Protokoll der Sitzung vom 22.02.2002

Die erste Wortmeldung liegt von der antragstellenden Fraktion vor. Ich erteile Herrn Abgeordneten Dr. Heiner Garg das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Herr Minister Möller! Herzlichen Dank für den Bericht, den Sie hier abgegeben haben. Ich bin zwar der Meinung, dafür hätten Sie nicht 15 Minuten, auch keine fünf, sondern allenfalls eine halbe Minute gebraucht.

(Beifall bei FDP und CDU)

Was Sie hier zum Besten gegeben haben, finde ich mit „peinlich“ noch sehr freundlich formuliert. Sie haben nämlich schlicht und ergreifend um den heißen Brei herumgeredet.

Aber Sie haben auch zwei oder drei ganz interessante Dinge angesprochen, auf die ich eingehen möchte.

(Dr. Heiner Garg)

Erstens haben Sie sich darüber beklagt, dass die Länder nicht an den Erlösen aus dem Verkauf der UMTSLizenzen beteiligt seien. Wunderbar! Ich kann mich daran erinnern, dass die FDP-Fraktion, namentlich Herr Dr. Klug, einen entsprechenden Antrag in den Landtag eingebracht hat, der mit den Stimmen von Rot-Grün abgelehnt wurde. Also sollten Sie vielleicht das Gejammere lassen.

(Beifall bei FDP und CDU)

Zweitens. Herr Minister Möller, Sie haben zu Recht, wie ich meine, sehr nachdrücklich vor einer Lastenverschiebung von oben nach unten gewarnt. Ja, ganz wunderbar. Dann frage ich mich nur, warum wir eigentlich in diesem Haus eine Diskussion darüber führen, dass Sie den Kommunen ständig in die Tasche greifen,

(Beifall bei FDP und CDU)

dass Sie die Kommunen mit immer neuen Aufgaben überziehen, aber nicht sagen, wie sie sie bezahlen sollen. Wer hier solche Sprüche klopft, der sollte sich zuerst einmal an die eigene Nase fassen.

(Beifall bei FDP und CDU)

Und, sehr geehrter Herr Finanzminister, Sie haben zu Recht darauf hingewiesen, dass es die Regierung Kohl/Waigel war, im Übrigen vor allem der Finanzminister Theodor Waigel, die sich nicht nur für die Einführung der Maastricht-Kriterien, sondern auch für deren Strenge und für deren Einhaltung stark gemacht hat.

(Beifall bei der FDP)

Es war die Regierung Schröder - und wie heißt der Finanzminister? Eichel -, die zum ersten Mal knapp davor war, genau diese Kriterien nicht einzuhalten.

(Beifall bei FDP und CDU)

Weil wir zurzeit im Fernsehen von der Olympiade in Salt Lake City jeden Abend gute Gewinner und gute Verlierer präsentiert bekommen: Ich finde, es sind schlechte Verlierer, die so beleidigt sind, vom Hans im Glück zur beleidigten Leberwurst, dass sie, wenn sie die Spielregeln nicht mehr einhalten können, sich einfach selber neue Spielregeln machen wollen.

(Beifall bei FDP und CDU)

Herr Finanzminister, auch Ihr Rührstück zur mittelfristigen Finanzplanung hat mich zutiefst beeindruckt. Wer selber diesem Haus seit Regierungsantritt im Übrigen, also seit 1988, mittelfristige Finanzplanungen vorlegt, die über den Gehalt eines Märchenbuches nicht hinauskommen, der sollte vielleicht auch da etwas zaghafter, etwas vorsichtiger sein.

(Beifall bei der FDP)

Wenn Sie sich die Mühe machen und das geometrische Mittel der realen Wachstumsraten des Landes Schleswig-Holstein von 1991 bis 2001 einmal ausrechnen, kommen Sie auf einen exakten Wert von 0,92. Ich hätte eigentlich von Ihnen erwartet, dass Sie zumindest diese Frage heute hier im Rahmen Ihres 15-minütigen Berichtes beantworten, wieso Sie denn davon ausgehen, dass sich bei einem Zehnjahresdurchschnitt, der bei 0,92 liegt, in den nächsten drei Jahren auf einmal das Wachstum mehr als verdoppelt und wir zu einem realen Wachstum in diesem Land von über 2,25 % kommen sollen,

(Beifall bei der FDP)

damit überhaupt irgendetwas von dem eintritt, was Finanzminister Eichel im Rat der europäischen Finanzminister versprochen hat.

