Protokoll der Sitzung vom 15.05.2002

Wenn ich den Gewinn bei einem Mittelständler, der hoffentlich gut verdient, mit 60 % besteuere, dann bleiben dem von dem Gewinn, den er macht, nur 40 % über, womit er im Betrieb weiterhin arbeiten kann. Das ist zu wenig. Das ist einer der Gründe, warum unsere Firmen zu wenig Eigenkapital haben.

(Beifall bei CDU und FDP)

Deswegen kann es nicht sein, dass man an diesem Problem nur vorbeigeht und sagt, ihr bösen Banken müsst sehen, dass ihr den Leuten trotzdem Geld gebt. Es ist eben noch einmal klar gemacht worden, welche persönlichen Haftungsrisiken die Vorstände der Banken haben. Man kann es ihnen doch nicht verdenken, dass sie nicht ins Gefängnis gehen wollen. Wir müssen also die Situation generell verbessern.

Ich bin auch für den Beitrag des Ministers dankbar. In meiner Rede habe ich es vielleicht etwas anders formuliert, als ich von steuerlicher Gleichbehandlung sprach. Wir haben eine solche Forderung in unserem Antrag drin. Wir wollen, dass sich die Landesregierung dafür einsetzt, dass die Bundesregierung durch spezielle steuerliche Maßnahmen den Eigenkapitalverbleib in den Betrieben besonders fördert. Das ist nun einmal die bessere steuerliche Behandlung von Kapital, dass es im Betrieb verbleibt.

Über eine Gleichbehandlung mit den Kapitalgesellschaften lässt sich reden. Es ist einfach die Frage, dass überhaupt Eigenkapital in den Betrieben bleibt, statt rausgenommen zu werden. Wenn ich es richtig verstanden habe, steht das in Zusammenhang mit der Besteuerung von Veräußerungsgewinnen, zum Beispiel bei Liegenschaften. Die Kapitalgesellschaften können inzwischen ihre Beteiligungen steuerfrei veräußern.

Mir hat ein Banker gesagt, es ist kein Wunder, dass ein Betriebsinhaber sein Grundstück nach Möglichkeit im Privatvermögen hält, denn wenn er es als Betriebsvermögen veräußert, muss er den Differenzbetrag als Einnahme versteuern. Wenn er es dagegen privat jenseits der Spekulationsfrist veräußert, fliesst ihm der Gewinn voll zu. Wir müssen also wirklich an die steuerliche Seite ran.

(Beifall bei CDU und FDP)

Ich bitte dies zu prüfen; ich bin darauf gekommen, als der Wirtschaftsminister gesprochen hat. Wir haben Basel II bereits im Wirtschaftsausschuss behandelt und wir reden heute über die Beschlussempfehlung des Wirtschaftsausschusses, die uns im Ausschuss nicht ganz gefallen hat, weil wir die steuerliche Seite für sehr wichtig halten. Wir haben deshalb unseren Antrag dagegen gestellt. Ich beantrage, diese Vorlagen noch einmal an den Wirtschaftsausschuss zu überweisen und dort zu versuchen, einen gemeinsamen Antrag hinzubekommen, der auch die Anregungen von Minister Rohwer aufnimmt.

(Beifall bei CDU und FDP)

Herr Abgeordneter Müller, Sie haben das Wort.

Ich möchte die Worte des Kollegen Kubicki nicht unkommentiert lassen. Herr Kubicki, es ist schon bemerkenswert, wie wenig mittelstandskenntlich oder mittelstandsfreundlich Sie sich hier äußern.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das ist so, wenn Juristen, die nie einen Betrieb geführt haben, darüber reden.

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

Heute schon müssen wir als Unternehmer nach § 18 KWG die Unterlagen erbringen. Wir müssen uns in aller Regel damit beschäftigen, die Unterlagen auf unsere Kosten zu testieren. Die Wirtschaftsprüfer

(Klaus-Dieter Müller)

haften genauso für Fahrlässigkeit wie im Übrigen Sie als Anwalt auch für Fahrlässigkeit im Rahmen Ihrer Berufsausübung haften. Wir müssen es auch den Kreditsachbearbeitern aufbürden, dass sie in Zukunft für ihre Fahrlässigkeit haften. Was machen wir eigentlich, wenn wir diesem Ratingverfahren das Wort reden? Was ist das eigentlich? Die Unternehmen - und zwar nicht nur die großen, sondern auch die kleinen, - werden gezwungen, sich mit viel Geldaufwand einem Ratingverfahren zu unterziehen. Das heißt, dass die Akquisitionskosten für das originäre Geschäft der Banken auf die mittelständische Wirtschaft übertragen werden. Die Banken haben überhaupt kein Risiko und keine Kosten mehr. Das kann doch im Ergebnis nicht Ihre Auffassung sein!

