Protokoll der Sitzung vom 14.11.2001

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Opposition! Wenn es denn so unsinnig ist, was wir heute tun, müssten Sie zumindest sehr deutlich sagen, dass auch das, was Sie in Bonn damals beschlossen haben, Unsinn war. Ich hätte kein Problem damit, wenn Sie sagen, es war damals unsinnig und erst heute, wo auch wir es tun, hätten Sie dies erkannt.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Das wäre eine Änderung des Denkens. Das sollten Sie aber in dieser Klarheit benennen, zumal es nicht der einzige Punkt ist, wo Sie heute anders als gestern reden.

Es ist politisch unstrittig - auch das ist sehr deutlich gesagt worden -, dass die zusätzlichen Maßnahmen im Sicherheitspaket im Interesse der inneren oder äußeren Sicherheit in unserem Lande Geld kosten und dass wir dafür finanzielle Mittel werden aufwenden müssen und auch wollen. Wir sind uns alle einig, dass die Bekämpfung des Terrorismus und die zusätzliche Sicherheit nicht zum Nulltarif zu haben sind. Auch das hat die Opposition erkannt. Wir sollten uns hier auch einmal ansehen, welche Forderungen in den Ländern erhoben werden. Beispielsweise fordert die CDU in Hamburg Maßnahmen im Polizeibereich in einer Größenordnung von 50 Millionen DM. Daran sehen wir, was die Forderungen der CDU nach mehr Sicherheit

(Monika Heinold)

kosten würden und dass es vonseiten der CDU darauf überhaupt keine finanzielle Antwort gibt.

Die jetzt von der Bundesregierung eingeleiteten Maßnahmen sind inklusive der daraus folgenden Ausgaben nicht einmalig, sondern auf Dauer angelegt. Daher ist es richtig, mit der Erhöhung der Tabak- und Versicherungsteuer auch im Einnahmebereich etwas auszuwählen, was auf Dauer angelegt ist. Ich finde diesen Weg richtig, zumal ich nach wie vor dazu stehe, dass Einnahmen und Ausgaben miteinander in Übereinstimmung gebracht werden müssen.

Die Einzigen, die das immer nicht so ganz glauben, sind die Abgeordneten der CDU in Schleswig-Holstein. Wie zwiespältig die Debatte in der schleswigholsteinischen CDU ist, ist in dem Antrag von Herrn Arp noch einmal deutlich geworden. Er lobt die Staaten und sagt: Ja, wir sollten auch in Deutschland mit den Steuern noch weiter herunter. Es gäbe also noch weniger Einnahmen. Auf der anderen Seite fordert er noch mehr Investitionen, also noch mehr Ausgaben. Schon dies widerspricht der Aussage von Herrn Kayenburg, von dem heute Morgen in einem Zeitungsinterview zu lesen war, dass wir mit der Neuverschuldung doch heruntergehen sollten. Das werden wir nicht schaffen, Herr Arp, wenn wir Ihre Forderung nach mehr Investitionen erfüllen. Ich bitte also um eine gewisse Gradlinigkeit in der Argumentation. Das würde uns ein Stück weiterhelfen.

Die Verschuldung des Bundes und die dramatische Zinsbelastung des Bundes brauche ich hier nicht zu erwähnen, sie ist allen Beteiligten klar. Ich sage sehr deutlich, dass mir ein Konzept mit einer Finanzierung über die Erhöhung der Tabak- und Versicherungsteuer lieber ist als ein Konzept mit einer Gegenfinanzierung über erneute Verschuldung; die kann sich der Bund nicht leisten. Zudem gibt es zum ersten Mal unter RotGrün - das könnte auch die Opposition einmal würdigen - tatsächlich ein solides Konsolidierungskonzept für den Bereich der Finanzen des Bundes, welches die Nettoneuverschuldung senken wird. Dafür gibt es natürlich die ausdrückliche Unterstützung der GrünenFraktion hier in Schleswig-Holstein.

Ich gehe davon aus, dass die Konsumenten die erhöhte Tabaksteuer als vertretbar empfinden werden, und wenn sie sich ärgern, dann ärgern sie sich über uns nicht mehr, als sie sich damals über Sie geärgert haben. Insofern war der Vergleich von Herrn Neugebauer an dieser Stelle richtig.

