Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Um es gleich vorweg zu nehmen: Wir werden diesem Antrag zustimmen.
Wir tun dies nicht aus Trotz und nicht, weil es mir reicht, dass hier einige Leute sitzen, die die Wahrheit nicht nur mit Löffeln, sondern mit der Suppenkelle zu sich genommen haben, sondern aus echter Überzeugung.
(Beifall bei SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Martin Kayenburg [CDU]: Wie in Dänemark! - Dr. Heiner Garg [FDP]: Sachverstand wäre auch nicht schlecht!)
- Vielen Dank! Wir unterstützen die Begründung des Antrages nicht, dass durch ihn eine wirkungsvollere Bekämpfung von terroristischen Finanzströmen möglich wird. Diese Begründung scheint in diesen Tagen für vieles herhalten zu müssen. Nein, wir unterstützen diesen Antrag, weil wir der Ansicht sind, dass die Aufhebung des Bankgeheimnisses tatsächlich zu mehr Steuergerechtigkeit in diesem Land beitragen wird.
Sie alle wissen, dass bereits jetzt bei konkreten strafrechtlichen Ermittlungen das Bankgeheimnis aufgehoben werden kann. Durch die vorgeschlagene Abschaffung von § 30 a Abgabenordnung müssen die Finanzbehörden in Zukunft bei der Ermittlung von Sachverhalten, zum Beispiel bei Betriebsprüfungen, nicht mehr auf das Vertrauensverhältnis zwischen Kreditinstituten und deren Kunden besonders Rücksicht nehmen.
Ich wiederhole das, weil einige Schwierigkeiten damit haben: Bei der Ermittlung von Sachverhalten, zum Beispiel bei Betriebsprüfungen,
des Finanzamtes kann man jetzt nicht mehr darauf pochen, dass es ein besonderes Vertrauensverhältnis zwischen Kreditinstituten und deren Kunden gibt.
Das heißt, dass es den Steuerverwaltungen leichter gemacht wird, eventuelle Steuerhinterziehungen zu entdecken. Insbesondere gilt dies bei der sehr verbreiteten Steuerhinterziehung von Zinserträgen.
Nach Angaben der Deutschen Steuergewerkschaft liegt die Steuerhinterziehung in diesem Bereich in Deutschland wahrscheinlich in zweistelliger Milliardenhöhe, wenn man bedenkt, dass das gesamte angesparte Vermögen der Bevölkerung bei einigen Billiarden liegt. Dass in diesen Fällen in der Regel nicht der so genannte kleine Mann getroffen wird, liegt auf der Hand, weil wir es bei den Zinserträgen mit einem steuerfreiem Freibetrag pro Person von jährlich 3.000 DM zu tun haben. In der letzten Landtagssitzung hat die FDP in einem Antrag festgestellt, dass Steuerhinterziehung kein Kavaliersdelikt ist. Alle Fraktionen waren sich darin einig.
(Beifall bei SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Wolfgang Kubicki [FDP]: Das ist auch so! - Unruhe)
Dann darf man aber auch keine gesetzlichen Regelungen haben, die die Steuerhinterziehung erleichtern.
Um solch eine Regelung handelt es sich aber bei dem Bankgeheimnis nach § 30 a Abgabenordnung, die meines Wissens im Kern ja schon seit der AdenauerZeit - 1949 wurde genannt - besteht.
Ein wichtiger Punkt in diesem Zusammenhang ist auch die Frage der Gleichbehandlung der Finanzanbieter. Im Gegensatz zu den Banken gibt es nämlich bei den Versicherern oder Bausparkassen kein Bankgeheimnis in dem oben beschriebenen Sinne. Allein deshalb müsste man endlich eine einheitliche Regelung schaffen.
Dabei möchte ich unterstreichen, dass durch die Aufhebung dieses Paragraphen ja nicht Big Brother im Bankwesen eingeführt wird, sondern es geht darum, dass die Finanzbehörden bei der Ermittlung eines konkreten Sachverhalts Einsicht in die Konten der Kunden bekommen.
