Protokoll der Sitzung vom 21.03.2002

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Keines von beiden kann durch das jeweils andere ersetzt werden. Deshalb werden wir gerade aus den Abgabemitteln beide Instrumente weiterhin finanzieren.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Dass Naturschutz-, Artenschutz- und Biotopschutzmaßnahmen der vergangenen Jahre heute auch schon zu greifen beginnen, kann an vielen Stellen im Land beobachtet werden. Nicht nur für mich sind der Nationalpark Wattenmeer und die Flächen der Stiftung Naturschutz ein vielfacher Beleg. Auch die Bürgerinnen und Bürger im Land, die als Erholungsuchende oder als Naturschutzinteressierte diese Flächen besuchen, sprechen anerkennend von deutlichen Fortschritten.

Die verbesserte Öffentlichkeitsarbeit und eine nachhaltige Naturschutzbildung tragen auch zur Akzeptanz von Besucherlenkungsmaßnahmen bei. Wenn wir hören, dass sich die Kormoranbestände durch die erfolgreiche Wiederansiedlung des Seeadlers verringert haben, dann wissen wir, dass wir mit derartigen Artenschutzmaßnahmen auf dem richtigen Weg sind.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

An weiterhin bestehenden Konfliktlösungen arbeiten wir weiter, soweit es in unserer Macht steht und es naturschutzfachlich sinnvoll ist.

(Konrad Nabel)

Wir haben noch viel zu tun, um unsere Naturschutzpolitik erfolgreich weiter zu führen. Ich will nur wenige Punkte nennen. Wir müssen das Monitoring ausweiten und die Erfolgskontrollen verstärken. Dazu brauchen wir mehr und bessere Umweltindikatoren. Wir brauchen die Modulation, um der Landwirtschaft zeitgerechte Fördermöglichkeiten anzubieten.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir brauchen vor allem keine ideologischen Debatten, die rückwärts gewandt sind. Wir brauchen ein konstruktives, an den Prinzipien der Nachhaltigkeit orientiertes Denken. Dies verlangen wir auch der Opposition in diesem Haus ab und wir sind sicher, auch Sie werden wir überzeugen.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Das Wort erhält die Frau Abgeordnete Todsen-Reese.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst möchte ich sagen, Herr Minister, weite Teile Ihrer Rede haben mich nicht nur überrascht, sondern auch erfreut. Dazu gehört auch die etwas selbstkritische Einschätzung, die Sie zu manchem, was in der Vergangenheit gemacht worden ist oder nicht gemacht worden ist, gemacht haben. Das war zumindest ein Stück weit ehrlicher - das sage ich auch bewusst - als die Antworten auf die Große Anfrage, bei der ich mir auch manche kritische Einlassung gewünscht hätte. Dabei muss ich auch konzedieren, Herr Kollege Nabel, dass es bei Ihnen anscheinend in etlichen Punkten, gerade auch in der Einstellung zur Landwirtschaft, zu den Wasser- und Bodenverbänden, einen gewissen Sinneswandel gibt. Auch das wäre dann ja erfreulich.

Insgesamt muss ich aber sagen, in der Darstellung ist es dann leider doch das, was ich vermutet habe: Die Große Anfrage ist eine Steilvorlage zur Selbstdarstellung und auch zu einer gewissen Schönfärberei des Naturschutzes. Das finde ich schade.

Es ist dort eine Menge geschrieben worden, Herr Nabel, was Sie eben so positiv dargelegt haben, was eigentlich - ich sage es einmal so - bekannt ist, wozu man nur sagen kann, es steht doch schon fast alles geschrieben - im Landesnaturschutzgesetz, im Landschaftsprogramm, in zahllosen Broschüren dieser Landesregierung. Man muss dann eben nur selber lesen. Hier hat man lesen lassen.

Dann frage ich: Was hat uns die Beantwortung der Anfrage wirklich an Erkenntniszugewinn gebracht? Ich will durchaus anerkennen, Herr Minister, dass sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Ihres Hauses bei der Beantwortung der gestellten Anfrage mehr Mühe gegeben haben, als wir es im letzten Jahr manchmal erlebt haben. Für die Fragen an sich können ja die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nichts.

Es gibt auch durchaus interessante Informationen und Aussagen, die inhaltlich zwar nicht neu sind, aber interessant sind, und zwar aufgrund der hiermit von Ihnen vorgenommenen Festlegungen. An deren Umsetzung werden wir Sie, Herr Minister, werden wir Ihr Handeln und damit auch Ihre Glaubwürdigkeit in Sachen Naturschutz messen.

Ich will nur einige wenige Beispiele nennen. Erfreulich ist Ihre Erkenntnis auf der Seite 43 - ich zitiere -, „dass die dezentrale Organisation für die Umsetzung von Naturschutzprojekten ein wichtiger Weg sein kann“.

