Protokoll der Sitzung vom 13.12.2001

Wenn wir konkurrenzfähig sein wollen, dann müssen wir in die gleiche Richtung gehen. Deswegen ist mein Plädoyer für die Werftwirtschaft in SchleswigHolstein: Wir kommen nicht darum herum, die Werftindustrie von der Kleinteiligkeit zu einer einheitlichen Werftenlandschaft, zu einer einheitlichen Strategie aller Werften hinzuführen. Wir müssen Schiffstypen entwickeln, die zukunftsfähig sind, die konkurrenzfähig sind, die technologisch hochwertig sind, und dann müssen wir mit diesen Schiffstypen in Serienproduktion gehen, wobei wir dann wirklich mit zweistelligen

Stückzahlen operieren. Das ist die einzige Chance, um unsere Werften zukunftsfähig zu erhalten.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Harms das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Zukunft der maritimen Wirtschaft ist in höchsten Maße davon abhängig, ob eine Einigung mit Südkorea bezüglich der Subventionen im Containerschiffbau und bei der Herstellung von Frachtschiffen erzielt werden kann. Die Erfahrung, die wir bis jetzt machen mussten, stimmt aber bedenklich. Es sieht nicht danach aus, als ob Südkorea überhaupt daran denkt, seine Subventionen einzustellen. Deswegen wird die EU-Kommission nicht um eine Klage bei der Welthandelsorganisation umhinkommen. Dem Bericht ist zu entnehmen, das ein solches Klageverfahren bis zu zwei Jahre dauern könnte.

Die Entscheidung hierüber ist allerdings wieder um ein Jahr verschoben worden. Deshalb ist für uns jetzt schon eines klar: Die Schiffbaubeihilfen müssen erst einmal weitergeführt werden. Wir können es uns nicht leisten, in der Hoffnung auf eine positive Entscheidung über die Klage vor der WTO unsere Arbeitsplätze bei den Werften zu gefährden. Wir müssen diese Arbeitsplätze so lange subventionieren, bis die Koreaner umgeschwenkt sind.

(Beifall der Abgeordneten Silke Hinrichsen [SSW] und Thomas Stritzl [CDU])

Erst bei einem fairen Wettbewerb kann man auf Subventionen verzichten.

Gleichwohl ist es wichtig, die Subventionen auf den Bereich zu begrenzen, der nachweislich unter den Dumpingmethoden anderer Länder leidet. Deshalb sehe ich das Ansinnen Frankreichs, auch den Bau von Gastankern mit Schiffbauhilfen zu subventionieren, sehr kritisch. Die Franzosen wollen nur eines: ein größeres Stück vom EU-Kuchen für sich. Diese Sichtweise gefährdet jedoch den Gesamtkuchen. Bisher ist nicht genau ermittelt, ob der Gastankerbau wirklich in gleicher Weise vom Problem des Dumpings betroffen ist.

Solange dies nicht klar ist, müssen wir davon ausgehen, dass dies eher nicht der Fall ist. Sollte die EU nun gegen Südkorea klagen, so hätte das beklagte Korea möglicherweise ein stichhaltiges Argument für seine Schiffbausubventionen, nämlich, dass die EU genau

(Lars Harms)

die gleiche Dumpingpolitik betreibe. Das Verhalten Frankreichs gefährdet somit die Erfolgsaussichten der zukünftigen Klage.

Wir stecken mitten in einem Dilemma. Die Franzosen sollten lieber nicht die Forderung nach der Subvention des Gastankerbaus erheben, aber gleichzeitig ist die EU ohne das Votum Frankreichs handlungsunfähig. Man wird den Franzosen wohl nachgeben müssen, um sich überhaupt noch die Option der Klage erhalten zu können. Alles in allem können wir somit feststellen, dass die Lage sehr unübersichtlich ist und wir möglicherweise auch in zwei Jahren noch nicht aus der vertrackten Lage herausgekommen sein werden.

Eines ist aber klar: Die Forderung bleibt, dass die EUKommission Schiffbaubeihilfen weiterhin zulassen muss und dass Bund und Land entsprechende Gelder zur Verfügung stellen.

(Beifall des Abgeordneten Thomas Stritzl [CDU])

Im Bundeshaushalt 2002 sind 23 Millionen € eingestellt worden. Auch die Landesregierung hat in den letzten Jahren immer wieder - trotz knapper Kassen entsprechendes Geld bereitgestellt. Allerdings - auch dass darf nicht unerwähnt bleiben - hat die Landesregierung ihre Förderquote nicht komplett ausgeschöpft.

