Protokoll der Sitzung vom 20.02.2002

Drittens. Diejenigen, die sich enthalten, sind herzlich eingeladen mitzumachen. Der Untersuchungsausschussauftrag kann gern erweitert werden.

Viertens. Lieber Herr Astrup, es ist überhaupt nicht Ihr Recht zu entscheiden, ob in 14 Tagen eine Sondersitzung stattfindet oder nicht. Das ist das Recht des Antragstellers.

(Holger Astrup [SPD]: Das habe ich doch ge- sagt!)

Dieser Antragsteller wird, weil er um Ernsthaftigkeit bemüht ist, nicht um billiger Showeffekte willen, wie Sie sie heute Morgen hier abgezogen haben, darauf bestehen, dass etwa eine Woche vor der nächsten Landtagssitzung eine Sondersitzung stattfindet. Wir wollen ernsthaft aufklären.

(Jürgen Weber [SPD]: Das glauben Sie doch selbst nicht!)

Wir akzeptieren, dass die kleineren Fraktionen die Notwendigkeit sehen, sich ernsthaft mit dem Antrag zu befassen und ihn gegebenenfalls zu erweitern. Deswegen sind wir auch damit einverstanden, dass dieser Antrag als ordentlicher Antrag bei der nächsten Landtagssitzung behandelt wird.

(Beifall bei der CDU)

Die Dringlichkeit ist begründet worden und es ist gegen die Dringlichkeit gesprochen worden.

(Zurufe von der SPD: Zurückgezogen! - Weitere Zurufe)

Eine Sekunde, bitte! Können wir uns erst einmal über das Verfahren verständigen, dass das Präsidium zurzeit die Sitzung leitet? Es gibt jetzt zwei Anträge zur Geschäftsordnung. Ich lasse sie noch einmal zu. Ich möchte nur sagen, dass wir eigentlich schon in die Abstimmung eingetreten sind, weil dem Präsidium bisher nicht mitgeteilt worden ist, dass der Antrag auf Abstimmung über die Dringlichkeit zurückgezogen worden ist.

(Zurufe von der SPD)

Mein Geschäftsordnungsverständnis sieht so aus, dass ich davon ausgehe, dass, wenn die Dringlichkeit gleich abgelehnt würde, anschließend der Kollege Kayenburg für die CDU-Fraktion, den Antragsteller, den Antrag zurückziehen und rechtzeitig zur Märztagung wieder einbringen wird.

(Zurufe von der CDU - Weitere Zurufe von der SPD)

Ich darf darum bitten, Geschäftsordnungsanträge zu stellen. - Herr Kubicki!

Herr Präsident! Ich stelle den Antrag des Kollegen Kayenburg noch einmal, so, wie ich ihn und - ich nehme an - möglicherweise auch das hohe Haus verstanden haben. Es soll über die Dringlichkeit abgestimmt werden. Nach der Abstimmung über die Dringlichkeit hat Kollege Kayenburg für den Antragsteller erklärt, dass er von seinem Recht aus dem Untersuchungsausschussgesetz, binnen 14 Tagen eine Sondersitzung zu verlangen, keinen Gebrauch machen will, sondern damit einverstanden ist, dass der Antrag bei der nächsten Tagung als Tagesordnungspunkt 1 aufgerufen wird.

(Beifall bei FDP und CDU)

Sie haben die Auffassung des Präsidiums richtig wiedergegeben. Deswegen bin ich auch in die Abstimmung eingetreten.

(Heiterkeit)

Wir treten jetzt in die Abstimmung über die Dringlichkeit ein. Je nach dem, wie das Ergebnis der Abstimmung aussieht, ist entweder nach § 51 Abs. 3 die Dringlichkeit bejaht, mit der Konsequenz, dass wir uns darüber unterhalten müssten, an welcher Stelle der Punkt in die Tagesordnung einzureihen ist. Wird die Dringlichkeit abgelehnt, das heißt, erreicht sie nicht die notwendige Zweidrittelmehrheit, läge es am Antragsteller zu entscheiden, wie weiter zu verfahren ist: entweder als Antrag für die nächste Tagung im März oder nach den Rechtsbestimmungen des Untersuchungsausschussgesetzes innerhalb der nächsten zwei Wochen. Das ist aber Sache des Antragstellers. Damit ist die Antragslage klar.

