- Nein, nicht nur, Herr Hentschel, aber auch! - Was ich bisher vermisst habe - das habe ich Herrn Minister Müller gerade gesagt -, ist die Bündelung der Kompetenzen auf der politischen Ebene. Da wird beispielsweise ein runder Tisch eingerichtet, um mit Arbeitsgruppen neue Schwerpunkte zu erarbeiten. Das ist völlig in Ordnung. Mittels Workshops und Gesprächsrunden kann man über das Thema BSE zwar weiter vertieft diskutieren; Lösungen kann man dabei allerdings höchstens andiskutieren, man kann sie dort nicht vorantreiben. Die Diskussion in diesen Gremien ist mit Sicherheit eine gute Grundlage, um ein gemeinsames Vorgehen zu erarbeiten. Es muss aber letzten Endes woanders entschieden werden. Die Landesregierung könnte - das sehen wir jedenfalls so - sehr wohl ihre Möglichkeiten nutzen, um die Maßnahmen, die am runden Tisch angedacht und diskutiert werden, weiter voranzutreiben. Dazu gehört nach Ansicht meiner Fraktion auch die Zusammenfassung der Bereiche Gesundheit und Lebensmittelkontrolle und -überwachung in einem schlagkräftigen Ressort. Wenn es nach mir ginge, könnte die Zusammenfassung in Ihrem Ressort, Herr Minister Müller, erfolgen. Ein Signal an die verunsicherten Verbraucher, dass die Landesregierung die Gesundheit ihrer Bürger als Schutzaufgabe besser wahrnimmt, wäre hier mit Sicherheit richtig gewesen.
Forschung ist und bleibt bei unserem derzeitigen Wissensstand das A und O, um der Problematik überhaupt Herr zu werden. Deshalb muss beispielsweise alles darangesetzt werden, die Anwendungsreife sicherer BSE-Tests am lebenden Tier zu beschleunigen, um auch entsprechende Diagnoseverfahren entwickeln zu können.
Dazu gehört natürlich, dass die hierfür notwendige Grundlagenforschung generell intensiviert wird. Einen Teil dieser Grundlagenforschung, Frau Ministerin, sehe ich auch darin, dass ein Screening menschlicher Operationspräparate durchgeführt wird. In dieser Hinsicht bin ich etwas anderer Meinung als Sie. Es ist zwar richtig, dass bei einem ersten Screening in Großbritannien keine wissenschaftlichen Ergebnisse erzielt werden konnten. Dort hat man dieses Screening aber nicht eingestellt, sondern man hat es erweitert, um möglicherweise doch entsprechende Erkenntnisse zu gewinnen. Ich glaube, dass es etwas vorschnell ist zu sagen, wir brauchten im Moment nicht weiterzumachen. So ähnlich steht es in dem Bericht. Ich halte es für notwendig, die Arbeit in diesem Bereich voranzutreiben.
Ich bin auch im Hinblick auf den Vorschlag des Kollegen Kalinka, einen eigenen Lehrstuhl einzurichten, etwas skeptisch, weil es sich im Bereich BSE um interdisziplinäre Forschung handelt. Es wird aber mit Sicherheit notwendig sein, dass die Landesregierung all ihre Möglichkeiten nutzt, um sich dort, wo bundesund europaweit bereits geforscht wird, zu beteiligen. Sie sollte die entsprechenden Möglichkeiten ausschöpfen und an allen Forschungsaktivitäten aktiv partizipieren.
Frau Ministerin, noch ein abschließender Satz zum Gesundheitsdienstgesetz. Ich habe damit meine Probleme, denn ich zweifle daran, dass quasi per Dekret gesunde und gesundheitsförderliche Lebensverhältnisse für die Bürger verordnet werden können. Der Entwurf, den Sie im Kabinett beschlossen haben, liest sich wie ein Dekret. Er beinhaltet viele wohlfeile Ziele. Ich habe nicht den Eindruck, dass man der Problematik mit diesem Gesetzentwurf tatsächlich Herr wird, und zwar insbesondere deswegen, weil die Rahmenbedingungen für die Bewältigung der BSE-Krise noch gar
Ich fasse zusammen. Ich bedanke mich für den Bericht. Er ist eine ausgezeichnete Grundlage für die Diskussion im Ausschuss. Ich glaube, viel mehr, als in dem Bericht steht, durften wir derzeit gar nicht erwarten.
Herr Abgeordneter Dr. Garg, vielen Dank für die freundliche Begrüßung. Ich bleibe dennoch weiterhin gern eine Frau.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Ministerin Moser, herzlichen Dank für den sehr sachkundigen und auch sehr deutlichen Bericht. Der Bericht ist sehr deutlich in der Hinsicht, wie jeweils die Wissensgrundlage für die Zusammenstellung einzuschätzen ist. Wir können dem Bericht die Annahme entnehmen, dass ein Ansteckungsrisiko bei BSE auf dem Weg vom Tier zum Menschen, aber auch wahrscheinlich im gesamten Krankheitsfeld der TSEErkrankungen nicht über den einfachen Kontakt - Luft, Tröpfchen oder Berührung -, sondern wahrscheinlich über die so genannte Darmschranke oder über Blut und die lymphatischen Bahnen gegeben ist. Dies nehmen wir aufgrund des bisherigen Wissensstandes an. Sehr viel weiter ist die Wissenschaft noch nicht.
