Es geht, obwohl es reizvoll wäre, auch die menschlichen Hintergründe aufzuhellen und persönliche Motivforschung zu betreiben, ausschließlich um Recht und Gesetz im öffentlichen Dienst und die Art und Weise der Aufgabenerledigung. Wir sollten uns deshalb vor vorschnellen Urteilen hüten, zumal ein Untersuchungsausschuss kein Gremium ist, das Urteile fällt. Herr Kollege Hay, das gilt sowohl für Frau Gärtner, für Heide Simonis, aber auch für Herrn Dr. Pröhl und Herrn Dr. Lohmann. Aber selbstverständlich ist das Parlament berufen, Feststellungen darüber zu treffen, ob der Organisationsablauf im Ministerium und in Behörden unseres Landes dem entspricht, was wir uns unter einer ordnungsgemäßen Aufgabenerfüllung der öffentlichen Bediensteten, der öffentlichen Verwaltung in Schleswig-Holstein schlechthin vorstellen. Für Herrn Dr. Lohmann, Herrn Dr. Pröhl und Herrn Brückner gilt die Unschuldsvermutung bis zu ihrer Verurteilung. Herr Kollege Hay, ich habe nicht verstanden, warum wir denen weniger glauben sollten als der Ministerpräsidentin oder umgekehrt. Bisher haben wir keine Veranlassung, allen zu misstrauen.
Ich kann mich noch deutlich an eine Situation erinnern, in der ein Ministerpräsident dieses Landes glaubte, weil er Ministerpräsident ist, müsste man ihm mehr glauben als anderen. Das hat sich als Irrtum herausgestellt. Die strafrechtliche Verantwortung der Herren Dr. Lohmann, Dr. Pröhl und Brückner wird durch Gerichte geklärt, möglicherweise auch ihre dienstrechtliche Verantwortung. Aber die politische Verantwortung der entsprechenden Entscheidungsträger stellt in einer parlamentarischen Demokratie das Parlament fest und niemand sonst. Dies werden wir feststellen, nachdem der Untersuchungsausschuss seine Arbeit erledigt hat.
Ich bin in den letzten Wochen immer wieder gefragt worden, ob Heide Simonis zurücktreten sollte. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt kann nur sie selbst dies entscheiden. Ich tue mich schwer mit einer Rücktrittsforderung an die Ministerpräsidentin, nicht, weil ich nicht glaube, dass allein die Vielzahl ihrer eigenen öffentlichen Äußerungen dies rechtfertigen würde, sondern weil ich glaube, dass sie sich verantworten sollte vor der Öffentlichkeit, vor den Wählerinnen und Wählern, die ihrerseits die Chance behalten müssen, durch ihre künftige Stimmabgabe deutlich zu machen, was sie von dieser Ministerpräsidentin und dieser Form der Politikgestaltung halten.
- Herr Kollege Neugebauer, Höppner lässt grüßen. Die Menschen dieses Landes sollen das entscheiden, nicht wir im Parlament, und sie werden es entscheiden, glauben Sie mir das!
Konnten die Menschen unseres Landes bisher noch die Vermutung hegen, sie würden nur schlecht regiert, werden sie durch die Feststellungen des Untersuchungsausschusses zu der Erkenntnis gelangen, dass in Schleswig-Holstein überhaupt nicht regiert, sondern nur die Pflege zwischenmenschlicher Beziehungen betrieben wird. Das Problem des schlechten Ratings unseres Landes hat einen Namen: Heide Simonis.
In dem Bemühen, dem wirklichen Glanz des immer noch schmerzlich vermissten Björn Engholm für die SPD dieses Landes und das Land insgesamt eigene Highlights entgegenzusetzen, besser, schneller und kompetenter zu sein, hat Heide Simonis doch nur ein mittelprächtiges Feuerwerk abgefackelt, dessen Effekte schnell verglühten und nichts zurückließen außer Ruß, Staub und verbrannte Asche.
Zunächst möchte ich den Verkauf der HDW-Anteile an die Preussag nennen, wobei sie sich mündlich von Herrn Frenzel zusagen ließ, dass die Werkswohnungen nicht veräußert würden und falls doch, dass das Land am Erlös nachträglich beteiligt würde. Als die Wohnungen schließlich veräußert wurden, stellte man fest: Fehlanzeige für das Land, da ein entsprechender Vertrag nicht abgeschlossen worden war.
Des Weiteren gab es den Verkauf der Provinzial an den Sparkassen- und Giroverband zu einem Schnäppchenpreis, so, als handele es sich hierbei um wertlosen Trödel. Zwar ist eine Beteiligungsklausel für den Fall der Umwandlung in eine Aktiengesellschaft vorgesehen, jedoch derart unprofessionell vereinbart, dass das Land auch hierum wird hart ringen müssen.