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW - Wolfgang Kubicki [FDP]: Das war völlig neben der Spur!)

Nach § 58 Abs. 2 der Geschäftsordnung hat Frau Abgeordnete Spoorendonk das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte den Vorschlag der Kollegin Schmitz-Hübsch aufgreifen und beantrage, dass sich der Wirtschaftsausschuss noch einmal zusammensetzt, um im Interesse der Sache einen gemeinsamen Antrag zu erarbeiten.

Ansonsten füge ich freundlich hinzu: Natürlich hängt alles mit allem zusammen. Man kann aber nicht alles auf einmal diskutieren. Wenn wir eine Steuer- und Abgabendiskussion haben sollen und wollen, dann soll die auch Thema sein. Ich finde, wir müssen uns auf das konzentrieren, was im engeren Sinne mit Auswirkungen von Basel II zu tun hat. Ich plädiere für Ausschussüberweisung.

(Beifall bei SSW, FDP und der Abgeordneten Brita Schmitz-Hübsch [CDU])

Ich sehe keine Wortmeldungen mehr und schließe die Beratung. Es wurde Überweisung an den Wirtschaftsausschuss beantragt. Wer dem zustimmen will, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen! Stimmenthaltungen? Die Ausschussüberweisung wird mit den Stimmen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen von CDU, FDP, SSW und der Abgeordneten Kähler [SPD] abgelehnt.

Ich lasse in der Sache abstimmen. Es wurde alternative Abstimmung beantragt. Gibt es Widerspruch? - Das

ist nicht der Fall. Zunächst lasse ich über den Ursprungsantrag abstimmen. Wer dem Antrag der Fraktion der CDU, Drucksache 15/1833, seine Zustimmung erteilen will, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen! - Stimmenthaltungen?

Wer der Beschlussempfehlung des Wirtschaftsausschusses, Drucksache 15/1843, seine Zustimmung geben will, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen! - Stimmenthaltungen? - Das ist die Mehrheit. Bericht und Beschlussempfehlung des Wirtschaftsausschusses, Drucksache 15/1843, sind mit den Stimmen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW gegen die Stimmen von CDU und FDP angenommen.

Ehe ich den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufe, hat Herr Abgeordneter Kubicki gebeten, das Wort für eine persönliche Erklärung zu erhalten. Herr Abgeordneter Kubicki, Sie haben das Wort!

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Innenminister unseres Landes, Herr Buß, hat mich zu Recht darauf hingewiesen, dass mir in der heutigen Debatte zur Änderung des Sparkassengesetzes ein Zwischenruf und dabei eine Formulierung über meine Lippen gekommen ist, der mir weder als Anwalt noch als Parlamentarier über die Lippen hätte kommen dürfen. Ich weiß nicht, ob ich dafür einen Ordnungsruf erhalten habe. Er wäre verdient gewesen. Er lautete: „Herr Finanzminister, Sie veruntreuen erneut Landesvermögen.“ Herr Minister, ich möchte mich für diese Äußerung bei Ihnen persönlich entschuldigen. Gleichzeitig erkläre ich, dass ich Ihnen weder für die Vergangenheit noch für die Gegenwart in irgendeiner Weise einen strafrechtlich relevanten Vorwurf machen will noch solches vermute. Ich werde mich künftig daran halten, von Verschwendung von Landesvermögen zu reden.

(Beifall)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 17 auf:

Tariftreuegesetz ablehnen

Antrag der Fraktion der FDP Drucksache 15/1814

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich bitte um etwas mehr Ruhe! Ich eröffne die Aussprache und erteile Frau Abgeordneter Aschmoneit-Lücke das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Bauwirtschaft ist in der Depression und die Bundesregierung will eingreifen. Sie will die Krise verschärfen und weitere Arbeitsplätze am Bau vernichten, auch in Schleswig-Holstein. Sinngemäß gilt dies auch für den öffentlichen Nahverkehr. Dem sollten wir nicht tatenlos zusehen!