Ich möchte noch darauf hinweisen, was mit den zusätzlichen Einnahmen bezahlt werden soll. Dabei wissen wir, dass die Summe dieser Einnahmen nicht real für das andere ausgegeben wird. Vielmehr sind es Einnahmen im Rahmen des Gesamthaushaltes, um die

Einnahmen insgesamt zu erhöhen und dann die Ausgaben insgesamt zu decken. Die Ausgaben, die zusätzlich finanziert werden sollen, finde ich richtig. Es sind die zusätzlichen Maßnahmen bei der Bundeswehr, beim Bundesgrenzschutz, beim Bundeskriminalamt und erfreulicherweise auch im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit und der humanitären Hilfe. Wenn es eine Kritik meiner Partei an diesen Maßnahmen gibt, dann die, dass der Beitrag, den wir im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit und im Bereich der humanitären Hilfe zukünftig zahlen wollen, zu gering ist. Dort muss nachgebessert werden. Das ist unsere Kritik.

Ansonsten lehnen wir den Antrag von CDU und FDP ab. Er löst keines der anstehenden Probleme und wird auch der Diskussion in der Bevölkerung nicht gerecht.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Ich will kurz einen geschäftsordnungsmäßigen Hinweis geben. Wir haben jetzt noch zwei Redner auf der Rednerliste zu diesem Tagesordnungspunkt. Das sind der Abgeordnete Harms für den SSW und Herr Minister Möller für die Landesregierung. Für den Fall, dass es dann keine weiteren Wortmeldungen gibt, ist das Prozedere in diesem Verfahren wie folgt: Wir würden danach den Tagesordnungspunkt unterbrechen, da es aufgrund des Paring-Abkommens wegen der gleichzeitig stattfindenden Beisetzung erforderlich ist, mit der Abstimmung zu warten, bis die Kollegen um 15 Uhr wieder im Hause sind.

Ich erteile jetzt für den SSW im Schleswig-Holsteinischen Landtag dem Abgeordneten Lars Harms das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Um es vorweg zu sagen: Der SSW ist nicht grundsätzlich gegen Erhöhungen im Bereich der Tabaksteuer oder der Versicherungsteuer. Wir sind auch grundsätzlich nicht gegen andere notwendige Steuererhöhungen. Allerdings sollten Steuererhöhungen inhaltlich immer vernünftig begründet sein, sozial ausgewogen sein und auch für die Bürgerinnen und Bürger logisch erklärbar sein. In diesem Sinne kann man durchaus die Erhöhung der Tabaksteuer und die gleichzeitige Erhöhung der Versicherungsteuer zur Finanzierung der Terrorbekämpfung infrage stellen.

(Vizepräsidentin Dr. Gabriele Kötschau übernimmt den Vorsitz)

(Lars Harms)

Eine Tabaksteuererhöhung, die dazu dient, den Verbrauch von Zigaretten einzudämmen, und deren Steueraufkommen dann im Gesundheitswesen verwendet werden würde, hätte unsere volle Unterstützung. Dazu ist es sicherlich nicht von der Hand zu weisen, dass eine Verbrauchsteuererhöhung in der jetzigen konjunkturellen schlechten Lage natürlich nicht gerade ein positives Signal für die Wirtschaft ist, auch wenn die erwartete Belastung zwischen 3 Milliarden und 4 Milliarden DM pro Jahr liegt und somit kaum wirklich ernsthaft auf die konjunkturellen Entwicklung Einfluss nehmen wird.

Das wichtigste Argument gegen eine Tabaksteuererhöhung aber ist für den SSW, dass sich der inhaltliche Zusammenhang zwischen Terrorbekämpfung und dem Rauchen von Zigaretten für viele Menschen nur sehr schwer erschließt. Das gilt übrigens nicht in gleichem Maße - wie vorhin gesagt wurde - bei der Ökosteuer, auch wenn das CDU und FDP immer gern vergleichen. Hier scheint uns die Finanzierung der Rente durch die Ökosteuer und somit die Senkung der Kosten des Faktors Arbeit und der Erhöhung des Faktors Umwelt wirtschaftspolitisch in sich schlüssig zu sein.