Das führt zu der ersten Konsequenz, die meines Erachtens aus dem Bericht zu ziehen ist. Es ist sehr gut, dass interdisziplinäre Forschungskapazität hier in Schleswig-Holstein - beispielsweise auch im Rahmen der CAU - geschaffen wird. Es ist sehr gut, dass die Ministerin den gesamten Sachverstand der Landesregierung mobilisiert hat, um den einschlägigen Fragen nachzugehen.
Es ist auch sehr gut, dass sich auf Bundesebene Forschungsverbünde um dieses Thema kümmern. Das alles erfolgt aber viel zu spät. Es gibt vor allem keine systematische Technikfolgenabschätzung. Insofern brauchen wir nicht einen einzelnen Lehrstuhl zum Thema BSE. Wir brauchen vielmehr eine Debatte in Deutschland und damit auch in Schleswig-Holstein darüber, welche Art der Technikfolgenabschätzung wir benötigen, um solchen systematischen Fragen, wie
Zweitens brauchen wir auch eine Debatte darüber dies hat die Ministerin in dankenswerter Deutlichkeit aufgezeigt -, wie sicher unsere Operationsmethoden im Augenblick sind. Es geht nicht um Panikmache. Das möchte ich hier in aller Deutlichkeit unterstreichen. Es geht aber sehr wohl um die Frage, warum den Empfehlungen des Robert-Koch-Institutes zur besseren Sterilisierung von Operationsbesteck, die schon aus dem Jahre 1998 stammen, nicht schneller Nachdruck verliehen wurde. Ich unterstütze die Ministerin darin, dass wir in dieser Hinsicht nicht locker lassen dürfen. Wir brauchen tatsächlich Sterilisationsmethoden, die der extrem resistenten Form der Prionen Rechnung tragen.
Was den Bereich der Blutkonserven angeht, so ist im Bericht noch einmal sehr deutlich gemacht worden, dass der Arbeitskreis „Blut“, den die Bundesgesundheitsministerin berufen hat, dezidierte Anmerkungen gemacht hat, um die weißen Blutkörperchen bei Blutkonserven zu vermindern. Man kann dem Bericht entnehmen, dass die Ministerin hier Handlungsbedarf sieht. Ich denke, wir sollten sie bei ihren Bemühungen unterstützen.
Offen bleibt für mich die Frage, ob die bisherigen Vorsichtsmaßnahmen, die sich auf bestimmte Länder beschränken, betreffend die Erlaubnis von Blutspenden ausreichen. Die F.D.P. hatte mehr Länder ins Spiel gebracht. Ich denke, diese Frage sollten wir im Fachausschuss klären.
Natürlich ist auch ein Drittes ganz wichtig: Wie kommen wir überhaupt zu Erkenntnissen, ob jemand die alte oder die neue Variante der Creutzfeldt-JakobKrankheit hat? Hier müssen wir wahrscheinlich die Frage nach der Obduktion noch einmal stellen. Das macht der Bericht deutlich. Wir müssen die Frage stellen: Wird tatsächlich immer an den notwendigen Obduktionen festgehalten? Dies ist oft ein sehr schwieriges Thema, nicht zuletzt aufgrund der Rücksichtnahme auf Angehörige. Es ist aber sicher richtig, dass man in dieser Hinsicht klare Verhaltensregelungen fordert, wie es die Ministerin tut. Ebenso müssen wir uns klarmachen, dass hier eine ärztliche Meldepflicht notwendig ist, um tatsächlich bei allen unklaren Fällen von Demenzerkrankungen wenigstens im Nachhinein sicherzugehen, dass wir nicht durch Schlusigkeit die mögliche Ausbreitung dieser Krankheit falsch einschätzen.
Zum Screening hat Herr Garg einiges gesagt; auch das sollten wir im Ausschuss noch einmal erläutern. Ich bin jedenfalls dankbar, dass wir heute Nachmittag, nachdem es heute Morgen ein großes Kampfgetümmel gab, zu den Sachfragen zurückgekehrt sind, wenigstens in diesem Bereich. Das ganze Thema Ernährung verdiente eine eigene Debatte. Da werden noch weitere Anträge, auch von unserer Seite, erfolgen. Denn um eine große Initiative zu starten, die tatsächlich der gesamten Bevölkerung und nicht nur denjenigen, die sich ohnehin mit dem Thema Ernährung befassen, Anhaltspunkte gibt, was wichtig ist, auch gerade für die Ernährung von Kindern, dazu braucht es sicherlich einer gesamten Anstrengung der Landesregierung wie auch des Parlaments. Ich hoffe, dass wir hier im weiteren Verlauf dieser Legislaturperiode zu erfolgreichen Initiativen kommen.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bereits in der letzten Debatte habe ich darauf hingewiesen, dass der geforderte Bericht der Landesregierung deutlich machen wird, dass wir aus medizinischer Sicht in Sachen BSE und der neuen Variante der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit noch in den Kinderschuhen stecken. Wenn ich mir den Bericht durchlese, fühle ich mich in meiner Aussage leider bestätigt. Die human- und veterinärmedizinischen Forschungen stehen noch am Anfang. Es wäre zwar wünschenswert gewesen, wenn ich mich geirrt hätte, aber ich bin anscheinend doch Realist.