Ich ziehe also - und dazu brauche ich noch nicht einmal fünf Minuten - das Fazit Ihres heutigen Vortrages: Sie haben keine einzige konkrete Aussage darüber gemacht, wie der Bund gedenkt, dieses voluminös abgegebene Versprechen einzuhalten. Sie haben nicht einen einzigen Ton darüber gesagt, was Sie als Finanzminister dieses Landes dazu beitragen wollen. Ganz im Gegenteil, Sie haben sich hingestellt und gesagt: Ich warte einmal, was da der Bund vorschlägt. Sie haben außerdem, um die Reformnotwendigkeit im Rahmen der parafiskalischen Sozialversicherungssysteme noch einmal vehement zu bekräftigen, auch hier keinen einzigen Vorschlag gemacht.

Da befinden Sie sich allerdings in bester Gesellschaft mit Ihrer Landtagsfraktion; die verweigert sich nämlich auch jeder Reformdiskussion auf diesem Gebiet. Ich schenke Ihnen jetzt 15 Sekunden, Herr Minister.

(Beifall bei FDP und CDU)

Dann darf ich jetzt für die Fraktion der SPD Herrn Abgeordneten Günter Neugebauer das Wort erteilen.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich wünsche Herrn Kubicki von dieser Stelle aus baldige Genesung;

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

denn wenn wir schon um eine solche Debatte nicht herumkommen, hätten wir doch lieber die erste Wahl und nicht den Ersatzspieler, Herrn Dr. Garg, gehört.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

(Günter Neugebauer)

Im Gegensatz zur FDP unterstützen wir im Übrigen die Absicht von Finanzminister Eichel, den Kurs der Haushaltskonsolidierung, den er 1998 nach dem Regierungswechsel eingeschlagen hat, fortzusetzen. Ich füge aber hinzu: Die in Brüssel gegebene Zusage, den Gesamthaushalt des Staates bis zum Jahre 2004 nahezu ohne neue Schulden zu finanzieren, ist ehrgeizig, mutig, aber - ich vermute - nicht realisierbar. Natürlich gehören in Schleswig-Holstein alle Subventionen und Ausgaben auf den Prüfstand,

(Zuruf von der CDU: Schon seit zehn Jah- ren!)

wie auch die Verschlankung der öffentlichen Verwaltung auf den Prüfstand gehört.

(Zuruf von der FDP: Wir warten!)

Kaputtsparen ist für Sozialdemokraten kein Leitmotiv,

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

auch deshalb nicht, weil wir den sich abzeichnenden wirtschaftlichen Aufschwung nicht gefährden wollen; denn wie der Finanzminister zu Recht gesagt hat: Wenn wir die Steuereinnahmen wieder erhöhen wollen, brauchen wir mehr wirtschaftliches Wachstum.

Wir in Schleswig-Holstein haben in den letzten Jahren bewiesen, dass Sparen mit Augenmaß möglich ist,

(Lachen bei FDP und CDU)

dass aber nicht unbegrenzt gespart werden kann. Natürlich legen wir Wert darauf, dass der Bund seine Sparanstrengungen nicht zulasten von Ländern und Kommunen finanziert.

(Martin Kayenburg [CDU]: Das macht er doch!)

Wir fordern - und da unterstützen wir den Finanzminister - Reformen auf allen Ebenen, das heißt, auch wir fordern die Neuordnung der Finanzbeziehungen zwischen Bund, Ländern und Gemeinden. Insbesondere, was die Finanzausstattung der Kommunen angeht, die durch den Niedergang der Gewerbesteuer im letzten Jahr in besonderer Weise betroffen gewesen sind, fordern wir eine Überprüfung.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Johann Wade- phul [CDU])

- Wenn ich Ihre Zwischenrufe, Herr Wadephul, höre, muss ich schon sagen: Sie sollten da schweigen. Bei dieser Diskussion sind Sie von der CDU doch die falschen Ratgeber. Im Land haben Sie - das haben wir zuletzt bei den Haushaltsberatungen erlebt - jede konkrete Einsparung verweigert.

(Zurufe von der CDU)

Im Bund haben Sie Finanzminister Eichel die gigantische Schuldensumme von 1.500 Milliarden DM hinterlassen. Eichel könnte in Brüssel die Spendierhose anziehen, müsste er nicht diese Schulden abtragen und jährlich eine Zinslast von mehr als 40 Milliarden Euro finanzieren.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nun sagen Sie uns doch heute an dieser Stelle: Wollen Sie nun die Steuerreform 2004 zulasten weiterer Schulden, wie es Ihr Bundeskanzlerkandidat angekündigt hat, vorziehen oder nicht? Sie machen ständig neue Wahlversprechungen zur Bundestagswahl. Aber wenn Sie die Versprechungen finanzieren wollen, brauchen Sie einen Goldesel, wenn Sie nicht eine weitere Verschuldung verursachen wollen.

(Dr. Johann Wadephul [CDU]: Sie brechen Ihre Versprechen sowieso!)