Ein gewichtiges Argument der Kläger aber war berechtigt. Wenn ein Bundesland so viel abgeben muss, dass es von einer Steuermehreinnahme keinen Vorteil mehr hat, wird der Anreiz gering, mehr Steuerfahnder einzustellen, um für Steuereinnahmen zu sorgen.
Ausgerechnet die CSU-Regierung in Bayern hat sich ja schon damit gebrüstet, dass die Steuerprüfung lax gehandhabt und selten durchgeführt wird. Das hat sie als „wirtschaftsfreundlich“ bezeichnet. Deswegen ist es zu begrüßen, dass in Zukunft jedes Land von seinen Steuermehreinnahmen im ersten Jahr garantiert 12,5 % behalten darf.
Wir müssen auch solidarisch mit den neuen Bundesländern bleiben, deren Arbeitsmarktsituation sich weiter verschärft.
Es ist unglaublich, dass die süddeutschen Länder gerade einmal zehn Jahre nach der deutschen Einheit versucht haben, den Solidarpakt zu kündigen. Das, was Herr Kayenburg hier vorhin vorgetragen hat, ist Hohn
Sie sind doch dafür verantwortlich, dass in Ostdeutschland 250 Milliarden DM als Strohfeuer verbrannt worden sind, statt sie in vernünftige Strukturen in der Wirtschaft zu investieren.
(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW - Heinz Maurus [CDU]: Das stimmt doch gar nicht! Erzählen Sie keinen Quatsch! - Martin Kayenburg [CDU]: Des- wegen ist Sachsen ein blühendes Land! Alle anderen hinken hinterher! - Weitere Zurufe von der CDU)
Wichtig ist auch, dass die neuen Bundesländer jetzt jährlich über die Verwendung der Gelder berichten müssen. Vielleicht nimmt das der zänkischen Diskussion - die auch Sie begonnen haben - unter den Ländern die Schärfe.
In der Diskussion wurde nicht darüber gesprochen, welche Rolle die Bundesländer in einer zukünftigen Europäischen Union spielen werden und was sich daraus an Konsequenzen für die Länderfinanzen ergibt. Wird der Bundesstaat Deutschland in Zukunft an Bedeutung verlieren und werden die Bundesländer die eigentlich bestimmenden Regionen sein? Dann müssen sicherlich auch die Bundesländer neu konstituiert werden und für uns stellt sich die Nordstaatdebatte neu.
Ebenfalls nicht geklärt wurde die Frage, wie die Eigenständigkeit der Länder und ihr Handlungsspielraum in Zukunft gestärkt werden können. Das ist natürlich nicht gelöst, Herr Kayenburg. Ich finde es aber richtig, dass die Ministerpräsidentin das hier angesprochen hat. Das hat mich gefreut. Sie haben völlig Recht: In Zukunft muss es eine Debatte über die Eigenständigkeit der Länder, der Landeskompetenzen und die Eigenständigkeit der Finanzierung der Länder geben.
Dazu gibt es unterschiedliche Meinungen - auch in meiner Partei. Meine persönliche Auffassung ist: Die Länder sollten klar abgegrenzte, eigenständige gesetzliche Aufgaben haben. Sie sollten originäre Finanzquellen erhalten. Nach meiner persönlichen Auffassung können das nur Verbrauchsteuern sein, so wie das in den USA gehandhabt wird. Ich halte das für eine vernünftige Lösung. Dies kann entweder durch
Ich plädiere auch dafür, die unübersichtliche und nicht transparente Koppelung und Vermischung von Kompetenzen und Geldern zwischen Bund, Ländern und EU weitestgehend zu beseitigen. Das betrifft zum Beispiel die Gemeinschaftsaufgaben, die Regionalisierungsmittel, das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz, die Werftenhilfe und Verschiedenes andere mehr. Die Bundes- und die EU-Zuschüsse führen ja häufig dazu, dass Ausgaben nur deswegen getätigt werden, weil 50 %, 70 %, ja 80 % Zuschüsse gewährt werden, während für andere wichtige Aufgaben kein Geld da ist.
Bedenken habe ich auch hinsichtlich der Entscheidungsverfahren. Hier wurde das Schimpfwort „Exekutivföderalismus“ geprägt. Wir kritisieren an der EU, dass die Staaten unter Ausschluss der Parlamente Gesetze machen; dann muss das Konsequenzen für den Bundesrat haben. Wir müssen darüber reden, wie die Rolle der Parlamente gestärkt werden kann.
Eine aus der Sicht meiner Fraktion ganz wichtige Zukunftsfrage hat in der Debatte über den Finanzausgleich der letzten Monate überhaupt keine Rolle gespielt - ich bin aber sicher, dass sie eine spielen wird -: Ich meine die Finanzierung des Bildungssystems.
