Ich will es dabei belassen, die erfolgreiche Arbeit der Bürgerbeauftragten an diesem Beispiel aufzuzeigen. Wir sollten uns die Gelegenheit nehmen, im Sozialausschuss des Landtages den Fünften Tätigkeitsbericht der Bürgerbeauftragten vertiefend mit Frau Warnicke zu diskutieren. Der Bericht der Bürgerbeauftragten macht deutlich: Sozialhilfe, Pflegeversicherung, Renten- und Krankenversicherung sind wichtige und notwendige Bestandteile unserer sozialen Sicherung. Aber sie müssen immer auch auf ihre Wirksamkeit und auf ihre soziale Gerechtigkeit für den Einzelnen hin überprüft werden. Die Bürgerbe
auftragte für soziale Angelegenheiten gibt den Bürgerinnen und Bürgern die notwendige Unterstützung.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Fünfte Tätigkeitsbericht der Bürgerbeauftragten für soziale Angelegenheiten macht erneut gravierende Mängel in der Arbeit von Behörden deutlich. Dabei unterbreitet die Bürgerbeauftragte auch konkrete Vorschläge, um die Missstände abzubauen. Insbesondere im Bereich der Sozialhilfe, aber auch in der Renten- und Krankenversicherung gibt es Anlass zur Kritik.
Der Bericht macht deutlich, wie weit wir in Teilen der Sozialverwaltung noch von einem modernen Dienstleistungsbetrieb entfernt sind. Häufig ist man - trotz einer großen sozialpolitischen Regelungsdichte - nicht in der Lage, bei der Berücksichtigung einzelner Paragraphen den Einzelfall mit seinen individuellen Problemstellungen zu erkennen.
Daher zeigt der vorgelegte Bericht auch auf, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nach dem Gesetz korrekt gehandelt haben, der Bürger aber trotzdem das Gefühl einer falschen Behandlung haben muss. Daher sollten wir als Mitglieder des SchleswigHolsteinischen Landtages gemeinsam mit den Kommunalpolitikern darauf achten, dass die Beschäftigten in den Verwaltungen - insbesondere in den Sozialund Jugendämtern - kontinuierlich fortgebildet werden.
Einen großen Teil des Berichts nimmt erneut der Bereich der Pflegeversicherung in Anspruch. Dabei ist die Aussage der Bürgerbeauftragten besonders erschütternd, dass aus ihrer Sicht die vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung getroffenen Feststellungen hinsichtlich vorhandener Qualitätsmängel in vollem Umfang zutreffend sind. Erschütternd ist, dass es zu diesen schlechten Ergebnissen gekommen ist, obwohl die Überprüfungen mit Voranmeldung des MDK stattgefunden haben. In diesem Bereich - das wird deutlich aufgezeigt - liegt auch in Schleswig-Holstein weiterhin ein großer sozialpolitischer Handlungsbedarf.
Die CDU-Landtagsfraktion wird daher die Pflegeoffensive der Sozialministerin konstruktiv, aber auch sehr kritisch begleiten. Unser eigener Antrag zur Qualitätssicherung in der Pflege aus der letzten Wahlperiode unterstreicht das gemeinsame politische Ziel. Wir nehmen zur Kenntnis, dass die Bürgerbeauftragte sich davon überzeugt zeigt, dass aus ihrer Sicht nur die Schaffung von Rechtsgrundlagen für eine Überwachung der Qualität der Pflegeleistungen durch eine Art „Pflege-TÜV“ Abhilfe schaffen kann. Wir stellen fest, dass es in der Vergangenheit bereits ähnliche Vorschläge gegeben hat, und freuen uns auf die Stellungnahme der Sozialministerin zu diesem Vorschlag aus dem Hause der Bürgerbeauftragten.