Anstelle der Erhöhung mehrerer einzelner Steuern zur Gegenfinanzierung von plötzlich auftretenden Problemstellungen befürworten wir eher die Wiedereinführung der Vermögensteuer zur Finanzierung der Haushaltslöcher einschließlich der Ausgaben für die Terrorbekämpfung statt die Erhöhung der Tabak- und Versicherungsteuer. Denn der Einbruch der Steuereinnahmen, insbesondere durch die von der Bundesregierung beschlossene Steuerreform, die der SSW immer abgelehnt hat, ist schon dramatisch und kann im Übrigen von den Ländern und Kommunen kaum aufgefangen werden. - So weit die inhaltliche Stellungnahme zu diesem Thema.

Für uns stellt sich aber insgesamt die Frage, warum sich der Landtag mit diesem Thema beschäftigen soll. Statt dieser Anträge hätte es eigentlich eine Pressemitteilung oder eine Pressekonferenz der CDU und der FDP zu diesem Thema geben können. Das hätte genügt. Denn wir alle wissen, dass die Erhöhung von Steuern, die nur dem Bund zufallen - was ja hier der Fall ist -, ausschließlich Sache des Deutschen Bundestages ist. Der Bundesrat hat mit Steuererhöhungen nur dann etwas zu tun, wenn die Steuereinnahmen der Länder berührt sind.

Deshalb steht natürlich auch im Gesetzentwurf zur Erhöhung der Tabak- und der Versicherungsteuer in der Begründung auf Seite vier, dass das Gesetz nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf. Wenn jetzt durch einen Kunstgriff mit Hinweis auf das Verfahren nach Artikel 77 Abs. 3 des Grundgesetzes ver

sucht wird, den Bundesrat mit dieser Sache zu befassen, schießt man weit über das Ziel hinaus. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass die Bestimmungen des Artikels 77 Abs. 3, wonach der Bundesrat Einspruch gegen ein Bundesgesetz erheben kann, für solch einen verhältnismäßig unbedeutenden Fall wie die Erhöhung dieser Steuer, die zirka 3 Milliarden DM pro Jahr einbringt, gedacht sind. Deshalb - und nur deshalb - lehnt der SSW die Anträge von CDU und FDP ab.

(Beifall der Abgeordneten Silke Hinrichsen [SSW])

Das Wort erteile ich jetzt Herrn Minister Möller.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In den Wochen seit den Terroranschlägen vom 11. September war uns doch allen bewusst, dass wir verstärkte Anstrengungen zur wirksamen Bekämpfung des internationalen Terrorismus und zur Erhöhung der inneren und äußeren Sicherheit der Bundesrepublik unternehmen müssen. Es war uns allen klar, dass das nicht zum Nulltarif zu haben ist, auch nicht in SchleswigHolstein. Darum haben wir das Sicherheitspaket immerhin mit einem Umfang von 12 Millionen € allein im nächsten Jahr vorgelegt.

Sehr schnell hat die Bundesregierung mit Unterstützung der Koalitionsfraktionen hierfür ab 1. Januar 2002 3 Milliarden DM zur Verfügung gestellt, zweckgebunden. Mit der prompten Bereitstellung umfangreicher finanzieller Mittel für die jetzt notwendigen Maßnahmen wurden auch Forderungen der Opposition aufgegriffen: Rückgängigmachen der Kürzungen für die Bereitschaftspolizei und zum Beispiel - wenn ich an die Regierungserklärung von heute Morgen denke zusätzliche Fahrzeuge für den Katastrophenschutz im Falle des Einsatzes von B- und C-Waffen auch für Schleswig-Holstein.

Aber auch in schwieriger Lage müssen die vorgegebenen finanziellen Restriktionen berücksichtigt werden. Die finanzpolitischen Aufgaben in der aktuellen weltpolitischen Lage sind: Vertrauen schaffen und konjunkturschwächende Maßnahmen vermeiden. Die letzte Vorgabe ist umso schwieriger einzuhalten, als die unerwarteten Steuermindereinnahmen und die hohen Steuerentlastungen durch die Bundesregierung alle öffentlichen Kassen sehr stark belasten. Um unerwartete Nachfragerückgänge an anderer Stelle zu vermeiden und um das Vertrauen nicht durch Verlassen des Konsolidierungskurses zu belasten, hat der Bundestag am letzten Freitag die Anhebung der Ta

(Minister Claus Möller)

bak- und Versicherungsteuer beschlossen. Die Prozentsätze will ich hier nicht nennen.

