Die Forschung zur grünen Gentechnik wird die veränderten Rahmenbedingungen des Agrarmarktes, so wie sie sich im letzten halben Jahr entwickelt haben, zu berücksichtigen haben. Die grüne Gentechnologie wird ihren Kompass neu einstellen müssen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDUFraktion, es ist im Augenblick wenig sinnvoll, hier den Turbolader anzuwerfen. Lassen Sie ruhig die Bundesregierung das Tempo der Forschungsvorhaben bestimmen. Dieses Thema ist bei unseren drei Bundesministerinnen, Frau Bulmahn, Frau Künast und Frau Schmidt, in den besten Händen. Wir sehen hier als SPD-Fraktion keine Eile und deshalb werden wir Ihren Antrag ablehnen.
Auf der Besuchertribüne möchte ich jetzt die Besuchergruppen des CDA Rendsburg-Eckernförde und der SPD Seniorengruppe 60plus aus Malente begrüßen.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Dass das Thema - wie mein Vorredner meint - bei den drei Ministerinnen in den besten Händen sei, kann ich nun wahrlich nicht ganz nachvollziehen.
(Beifall bei der F.D.P. - Karl-Martin Hent- schel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das habe ich schon vermutet, dass Sie das so se- hen! - Konrad Nabel [SPD]: Das war auch nicht zu erwarten!)
- Danke, Herr Kollege Nabel! Mich macht aber etwas besorgt, Herr Kollege, wenn man zu wissen vorgibt, was Verbraucherinnen und Verbraucher wollen. Die Verbraucher entscheiden an der Ladentheke, was sie tatsächlich kaufen.
Auch wenn die SPD-Kollegen hier beschlossen haben, dass sie mehr bezahlen müssen, wissen wir auch, dass sich viele Verbraucher nach dem Preis entscheiden und lieber weniger zahlen. Insofern sollten wir aufhören, vorher zu sagen, in welcher Weise sich Verbraucherinnen und Verbraucher in Zukunft entscheiden werden. Wir sollten sie ordentlich informieren, sie sollten die Wahl haben und dann sollten wir ihre Entscheidungen auch akzeptieren.
Das Thema grüne Gentechnik ist hier schon öfter Thema gewesen. Liebe Frau Kollegin SchmitzHübsch, wir haben bisher nicht vermocht, der rotgrünen Koalition bessere Einsichten zu vermitteln. Das bedauere ich.
Trotzdem muss ich feststellen, das Forschungsprogramm zur grünen Gentechnik der Bundesregierung läuft. Insofern ist Ihr Antrag tatsächlich erledigt.
Was Sie aber mit Ihrem Antrag tatsächlich meinen das haben Sie in Ihrem Beitrag auch gesagt -, ist das gemeinsame Forschungs- und Beobachtungsprogramm für grüne Gentechnik von Bundesregierung und Wirtschaft. Bundeskanzler Schröder hatte auf der EXPO in Hannover am 21. Juni 2000 ein Bündnis für grüne Gentechnik angeboten. Bis 2003 sollten die Firmen auf den großflächigen Anbau und die Vermarktung von gentechnisch veränderten Pflanzen wie Raps oder Mais verzichten und sie nur in einem gemeinsamen Forschungsprogramm einsetzen. Was nun neu ist - da gebe ich Ihnen durchaus Recht -, ist die Tatsache, dass der Bundeskanzler im Januar 2001 von seiner Zielsetzung wieder abgerückt ist und letztlich einen Rückzieher gemacht hat. Man kann nicht ganz nachvollziehen, warum. Da erinnere ich mich doch an das Wort des Ex-Landwirtschaftsministers Funke: „Der Bundeskanzler bestimmt die Richtlinien der Politik, aber er bestimmt nicht die Richtlinien der Vernunft.“ - Eine vernünftige Entscheidung ist das nicht gewesen.