Mit Sorge nehmen wir erneut die Situation von dementen Pflegebedürftigen zur Kenntnis. Gerade für diesen Personenkreis gibt es weiterhin Handlungsbedarf. Wir sind daher für konkrete Hinweise auf Mängel in der Pflegeversicherung dankbar. Bedrückend ist die Tatsache, dass nur manuelle Verrichtungen der Grundpflege Berücksichtigung finden können, wenn die jeweiligen Verrichtungen ausdrücklich im Gesetz genannt worden sind.
Im wahrsten Sinne atemberaubend ist dann die Tatsache, dass auf der Grundlage dieser Bestimmungen die lebensnotwendige Versorgung mit Sauerstoff einer pflegebedürftigen Person danach keine Grundpflege ist und bei der Einstufung in eine Pflegestufe keine Berücksichtigung finden kann. Bei solchen Schilderungen müssen wir gemeinsam initiativ werden. Ich glaube, hier spielen Partei- und Fraktionsgrenzen keine Rolle.
Der Bericht zeigt aber auch Beispiele für Verwaltungshandeln außerhalb von gesetzlichen Regelungen auf. Hier ist die Einbehaltung von Sozialhilfe zu nennen. Überzahlungen aufgrund von Rechenfehlern in den Ämtern werden in der Form teilweise wieder eingetrieben, dass der Sozialhilferegelsatz bis zum Ausgleich auf 75 bis 80 % reduziert wird. Ein solches Verhalten ist aber nur dann zulässig, wenn es sich um Leistungen handelt, die der Hilfeempfänger durch vorsätzlich und oder grob fahrlässig unrichtige oder unvollständige Angaben erhalten hat. Hier teilen wir den Appell der Bürgerbeauftragten an die betroffenen Sozialämter im Land, derartiges Verhalten abzustellen, um Klagen abzuwenden.
Innerhalb von fünf Minuten ist es mir nicht möglich, auf weitere Sachverhalte einzugehen. Die Diskussion
über diesen Bericht sollten wir im Sozialausschuss vertiefen und den einen oder anderen Kritikpunkt auch mit den kommunalen Spitzenverbänden diskutieren. Diesen Vorschlag mache ich auch nach den Erfahrungen der letzten Tage mit diesen Verbänden.
Am Schluss verweise ich auf ein Gespräch mit dem Bürgerbeauftragten des Landes Rheinland-Pfalz im Sozialausschuss. Ich halte es nach wie vor für lohnenswert, dass wir uns nochmals ernsthaft mit dem in diesem Bundesland praktizierten Modell befassen.
In Rheinland-Pfalz ist der Geschäftsführer des Eingabenausschusses gleichzeitig Bürgerbeauftragter des Landes. Die CDU-Landtagsfraktion hält diese Aufgabenzusammenführung für einen möglichen Weg, um Reibungsverluste abzubauen. Eine Fortsetzung der Diskussion in dieser Frage halten wir für dringend geboten.
Frau Warnicke danken wir für den vorgelegten Bericht. Ihre Hinweise werden wir in unserem Fraktionsarbeitskreis aufnehmen, dort aufarbeiten und das Gesamtthema im Sozialausschuss vertiefen.
(Beifall bei CDU und F.D.P. sowie des Ab- geordneten Karl-Martin Hentschel [BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN])
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der für mich zurzeit vorbildlichste Bürgerbeauftragte ist an sich der Ministerpräsident des Saarlandes, Peter Müller. Der hat sehr konsequent bürgerfreundliche Vereinfachungen des Regierungs- und Verwaltungshandelns zu seiner Richtschnur gemacht, indem er verfügt hat, dass mit jeder Verabschiedung eines neuen Gesetzes und dem Erlass jeder neuen Verordnung mindestens zwei bestehende Regelungen aufgehoben werden müssen. Verwaltungshandeln wird nämlich nur dann besonders bürgernah, wenn wir konsequent den Regierungsdschungel lichten und administratives Handeln für die Bürgerinnen und Bürger wieder transparent machen.