Konjunkturpolitisch sind diese moderaten Steuererhöhungen unbedenklich. Die gewählten Belastungen treffen Steuern, die kaum Einfluss auf die Konjunktur haben, sie also nicht zusätzlich stören werden. Es handelt sich nicht um flächendeckende Steuererhöhungen, sondern um Erhöhungen der Besteuerung einzelner Wirtschaftsgüter. Damit bleiben die Auswirkungen der Erhöhungen auf das Preisniveau überschaubar und es entstehen keine unzumutbaren Belastungen für die Betriebe.

(Beifall der Abgeordneten Holger Astrup [SPD] und Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Auch durch die Herausnahme der Lebensversicherung aus der Erhöhung der Versicherungsteuer werden zudem unerwünschte sozialpolitische Auswirkungen vermieden.

Ich will hier ganz deutlich sagen: Ich hätte mich gefreut, wenn wir auch eine Mehrheit für eine moderate Anhebung der Feuerschutzsteuer bekommen hätten, wie es die Feuerwehrverbände bundesweit fordern, damit auch wir durch diese zweckgebundene Ausgabe den Katastrophenschutz und das Brandwesen besser unterstützen können.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Ich weiß genau, dass auch viele Innenminister der CDU für diesen Vorschlag waren. Sie sind aber aus Parteiraison zurückgepfiffen worden.

Wer fordert, die Antiterrorstrategie müsse durch Umschichtungen im Bundeshaushalt und nicht durch Steuererhöhungen finanziert werden, der muss sagen, welche Leistungen des Bundes er bei welchen Investitionen abbauen möchte, und darf nicht nach Steuersenkungen rufen oder pauschal sagen, dass gekürzt werden soll.

(Zuruf der Abgeordneten Roswitha Strauß [CDU])

Verzichten Sie auf Ihre Blockadeposition in Schleswig-Holstein und in Berlin und verzichten Sie auf Stimmungsmache und Wahlkampf mit Ihrer ach so großen Entrüstung über die geplanten, überschaubaren Erhöhungen der Tabaksteuer!

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Heiner Garg [FDP])

Meine Damen und Herren, Kollege Neugebauer hat es gesagt: 1991 hat nicht die jetzige Bundesregierung, sondern hat die CDU/CSU-FDP-Bundesregierung in

Bonn zur Finanzierung des Golfkrieges die Steuern um 27 Milliarden DM im Jahr erhöht. Auf einen Schlag hat sie damals den Solidaritätszuschlag eingeführt, zum Beispiel die Mineralölsteuer für bleifreies Benzin um 22 Pfennig, für verbleites Benzin um 25 Pfennig erhöht.

(Martin Kayenburg [CDU]: Sie reden auch nur über gestern! Sie haben sich überlebt, Herr Möller!)

Das allein entspricht vom Umfang her allen bisherigen Ökosteuerstufen, über die Sie sich so echauffieren. Die Versicherungsteuer wurde damals nicht um einen Prozentpunkt, sondern um drei Prozentpunkte erhöht und auch die Tabaksteuer wurde erhöht.

Meine Damen und Herren, in Abwägung der verschiedenen Finanzierungsoptionen und angesichts der derzeitigen Ausnahmesituation sind die beschlossenen Steuererhöhungen eine angemessene und vernünftige Antwort auf die aktuellen Erfordernisse. Ich bitte Sie, den Antrag abzulehnen.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir werden den Tagesordnungspunkt an dieser Stelle abbrechen und ich werde ihn zur Abstimmung nach der Mittagspause wieder aufrufen.

Wir kommen jetzt zu Tagesordnungspunkt 44:

Umsetzung des Handlungskonzepts des MASGV zur Sicherung der Pflegequalität in den stationären Pflegeeinrichtungen