Protokoll der Sitzung vom 22.02.2002

Jahrelange Querelen auf kommunaler Ebene zwischen unterschiedlichen Verbänden und fehlende Begleitung durch die Landesregierung haben die Wettbewerbsfähigkeit des Reiseziels Schleswig-Holstein sicherlich nicht gestärkt. Auch die Anbindung der Tourismuspolitik an das Landwirtschaftsministerium war vielleicht keine so sehr glückliche Entscheidung.

(Heinz Maurus [CDU]: Mit Sicherheit!)

Immerhin stellt Frau Ministerin Franzen selbst fest, dass es das primäre Ziel der Tourismuspolitik ist, den Tourismus als Wirtschaftsfaktor zu stärken. Heute hat sie zu Recht von dem Großunternehmen oder der Industrie Tourismus gesprochen. Wir haben es immer gefordert und fordern es heute von dieser Stelle noch einmal: Wir wollen den Tourismus zurück im Wirtschaftsministerium haben.

(Beifall bei FDP und CDU)

Wir wollen damit selbstverständlich das Thema Tourismus auch wieder im Wirtschaftsausschuss behandeln, wo dieses Thema - ich glaube, nach Auffassung vieler in diesem Haus - hingehört.

(Beifall bei FDP und CDU)

Diese Erkenntnis hat uns als Antragsteller bewogen, das Thema Tourismus interfraktionell aufzugreifen, um die Tourismuspolitik aus ihrem Dornröschenschlaf zu erwecken. Einen offiziellen Unterausschuss Tourismus konnten wir zwar nicht durchsetzen, aber das Grundrecht auf Vereinigungsfreiheit gibt uns die Möglichkeit, auch ohne diesen formalen Akt zusammenzuarbeiten.

(Beifall der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN], Rainder Steenblock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Lars Harms [SSW])

Wir haben eben gehört: Alles Visionäre! Die Zusammenarbeit wird dann ja wohl klappen.

(Hermann Benker [SPD]: Das wollen wir auch!)

Der neue Anlauf der Tourismuspolitik mit der TASH schürt Hoffnungen und Erwartungen bei allen Beteiligten. Wir wollen helfen,

(Lothar Hay [SPD]: Sehr gut!)

diese Hoffnungen und Erwartungen in positive Ergebnisse zu verwandeln. Wir können nur helfen, denn die Attraktivität des Tourismusangebots wird in erster Linie von den touristischen Anbietern bestimmt. Auch da sind wir uns einig. Sie entscheiden über die relative Attraktivität des Reiseziels Schleswig-Holstein. Das Erreichen nahezu aller Leitziele der neuen Konzeption hängt hauptsächlich von den Leistungen der Tourismuswirtschaft ab. Das sollten wir bei allen Initiativen stets bedenken.

Es ist noch viel Arbeit nötig, um die relative Attraktivität des Reiseziels Schleswig-Holstein wieder zu erhöhen. Packen wir unseren Teil dieser Arbeit an, indem wir als Erstes die neue Tourismuskonzeption durcharbeiten und dann selbstverständlich sinnvoll konkretisieren. Nach den etwas lautstarken Auseinandersetzungen hier heute Morgen, die mich überrascht haben,

(Hermann Benker [SPD]: Mich auch!)

finden wir in dieser informellen Arbeitsgruppe wieder gemeinsam dazu zurück, dieses Ziel zu verfolgen.

(Beifall im ganzen Haus)

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Steenblock.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin der Kollegin Aschmoneit-Lücke sehr dankbar, dass sie darauf hingewiesen hat, dass wir im Gegensatz zum bisherigen Verlauf der Debatte unter den Tourismuspolitikern aller Fraktionen ein positives Arbeitsklima und mittlerweile auch eine stringente Diskussion entwickelt haben.

(Renate Gröpel [SPD]: So ist das!)

Deshalb war es vielleicht nicht so ganz der richtige Zungenschlag, als Sie heute mit dieser Schärfe versucht haben, eine Konfrontation hineinzubringen.

