben werden.
Auch wenn wir zum heutigen Zeitpunkt noch eine Bewerberquote haben, bei der 40 % der Bewerber nicht aus Schleswig-Holstein, sondern aus anderen Bundesländern kommen, wird das, was kurzfristig zu lösen ist, zunehmend schwieriger. Deswegen haben wir gemeinsam Vorschläge für ein kurzfristiges Vorgehen auf den Tisch gelegt, die wir in die Diskussion einbringen wollen und bei denen wir darauf hinweisen, dass ein paar Dinge zusätzlich zu dem, was die Regierung auf den Weg gebracht hat, dringend notwendig sind.
Eine erste dieser konkreten Maßnahmen besteht darin, dass wir mehr und bessere Prognosen auch schullaufbahn- und fächerspezifisch - brauchen. Das wird in der Konsequenz nicht heißen, dass wir in weniger statistische Probleme laufen. Vielmehr werden die statistischen Probleme, die wir haben, durch das Mehr an detaillierten Informationen für mehr Steuerung aufgefangen. Die Regierung ist gut beraten, hier mehr als bisher auf den Tisch zu legen.
Ich möchte noch einen wichtigen Punkt erwähnen, auf den Herr Kollege Klug und Herr Kollege de Jager eingegangen sind - deswegen muss ich das hier nicht noch einmal in großer Breite darlegen -: Wenn wir in extremen Mangelsituationen die Möglichkeit haben wollen, Lehrkräfte, die hier in Schleswig-Holstein auf dem Markt zur Verfügung stehen und sich bewerben können, die wir nach den normalen Einstellungsmöglichkeiten eigentlich erst in zwei oder drei Jahren einstellen würden, in Schleswig-Holstein zu halten, müssen wir jetzt einen Korridor beschreiten.
Das ist zwar keine riesige Zahl, das ist aber eine Zahl, für die wir die schulartbezogenen und fächerspezifischen Unterlagen brauchen, damit wir bemessen können, wo sie hin sollen und wie viel wir brauchen. Diesen Weg wollen wir gern beschreiten. Hier teile ich die Auffassung des Kollegen Klug. Es nützt nichts, einfach einzustellen, wer da ist, und damit gegebenenfalls in den nächsten Jahren Probleme in der Fächerkombination hervorzurufen.
- Kollege de Jager, ich glaube, dass wir - das ist ein Vorschlag, den wir auch auf den Weg bringen wollen
einen weiteren Punkt bedenken müssen. Wir haben nicht nur einen Flaschenhals im Bereich Einstellung, sondern wir haben auch einen Flaschenhals im Bereich Anwärterschaft, Referendariat. Wir müssen daher über flexible und zusätzliche Plätze im Bereich des Referendariats nachdenken - wir werden da keine unbedachten Zahlen in den Raum rufen, weil wir das natürlich bemessen müssen, wie ich das schon zur Einstellung an den Schulen ausführte -,