Wenn in Finnland bereits 70 % der Schulabgänger eines Jahrgangs an die Hochschule gehen, im Durchschnitt der OECD-Länder immerhin fast die Hälfte, in Deutschland aber nicht einmal ein Viertel eines Jahrgangs, hat das auch etwas mit der Verteilung der Aufgaben in Deutschland zu tun. Es entwickelt sich zunehmend eine Debatte, nach der eine zweite Bildungsrevolution finanziert und gestaltet werden soll. So etwas muss dann aber auch Folgen für die Finanzausstattung der Länder und der Kommunen haben.
Die jetzige Einigung ist kein Durchbruch, keine große Reform, sondern eine notwendige Bereinigung, um dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts gerecht zu werden. Die Themen Länderfinanzen und Kompetenzen sind nicht abgehakt. Es gibt einen erheblichen Reformstau, der in den nächsten Jahren angepackt werden muss. Dieses Mal aber ging es gar nicht um irgendwelche idealen Modelle der Finanzverteilung, wie sie von einigen Finanztheoretikern - auch in unserer Bundestagsfraktion - diskutiert wurden. Es ging allein darum, die Interessen Schleswig-Holsteins in
einer unverschämten Verteilungsdebatte, ausgehend von Hessen, Bayern und Baden-Württemberg, zu verteidigen.
Nach der Sanierung des Saarlandes durch den Bund trägt Schleswig-Holstein die rote Laterne bei der Staatsverschuldung. Deshalb war es Aufgabe aller schleswig-holsteinischen Politikerinnen und Politikern, mit allen Mitteln dafür zu kämpfen, Gestaltungsspielräume für die Politik in Schleswig-Holstein zu erhalten und zusätzliche Belastungen für Schleswig-Holstein zu verhindern.
(Vereinzelter Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD - Dr. Heiner Garg [FDP]: Wer hat denn den Gestaltungsspiel- raum verspielt?)
Dass das schwer ist, haben auch wir Grünen - sowohl die Minister als auch die Fraktion - auf dem BundLänder-Treffen unserer Partei in Berlin mehrfach erlebt. Nur unter Ausstoßen gräulichster Drohungen konnten wir Beschlussfassungen zu schönen idealen Modellen verhindern, die Schleswig-Holstein in der Konsequenz zusätzliches Geld gekostet hätten.
Gerade deshalb haben wir uns in den vergangenen Monaten durch die Ministerpräsidentin und den Finanzminister stets bestens vertreten gefühlt, die im Kreis ihrer SPD-Kolleginnen und -Kollegen den gleichen Kampf ausfechten mussten.
Deshalb möchte ich Ihnen beiden im Namen meiner Fraktion explizit für Ihre erfolgreiche Verhandlungsführung und für das Ergebnis danken. Hut ab, Frau Simonis!
Herr Landtagspräsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der SSW bewertet die beschlossene Neuordnung des Länderfinanzausgleichs erst einmal positiv. Wichtig ist, was hinten heraus kommt, sagte einmal ein bekannter Politiker. Dieses Zitat möchte ich gleich wieder zurücknehmen, weil der Kollege Kubicki es vorhin gebracht hat und es wirklich nicht zu meinen
Für Schleswig-Holstein bedeutet die gefundene Lösung, dass das Land ab 2005 mit zirka 50 Millionen DM und die Kommunen mit zirka 20 Millionen DM entlastet werden.
erst Recht, wenn man bedenkt, dass SchleswigHolstein bis zu 200 Millionen DM pro Jahr hätte verlieren können, wenn die bayerischen oder hessischen Vorschläge umgesetzt worden wären. Wir alle wissen, was solche Summen angesichts der schlechten Haushaltslage bedeutet hätten. In diesem Sinn ist die Neuordnung des Länderfinanzausgleichs ein akzeptabler Kompromiss für Schleswig-Holstein.
Nebenbei bemerkt, liebe Kolleginnen und Kollegen: Sie glauben doch nicht im Ernst, dass das erzielte Ergebnis bei einer Landesregierung oder bei einer Bundesregierung einer anderen politischen Couleur anders ausgefallen wäre!
Dennoch muss man in der Bewertung des Kompromisses klar sagen - das ist von meinen Vorrednerinnen und Vorrednern schon angesprochen worden -: Eine grundlegende Reform des Föderalismus, nämlich eine Finanzreform und eine Neuordnung der Aufgabenverteilung, ist nicht geschafft und erst einmal bis 2004 auf die lange Bank geschoben worden.