durch die Arbeit der Bürgerbeauftragten, und zwar nicht nur im vergangenen Jahr. Wir haben doch ganz offensichtlich nicht nur zu viele, sondern oft auch zu komplizierte Gesetze und Verordnungen. Lassen Sie mich ein Beispiel herausgreifen: Die Neuregelung der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse. Frau Warnicke steht hier ganz bestimmt nicht in dem Verdacht, der F.D.P. einen Gefallen erweisen zu wollen. Frau Ministerin Moser, keine Sorge, ich nutze die Gelegenheit auch nicht zu einer neuerlichen Debatte um die 630-DM-Jobs. Völlig unabhängig davon, wie man inhaltlich zu dieser Neuregelung steht, ist unstrittig, dass sie geradezu ein Paradebeispiel dafür ist, wie man Gesetze besser nicht macht. Das Gesetz erinnert mich ein bisschen an schlecht übersetzte südkoreanische Bedienungsanleitungen für Videorecorder.
Lieber Kollege Baasch, dass die Zahl der Eingaben im Berichtsjahr im Vergleich zum Vorjahr abermals leicht gestiegen ist, ist weniger ein Beleg für die Qualität der Arbeit der Bürgerbeauftragten als vielmehr eine Ohrfeige für diejenigen, die die Regelungsdichte und den Grad der Kompliziertheit der einzelnen Regelungen weiter erhöht haben.
Ich brauche niemandem zu sagen, wer in den vergangenen Jahren hierfür federführend die Verantwortung trug. Dass aber 80 % der Rat- und Hilfesuchenden geholfen werden konnte, ist Beleg für die Qualität der Arbeit von Frau Warnicke und ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Dafür sage ich für die F.D.P.Fraktion ein herzliches Dankeschön.
Liebe Frau Warnicke, ich kann mir gut vorstellen, dass diese Arbeit ganz gewiss nicht immer lustvoll war. Ich kann mir Schöneres vorstellen als die hartnäckige Auseinandersetzung mit einer Krankenkasse, die sich weigerte, einem Pflegebedürftigen einen so genannten geländegängigen Rollstuhl zu finanzieren, damit sich dieser Mann wenigstens ab und zu an der frischen Luft bewegen konnte. Die Ablehnung erfolgte mit der Begründung, dass aufgrund der Schwere seiner Pflegebedürftigkeit eine Teilhabe am gesellschaftlichen Leben nicht mehr notwendig sei. Lassen Sie es mich einmal salopp ausdrücken: Dieser Mann sollte nicht auf Partys mitgenommen werden, sondern hin und wieder etwas anderes als die weiß gestrichenen Wände seines Zimmers sehen. Vermutlich wissen die meisten von Ihnen, dass die Kosten für den geländegängigen Rollstuhl mittlerweile von der Kasse übernommen wurden, und zwar nicht aus Einsicht
Meine Fraktion hat nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass wir uns eine andere Struktur beziehungsweise Organisation der Beratung und Hilfe für die Bürgerinnen und Bürger wünschen würden, zum Beispiel nach dem Vorbild des Landes Rheinland-Pfalz. Mich jedenfalls überzeugt das rheinland-pfälzische Modell, bei dem der Bürgerbeauftragte vorgeschaltetes Organ des Petitionsausschusses ist.
Auch wir haben engagierte Kolleginnen und Kollegen im Eingabenausschuss, die nicht nur mit viel Sachverstand, sondern vor allem mit viel Herz die Interessen Hilfe suchender Bürgerinnen und Bürger vertreten. Es ist deshalb keineswegs eine Geringschätzung der Arbeit von Frau Warnicke, wenn ich die Auffassung vertrete, dass es im Interesse der Petenten selbst wäre, wenn beide Strukturen zu einer gemeinsamen noch schlagkräftigeren Struktur zusammengeführt würden. Letztlich muss es in jedem Fall darum gehen, dass Verwaltungshandeln so wenig wie möglich Anlass zu Beschwerden gibt; denn nicht die jährlich steigende Zahl von Eingaben ist der Beleg für bürgerfreundliche Politik, sondern genau das Gegenteil ist der Fall.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren und - ich darf mir das in diesem Fall erlauben sehr verehrte Frau Warnicke! In nahezu allen Sozialversicherungszweigen reduziert sich nach und nach der Leistungsumfang und die Unsicherheit über die eigene soziale Absicherung beängstigt viele Menschen. Die Sparzwänge in den Sozialversicherungszweigen selbst, aber auch in den einzelnen Verwaltungsinstanzen tun ihr Übriges dazu. Besondere Brennpunkte wurden hier schon benannt: Pflegeversicherung, Krankenversicherung, die Sozialhilfe, die Altersversorgung insgesamt und das Schwerbehindertengesetz.
