Allein im Bund ist die Situation etwas anders; denn wir leben in einem föderalen System. Der Bundesrichterwahlausschuss, der auch das System der demokratischen Anbindung an das Parlament garantiert, muss im föderalen System die Anbindung an die Län
der gewährleisten. Das geht nach dem geltenden Recht über die Exekutive, die Landesregierung, bei der Frage der Richter also über die Justizministerin. Insofern bin ich daran gebunden.
Das hohe Haus regt an, das Grundgesetz dahin gehend zu ändern, dass das Grundgesetz vorsieht, dass auch Anwälte in den Bundesrichterwahlausschuss aufgenommen werden. Das kann bei der jetzigen Gesetzeslage der Bundestag durchaus eigenständig tun. Denn der Bundestag bestimmt die Mitglieder, die aus seiner Sicht in den Richterwahlausschuss gewählt werden sollen. Das muss nicht notwendigerweise ein Abgeordneter sein. Insofern ist es eine Frage der politischen Debatte, wie die Zusammensetzung von Seiten des Bundestages gestaltet ist.
Bei der Ausschreibung gestatten Sie mir den Hinweis und das, was Irene Fröhlich gerade gesagt hat, aufzunehmen: Es ist das Problem der Garantie der föderalen Vielfalt.
Wenn wir eine reine Ausschreibung praktizieren, ist nicht gewährleistet, dass Schleswig-Holstein mit der so genannten Länderquote bei der Besetzung der Bundesrichter angemessen berücksichtigt wird. Aber gerade bei der Entwicklung der höchstrichterlichen Rechtsprechung muss die föderale Vielfalt gewährleistet sein.
Das vom Vorsitzenden des Richterbundes vorgeschlagene Kombinationsmodell zwischen Vorschlags- und Ausschreibungsmethode ist durchaus aufnehmenswert, nämlich die Frage, wie die Vorschläge der Landesminister zustande kommen. Herr Geißler, wir haben schon mehrfach darüber gesprochen - seit Beginn meiner Amtszeit -, dass ich gern bereit bin, den Vertretern der jeweiligen Fraktionen die Situation der Vorschläge zum Richterwahlausschuss offen zu legen, allerdings nicht derart offen, dass es auch öffentlich ist, denn es handelt sich um eine interne Vorschlagsliste. Wir praktizieren, ohne rechtlich dazu verpflichtet zu sein, auch ein Anhörungsverfahren: Bei allen Vorschlägen, die wir zur Wahl beim Bundesrichterwahlausschuss machen, hören wir zuvor die entsprechenden Gerichtspräsidentinnen oder -präsidenten der Fachgerichte oder der ordentlichen Gerichtsbarkeit an und befragen auch die Verbände nach ihren Vorschlägen für die zu besetzenden Stellen. Das ist eine demokratische Anbindung. Allerdings sind mir bei einer Veränderung des Verfahrens die Hände gebunden, denn Artikel 95 des Grundgesetzes gilt für uns alle und für eine Veränderung ist eine Zweidrittelmehrheit im Bundestag notwendig.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Fröhlich, es verdient Respekt, wenn sich eine Kollegin oder ein Kollege im Verlauf einer Ausschussberatung die Meinung anderer Fraktionen zu Eigen macht. Das sollten wir mit Respekt kommentieren und nicht etwa mit heimlicher Häme,
weil wir sonst den Kolleginnen und Kollegen in Zukunft den Weg verbauen, sich auch einmal von Argumenten der Gegenseite überzeugen zu lassen. Das sollten wir im Interesse einer sachgerechten Beratung nicht tun.