Wer dem Dringlichkeitsantrag der Fraktion der CDU, Drucksache 15/1648, mit der Überschrift „Zweiter Parlamentarischer Untersuchungsausschuss“ im Hinblick auf die Dringlichkeit seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Ich darf um die Gegenprobe bitten. - Stimmenthaltungen? Damit haben für die Dringlichkeit gestimmt die Abgeordneten der Fraktion der CDU, gegen die Dringlichkeit die Abgeordneten von SPD und SSW, enthalten haben sich die Abgeordneten der Fraktionen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP. Damit ist die notwendige Zweidrittelmehrheit gemäß § 51 unserer Geschäftsordnung nicht erreicht und die Dringlichkeit nicht bejaht. Das heißt, dieser Punkt wird in der jetzigen Tagung nicht weiter beraten. Wie sich der Antragsteller zum weiteren Verfahren verhält, hat der Oppositionsführer klargemacht: Der Antrag soll auf der nächsten ordentlichen Tagung des SchleswigHolsteinischen Landtages im März beraten werden.

Damit ist dieser Tagesordnungspunkt zunächst erledigt. Ich darf Ihnen allen eine gute Mittagspause wünschen. Wir sehen uns um 15:00 Uhr wieder.

(Unterbrechung:13:05 bis 15:02 Uhr)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Sitzung ist wieder eröffnet. Wir treten nach der Mittagspause wieder in die Beratung ein. Bevor ich den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufe, begrüße ich neue Gäste auf der Tribüne. Es sind Damen und Herren der Städtischen Handelslehranstalt Flensburg. - Herzlich willkommen im Schleswig-Holsteinischen Landtag!

(Beifall)

Ich rufe jetzt die Tagesordnungspunkte 8 und 43 auf:

Gemeinsame Beratung

a) Entwurf eines Gesetzes zur Änderung rundfunkrechtlicher Vorschriften

Gesetzentwurf der Landesregierung Drucksache 15/1561

b) Einführung von DVB-T

Landtagsbeschluss vom 13. Dezember 2001 Drucksache 15/1420

Bericht der Landesregierung Drucksache 15/1562

Ich darf die Debatte damit eröffnen, dass ich Frau Ministerpräsidentin Simonis das Wort erteile.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Landesregierung hat Ihnen zwei medienpolitische Vorlagen zugeleitet, nämlich erstens den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung rundfunkrechtlicher Vorschriften, mit dem ich den Landtag bitte, dem Sechsten Rundfunkänderungsstaatvertrag zuzustimmen, und zweitens den Bericht über die Einführung des digitalen terrestrischen Fernsehens, mit dem wir Ihnen den Stand dieser rundfunktechnischen Innovation darstellen möchten. Damit kommen wir einem Antrag der Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN nach, der im Dezember hier beschlossen worden ist.

Um mit den Entwicklungen im Rundfunk und seiner Verbreitungstechniken Schritt zu halten, muss der rechtliche Rahmen immer wieder angepasst werden. Auch hier ist der Gesetzgeber gefragt, seine medienpolitischen Positionen immer wieder zu überprüfen, um im Rahmen der neuen Inhalte und Techniken nicht den Anschluss zu verlieren. Der Bericht und der Gesetzentwurf zeigen, dass die Landesregierung diese aktuell notwendigen Aufgaben angepackt hat, mit denen wir für unsere Bürgerinnen und Bürger einen zukunftsfähigen Rundfunk sichern wollen. Das kann natürlich kein Land allein erreichen. Die Länder sind gezwungen zusammenzuarbeiten, um das Rundfunkrecht fortzuentwickeln und technische Entwicklungen voranzubringen. Der Dialog mit den betroffenen Fachkreisen im Vorfeld war sehr erfolgreich. Die Zusammenarbeit der Länder hat gut, im Bereich von DVB-T sehr gut, funktioniert.

Der Sechste Rundfunkänderungsstaatsvertrag enthält Neuregelungen zum Medienkonzentrationsrecht für das bundesweite private Fernsehen, wodurch wir

(Ministerpräsidentin Heide Simonis)

die Vielfaltsicherung stärken wollen. Mit der Festsetzung der zulässigen Höhe des Zuschaueranteils der Programmfamilien auf 25 % kommen die Länder einer Forderung Schleswig-Holsteins aus dem Jahr 1996 nach. Wenn ich mich richtig erinnere, ist das damals von der rechten Seite des Hauses mehr spöttisch als ernsthaft aufgenommen worden.

(Widerspruch des Abgeordneten Klaus Schlie [CDU])

Das Gleiche, nämlich eine Stärkung, gilt für die Regionalprogramme. Die Regionalfenster und die Sendezeiten für unabhängige Dritte, die in einem Programm die inhaltliche Vielfalt fördern, sollen künftig bei Konzentrationsprüfungen positiv bewertet und berücksichtigt werden. Gerade solche Unternehmen, die Regionalfenster produzieren, begrüßen diese Neuregelung ausdrücklich.

Der Staatsvertrag betrifft auch den öffentlichrechtlichen Rundfunk. ZDF, ARD und NDR sollen den Landesparlamenten alle vier Jahre zusätzliche Berichte abgeben. Das ist ein Wunsch, den auch der Schleswig-Holsteinische Landtag formuliert hatte. Diese Berichte werden die Berichterstattung der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs ergänzen. Sie werden vor allem darstellen, welche strukturellen Entwicklungen die Anstalten planen und wie ihr Beteiligungsengagement aussieht. Auf dieser Grundlage werden dem Landtag bessere Informationen zur Verfügung gestellt, um zum Beispiel Entscheidungen über die Rundfunkgebühr genauer und sicherer treffen zu können.

Der Sechste Rundfunkstaatsvertrag und eine damit verbundene Änderung des Landesrundfunkgesetzes beinhalten außerdem Neuregelungen, welche die Einführung des digitalen terrestrischen Fernsehens betreffen. Wir wollen den öffentlich-rechtlichen und privaten Fernsehveranstaltern die Möglichkeit geben, die analoge terrestrische Verbreitung schrittweise einzustellen. Voraussetzung für diese Abschaltung ist jedoch, dass die Zuschauer die Programme auf andere Weise, also über Kabel, über Satellit und DVB-T, zu angemessenen Bedingungen und Kosten empfangen können. Es kommt also auf eine sorgfältige Abwägung mit den Interessen der Verbraucher an. Bundesweit haben die Länder festgelegt, dass diese Aufgabe in die Verantwortung der Fernsehveranstalter selbst fällt.

Die Landesregierung unterstützt die Digitalisierung des terrestrischen Fernsehempfangs aus medien- und industriepolitischen Gründen. Dies kommt im Landtagsbericht deutlich zum Ausdruck. Ich erhoffe mir einen neuen modernen Übertragungsweg, der sich zu einer wettbewerbsfähigen Alternative zum Kabel entwickeln könnte. Die Entwicklung beim Kabel, die der

Landtag im letzten Jahr behandelt hat, bereitet uns nach wie vor Sorge. Noch ist ungewiss, welche Preissteigerung die neuen Besitzer veranlassen werden, und noch ist nicht sicher, wer die neuen Besitzer überhaupt sein werden. Deshalb ist DVB-T eine Chance, die wir begrüßen. Sie bietet uns als Verbraucher nämlich eine neue Wahlmöglichkeit für den Fernsehempfang ohne „Gate-Keeper“.

Meine Damen und Herren, kommt DVB-T schnell, bald oder erst in ferner Zukunft? Diese Frage beschäftigt uns in der gesamten Einführungsdiskussion und hat natürlich auch Auswirkungen auf die Frage der Rentabilität von Investitionen. Berlin macht noch in diesem Jahr den Anfang. Aus den dortigen Einstiegserfahrungen wollen wir gemeinsam lernen. Für den Einstieg in Schleswig-Holstein erscheint der Raum Kiel/Schleswig besonders geeignet. Voraussetzung für das Gelingen ist, dass die beteiligten Unternehmen und Fernsehveranstalter ein attraktives und preisgünstiges Produkt entwickeln. Die Verbraucherinnen und Verbraucher müssen erkennen, was für sie der Mehrwert ist, wenn sie ein solches neues Verfahren einführen. Kauft sich zum Beispiel ein Zuschauer ein neues Gerät, muss er für die Empfangstechnik keine zusätzlichen laufenden Kosten aufbringen. Das ist beim Kabelempfang anders. Die Geräte kosten jedoch zurzeit noch 250 €. Wenn aber die Absatzzahlen steigen, dürfte mit deutlichen Preissenkungen zu rechnen sein.

Was sind nun die Vorteile für uns als Verbraucher? Ohne großen Aufwand können mehr Programme empfangen werden, und zwar möglicherweise bis zu 24. Damit ist der Abend gesichert, wenn man zu Hause ist. Zusätzlich sind interaktive Multimediadienste enthalten, also abrufbare Informationsdienste, die in unserer Zeit des Informations- und Kommunikationszeitalters durchaus erwünscht sind. Das Angebot wird regionale Programme enthalten können und ist damit ein Anreiz für Anbieter auf der regionalen Ebene.

Es gibt eine weitere Attraktion: den portablen und mobilen Überallempfang! Jetzt müssen die Unternehmen dem Zuschauer DVB-T als echte Alternative zu Satellit und Kabel herausstellen, damit er aus Bekanntem aus- und in Neues einsteigt. Die Fernsehveranstalter, die Sendenetzbetreiber und die Geräteindustrie sehen sich also durch uns ermuntert, sich auf eine gemeinsame Strategie der Markteinführung zu einigen.

Die regulatorischen administrativen Rahmenbedingungen sind von der Politik geschaffen. Das rechtliche Instrumentarium ist komplett. Der Bund hat die notwendigen Regelungen im Telekommunikationsrecht getroffen. Er hat auf Drängen der Länder vor wenigen Wochen außerdem die Gebührensätze für Frequenzzuteilungen gesenkt.

(Ministerpräsidentin Heide Simonis)

Die Regulierungsbehörde des Bundes hat die Frequenzplanung national und international eingeleitet. Das Verfahren des Bundes für die Vergabe von Frequenzen an die Netzbetreiber ist mit den Ländern abgestimmt.

Die norddeutschen Länder arbeiten gemeinsam mit den Betroffenen und den Landesmedienanstalten an der Gestaltung der Netzstrukturen mit. Grundlage dafür ist das Telekommunikationsrecht. Die Netzstruktur muss selbstverständlich - das erwarten wir - ein regionales Programmangebot ermöglichen.

Sobald die Frequenzplanungen abgeschlossen sind, werden wir dem Landtag einen Vorschlag für die Verteilung der Übertragungskapazitäten unterbreiten. Dabei sollen öffentlich-rechtliches und privates Fernsehen durchaus gleichberechtigt berücksichtigt werden. Für den privaten Rundfunk wird dann die Unabhängige Landesanstalt für den Rundfunk Zulassungsverfahren nach dem Landesrundfunkgesetz eröffnen. Die ULR wird dabei die Bedingungen für SchleswigHolstein öffentlich ausschreiben. Dies soll - so jedenfalls unsere Hoffnung - schon im Laufe des nächsten Jahres möglich sein. Auf diese Weise kann die ULR den Rahmen für ein vielfältiges Angebot von Programmen und Mediendiensten festlegen, um damit auch die Chancen für regionale Unternehmen zu sichern.