Protokoll der Sitzung vom 23.03.2001

nicht voll ausschöpft. Weiße Salbe sichert keine Arbeitsplätze!

Dieser Satz gilt auch für die Bundesregierung. Es reicht daher nicht, wenn der Bundeskanzler in Emden auf der Nationalen Maritimen Konferenz im Juni letzten Jahres verkündete: „Wir wollen etwas für den Norden tun.“ Dies erwarten wir vom Bundeskanzler durch engagierten Einsatz in der EU-Kommission. Das Ergebnis muss sein, dass, solange Südkorea die Vereinbarungen zu Wettbewerbsverbesserungen nicht einhält, die Wettbewerbshilfen wieder eingeführt werden.

Wenn das auch die Intention Ihres Antrags sein sollte, dann sollten Sie das auch klar und nicht verklausuliert formulieren.

(Vizepräsident Thomas Stritzl übernimmt den Vorsitz)

Völlig daneben ist es aus unserer Sicht allerdings, wenn Sie die Wettbewerbshilfe, die eine auftragsbezogene Beihilfe ist, in Ihrem Antrag mit einer so genannten neuen Schiffbauförderpolitik vermatschen und diese Gelder mit Bedingungen an Forschungsprojekte versehen wollen.

(Beifall der Abgeordneten Brita Schmitz- Hübsch [CDU])

Das hat was, aber es bringt nichts.

Herr Kollege Garg, an dieser Stelle hatte ich meine inneren Zweifel, was Sie bewogen haben könnte, diesem Antrag beizutreten. Ich gehe davon aus, Ihr Anlehnungsbedürfnis war in diesem Fall größer als der Wunsch nach politischer Klarheit. Für den Bereich Forschung und Entwicklung, in dem das Land Schleswig-Holstein ausgesprochen schwach ist - mit einem Firmenanteil von 1,2 % belegen wir den vorletzten Platz nach dem Saarland -, gibt es im Bundesforschungsministerium einen Titel für Meeresforschung und Schiffbau. Mittel aus diesem Titel können für entsprechende Projekte abgerufen werden. Das tun die Schiffbauer auch. Unsere Aufgabe ist es, sie in ihrem Abwehrkampf zu unterstützen.

(Beifall bei der CDU)

Bei der Wettbewerbshilfe geht es darum, die Schiffswerften überhaupt in den Stand zu versetzen, Aufträge zu akquirieren, ohne in einem ruinösen Wettbewerb unterzugehen.

(Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: Die haben sie doch schon akquiriert!)

Nur wenn sie sich am Markt behaupten können, haben Kooperationen, Aufbau von Forschung und Entwick

(Roswitha Strauß)

lung und so weiter überhaupt eine Perspektive. - Herr Kubicki, ich denke da sind wir uns einig.

Eine Bemerkung noch zum Punkt 2 des vorliegenden Antrags von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, F.D.P. und SSW: Auch die CDU ist daran interessiert, von der Landesregierung die Schwerpunkte ihrer maritimen Wirtschaftspolitik zu erfahren. Dann sollte es aber auch um Schwerpunkte gehen und nicht um ein Sammelsurium von Einzelpunkten, wie sie in Ihrem Antrag aufgelistet sind. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang auch, dass Sie die Auswirkungen eines Tiefwasserhafens in Wilhelmshaven beziehungsweise in Cuxhaven auf die Hafenwirtschaft und deren Hinterlandanbindungen gar nicht erst wissen wollen. Ich bin sicher, dieses Thema wird uns in Zukunft noch mächtig beschäftigen. Die CDU-Fraktion möchte hier schon die Einlassungen und Positionierungen der Landesregierung wissen. Wenn wir über Kooperation und darüber reden, was wir für die Werften wünschen und was wir unterstützen wollen, dann ist in dieser Frage auch die politische Kooperation gefragt.

(Glocke des Präsidenten)

Es geht nicht, hier abtauchen zu wollen oder - wie Hamburg - zu sagen, wir brauchten das alles nicht.

Frau Kollegin, beachten Sie bitte die Redezeit.

Ja, ich komme zum Schluss. Die Anträge liegen in der Sache so weit nicht auseinander. Der CDU-Antrag ist jedoch deutlich klarer und präziser und ich bitte Sie herzlich um Zustimmung.

(Beifall bei der CDU)

Herr Kubicki, dazu haben Sie - wie alle anderen - in einer alternativen Abstimmung Gelegenheit.