Frau Kollegin, ich möchte auf einige Argumente eingehen, die Sie hier vorgetragen haben. Es hat Sündenfälle gegeben, natürlich. Die alte CDU-Landesregierung hat einen solchen Sündenfall mit Sicherheit begangen, als sie die Besetzung der Präsidentenstellen aus dem Richterwahlverfahren herausnahm. Allerdings ist das gegenwärtige Richterwahlverfahren eine Regelung, die die großen Fraktionen im Hause gemeinsam getroffen haben, nachdem der Vorschlag, den der damalige Justizminister Klingner vorgelegt hat, bei uns auf Entsetzen stieß, der eine völlig einseitige Besetzung der Richterstellen ermöglicht hätte. Es war meine Fraktion, die gesagt hat: Wir müssen es dem Zugriff des Landesgesetzgebers entziehen, so etwas einfachgesetzlich zu regeln; es muss in die Verfassung aufgenommen werden. Deshalb sind die wesentlichen Grundzüge unseres Richterwahlverfahrens auf Betreiben meiner Fraktion in die Landesverfassung aufgenommen worden und wir haben es dann einfachgesetzlich ausgefüllt, Frau Kollegin.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, natürlich muss das Richterwahlverfahren unserem föderalen System Rechnung tragen. Wir wollen auch gar nicht, dass die Landesjustizverwaltungen in Zukunft im Richterwahlausschuss überhaupt nicht mehr beteiligt werden. Das sieht unser Antrag ja gar nicht vor.
Frau Ministerin, es ist doch ein bisschen zu kurz gegriffen, wenn Sie sagen, der Bund sei auch heute schon nicht gehindert, Anwälte in den Richterwahlausschuss zu wählen. Natürlich ist er das nicht. Es werden sogar
eine ganze Reihe von Anwälten dem Richterwahlausschuss angehören. Das sind zugleich Abgeordnete. Das ist aber nicht das, was wir anstreben. Wir wollen vielmehr, dass Anwälte dem Richterwahlausschuss angehören - wie in Schleswig-Holstein -, die sich primär als Vertreter der Anwaltschaft begreifen und nicht als Vertreter ihrer Fraktionen. Das müssen wir ändern.
Frau Ministerin, Sie haben sich heute schon erheblich offener gezeigt als noch im vergangenen Jahr. Das ist sicherlich auch unter dem Eindruck der Mehrheitsbildung im Parlament geschehen. Aber ich erwarte, dass Sie jetzt hier nicht schon wieder über eigene Kompromissmöglichkeiten philosophieren und nachdenken, wie man das irgendwie hintschintschen könnte, sondern ich erwarte von Ihnen, dass Sie sich den Antrag, den wir gleich beschließen werden, genau durchlesen, damit in die Beratung auf Bundesebene gehen und das vortragen und hoffentlich auch durchsetzen. Dann haben Sie unsere Unterstützung. Sonst müssen wir darüber noch einmal sehr ernsthaft reden.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung und wir treten in die Abstimmung ein. Wer der von der Frau Berichterstatterin vorgetragenen empfohlenen Fassung seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? - Der Antrag ist in der vom Ausschuss empfohlenen Fassung, wie von der Frau Berichterstatterin vorgetragen, vom Haus einstimmig angenommen. Damit ist der Tagesordnungspunkt erledigt.
Antrag der Fraktionen von SPD, CDU, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten des SSW Drucksache 15/1701 (neu)
Ich eröffne die Aussprache und erteile für die Fraktion der SPD zunächst Herrn Abgeordneten Gerhard Poppendiecker das Wort.
Schönen Dank, Herr Präsident! Wenn Praktiker solche Vorschläge machen, kommen auch gemeinsame Dinge dabei heraus. Ich bin sehr dankbar, dass wir gerade bei dem Thema Verbot der Industriefischerei eine gemeinsame Linie fahren. Ich freue mich, dass wir jetzt zu einem gemeinsamen Antrag gefunden haben.
Ich denke, dass dieser Antrag ganz wichtig ist. Wer den Zustand unserer Fischerei zurzeit betrachtet - die Quotenregelung, der nicht mehr vorhandene Dorschbestand in der östlichen Ostsee und alle diese Dinge -, weiß, dass es wichtig ist, eine solche Gammelfischerei, wie wir sie im Küstenslogan nennen, zu verbieten.