(Vereinzelter Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD - Vizepräsident Thomas Stritzl übernimmt den Vorsitz)

Ich glaube, dass wir in der Sache sehr viel näher beieinander sind. Das sollten wir im Interesse dieses für unser Land sehr wichtigen Wirtschaftszweiges auch sein.

Ohne unser Verhältnis zu beschädigen, das inhaltlich sehr konstruktiv ist, darf ich Folgendes sagen. Lieber Kollege Arp, mir ist in Ihrer Rede aufgefallen, dass dahinter ein ausgesprochen staatsfixierter Ansatz von Tourismuspolitik stand. Diese Staatsfixiertheit, die

(Rainder Steenblock)

ses Glauben, dass man ökonomische Probleme lediglich durch Subventionen des Staates und immer neue Auflagen oder Bevorteilungen durch den Staat regeln kann, geht zumindest am grünen Verständnis vom Verhältnis zwischen Wirtschaft und Politik vorbei.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD - Günther Hildebrand [FDP]: Das war nur der eine Teil seiner Rede!)

- Das weiß ich wohl. In dem anderen Teil der Rede, die wir gern nachlesen, stehen sicherlich die ganzen positiven Sachen drin. Ich freue mich schon darauf, das nachzulesen.

Die organisatorische Struktur hat uns in den letzten Jahren behindert. Es war nicht die Politik der Landesregierung, sondern es gab Querelen auf einer anderen Ebene der Tourismusorganisation hier im Land, die es ausgesprochen schwer gemacht haben, neue Konzeptionen zu entwickeln. Wir befinden uns mittlerweile auf einem ausgesprochen guten Weg. Die Einrichtung der TASH hat sich - jedenfalls aus meiner Sicht heraus - sehr bewährt. Ich bin Herrn Dellnitz, der sich mit großen Engagement in diese Arbeit hineingekniet hat und der das Profil des Tourismus in SchleswigHolstein schon ein ganzes Stück vorangebracht hat, für seine Arbeit sehr dankbar. So können wir weitermachen.

(Beifall bei SPD und CDU)

Schleswig-Holstein hat hervorragende Voraussetzungen. Da bin ich einer Meinung mit dem Kollegen Arp. Auch bezüglich der Zielsetzungen bin ich einer Meinung mit ihm. Daran sollten auch Querschüsse wie die Hinweise auf den Transrapid und die Elbquerung nichts ändern. Als ob das die Voraussetzung für den Tourismus in Schleswig-Holstein wäre!

(Brita Schmitz-Hübsch [CDU]: Aber natür- lich!)

Überlegen Sie sich einmal, was in Norddeutschland mit Tourismus assoziiert wird. Das geht von Usedom über Rügen über Sylt über Borkum bis hin nach Norderney. Es sind nicht Autobahnabfahrten, sondern Regionen, die häufig auch aufgrund der Ferne zu solchen Infrastrukturen von den Touristen gewollt werden - zum Beispiel Amrum. Wir werden mit neuen Verkehrsinfrastrukturen nicht den Tourismus fortentwikkeln können.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Wer das glaubt, weiß nicht, wovon er redet.

Ich werde mit dem Kollegen Lars Harms gern eine Initiative zum Transrapid starten. Ich habe während der gestrigen Debatte wirklich vermisst, dass die For

derung der Fortführung von Groningen nach Husum nicht diskutiert worden ist. Das halte ich für vernünftig, um die Friesen endlich wieder mit einem Verkehrsmittel von Westfriesland über Ostfriesland nach Nordfriesland zu verbinden.

(Zurufe von CDU und FDP)

- Wir nennen das dann den Upstalsboom-Transrapid. Das hätte völkerverbindende Wirkung. Das würde die Politik in diesem Land vielleicht fördern.

(Günter Neugebauer [SPD]: Bis nach Grön- land!)

Helgoland ist ein ausgezeichnetes Beispiel dafür, wie sich Tourismuspolitik positiv entwickeln kann: weg von dem massentouristischen Fuselfelsen hin zum Gesundheitstourismus! Mit dieser Konzeption hat Helgoland ausgesprochen Erfolg gehabt. Diese Art von Tourismus in unserem Land, auf die Schönheiten der Region hinzuweisen, ist richtig. Wir können mit unseren Naturschönheiten den Leuten in allen Bereichen hervorragenden Tourismus bieten.