Gerade weil dies so ist, sind wir Grünen sehr wachsam, wenn pauschal - wie heute Morgen - über die Absenkung von Standards spekuliert wird. Eine Instanz wie die Bürgerbeauftragte ist deshalb wichtig und ein effektives Instrument, um Bürgerinnen und Bürgern in jedem Einzelfall zu ihrem Recht zu ver
helfen. Dies bestätigt die Erfolgsbilanz von Frau Warnicke und ihrem Team. Eine Abschaffung solcher Instanzen, wie sie bisweilen von der rechten Seite des Hauses immer wieder mal gefordert wurde, ist aus unserer Sicht falsch, strukturelle Veränderungen aber sind durchaus diskussionswürdig.
Beauftragte bieten die Möglichkeit der parteilichen Einmischung und Vermittlung und geben vor allem den Betroffenen ihre Würde zurück, die ihnen häufig durch unvorsichtiges, überhastetes oder auch schlicht ignorantes Behördenhandeln - man muss auch solches einmal aussprechen können - verloren gegangen ist.
Der Bericht der Bürgerbeauftragten zeigt, dass es ihr und ihrem Team durch die tägliche Arbeit aber auch gelungen ist, die Rechte der Bürgerinnen und Bürger zu stärken und deren Anliegen durchzusetzen. Eine Steigerung der Fallzahlen um rund 12 % bezogen auf das Jahr 1997 und insgesamt 2.380 Eingaben im Jahr 1999 machten deutlich - das müssen wir eingestehen -, dass das Zutrauen der Bürgerinnen und Bürger in Verwaltungsentscheidungen nicht gerade gestiegen ist. Das Misstrauen ist ja nicht unbegründet, wenn wir auf Seite 18 des Berichts nachlesen, dass in fast allen Fällen des Berichtszeitraums, in denen sich Bürgerinnen und Bürger wegen unrechtmäßiger Einbehaltung von Sozialhilfeleistungen an die Bürgerbeauftragte gewandt hatten, tatsächlich festgestellt werden musste: Die Bürgerinnen und Bürger hatten mit ihrer Klage Recht. Sie bekamen ihr Geld zurück oder es wurde eine andere Lösung zu ihren Gunsten gefunden. Das heißt, wir müssen ganz deutlich sehen, dass die Bürgerbeauftragte auch die Gerichte entlastet. Stellen Sie sich einmal vor, alle diese Petentinnen und Petenten hätten den Instanzenweg durch die Gerichte gehen müssen. Auch hier liegt also ein Stück Verwaltungsvereinfachung und Bürger- und Bürgerinnenfreundlichkeit durch das Amt der Bürgerbeauftragten!
Die Inanspruchnahme der Außensprechtage und Dienstleistungsabende sowie die Radiosprechstunde beweisen darüber hinaus, wie kundenorientiert Frau Warnicke und ihr Team gearbeitet haben. Dies entlastet uns allerdings nicht davon, die Verwaltung selbst zum kundenorientierten Dienstleister weiterzuentwikkeln und natürlich Gesetze dort, wo sie umständlich sind, zu entschlacken. Aber die Verständlichkeit darf nicht die Ausrede dafür sein, Rechtspositionen von Bürgerinnen und Bürgern zu verschlechtern.
Wenn nun Frau Warnicke auf die Mischarbeitsplätze im Zusammenhang mit dem Umzug zu sprechen kommt, so möchte ich an dieser Stelle noch einmal