Sie sagen dann auch - das haben Sie heute dankenswerterweise in Ihrer Rede auch getan -, „Eigeninitiativen vor Ort sollen gefördert werden“. Beispielsweise Naturschutzvereine und -verbände, kommunale Gebietskörperschaften, Wasser- und Bodenverbände, Stiftungen sollen nun Aufgaben übertragen bekommen.

Das ist für Ihre Verhältnisse durchaus ein Fortschritt. Völlig unangemessen ist allerdings der Stellenwert, den Sie in diesem Zusammenhang den kommunalen Gebietskörperschaften durch die gewählte Einreihung und Rangfolge - Ranking - zumessen. Hier wäre ein klares Wort zur Delegation von Aufgaben und Verantwortung auf die kommunale Ebene sinnvoll und erforderlich gewesen, nicht zuletzt im Sinne der Zweistufigkeit der Verwaltung und der Verschlankung und Entbürokratisierung der Strukturen.

(Beifall bei der CDU)

Aber was Sie unter Zweistufigkeit der Verwaltung verstehen, haben wir ja in der letzten Landtagstagung gehört. Das war dann schon ein starkes Stück.

Ich will auch durchaus kritisch die Betreibung der integrierten Stationen ansprechen. Kompetente Ansprechpartner vor Ort wie zum Beispiel im ITS-Gebiet - da sind wir uns völlig einig - sind eine gute Lösung, aber - ich sage das auch deutlich - nur als verlängerter Arm der unteren Naturschutzbehörden. Es darf hier keine neue eigenständige Entscheidungsebene entstehen.

Durchaus positiv will ich die zahlreichen Kooperationen, die Sie auf den Seiten 47 bis 49 nennen, anfüh

(Herlich Marie Todsen-Reese)

ren. Allerdings lassen diese gesamten Auflistungen überhaupt keine Rückschlüsse auf Qualität und Erfolg zu. Umso bedauerlicher finde ich in diesem Zusammenhang, dass dann plötzlich für mich völlig unlogisch im Themenkomplex 4, Trägerschaft und Dezentralisierung, ein Exkurs durch die Landschaftsplanung gemacht wird und dort grundsätzliche Ausführungen zum Grunderwerb und zu den Eingriffs-/Ausgleichsregelungen zu finden sind. Dies finde ich vom logischen Aufbau her irreführend.

Ich muss einmal deutlich sagen: Was wir unter dem Punkt „Landschaftsprogramm, Landschaftsrahmenpläne und Landschaftspläne“ auf den Seiten 51 bis 53 finden, ist zum Teil wirklich an Selbstverständlichkeit und Banalität nicht zu übertreffen. Ich will nur einen Satz zitieren: „Landschaftspläne werden von den Kommunen in eigener Verantwortung aufgestellt.“ Liebe Leute, eine wahrhaft sensationelle neue Erkenntnis!

Ich will aber dann wiederum sagen, in der Tabelle 12 findet sich ein konkreter Hinweis zum Stand der Landschaftsrahmenpläne. Ich würde mir hier - ich weiß, dass das rechtlich nicht vorgeschrieben und nicht erforderlich ist - eine sehr frühzeitige Beteiligung wünschen und auch, dass uns Abgeordneten die Entwürfe zur Verfügung gestellt werden, wenn sie zur Anhörung der Träger öffentlicher Belange herausgehen, damit wir frühzeitig sachkundig mitdiskutieren können.

(Beifall bei der CDU)

Wirklich bedauerlich am Kapitel „Landschaftspläne“ ist, dass Sie hier mit keinem Wort - weder in der Antwort noch heute in dem Redebeitrag - sagen, wie viele Anträge der Kommunen auf Förderung ihrer Landschaftspläne - auch mit dem damit verbundenen Fördervolumen - bei Ihnen im Haus auf dem Tisch liegen. Hier schieben Sie einen Riesenantragsstau vor sich her. Stand Oktober 2001: 400 Anträge mit einem Antragsvolumen von rund 13 Millionen €. In der Nachschiebeliste stand hier noch schlicht null Komma null. Wenn hier nicht vonseiten des Landtages nachgebessert worden wäre, wäre es wohl dabei geblieben. Auch das - so denke ich - gehört dann zur wahren Lage des Naturschutzes im Land dazu.

Ähnliches gilt für die Eingriffs-/Ausgleichsregelungen. Auch wenn Sie hier dankenswerterweise Fortschritte machen und wenn wir zu mehr flexibleren Lösungen kommen, vermisse ich die kritische Auseinandersetzung mit der tatsächlich vorhandenen beziehungsweise eben nicht vorhandenen Umsetzung von Ausgleichsmaßnahmen und deren Kontrolle.