(Beifall bei der FDP und der Abgeordneten Roswitha Strauß [CDU])

Deshalb fordern wir die Landesregierung auf, im Bundesrat richtig abzustimmen: Für mehr öffentliche Bauaufträge und nicht weniger, für mehr Arbeit am Bau und nicht weniger und deshalb gegen die Tariftreue. Wir bitten um Ihre Unterstützung! Staatliche Mindestpreise haben noch nie die Wirtschaft angekurbelt

(Beifall bei der FDP und der Abgeordneten Roswitha Strauß [CDU])

und noch nie Arbeitsplätze geschaffen. Sie werden es auch am Bau nicht schaffen. Im Gegenteil: Die Tariftreue verteuert öffentliche Baumaßnahmen. Was teurer wird, wird seltener gekauft. Niemand glaubt doch wirklich, dass Bund, Länder und Kommunen mehr Geld für Bauinvestitionen ausgeben werden, nur weil sie teurer werden. Nein, die öffentliche Hand wird genauso viel oder wenig investieren wie ohne Tariftreue, aber sie bekommt weniger für ihr Geld. Das bedeutet, es wird weniger öffentliche Bauaufträge geben. Das wiederum bedeutet weniger Arbeit am Bau, mehr Pleiten und mehr Arbeitslose. So kennen wir Kanzler Schröder, aber deshalb müssen wir ja nicht mitmachen. Gerade deshalb sollten wir nicht mitmachen.

Die Tariftreue schreibt den Lohn der Baustelle fest und richtet sich gegen ostdeutsche und ausländische Unternehmen und deren Arbeitnehmer. Sie soll den westdeutschen - bei uns den schleswig-holsteinischen Unternehmen helfen. Sie tut es aber nicht. Die Tariftreue erhöht die Kosten des öffentlichen Bauens. Das Ergebnis sind weniger öffentliche Bauaufträge und mehr Arbeitslose. Die Tariftreue wird mehr ostdeutsche Firmen in den Ruin treiben. Der Zuschussbedarf für Ostdeutschland wird steigen und in Westdeutschland steht weniger Geld für Bauinvestitionen zur Verfügung. Das Ergebnis sind weniger Bauaufträge und mehr Arbeitslose. Die Tariftreue wird einigen schleswig-holsteinischen Unternehmen zu mehr Aufträgen verhelfen, aber dies wird den Rückgang der öffentlichen Bauaufträge nicht kompensieren. Das Ergebnis sind weniger Bauaufträge für schleswigholsteinische Unternehmen, mehr Pleiten in SchleswigHolstein und mehr Arbeitslose.

(Beifall des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

Da können Sie ruhig lachen, Herr Kollege Müller. Ich dachte immer, Sie behaupten von sich, dass Sie etwas von Mittelstand und Wirtschaft verstehen.

Die größte Gruppe der Leidtragenden der Tariftreue in Schleswig-Holstein jedoch, sind die Bürgerinnen und Bürger. Sie werden benachteiligt, weil einige dringend notwendige öffentliche Baumaßnahmen noch weiter verschoben oder gar nicht mehr ausgeführt werden, weil sie zusätzlich den verstärkten Zuschussbedarf für Ostdeutschland mit zu zahlen haben werden, entweder durch mehr Abgaben oder durch geringere öffentliche Leistungen in Schleswig-Holstein, und weil die Tariftreue das Netz der wachstumsfeindlichen Regulierungen zusätzlich stärkt und die Zukunftschancen unseres Landes verkleinert.

Meine Damen und Herren, in einer Zeit, wo es die Spatzen von den Dächern pfeifen, dass wir in Deutschland gerade damit zu kämpfen haben, dass wir viel zu viel reguliert haben, dass hier viel zu viel verkrustet ist, ist es genau das falsche Signal, hier noch eine neue Regulierung einzuführen.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Alle diese Nachteile wiegen weitaus schwerer als die Vorteile, die die Tariftreue unserer heimischen Bauwirtschaft angeblich bringen soll. Mit der Tariftreue würden wir noch stärker an dem Ast sägen, an dem unser Wohlstand wächst. Wer es nicht glaubt, frage unseren Wirtschaftsminister nach der alokativen Zusatzlast der Tariftreue.

In letzter Zeit wird wieder viel über Ludwig Erhard und das Wirtschaftswunder geredet. Wir alle sollten uns daran erinnern, dass Erhards wesentliche Leistung die Aufhebung der staatlichen Preiskontrolle war. Diese Freigabe der Preisbildung war der Auslöser des Wirtschaftswunders.

(Beifall bei der FDP)

Wer daran zweifelt, sollte unseren Wirtschaftsminister fragen. Als Freiburger Professor für Volkswirtschaftslehre kann Herr Rohwer dies mit Sicherheit vorzüglich erklären.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Sehr gut!)

Wer heute überzeugt ist, die Tariftreue würde die Krise am Bau lindern, hat aus der Vergangenheit nichts gelernt, die Gegenwart nicht verstanden und vermauert eine bessere Zukunft der Bauwirtschaft in Schleswig-Holstein. Wer die Tariftreue hingegen wider besseres Wissen aus Wahlkampfüberlegungen