Protokoll der Sitzung vom 27.09.2001

Der von Anfang an erforderliche Qualitätswettbewerb wird schärfer sein. Wir sind der Auffassung, dass Kriterien wie Sicherung und Ausbau der regionalen Infrastruktur, Arbeitsplatzwirkung, Sicherung der Grundversorgung in den ländlichen Regionen sowie Ökologisierung der Landwirtschaft in den Projekten hervorgehoben und der Förderentscheidung zugrunde gelegt werden.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Wir sind aber auch der Auffassung, dass sich die finanzielle Leistungskraft der Kommunen in der Förderquote auch bei LSE-Projekten, wie beim Regionalprogramm schon geschehen, widerspiegeln sollte.

(Glocke des Präsidenten)

Frau Kollegin, beachten Sie bitte die Redezeit.

Ich komme sofort zum Schluss, Herr Präsident. - Wir werden die vorstehenden Eckwerte berücksichtigen. Wir werden sie mit den Problemfällen abgleichen, die in der Verwaltung vorliegen, und dann überprüfen, welche Haushaltsmittel erforderlich werden.

(Martin Kayenburg [CDU]: Das heißt Not- maßnahmen!)

Dabei stellen wir uns auch vor, dass es zukünftig einen Fördermix aus anderen Finanzquellen geben könnte.

(Glocke des Präsidenten)

Frau Kollegin, formulieren Sie bitte Ihren letzten Satz.

Ich bin der Auffassung, Kolleginnen und Kollegen, wir sollten diese wichtige Entwicklung, die von unten nach oben mit Bürgerinnen und Bürgern angefangen hat, nicht zerreden. Wir sollten sie auch nicht entmutigen,

(Martin Kayenburg [CDU]: Sie haben sie in die Pleite geführt!)

sondern wir sollten weiterhin auch die in Planung befindlichen LSE-Prozesse unterstützen.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort für die Fraktion der FDP erteile ich der Frau Abgeordneten Dr. Christel Happach-Kasan.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Schümann, ich bedanke mich, dass Sie ganz offen gesagt haben, was im Lande alle Menschen erzürnt. Das ist nämlich der Vertrauensbruch.

(Beifall bei FDP und CDU - Martin Kayen- burg [CDU]: So ist es!)

Ich möchte auch hervorheben, dass die Ministerin dies ebenfalls sehr deutlich gesagt hat. 402 Projekte, wenn ich richtig gehört habe, Frau Ministerin, 3,8 Millionen DM Zuschussmittel, vorläufiger Maßnahmebeginn bewilligt, wobei die Maßnahmen zum großen Teil auch begonnen worden sind. Aber genau diese Gemeinden stehen jetzt sozusagen in der Kreide. Es wird sehr schwer sein, diesen Vertrauensbruch wieder gutzumachen.

Ich teile Ihre Einschätzung, Frau Schümann, dass wir damit einen Prozess in Gang gesetzt haben, der sehr viele Menschen in den ländlichen Räumen in die Zukunftsentwicklung der ländlichen Räume einbezogen hat, der sehr viele gute Projekte in die Wege geleitet hat, und dass diejenigen, die, aus welchen Gründen auch immer, etwas langsamer in der Beschlussfassung gewesen sind, sozusagen diejenigen sind, die jetzt das Nachsehen haben. Das bedeutet nicht, dass ihre Projekte schlechter sind als diejenigen, die schon bewilligt sind. Es sind sogar hervorragende Projekte dabei.

(Beifall bei der CDU)

Es ist ein ausgesprochen tragischer Zustand, dass sie vermutlich nicht in dem Umfang zum Zuge kommen können, wie das vorher der Fall war.

Frau Ministerin, ich möchte Ihnen in einem Punkt aber widersprechen. Sie nehmen Frankreich als Beispiel. Das geht nicht. In Schleswig-Holstein lebt mindestens die Hälfte der Menschen in den ländlichen Räumen. Das ist in Frankreich ganz anders. Daher haben wir auch eine Verpflichtung, in die ländlichen Räume in höherem Maße zu investieren, als das in Frankreich der Fall ist.

(Beifall bei FDP, CDU und SSW - Zuruf des Abgeordneten Holger Astrup [SPD])

- Ich habe Sie leider nicht verstanden, Herr Astrup, Sie müssen etwas deutlicher sprechen.

(Holger Astrup [SPD]: Kein Problem!)

Der zweite Punkt, Frau Ministerin, in dem ich Ihnen zustimmen möchte, ist der, dass Sie die Wahl zwischen Pest und Cholera haben. Der Haushalt des Ministeriums für ländliche Räume ist derartig zusammengekürzt worden, dass meiner Einschätzung nach aus diesem Haushalt heraus keinerlei Mittel herauszulösen sind, um weiterhin in das Programm „ZAL“ zu investieren. Das wird nicht möglich sein, sondern wenn der Fraktionsvorsitzende der SPD ernst zu nehmen ist

(Friedrich-Carl Wodarz [SPD]: Das ist er!)

- danke, Herr Wodarz, er ist ernst zu nehmen, wundervoll! -, dann wird er uns Wege aufzeigen, aus welchen anderen Haushalten Mittel bereitgestellt werden, um tatsächlich die Finanzierung der Gemeinschaftsaufgabe in die Wege zu leiten.