Die Forderung der Landesregierung, der Bund und das Land sollen jeweils die Hälfte der Schiffbaubeihilfen bezahlen, ist berechtigt.

(Beifall der Abgeordneten Silke Hinrichsen [SSW] und Uwe Eichelberg [CDU])

Die Regelung zwei Drittel Land und ein Drittel Bund ist nicht nur schwer finanzierbar, sondern sie wird auch der nationalen Bedeutung der Schiffbauindustrie nicht gerecht. Sowohl als eigener Industriezweig als auch als Grundlagenindustrie, die die Exportfähigkeit unseres Landes erst ermöglicht, hat die Schiffbauindustrie eine hohe Bedeutung.

Auch andere Wirtschaftszweige werden aufgrund ihrer nationalen Bedeutung entsprechend berücksichtigt, obwohl ihr Einfluss nicht überall im Lande gleich hoch ist. Hier muss mit gleichem Maß gemessen werden. Daher unterstützt der SSW die Forderung der Landesregierung nach der hälftigen Finanzierung der Schiffbaubeihilfen durch den Bund und das Land.

(Beifall der Abgeordneten Silke Hinrichsen [SSW])

Aufgrund der Tatsache, dass Korea mit Dumpingpreisen von bis zu 39 % unter den tatsächlichen Baukosten am Markt agiert, und vor dem Hintergrund, dass die

Schiffbauindustrie erst rund ein Fünftel der Auftragseingänge gegenüber dem Vorjahr verzeichnen kann, ist aber jetzt schon sicher, dass wir als Land SchleswigHolstein auch im kommenden Jahr so viel Schiffbaubeihilfen wie möglich auszahlen müssen, um die rund 7.000 Arbeitsplätze in der Schiffbauindustrie in unserem Land erhalten zu können.

(Beifall der Abgeordneten Silke Hinrichsen [SSW], Thomas Stritzl [CDU] und Wolfgang Kubicki [FDP])

Hier steht die Landesregierung vor einer wichtigen und zugegebenermaßen auch teuren Aufgabe.

Schon in meiner letzten Rede zur maritimen Wirtschaft habe ich darauf hingewiesen, dass den Werften, losgelöst von den Problemen der Schiffbaubeihilfen, dabei geholfen werden muss, ihre Produktion zu diversifizieren, und dass ihnen vor allem geholfen werden muss, Forschungs- und Entwicklungsvorhaben zu realisieren, um so einen Marktvorteil zu erhalten. Meine Vorredner sind darauf ja auch schon eingegangen. Gerade im zweiten Punkt, den Forschungs- und Entwicklungsvorhaben, hat sich einiges bewegt.

Derzeit gibt es 14 Forschungs- und Entwicklungsvorhaben in Schleswig-Holstein, die mit einem Gesamtvolumen von 4,6 Millionen € gefördert werden. Mit solchen Programmen wird die Grundlage dafür gelegt, dass die Schiffbauindustrie den weltweiten Wettbewerb in Zukunft meistern kann.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Wunderbar!)

Wir sollten sehr darauf achten, dass solche Projekte in den Betrieben und an den Hochschulen weiter vorangetrieben werden.

Wenn man von den Zukunftschancen der maritimen Wirtschaft spricht, muss man natürlich auf die Windenergie im Allgemeinen und auf die OffshoreWindenergie im Speziellen eingehen. Es gibt ja nicht viele Wirtschaftsbereiche, von denen man sagt, dass Schleswig-Holstein hier absolut führend ist. Bei der Windenergienutzung und der Herstellung entsprechender Windkraftanlagen sind wir es. Deshalb begrüßen wir es außerordentlich, dass die Fachhochschule in Flensburg einen Studiengang für die Technik der erneuerbaren Energien eingerichtet hat und dass sich in Husum ein Bildungszentrum für erneuerbare Energien etabliert hat. Beide Einrichtungen zeigen, in welche Richtung sich das Rad dreht:

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Immer rechts her- um!)

in Richtung erneuerbare Energien und vor allem in Richtung Windenergie.