(Beifall bei der CDU)

Für die F.D.P.-Fraktion hat der Herr Abgeordnete Dr. Heiner Garg das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die maritime Wirtschaft und die Schiffbauindustrie sind für unser Land zwischen den Meeren Wirtschaftsfaktoren ersten Ranges. Deshalb müssen die Entwicklungschancen und die Probleme in diesem Sektor auch unsere besondere Beachtung finden. Liebe Frau Kollegin Strauß, der Antrag der CDU-Fraktion scheint mir

so weit von unserem nicht entfernt zu sein, als dass es nicht doch noch zu einem gemeinsamen Votum des gesamten Landtags für die schleswig-holsteinische Schiffbauindustrie kommen könnte.

(Beifall bei der F.D.P.)

An den Problemen der Schiffbauindustrie wird deutlich, wie die zunehmende Internationalisierung der Märkte für Waren, Dienstleistungen und Produktionsfaktoren auch unsere heimische Wirtschaft berührt. Der globale Wettbewerb im Schiffbau ist ein hartes Geschäft. In diesem Wettbewerb bestehen nur diejenigen, die gute Produkte zu vertretbaren Preisen anbieten können. Die Werften in Schleswig-Holstein bewähren sich in diesem Wettbewerb. Die Produktionskosten sind bei uns im internationalen Vergleich zwar hoch, aber die hohe Qualität der hier produzierten Schiffe gleicht diesen Nachteil aus. Die Schiffbauindustrie ist eine Hightech-Branche und die Schiffe aus Schleswig-Holstein zählen zu dem Besten, was auf den Weltmeeren zu finden ist.

Leider zählt im globalen Wettbewerb der Schiffbaubranche derzeit nicht nur Leistung. Der Wettbewerb wird durch eine Vielzahl staatlicher Eingriffe verzerrt. Insbesondere in Südkorea werden die Werften ungeniert subventioniert. Daher gelingt es den dortigen Unternehmen, einen Großteil der Aufträge für Neubauten zu erlangen. Inzwischen werden zirka 40 % der jährlich neu produzierten Tonnage in Südkorea hergestellt. Bisher konnte die südkoreanische Subventionspraxis durch die Wettbewerbshilfen teilweise ausgeglichen werden. Durch den Wegfall der Wettbewerbshilfe verzerrt sich die Lage weiter zugunsten von Südkorea und zulasten unserer Werften. Es war daher richtig, den Landesanteil an der Wettbewerbshilfe zum Jahresende um 12 Millionen DM aufzustocken.

(Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: Das war zu we- nig!)

- Ja, Herr Kubicki. Es war falsch, nicht die gesamten fehlenden 40 Millionen DM Landesanteil aufzubringen.

(Beifall bei F.D.P. und CDU)

Die fehlenden 28 Millionen DM Landesmittel und die dadurch verlorenen Bundesmittel für SchleswigHolstein werden wertvolle Arbeitsplätze im Schiffbau kosten. Es ist schade, dass die Landesregierung und die Koalitionsfraktionen in diesem Punkt nicht über ihren Schatten springen wollten. Wir meinen, dass sie es gekonnt hätten. Die F.D.P.-Fraktion hatte hierzu einen pragmatischen Vorschlag gemacht. Die Wettbewerbshilfe sollte aus dem Programm „ziel“ finanziert werden, um zukunftsfähige Hightech-Arbeitsplätze zu sichern. Die Regierungsfraktionen lehnten dies ab. So

(Dr. Heiner Garg)

weit ging ihre Zuneigung zur Schiffbauindustrie damals offensichtlich doch nicht.

Die Probleme der Subventionierung des Schiffbaus durch Südkorea müssen bei der Welthandelsorganisation geklärt werden.

(Beifall der Abgeordneten Ursula Kähler [SPD])

Dies muss zügig geschehen, denn es hilft uns nicht, wenn die WTO die Subventionen Südkoreas irgendwann für unzulässig erklärt und unsere Werften bis dahin pleite sind. Wenn die EU allerdings ein Schiedsverfahren der WTO anstrebt, dann muss sie sich auch selbstverständlich den Regeln der WTO unterwerfen. Ich denke, darin sind wir uns einig. Das bedeutet, dass während der Dauer des Verfahrens nur geringe Möglichkeiten für rechtmäßige Maßnahmen gegen die südkoreanische Praxis bestehen. Die im Antrag geforderten Gegenmaßnahmen müssen deshalb innerhalb dieser Grenzen liegen.