(Beifall der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Ursula Kähler [SPD])

Es gibt Defizite, die wir aufarbeiten müssen. Der Kollege Arp hat auf einige hingewiesen. Wir brauchen neue Konzeptionen dafür, wie man zum Beispiel in Schleswig-Holstein Kultur und Tourismus miteinander verbindet. Wir haben vieles, was nebeneinander herläuft. Die Potenziale dieses Landes sind nicht ausgeschöpft. Der Bericht, die Konzeption, die die Ministerin vorgelegt hat, zeigen aus meiner Sicht einen hervorragenden Rahmen auf, der konkretisiert werden muss, der Schwerpunkte ausweisen muss, der Zielsetzungen zuspitzen muss. Das muss in diesem Prozess geleistet werden. Dann können wir mit etwas besserem Gewissen als in der Vergangenheit sehen, dass wir tourismuspolitisch in diesem wirtschaftlich sehr zentralen Politikfeld für Schleswig-Holstein neue Erfolge feiern.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Für den SSW erhält Herr Abgeordneter Lars Harms das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Tourismuskonzeption von 1990 und deren Fortschreibung von 1995 haben in der Tat, wie in der neuen Tourismuskonzeption beschrieben, zu erhebli

(Lars Harms)

chen positiven Auswirkungen in der Tourismuswirtschaft geführt. Hätte hier nicht seinerzeit das Land eine Vorreiterrolle übernommen, würde es immer noch schlecht um die Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten im Tourismus stehen. Über örtliche und überregionale Informations- und Reservierungssysteme brauchten wir dann heute nicht zu reden, weil es sie in dieser Form bei uns nicht geben würde.

Wir hoffen natürlich, dass auch die neue Tourismuskonzeption, die uns im Entwurf vorliegt, genauso bahnbrechend sein wird. Daher freut es mich umso mehr, dass sich alle Parteien im Landtag einig sind das sah eben nicht so aus, aber wir sind es tatsächlich -, dass die Tourismuskonzeption hier im Hause behandelt werden muss und sie somit einen entsprechend hohen Stellenwert hat. Trotz der Erfolge, die es auf einzelnen Gebieten zweifelsohne gegeben hat, war auffällig, dass es dem Tourismus in Schleswig-Holstein bis heute nicht so recht gelang, die Akteure in diesem Bereich unter einen Hut zu bekommen. Insbesondere zwischen dem Tourismusverband auf Landesebene und den Regionalverbänden kam es immer wieder zu Spannungen und Irritationen. Alle waren sich einig über das Ziel, aber wenn es um die Umsetzung ging, spielten doch immer wieder regionale und verbandspolitische Egoismen eine tragende Rolle.

Die Tourismuskonzeption geht nun auf einer Seite auf diese Problematik ein und verweist öfter auf ungeklärte Fragen als auf fest konzipierte Lösungsansätze. Damit ich nicht missverstanden werde: Dies ist keine Kritik, sondern eine Feststellung. Es ist mir klar, dass die Akteure im Tourismus schwer zu zivilisieren sind und die Zusammenarbeit in der Vergangenheit nicht zu ihren Stärken zählte.

Aber gerade deshalb ist es wichtig, dass in der endgültig festgeschriebenen Tourismuskonzeption Aussagen enthalten sind, wie die zukünftige Zusammenarbeit konkret aussehen soll. Hierbei ist natürlich auch wichtig, welche Institutionen bisher Stellung genommen haben und was diese Institutionen für die Zukunft vorschlagen. Aus diesen Stellungnahmen heraus wird man dann die Handlungsfelder zwischen den beteiligten Akteuren besser abgrenzen können. Zudem sind dort sicherlich auch Äußerungen zu den Einschätzungen der Landesregierung zur Marktsituation zu erwarten. Erst wenn wir diese Datenbasis haben, können wir zu Strategien kommen, die von allen getragen werden. In diese Richtung zielt auch unser gemeinsamer Antrag.