(Lars Harms)

Der Offshore-Windenergie kommt hierbei eine hervorgehobene Bedeutung zu. Dies hat die Landesregierung schon vor Jahren richtig erkannt. Nicht nur, dass die Offshore-Windenergienutzung in der Deutschen Bucht eine wichtige Rolle in der Energieversorgung unseres Landes spielen könnte, vor allem die Exportchancen für unsere Wirtschaft sind nicht zu unterschätzen. Heutzutage sind wir in der Lage, Windkraftanlagen mit bis zu 1,5 MW in relativ flachen Gewässern ohne Schwierigkeiten zu installieren. In Zukunft werden wir in der Lage sein, 5 MW-Anlagen weit draußen in der Nordsee in tiefen Gewässern zu installieren und über längere Zeiträume zu betreiben. Ein Ende ist auch hier nicht absehbar. Wer die rasante Entwicklung der Windenergietechnik in den vergangenen Jahren beobachtet hat, weiß, dass weitere Entwicklungssprünge auch in naher Zukunft nicht auszuschließen sind.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Sehr gut!)

Unsere Aufgabe als Land Schleswig-Holstein wird es sein, die Entwicklung dieses Wirtschaftszweiges positiv zu begleiten und aktiv zu fördern, damit wir unseren Vorsprung auf dem Weltmarkt erhalten und weiter ausbauen können. In der Offshore-Windenergie liegen enorme Exportchancen. Wir können hier langfristig der wirtschaftlichen Monostruktur im Land entgegenwirken.

(Beifall der Abgeordneten Silke Hinrichsen [SSW] und Günter Neugebauer [SPD])

Selbstverständlich muss die Entwicklung der OffshoreWindenergie im Einklang mit der Natur geschehen und auch die Schiffssicherheit in der Deutschen Bucht muss Priorität haben. Aber wir sollten auch so ehrlich mit uns selbst sein und erkennen, dass beides keine unlösbaren Probleme sind und wir Windenergienutzung, Umweltbelange und Schiffssicherheit unter einen Hut bekommen können. Panikmache ist hier sicherlich fehl am Platz.

In diesem größeren Zusammenhang sehe ich auch das Viking-Cable. Durch dieses Hochspannungskabel in der Nordsee wird es möglich sein, Offshore-Windparks anzuschließen und gleichzeitig Strom aus erneuerbaren Energien aus Skandinavien zu beziehen. Aus Deutschland könnte Kraftwerksstrom nach Skandinavien exportiert werden, um dortige Höchstlasten zu bedienen. Im Prinzip ist ein solches Kabel also nicht so schlecht, wie man im ersten Moment meinen könnte. Wichtig ist hierbei allerdings, dass auch hier der Schutz der Natur berücksichtigt wird und entsprechende Umweltverträglichkeitsverfahren durchgeführt werden.

Wir haben einen sehr umfangreichen und sehr aussagekräftigen Bericht erhalten, der auch die Chancen für die maritime Wirtschaft aufzeigt. Hierfür möchte ich mich ausdrücklich beim Wirtschaftsministerium bedanken.

(Beifall bei SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort zu einem Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung erteile ich jetzt Herrn Abgeordneten Stritzl.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Sehr gut! Jetzt kommt der christdemokratische Flugzeugträ- ger! - Heiterkeit)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Hentschel, ich habe mit Interesse Ihre Ausführungen verfolgt.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Das glaube ich nicht!)

- Doch, doch! Kollege Hentschel hat uns deutlich gemacht, dass ein Werftarbeitsplatz im Jahr, was die Subventionen angeht, mit 7.000 DM zu berechnen ist und das - so seine Ausführungen vor dem Hintergrund der steuerlichen Betrachtung - diese Subvention für das Land sogar ein Geschäft sei,

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Das ist falsch!)

ein gutes Geschäft sei. - Das hat der Kollege Hentschel gesagt. Deswegen meine Frage, Herr Kollege Hentschel: Warum haben Sie eigentlich gestern gegen unseren Antrag gestimmt

(Beifall bei CDU und FDP)

und damit dem Land ein lukratives Geschäft nach Ihrer eigenen protokollfesten Aussage hier verweigert?

Herr Kollege Rother, Sie irren, wenn Sie der Auffassung sind, dass die Subventionen, um die es für die mittelständischen Werften im Land geht, keine Rolle spielen. Sie haben gesagt, auf so ein paar mehr Verpflichtungsermächtigungen komme es nicht an, sie seien nicht hinreichend diversifiziert, insofern bringe das nichts. Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen: Wenn Sie sich die Situation bei unseren Werften vor Ort einmal anschauen, werden Sie feststellen, dass es enorme betriebliche Anstrengungen gibt, die gemacht worden sind, um sich wettbewerbsfähig zu machen.