Natürlich kann ein fraktionsübergreifender Antrag meistens nur ein Kompromiss sein. Daher erlauben Sie mir an dieser Stelle auch einige kritische Anmerkungen. Wenn die Wettbewerbshilfe wieder aufgenommen werden sollte, dann um Wettbewerbsverzerrungen auszugleichen. Wir sollten darauf achten, dass wir dieses Ziel nicht durch zu viele Bedingungen verwässern. Frau Kollegin Strauß, in diesem Fall haben Sie völlig Recht.

(Roswitha Strauß [CDU]: Danke schön!)

Die Wettbewerbshilfe sollte aus zwei Gründen als Mittel der Forschungsförderung und Instrument der Umweltpolitik eingesetzt werden: Erstens wissen die Werften am besten, welche Schiffe sie im globalen Wettbewerb verkaufen können, und durch unser Umweltrecht ist die umweltverträgliche Produktion auch sichergestellt. Zweitens ist die Förderung von Forschung - auch zum Zweck der Entwicklung umweltfreundlicherer Schiffe - eine wichtige Aufgabe, die wir nicht von der Hoffnung auf die Einführung der Wettbewerbshilfe abhängig machen sollten. Die Wettbewerbshilfe sollte den Werften helfen, trotz der Verzerrungen im internationalen Wettbewerb bestehen zu können. Das ist die Botschaft der F.D.P.-Fraktion an die Schiffbauer.

Ich würde mich sehr freuen, wenn es uns im Wirtschafts- und Finanzausschuss gelänge, aus den beiden vorliegenden Anträgen einen Antrag zu stricken, um ein gemeinsames Signal an unsere Werften zu senden, so wie das auch in der Vergangenheit möglich war.

(Beifall bei der F.D.P.)

Das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erhält nun der Fraktionsvorsitzende Karl-Martin Hentschel.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Schiff ist das umweltfreundlichste Verkehrsmittel und der außereuropäische Transport aller Exund Importgüter findet zu 90 % auf den Meeren statt. Für die Grünen ist es deshalb selbstverständlich, dass das umweltfreundlichste Verkehrsmittel Schiff in Deutschland produziert werden muss.

Die Werften in Schleswig-Holstein - das ist schon gesagt worden - sind Hightech-Betriebe. Ich selbst habe fast alle Werften besichtigt. Das, was dort gemacht wird, ist auf einem hohen Produktivitätsstand und es ist konkurrenzfähig. Die Verzerrungen durch den internationalen Markt, insbesondere durch Südkorea, sind problematisch; trotzdem sind die Subventionen im Verhältnis zur eingesetzten Lohnsumme im Werftenbereich relativ gering, verglichen mit den Subventionen beispielsweise im Bergbau oder in der Landwirtschaft. Deshalb war es richtig, die Konkurrenzfähigkeit der Werftindustrie in den letzten Jahren durch Subventionen aufrechtzuerhalten, nicht zuletzt, weil dadurch zur technologischen Modernisierung beigetragen werden konnte.

Deshalb glaube ich, wenn wir schon darüber reden, ob wir die Förderung fortsetzen sollen - da bin ich anderer Meinung als Sie, Herr Garg -, müssen wir auch gezielt dafür sorgen, unsere Werften durch umweltfreundliche Produktionsweisen auf dem Weltmarkt noch konkurrenzfähiger zu machen und im technologischen Bereich an die Spitze zu bringen.

(Dr. Heiner Garg [F.D.P.]: Das sind sie schon!)

Dass sich die umweltfreundlichen Produktionsweisen im Schiffbau noch keineswegs durchgesetzt haben, ist nicht abzustreiten; sie müssen allerdings in den nächsten Jahren kommen. Zurzeit gehört das, was in den Dieselmotoren verbrannt wird, zum größten Dreck, den es überhaupt gibt. Diese Motoren sind Abfallbeseitigungsanlagen. Wir müssen daran etwas ändern, aber wir müssen auch Doppelhüllentanker bauen, wie es beispielsweise bei Lindenau geschieht.

(Zurufe von F.D.P. und CDU)

Das alles sind Chancen, die deutschen Werften in der Weltspitze zu halten, und ich glaube, es ist besser,

(Karl-Martin Hentschel)