Stattdessen nennen Sie hier noch das positive Beispiel im Zusammenhang mit der Elbvertiefung. Wir haben doch in der Ausschusssitzung am 13. Dezember 2001 gehört - das mussten Sie auf Befragen zugeben -, dass gerade im Bereich der Elbvertiefung die Ausgleichsmaßnahmen zu etwa zwei Dritteln überhaupt noch nicht umgesetzt worden sind. Große Reden sind da nicht gefragt, sehr wohl aber Ihre Verantwortung und Ihr Handeln. - Das können Sie im Protokoll nachlesen, Herr Minister; ich habe mir die Mühe gemacht.

Interessant sind natürlich die Ansätze beim Komplex landwirtschaftliche Nutzung, Agrarwende. Liebe Frau Fröhlich, zwar spricht inzwischen auch der Staatssekretär Dr. Altmann für die Landesregierung nicht mehr von „Agrarwende“, aber vielleicht kommt das auch bei Ihnen noch irgendwann an.

(Jürgen Feddersen [CDU]: Hört, hört!)

Bedauerlich ist, dass mit keinem Wort erwähnt wird, dass die Landwirtschaft Urheber, Träger und Pfleger unserer Kulturlandschaft mit ihrer Artenvielfalt ist.

Erfreulich ist dennoch Ihr klares Bekenntnis zur partnerschaftlichen Kooperation von Landwirtschaft und Naturschutz sowie zur Berücksichtigung der Naturschutzleistungen durch die Landwirtschaft. Herr Minister, ich bin allerdings gespannt, wie Sie die angekündigte Abgrenzung zwischen bezahlten Leistungen und Leistungen im Rahmen der Sozialpflichtigkeit des Eigentums ausgestalten werden. Hier müssen Sie schnell konkret werden und die Katze aus dem Sack lassen. Erst dann wird sich zeigen, ob Sie es mit der partnerschaftlichen Kooperation wirklich ernst meinen.

Gespannt bin ich auch auf die Initiativen der rotgrünen Landesregierung und den Erfolg, die AgrarUmwelt-Maßnahmen in Zukunft finanziell besser zu fördern und zu unterstützen. Auch hier werden Sie letztendlich an Ihren Taten und nicht an den Worten gemessen.

(Irene Fröhlich [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Das hängt nicht allein an uns!)

Wie dünn das Eis ist, auf dem Sie sich bewegen, zeigen Ihre Aussagen einerseits und die nackte Zahlensituation andererseits, lieber Kollege Nabel. Auch in dieser Antwort - vorhin haben Sie es noch einmal gesagt - erwecken Sie den Eindruck, als ob Sie den Vertragsnaturschutz in Schleswig-Holstein stärken wollen eine jahrealte Forderung der CDULandtagsfraktion! Wenn Sie hier aber von Mitnahmeeffekten sprechen, habe ich damit ein kleines Problem.

(Minister Klaus Müller: Ist aber so!)

(Herlich Marie Todsen-Reese)

Es wird dem Vertrauen, das eigentlich erforderlich ist, schaden, wenn Sie solche Aussagen machen. Ich halte sie nicht für sehr klug.

Ein Blick in Ihre Tabelle „Vertragsnaturschutz“ belehrt uns eines Besseren. Wir waren im Vertragsnaturschutz schon viel weiter, als wir es jetzt sind. In den Jahren 1988/89 gab es 3.747 und 3.971 Verträge für rund 25.000 ha und 26.500 ha.

(Irene Fröhlich [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Aber was hat das an Naturschutz ge- bracht? - Zuruf des Abgeordneten Konrad Nabel [SPD])

Von da an ging es kontinuierlich bergab. 1999 hatten wir einen Tiefstand mit 853 Verträgen. - Herr Kollege Nabel, ich habe Ihnen vorhin auch zugehört. Diese kritischen Anmerkungen muss man ertragen können, wenn man es mit dem Naturschutz wirklich ernst meint.

(Beifall bei CDU und FDP)

Über diese Negativentwicklung tröstet auch nicht hinweg, dass es seit 2000 wieder einen kleinen Anstieg gibt. Herr Minister, es geht natürlich um die Ausgestaltung der Verträge. Wenn Sie den Landwirten Angebote machen, die die aus betriebswirtschaftlichen Gründen überhaupt nicht annehmen können, sind Sie auf dem Holzweg. Das finde ich sehr schade.

(Beifall bei der CDU)

Das Gleiche gilt im Übrigen für die Naturschutzgebiete. Es ist ja erstaunlich, dass keine einzige Tabelle sagt, wie viel Naturschutzgebiete Sie ausgewiesen haben. Liegt das etwa daran, dass Sie im letzten Jahr kein einziges ausgewiesen haben? - Das ist doch hochinteressant.