- Natürlich geht es darum. Es kann also keine Rede davon sein, dass der Otto-Normal-Bürger jetzt damit rechnen muss, jederzeit seine Konten der Steuerbehörde offen zu legen. Vielmehr muss aus steuerlicher Sicht ein Sachverhalt vorliegen. Wir haben uns beim Landesdatenschutz darüber informiert. Uns ist gesagt worden, dass es gegen diese Neuregelung keine Bedenken geben kann.
(Beifall bei SSW und SPD - Zuruf von der CDU: Das stimmt nicht! - Wortmeldung des Abgeordneten Martin Kayenburg [CDU])
Übrigens ist das eine Regelung, die in den USA und den allermeisten europäischen Ländern ganz normal ist.
Im Moment wird allerdings an einer EU-einheitlichen Regelung gearbeitet und aller Voraussicht nach würde das Bankgeheimnis so oder so bald aufgehoben werden.
Wir lehnen es aber ab, wenn man gleichzeitig mit der Aufhebung des Bankgeheimnisses eine Datei mit allen Namen und Konten in Deutschland anlegen möchte, um sozusagen auf diese Weise eine Art Rasterfahndung in diesem Bereich durchführen zu können. Hier würde die rechtsstaatliche Grenze überschritten werden. Dann wären natürlich alle datenschutzrechtlichen Dämme gebrochen.
Ein solcher Vorschlag ist mit uns nicht zu machen. Das würden aber auch die Datenschützer nicht mitmachen wollen.
Mir liegen nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung noch zwei Wortmeldungen vor. Zunächst erteile ich Herrn Abgeordneten Geißler das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist wirklich erstaunlich, welche Argumente von rot-grüner Seite bemüht werden. Wenn es in Zukunft für eine gesetzliche Änderung als Argument ausreichen soll, dass damit die Ermittlungsmöglichkeiten der Behörden erleichtert werden, dann dürfen wir uns noch auf einiges gefasst machen.
Wenn wir das als einziges Argument genügen ließen, müssten wir eigentlich den Datenschutz und auch alle Bürgerrechte abschaffen;
denn dann haben Sie wirklich Effektivität in der Ermittlungstätigkeit. Das ist aber nicht meine Vorstellung von einem freiheitlichen Staat. Wir müssen bei allen Eingriffen in Grundrechte abwägen: Inwieweit treffen wir Leute, die sich verdächtig machen und gegen die dementsprechend auch vorgegangen werden muss, und inwieweit treffen wir gänzlich unverdächtige, rechtstreue Bürger? Alle Menschen mit einem Generalverdacht zu überziehen, das entspricht nicht meiner Vorstellung von einem freiheitlichen Staat.
Ich sage daher sehr deutlich: Sie geben mit Ihren Möglichkeiten den Behörden auch die Chance, nicht nur Steuerhinterzieher festzumachen - die wollen wir
nicht schützen -, sondern Sie schaffen auch die Möglichkeit, dass der Staat Daten in die Hand bekommt, mit denen er Lebensgewohnheiten seiner Bürger nachvollziehen kann. Ich halte das nicht für eine angemessene Ausbalancierung von Freiheit und Sicherheit.
Denjenigen, die heute Ausführungen zum Datenschutz gemacht haben, kann ich nur anraten, sich einmal mit Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts auseinander zu setzen, beispielsweise mit dem Urteil zum Mikrozensus, abgedruckt im 27. Band, oder dem Volkszählungsurteil, abgedruckt im 65. Band. Dann werden Sie die Maßstäbe mitgeteilt bekommen, die in einem Rechtsstaat für die Ausbalancierung zwischen Freiheit und Sicherheit gelten.
Wir sollten uns gut überlegen, was wir in dieser Situation beschließen. Wir sollten jetzt mit kühlem Kopf und nicht mit heißem Herzen das beschließen, was erforderlich ist.