(Beifall bei der FDP)

Ich kann so etwas nur unterstützen, denn wir können es uns nicht leisten, die ländlichen Räume derartig hintanzustellen.

(Dr. Christel Happach-Kasan)

Frau Todsen-Reese hat mit ihrer Anfrage meines Erachtens sehr gut deutlich gemacht, was im Zuge der Erarbeitung der Ländlichen Struktur- und Entwicklungsanalysen geleistet worden ist, wie viele Kreise und Gemeinden einbezogen worden sind, wie viele wirklich gute, spannende Projekte damit in die Wege geleitet worden sind und wie viel privates Engagement in den ländlichen Räumen damit initiiert worden ist. Ich meine, dass wir dieses Engagement nicht derartig enttäuschen dürfen.

Ich will aber auch noch auf Folgendes hinweisen. Wir haben im vergangenen Haushalt die Kürzung des kommunalen Finanzausgleichs um 75 Millionen DM gehabt. Diese Kürzung war mit dem Hinweis verbunden: Liebe Kommunen, für bestimmte Infrastrukturmaßnahmen könnt ihr euch auch beim Programm „ZAL“ bedienen und habt die Möglichkeit, dort einen Ausgleich zu finden. Jetzt, bereits im Sommer, wird „ZAL“ entsprechend zusammengekürzt. Das löst die Wut aus, die wir in den ländlichen Räumen haben.

(Beifall bei FDP und CDU)

Hinzu kommt, dass wir aufgrund der BSE-Krise - sie ist von der Landwirtschaft in Schleswig-Holstein nicht zu verantworten - entsprechende Ertragsausfälle in der Landwirtschaft haben.

Da wir heute Morgen über das Handwerk diskutiert haben, möchte ich noch auf Folgendes hinweisen. Alle diese Mittel, die wir jetzt nicht mehr für Infrastrukturmaßnahmen zur Verfügung stellen können, weil der kommunale Finanzausgleich fehlt, weil die Mittel aus der Gemeinschaftsaufgabe fehlen, fehlen nun auch den Handwerksbetrieben in unserem Lande. Das heißt, die Auftragslage in unserem Land wird sich dramatisch verschlechtern.

(Beifall bei FDP, CDU und SSW)

Genau das ist das Problem für unsere mittelständischen Betriebe, die nicht Aufträge in Berlin oder im Ruhrgebiet akquirieren können, sondern auf die Wirtschaftskraft unseres Landes angewiesen sind.

Daher ist die Enttäuschung zu verstehen. Wir werden alle Anstrengungen unternehmen müssen, um in die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ mehr Geld zu bringen, damit Komplementärmittel für dieses Land zu binden und hier auch wieder Investitionen zu ermöglichen. Es kann nicht sein, dass die Gemeinschaftsaufgabe die Sparbüchse des Landes ist. Wir müssen vielmehr in das Land investieren.

(Beifall bei FDP, CDU und SSW)

Die Pressemitteilungen aller Orten geben dies wieder. Ich will nur ein Zitat anführen:

„Wie ein Simsalabim-Schlüssel zum großen Tor der Zuschuss-Millionen war sie gestartet, die LSE, wie ein begossener Pudel mit einem großen Bauchklatscher ist sie nun kleinlaut gelandet."

Wir möchten diese Landung noch verhindern. Leider sehe ich im Moment wenig Möglichkeiten.

(Beifall bei FDP, CDU und SSW)

Das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich jetzt dem Herrn Abgeordneten Rainder Steenblock.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Frau Ministerin, so anerkennenswert ich heute Morgen Ihr Engagement in Sachen Landwirtschaftskammer dargestellt habe - so empfinde ich das auch -, muss es an dieser Stelle von unserer Fraktion auch einige kritische Worte geben.

Die Ländlichen Struktur- und Entwicklungsanalysen als Instrument der Planung im ländlichen Raum haben fraktionsübergreifend, im Grunde bei allen Leuten, ein hohes Maß an Anerkennung gefunden. Gerade durch die Art und Weise, wie Menschen im ländlichen Raum zusammenarbeiten, ist es gelungen, Zukunftsperspektiven zu entwickeln. Das fördert die Kreativität der Bevölkerung, auch das Selbstbewusstsein. Diese Leute nehmen ihr Schicksal selbst in die Hand und bekommen das dann gemeinsam mit anderen finanziert. Das ist ein hervorragendes Instrument, das wir nicht aufgeben dürfen.

Wir haben eine Situation, in der wir sparen müssen. Ich kenne den Druck sehr wohl, unter dem gerade das Landwirtschaftsministerium und Sie als verantwortliche Ministerin stehen. Trotzdem glaube ich, dass wir an dieser Stelle - wir sagen ja immer in Sonntagsreden: „Sparen darf kein Selbstzweck sein“ - sehr genau hinsehen müssen, ob wir hier nicht ein Instrument haben, das wir bewahren müssen und an dem wir alle ein gemeinsames Interesse haben.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und SSW)

Was die Frage des Vertrauensschutzes betrifft - dazu hat die Kollegin Schümann schon etwas gesagt -, so müssen wir uns gemeinsam überlegen, dass an dieser Stelle - aus Gründen, die wir nachvollziehen können jetzt kommunale Gebietskörperschaften mit der Landesregierung nichts mehr zu tun haben wollen. Ich übertreibe das einmal ein bisschen. Aber es könnte