Schließlich folgt die Veräußerung der Landesbankanteile an die Westdeutsche Landesbank wiederum zu einem Schnäppchenpreis, wobei hier erstaunlicherweise auf eine Wertausgleichsklausel für den Fall der Umwandlung der Bank in eine Aktiengesellschaft verzichtet wurde. Diese Nachlässigkeit dürfte das Land nebenbei 500 Millionen € kosten.
Nicht unerwähnt bleiben darf die Entbeamtungspolitik für die Lehrerinnen und Lehrer unseres Landes - aus heutiger Sicht geradezu grotesk -, die das Land endgültig einen dreistelligen Millionenbetrag in € gekostet haben dürfte, ohne jeden positiven Effekt.
Wenn Heide Simonis, die ungeheuren Wert darauf zu legen scheint, wenigstens von ihren Kolleginnen und Kollegen aus den anderen Ländern in wahrhafter Anerkennung ihrer Sanierung der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte gelobt worden wäre, aber nicht einmal das ist der Fall.
Ein weiteres Highlight ist der LEG-Verkauf mit einem definitiven Verlust für das Land von mindestens 150 Millionen € für beide Tranchen, wobei ich gelernt habe, dass Verluste dieser Art in der Argumentation der Landesregierung strategische Investitionen heißen.
Schließlich erinnern wir uns an den Immobiliendeal, den wir gerade wieder rückgängig machen, Kollege Neugebauer, die Einführung der KLR und eine besondere Form der public private partnership, die Schleswig-Holstein ganz weit nach vorn bringen sollte und uns nun eins der Probleme beschert, die der Untersuchungsausschuss abarbeiten muss. Zur Affäre Lohmann/Möller haben wir bereits debattiert. Ich kann insofern Bezug nehmen auf meine Ausführungen in der 53. Sitzung am 20. Februar 2002, wobei mich doch interessieren würde, ob die Sozialdemokraten auch heute noch erklären würden, alle Sachverhalte seien aufgeklärt, dem Land sei kein Schaden entstanden und die SPD-Fraktion stehe geschlossen und einstimmig hinter Claus Möller.
Dies ist deshalb wichtig, weil sich meine Fraktion nach wie vor fragt, weshalb bis heute keine Disziplinarverfahren gegen Mitarbeiter des Finanzministeriums eingeleitet wurden, die ihrerseits ohne Remonstration sehenden Auges die Verstöße gegen Haushalts- und Vergaberecht bei der Auftragserteilung an debis/SAP hingenommen haben. Es gibt doch eine vergebende Stelle im Finanzministerium, der alle Kriterien bekannt sind. Was war mit den dortigen Mitarbeitern, dem Abteilungsleiter?
Genauso wenig, wie wir - und da teile ich die Auffassung der Ministerpräsidentin - erwarten dürfen, dass Claus Möller alles selbst macht und die Vergabeakte allein führt, dürfen wir dies von Herrn Staatssekretär a.D. Dr. Lohmann annehmen. Was muss in einem Ministerium los sein, in dem sich das halbe Haus mit der EDV-gestützten Einführung der Kosten- und Leistungsrechnung in die Landesverwaltung beschäftigt, aber niemand bei der Abwicklung des größten Investitionsprojektes der Nachkriegsgeschichte für die Landesverwaltung auf eine Einhaltung der gesetzlichen und administrativen Vorschriften achtet, zumindest aber auf eine ausreichende Dokumentation?
Spricht dies für die Mitarbeiter des Ministeriums? Spricht dies für die Kompetenz und Effektivität der Leitung des Hauses?
Der SPD-Fraktionsvorsitzende Lothar Hay hat am 20. Februar 2002 hierzu erklärt, Claus Möller habe eingeräumt, dass es im Verfahren zu Fehlern gekommen sei, die für die Zukunft abgestellt werden würden.
Wie, bitte schön, kann dies geschehen, außer durch eine Demission des verantwortlichen Ministers? Denn die Fehler, soweit es denn nur Fehler waren, hätten im Finanzministerium eigentlich gar nicht passieren dürfen und, hätte man Herrn Minister Möller noch Mitte des Jahres 2001 befragt, auch gar nicht passieren können.