Ganz besonders unsere Nachbarn im Norden, die Dänen, betreiben diese Industriefischerei auch heute noch mit fast 1 Million Tonnen sehr stark. Hier muss jetzt ein „P“ vorgesetzt werden, damit diese Industriefischerei endlich aufhört.
Insgesamt sind es in der EU inzwischen Millionen von Tonnen, die so aus dem Meer geholt werden, zu Fischöl, zu Fischmehl verarbeitet werden und der menschlichen Ernährung nicht mehr zur Verfügung stehen.
Wir waren vor einigen Tagen - Klaus Klinckhamer war dabei, Christel Happach-Kasan war aus Krankheitsgründen entschuldigt - zum ersten Mal zu einer Fischereigesprächsrunde der norddeutschen Küstenländer zusammen gekommen - alle Küstenländer waren vertreten -, um in Zukunft die Fischereithemen gegenüber Berlin stärker durchsetzen zu können.
Wir haben über das Thema gesprochen und die anderen Bundesländer haben uns zugesagt, dass sie diesen gemeinsamen Antrag zum Verbot der Industriefischerei unterstützen werden. Insofern entsteht auch ein bisschen mehr Druck auf die Bundesregierung, auf die EU einzuwirken, damit damit endlich Schluss ist.
Wir haben uns bei den Fischereifachleuten noch einmal erkundigt: Es heißt ja, es gibt bestimmte Fischarten, die weggefischt werden können, weil sie nicht der menschlichen Ernährung dienen. Nur, liebe Kolleginnen und Kollegen, hier muss man ein bisschen differenzieren. Die Sprotte wird einerseits natürlich nicht ausnahmslos für die menschliche Ernährung genutzt, aber die Sprotte lebt im Regelfall gemeinsam in Schwärmen mit dem Hering. Das heißt, wenn die Sprotte für die Industriefischerei weggefischt wird, wird auch eine Masse Heringe mit weggefangen. Die Sprotte ist andererseits aber Grundernährung für den Dorsch beziehungsweise Kabeljau.
Dieser Antrag ist dadurch ausgelöst, dass bei Kontrollen der dänischen Fischerei festgestellt wurde, dass neben den zu fangenden Industriefischen eine Unmen
Unser Wunsch ist es, dass man in Zukunft per Verbot wir gehen ja nicht so weit, dass wir generell sagen, es wird jetzt total alles verboten; sondern der Antrag geht dahin, dass wir in bestimmten Bereichen, westliche Ostsee, gesamte Deutsche Bucht, Kabeljauschongebiet - diese Dinge dort nicht mehr machen kann.
(Beifall bei SPD, FDP sowie der Abgeord- neten Irene Fröhlich [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Lars Harms [SSW])
Für mich war es unverständlich, dass es im letzten Jahr einerseits ein so genanntes Kabeljauschongebiet gab - das ist natürlich verständlich -, aber andererseits dänische und holländische Fischer dort Industriefischerei betreiben konnten. Da wird das Ganze einfach zur Farce.
(Beifall bei SPD, FDP sowie der Abgeord- neten Irene Fröhlich [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Lars Harms [SSW])
Ich betone noch einmal: Ich freue mich ganz besonders, dass wir diesen Antrag, Frau Ministerin, als gemeinsamen Antrag vorlegen. Damit haben Sie die Rückenstärkung durch das gesamte Parlament, um dort auf den Putz zu hauen, wo es nötig ist.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Fischerei ist für Schleswig-Holstein nach wie vor unverändert ein wichtiger Wirtschaftszweig, mit großer Bedeutung über die Fischerei hinaus; denn wir alle wissen um die Verflechtung von Fischerei und Tourismus.
Zunehmende Beschränkungen in der Fischerei, aber auch wettbewerbsverzerrende Regelungen machen es den Betrieben immer schwerer, über die Runden zu kommen. Es ist daher Sache der Politik, für gleiche Rahmenbedingungen zu sorgen. Aber gerade dies lässt sehr zu wünschen übrig.
Die Bundesministerin Künast hat bisher kein Interesse an der Fischerei erkennen lassen. Die Fischer fühlen sich von der Ministerin Künast im Stich gelassen.