Kanzleramtschef Franz-Walter Steinmeier hat in seinem Brief an die Wirtschaft ausgeführt: durch die BSE-Problematik sei man nun von Bundesseite gehalten, eine verbraucherorientierte Neuausrichtung der Agrarpolitik zu gestalten. - Man war dazu übrigens auch vor der BSE-Krise gehalten; verbraucherorientierte Politik war immer ein Ziel von Agrarpolitik. Insofern ist der Rückzieher des Kanzlers nicht zu verstehen.
Es wird so getan, als habe die BSE-Problematik etwas mit der grünen Gentechnik zu tun. Die Haltung der Bundesregierung ist in dieser Frage als panisch und
inkompetent abzutun und blockiert das geplante gemeinsame Forschungsprogramm, auch zum Schaden der Menschen. Auch wenn die Forschungsministerin Bulmahn erklärt, die Aussetzung der Gespräche bedeute nicht das Verbot der grünen Gentechnik und es würden weiter Freilandversuche mit genverändertem Mais genehmigt, so ist es doch ein gewaltiger Rückschritt für die grüne Genforschung als solche in der Bundesrepublik. Es ist auch ein Rückschritt im Hinblick auf die Schaffung von Arbeitsplätzen, das hat Kollegin Schmitz-Hübsch richtig ausgeführt. Wer dieses Forschungsprogramm im Endeffekt für die Wirtschaft so unattraktiv macht, der will, dass sich die Firmen freiwillig - zumindest in der Bundesrepublik aus den Forschungsprogrammen zurückziehen.
Im Rahmen der EU werden wir diese Produkte letztendlich doch auf unseren Märkten haben, sie aber nicht produzieren.
Dabei scheint diese Bundesregierung die Chancen und den Sinn grüner Gentechnik nicht verstanden zu haben. Grüne Gentechnik ist ein Beitrag zur sicheren Nahrungsmittelherstellung. Wir müssen in Alternativen denken und dürfen nicht so tun, als ob es bei Verbot der Gentechnik keine Forschung gebe.
Hier entstehen Möglichkeiten, beispielsweise für Allergiker verträgliche Lebensmittel zu entwickeln. Durch genetische Veränderungen an Pflanzen kann ein höherer Ernteertrag gesichert werden. Dadurch wird letztlich weniger Ackerfläche für mehr Erträge benötigt.
Insofern ist auch die Argumentation des Kanzleramtschefs in dem eben erwähnten Schreiben nicht schlüssig. Wenn hier nun BSE als Maßstab genommen wird und der berechtigte Wunsch der Bürgerinnen und Bürger nach sicheren Lebensmitteln angeführt wird, muss doch darauf hingewiesen werden, dass auch grüne Gentechnologie einen Beitrag dazu leisten kann. Dies muss den Menschen erklärt werden und darf nicht verteufelt werden. Es bringt nichts, immer nur Angst zu machen nach dem Motto: „Was liegt da heute wohl auf meinem Teller?" Im Übrigen schmecken Ihnen doch auch Kohlrabi, Blumenkohl, Brokkoli, Grünkohl, Kopfkohl und Rosenkohl. Das sind alles gesunde Pflanzen, die nichts anderes als genetisch veränderter Wildkohl sind.
Die Sozialdemokraten sind ja letztlich von den Möglichkeiten, die die grüne Gentechnologie auch auf dem Arbeitsmarkt bietet, überzeugt. Sie müssen ja nur den Koalitionspartner vor dem Absturz unter die Fünfprozentgrenze retten und den Grünen etwas bieten, damit
Im Übrigen möchte ich darauf hinweisen: Das Handeln der Landesregierung widerspricht den Interessen des Landes Schleswig-Holstein. Es ist Aufgabe der Landesregierung, in Berlin die Interessen unseres Landes zu vertreten. Insofern stimmen wir dem Antrag der CDU zu.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Einsatz gentechnischer Methoden und Produkte in der Landwirtschaft muss insbesondere unter Kriterien des Verbraucher- und Umweltschutzes betrachtet werden.
Es ist nicht Aufgabe der Politik, neuen Produkten der Gentechnik bei der Markteinführung zu helfen, Frau Schmitz-Hübsch, auch wenn Sie sich selbst eher als Produktvertreterin denn als Volksvertreterin zu verstehen scheinen.
Es ist auch nicht Aufgabe der Politik, den Nutzen gentechnischer Produkte in der Landwirtschaft nachzuweisen. Unsere Aufgabe ist es, zum Wohle der Allgemeinheit die Rahmenbedingungen für eine gefahrlose und umweltverträgliche Nutzung der Gentechnik festzulegen.
Technikfolgenabschätzung und Risikominimierung müssen dabei oberste Priorität genießen. Gentechnisch veränderte Pflanzen fragen für gewöhnlich nicht nach einem Visum, bevor sie die Grenzen passieren. Deshalb dürfen wir in Schleswig-Holstein oder in der Bundesrepublik keine Alleingänge unternehmen, sondern müssen das Prinzip der Risikominimierung europaweit verfolgen. Das erforderte eine Novelle der EUFreisetzungsrichtlinie, wie sie nun endlich vor einigen Wochen erfolgt ist. Damit erhalten die Verbraucherinnen und Verbraucher überhaupt erst die Freiheit, sich am Markt zu orientieren.
freigesetzte, gentechnisch veränderte Organismen, das zurzeit als europäisches Projekt im schleswigholsteinischen Umweltministerium durchgeführt wird. Das erfordert aber auch eine parallele Entwicklung der nationalen und internationalen Kontrollbehörden, die dringend einen Katalog mit Ausschlusskriterien für die Freisetzung von gentechnisch veränderten Organismen erarbeiten müssen.
Die bisher vorliegenden Erkenntnisse, dass gerade der in unseren Breiten intensiv angebaute Raps auf Wildpflanzen auskreuzt und dass von gentechnisch verändertem Raps offenbar Genmaterial nicht nur auf benachbarte Rapsfelder und verwandte Wildpflanzen, sondern auch auf Bakterien und Hefen im Darm von Bienen übertragen werden kann, mahnen uns zur Vorsicht. Umso wichtiger ist es, dass die gentechnisch übertragenen Eigenschaften im Labor und vor der Freisetzung umfassend auf ihre Wechselwirkungen innerhalb der Pflanze und auf die in der Nahrungskette folgenden Organismen untersucht werden.
Einmal in die Umwelt entlassene gentechnisch veränderte Pflanzen lassen sich durch eine Rückrufaktion nicht wieder einfangen,
auch wenn sie nur von wissenschaftlichen Versuchsflächen stammen sollten. Sowohl die Verbraucherinnen und Verbraucher als auch die Pflanzenzüchter haben ein Sicherheitsinteresse, wenn sie mit gentechnisch veränderten Produkten in der Landwirtschaft zu tun haben. Dieses besteht völlig zu Recht.
Ganz abgesehen davon, dass nach wie vor eine Mehrheit der Menschen im Land keinen Bedarf für gentechnisch veränderte Erzeugnisse sieht, gehören zur Befriedigung des Sicherheitsinteresses mehr als nur die vollmundigen Bekenntnisse der CDU zur grünen Gentechnik. Eine eindeutige Kennzeichnungspflicht für gentechnische Erzeugnisse ist erforderlich, die sich an den derzeit empfindlichsten wissenschaftlichen Nachweismethoden zu orientieren hat.
Eine klare Haftungsregelung im Schadensfalle, wie zum Beispiel bei der Vermischung von Saatgut oder der Verbreitung von gentechnischen veränderten Organismen auf benachbarte Felder, ist zwingend notwendig.
Auch eine europäische Regelung zum Export gentechnischer Produkte in Drittstaaten muss erst verabschiedet werden, sonst bleiben die von der CDU so gern als Argument angeführten Arbeitsplätze in der Pflanzenzucht nichts als heiße Luft.