Es ist erst vier Monate her, dass wir in SchleswigHolstein schlagartig mit der BSE-Problematik konfrontiert wurden, und seitdem ist in Europa, Deutschland, aber auch in Schleswig-Holstein viel geschehen. Angefangen mit einer umfassenden Aufklärungsarbeit über Bürgertelefon, Internet oder Presse hat die Landesregierung das Ihre getan, um die Bevölkerung ausführlich über BSE zu informieren. Aber auch auf dem Sektor der BSE-Untersuchungen hat die Landesregierung schnell gehandelt. So wurden Kapazitäten geschaffen, dass die untersuchungspflichtigen Rinder auf BSE untersucht werden konnten. Diese Maßnahmen begrüßt der SSW, sie sind ein Zeichen für ein vorbildliches Krisenmanagement. Das habe ich heute Morgen bereits erwähnt.
Derzeit sind uns zwei Übertragungswege von BSE bekannt: zum einen die Übertragung vom infizierten Muttertier auf das Kalb und zum anderen die Übertragung durch Futtermittel. Das heißt jedoch nicht, dass es keine anderen Übertragungswege gibt. Der Bericht weist daraufhin, dass zwischen Futtermitteleinsatz und auftretender Erkrankung regelmäßig mindestens vier Jahre liegen. Dies ist bedingt durch die lange Inkubationszeit. Es wurde mittlerweile zwar ein Tiermittelverfütterungsverbot beschlossen, doch das bedeutet nur, dass wir letztendlich mit einem Effekt des Verbotes in frühestens vier Jahren rechnen können.
Der Infektionsweg der neuen Variante der CreutzfeldtJakob-Krankheit ist derzeit noch nicht erforscht, jedoch wird auch hier davon ausgegangen, dass die Infektion über die Aufnahme hochinfektiöser, BSEverseuchter Nahrungsmittel erfolgt. Daher ist richtig, die Übertragungswege von Tier auf Tier und von Tier auf Mensch zu untersuchen und diesen Teil der Forschung zu intensivieren. Dies gilt im Übrigen auch für die Forschung von Diagnosemethoden am lebenden Menschen und Tier.
Dass derzeit die Kooperation und Forschung bereits auf nationaler und internationaler Ebene läuft, ist begrüßenswert. Der Bericht weist daraufhin, dass die Landesregierung plant, noch vor der Sommerpause ein internationales Symposium zu diesem Thema durchzuführen. Hier sollten meines Erachtens die Übertragungswege und Diagnosemethoden ein Schwerpunkt des Symposiums sein.
Leider ist die Erforschung von BSE und der neuen Variante der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit bisher kein Forschungsschwerpunkt in Schleswig-Holstein gewesen. Dies lässt sich anhand der Tatsache, dass Deutschland lange Zeit als BSE-frei gegolten hat, erklären. Trotzdem ist man auch nicht untätig gewesen. So wurde am Institut für Agrarökonomie der CAU und an der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät der CAU separat BSE-Forschung betrieben.
Wenn nach dem heutigen Stand der Wissenschaft BSE und die neue Variante der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit in Zusammenhang stehen, sehe ich es als notwendig an, dass an der CAU auch in diese Richtung geforscht wird. Das bedeutet, dass eine Zusammenarbeit der eben genannten Fakultäten auch mit der Medizinischen Fakultät der CAU in diese Richtung forciert werden soll. Es muss darum gehen, gemeinsame Wege aus der Misere zu finden. In diesem Zusammenhang halte ich das geplante Symposium für wertvoll, weil
Wir müssen erkennen, dass uns das gesamte Thema in den nächsten Jahren beschäftigen wird, da wir in der ganzen Angelegenheit noch ziemlich am Anfang stehen. Jedoch müssen wir die bestehenden nationalen und internationalen Kapazitäten nutzen, damit wir die Probleme gemeinsam lösen können.
(Beifall der Abgeordneten Anke Spoorendonk [SSW], Friedrich-Carl Wodarz [SPD], Uwe Eichelberg [CDU] und Irene Fröhlich [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Ein Antrag ist nicht gestellt worden, es ist lediglich Kenntnisnahme beantragt. Wer zustimmen will, dass der Tagesordnungspunkt mit Kenntnisnahme erledigt ist, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Das ist einstimmig so beschlossen.