Möglicherweise war aber das Vorbild für die abgrundtiefe Schlamperei und für angeblich mangelnde Information der Leitungsspitze die Staatskanzlei. Die Affäre Pröhl weist dabei Facetten auf, bei deren Betrachtung sich der geneigte Zuschauer nur noch kopfschüttelnd auf die Schenkel klatschen kann. Neben den vielen kleinen Apercus möchte ich mich auf drei wesentliche Dinge konzentrieren, jedes für sich bereits Anlass genug, an der Handlungsfähigkeit der Ministerpräsidentin zu zweifeln.
Zunächst wissen wir bis heute nicht genau, wer Pröhl eigentlich wie seit 1996 beaufsichtigt hat. Er ist mit Wirkung vom 1. September 1996 an die Staatskanzlei versetzt worden, war zu keiner Zeit räumlich der Staatskanzlei zugeordnet, gleichwohl Mitarbeiter der Staatskanzlei, er hat keine originären Aufgabenbereiche der Staatskanzlei bearbeitet und war daher auch nicht im Organisations- und Geschäftsverteilungsplan der Staatskanzlei ausgewiesen, gleichwohl organisatorisch der Regierungspressestelle zugeordnet - so erfahren wir es von der Regierung in Drucksache 15/1796.
Die Regierung erläutert weiter, dass die ExpoProjektgruppe organisatorisch an die Investitionsbank angebunden wurde, das personelle Weisungsrecht allerdings bei der Staatskanzlei verblieb, so ebenfalls die von mir genannte Drucksache.
Der Regierungspressesprecher Hildenbrand hat dpa am 25. März 2002 hingegen erklärt, auch das Controlling sei nicht aus der Staatskanzlei gemacht worden, sondern aus der Investitionsbank. Und die Ministerpräsidentin hat im „Hamburger Abendblatt“ am 30. März 2002 erklärt - ich zitiere wörtlich, Frau Ministerpräsidentin -:
Büro. Die Bank hatte die Dienstaufsicht, genehmigte Urlaub und Reisen. Für seine Arbeit, die Fachaufsicht, war ein Lenkungsausschuss unter Herrn Gärtner zuständig.“
Der Aufgabenübertragungsvertrag zwischen LB und Land Schleswig-Holstein ist in gleicher Weise eindeutig zweideutig:
„Für die Dauer der Abordnung unterliegen die Beschäftigten der Weisungsbefugnis der Geschäftsleitung der Investitionsbank. Diese überträgt die fachliche Weisungsbefugnis auf den Lenkungsausschuss.“
Kein Wunder also, dass Herr Dr. Pröhl zum SatellitenSatelliten mutieren konnte, da eigentlich keiner für ihn richtig zuständig war.
Dieser Mitarbeiter, von wem auch immer, fährt nun am 22. November 1999 zusammen mit Herrn Brückner - wie genau Herr Brückner ins Spiel gekommen ist, wissen wir noch nicht - ins arabische Katar, um dort den Bau einer Sport- und Rehaklinik voranzutreiben.
Herr Abgeordneter Kubicki, meine Damen und Herren, ich unterbreche die Sitzung und bitte Sie, sich zu erheben.
Meine Damen und Herren, genau in dieser Minute vor drei Tagen ereigneten sich die tragischen Geschehnisse von Erfurt. Bundesweit gedenken in dieser Minute die Bürgerinnen und Bürger der Toten. Auch auf dem Landeshaus sind die Flaggen auf Halbmast gesetzt. Wir gedenken der Toten und bekunden unser Mitgefühl für die Angehörigen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es fällt selbstverständlich schwer, angesichts der Schweigeminute in der normalen Rede fortzufahren, obwohl ich es versuchen werde, weil es deutlich macht, wie relativ all unser Handeln angesichts solcher Ereignisse eigentlich ist.
Herr Präsident, ich bin auch damit einverstanden, dass die Schweigeminute von meiner Redezeit abgezogen wird.
Er unterschreibt in Doha für die schleswig-holsteinische Landesregierung ohne Genehmigung der Staatskanzlei eine Absichtserklärung über die gemeinsame Errichtung einer Klinik. Das ist an sich schon verwunderlich, weil der Bau von Kliniken nicht zum originären Aufgabenbereich der Verwaltung des Landes Schleswig-Holstein gehört.
„Zur Unterzeichnung dieser Absichtserklärung hatte Herr Dr. Pröhl weder einen Auftrag noch eine Erlaubnis der Landesregierung. Dr. Pröhl wurde nach Bekanntwerden vom damaligen Chef der Staatskanzlei darauf hingewiesen, dass er vor Unterzeichnung eine Genehmigung hätte einholen müssen.“
Die Ministerpräsidentin ließ sich in ihrem ReportInterview vom 5. April 2002 hierzu wie folgt ein - ich zitiere wiederum wörtlich -: