Protokoll der Sitzung vom 21.02.2002

Wenn eine Anteilsveräußerung zu erwarten ist, dann gehen wir davon aus, dass dieses unabhängige Wertgutachten in Auftrag gegeben wird. Nicht vorher und nicht später. Dann gehen wir weiterhin davon aus, dass ein etwaiger Übererlös an das Land fließen wird.

Also, meine Damen und Herren, Geduld! Manchmal liegt auch in der Geduld die Kraft.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD - Wortmel- dung des Abgeordneten Günther Hildebrand [FDP] - Glocke des Präsidenten)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Herr Kollege Neugebauer, ich habe eine Frage: Wenn dieses Gutachten vielleicht in 20 oder 30 Jahren vorliegt und sich die beiden Parteien, das Land Schleswig-Holstein und der Sparkassenund Giroverband, nicht auf eine Summe einigen können: Wie sehen Sie dann eine mögliche Einigung?

Die Frage stellt sich nicht - ob in 20 Jahren oder in drei Jahren. Generell muss natürlich eine Wertermittlung vorgenommen werden.

(Vizepräsidentin Dr. Gabriele Kötschau übernimmt den Vorsitz)

Bei der Provinzial handelt es sich ja - wie Sie wissen - um eine Anstalt des öffentlichen Rechts, die bilanziert hat. Jetzt bilanziert sie auch und insofern denke ich, dass es keine Probleme für einen unabhängigen Gutachter geben wird, den reellen Wert - dann auch zum Zeitpunkt der Veräußerung der Anteile vom Land an den Sparkassen- und Giroverband - zu ermitteln.

(Unruhe)

Die Diskussion kann nachher an anderer Stelle fortgesetzt werden. - Jetzt erteile ich der Frau Abgeordneten Schmitz-Hübsch das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Geschichte der Privatisierung der Provinzial droht im Landtag zur unendlichen Geschichte zu werden. Heute bearbeiten wir dieses Thema zum x-ten Mal. Die Opposition hat bei der Privatisierung 1995 vor handwerklichen Fehlern gewarnt, doch wurde ihr nicht geglaubt. So ganz nebenbei gesagt: Es bekommt auch einer Firma nicht, wenn sie immer wieder in öffentlicher Debatte im Landtag behandelt werden muss.

Ich bedanke mich bei der FDP dafür, dass sie hier nachfragt, was aus der letzten Debatte im Mai 2001 geworden ist. Immerhin hat der Landtag - es wurde schon gesagt - der Regierung einen einstimmigen Auftrag erteilt. Das ist wirklich selten und das muss unbedingt noch einmal betont werden. Was ist danach geschehen? Hat die Landesregierung den Auftrag des Parlaments umgesetzt?

Wir haben nun eben von Herrn Minister Rohwer gehört, dass die Regierung mitnichten diesem Auftrag des Landtages nachgekommen ist.

(Günter Neugebauer [SPD]: Es ist doch noch gar nicht verkauft worden!)

Ich stelle fest, Herr Neugebauer: Wir haben es erneut mit einem Fall der Missachtung des Parlaments zu tun.

(Beifall bei CDU und FDP - Günter Neuge- bauer [SPD]: Das stimmt doch einfach nicht!)

Nach dem Motto: Was die Legislative beschließt, muss die Exekutive nur bedingt interessieren, verbindlich ist es schon gar nicht! Wenn Sie sich jetzt hier herausreden, wir hätten in dem Beschluss keinen Termin genannt und es sei noch nicht verkauft worden, frage ich Sie, Herr Minister Rohwer, und auch Sie, Herr Neugebauer, wozu wir im Mai des vergangenen Jahres fraktionsübergreifend diese Sache überhaupt beschlossen haben, das Wertgutachten beschlossen haben.

(Beifall bei CDU und FDP)

Das hätten wir uns dann ja schenken können.

Zweiter Punkt! Minister Rohwer hat die Kritik ja schon geahnt und ist insofern bereits darauf eingegangen. Wir stellen erneut einen schlampigen Umgang des Landes mit Landesvermögen fest. Die ProvinzialVersicherungsgruppe war einmal neben der Landes

(Brita Schmitz-Hübsch)

bank das wertvollste Schmuckstück in der Schatulle des Finanzministers, sozusagen ein mehrkarätiger Brillant. Aus unerfindlichen Gründen wurde die Provinzialgruppe 1995 zu Niedrigpreisen verschleudert. Alle Warnungen des Landesrechnungshofes und beider Oppositionsparteien wurden in den Wind geschlagen. Unsere Forderungen nach einem Vorziehen der Umwandlung in Aktiengesellschaften vor dem Verkauf, unsere Hinweise auf die Unzulänglichkeiten des Nachbesserungsparagraphen verhallten ungehört.

Heute stellen wir fest, in der Landesregierung, im ganzen Land gibt es großes Jammern und Zähneklappern wegen der an allen Ecken und Kanten fehlenden Finanzmittel.

(Zurufe von CDU und FDP: So ist es! Ja- wohl!)

Deshalb, Herr Minister, kann es sich das Land doch nicht mehr leisten, auch nur den kleinsten Cent zu verschleudern. Da die Regierung offensichtlich schläft, ist die Opposition besonders gefordert. Wenn die Regierung zum Jagen getragen werden muss und sich nicht um das Vermögen kümmert, das uns gehört, muss es die Opposition tun und daran erinnern.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Sehr gut!)

Auch ich habe die Debatte vom 11. Mai 2001 noch einmal nachgelesen. Ich habe mir noch etwas andere Zitate herausgesucht, als es Herr Kollege Kubicki getan hat.

Sie haben gesagt, Herr Minister Rohwer:

„Ein ganz normales Wertgutachten wird durchgeführt. Herr Garg, ich sehe da kein Problem.“

Und wenig später sagten Sie in dem Text:

Es gibt auch keine rechtlichen Probleme. Es gibt im Moment nur ein Problem, nämlich ein vernünftiges Wertgutachten zu erstellen und das Ergebnis umzusetzen. Das ist kein Problem, sondern das ist Technik, die man in vielen anderen Bereichen auch anwendet.“

Herr Minister, wenn es so einfach ist, ein Wertgutachten in Auftrag zu geben: Warum haben Sie das denn nicht getan? Warum haben Sie damals nicht gesagt: „Ich tue das aber erst, wenn der Verkauf wirklich ansteht“? Diese Einschränkung haben Sie damals nicht gemacht.

(Klaus Schlie [CDU]: Verschleiern und ver- nebeln!)

Ober beherrschen Sie die Technik nicht? Das wäre natürlich noch schlimmer. Das wäre wirklich traurig,

wenn Ihnen nach dem Verlust des Wirtschaftswachstums in diesem Land jetzt auch noch die Technik abhanden gekommen wäre.

(Beifall bei CDU und FDP)

Jetzt noch ein kurzes Wort zu den angeblichen Rechten der Altversicherten! Herr Neugebauer, das lasse ich nun wirklich nicht gelten: Ich nehme einmal mich als Beispiel. Ich bin glückliche Besitzerin von zwei Versicherungsverträgen bei der Provinzial, die ich natürlich bezahlen muss, und möchte nun meine angeblichen Anteilsrechte zu Geld machen. Wenn ich ganz viel Zeit hätte, würde ich einmal einen Musterprozess anstrengen, um zu gucken, ob ich tatsächlich bei einer Veräußerung von Anteilen noch Geld auf meine beiden Verträge bekäme. Das Geld käme mir gut zupass, aber das widerspricht doch jeglichem normalen Menschenverstand.

Natürlich wird niemand klagen. Minister Rohwer, ich fordere Sie auch noch einmal auf, geldwerte Forderungen des Landes auch wirklich in verwertbaren Werten hereinzuholen. Wenn bei der Provinzial nur der Austausch von Anteilen mit anderen Gesellschaften geplant ist, was ja offensichtlich gedacht ist, damit der Übererlös nicht zustande kommt oder nicht ermittelt werden kann, dann darf sich das Land nicht damit zufrieden geben, sondern muss auch auf Ausgleich in Geld oder die Übertragung von dividendenberechtigten Anteilen bestehen.

Ich komme zum Schluss und frage die Landesregierung noch einmal: Haben Sie zu viel Geld, dass Sie sich um solche Dinge nicht kümmern müssen? Hat dieses Land auch nur einen Cent zu verschenken? Herr Minister Rohwer, ich fordere Sie auf, in die Hufen zu kommen.

(Beifall bei CDU und FDP und der Abgeord- neten Anke Spoorendonk [SSW])

Auf der Tribüne begrüße ich jetzt die Besuchergruppe der Timm-Kröger-Realschule Kiel.

(Beifall)

Das Wort hat jetzt Frau Abgeordnete Heinold.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Vier Sätze von meiner Seite zu der Debatte! Erstens. 1995 waren wir noch nicht im Landtag und können den

(Monika Heinold)

damaligen Verkauf, die Umwandlung daher nur historisch bewerten.

(Günther Hildebrand [FDP]: Das waren noch Zeiten!)

Zweitens. Den Antrag 2001 habe ich mit unterzeichnet, weil wir uns einig waren, dass es ein Wertgutachten geben sollte. Ich bin damals davon ausgegangen, dass dieses Wertgutachten vom Ministerium anschließend vergeben wird,

(Beifall der Abgeordneten Brita Schmitz- Hübsch [CDU])

nehme aber heute die Argumente des Ministers noch einmal mit in die Fraktionsberatungen.

(Brita Schmitz-Hübsch [CDU]: Er hat aber nichts gesagt!)