- Wollen Sie sich nicht erst einmal, Herr Kollege Fischer, nachdem Sie Ihre Unkenntnis bereits zu Protokoll gegeben haben, sachgerecht mit dem Problem auseinander setzen, bevor Sie weitere Zwischenrufe machen? Das wäre wirklich hilfreich.
Wir diskutieren gegenwärtig bundesweit über eine Reform unseres Sanktionssystems. Auch die Bundesjustizministerin unterbreitet dazu Vorschläge. Ich würde mir wünschen, dass Sie sich konstruktiv daran beteiligen. Wir werden das bei den Vorschlägen, die Sie übermitteln, auch tun. Dann werden Sie feststellen, dass unser Vorschlag auch in Ihren Reihen positiv
Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist Unsinn, von einer Zweiklassenjustiz zu reden. Natürlich gibt es immer subjektive Voraussetzungen. Die gibt es bei der Anordnung der Untersuchungshaft und bei der Gewährung von Vollzugslockerungen. In diesem Bereichen gibt es immer individuelle Voraussetzungen. Der geäußerte Vorwurf trifft also nicht zu. Lesen Sie die internationale Evaluierung und die Evaluierung durch das Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht in Freiburg. Dann werden Sie feststellen - -
- Ich werde mein Versprechen einhalten, Herr Präsident. - Dann werden Sie feststellen, dass unsere Argumente durchschlagend sind. Dem FDP-Änderungsantrag werden wir uns anschließen. Es gibt gute Gründe, nachdem der Modellversuch in Hessen so erfolgreich abgeschlossen worden ist, das Modell landesweit einzuführen. Versperren Sie sich nicht diesen guten Argumenten und stimmen Sie ausnahmsweise einmal einem Antrag der Opposition zu.
Herr Präsident! Meine Damen, meine Herren! Die Idee ist nicht neu, aber gut. Ich meine die Einführung der elektronischen Fußfessel zur Überwachung von Straftätern, um ihnen unter engen Voraussetzungen eine letzte Chance zu geben, dem tatsächlichen Freiheitsentzug zu entgehen. In Hessen - der Kollege Geißler sagte es bereits - läuft seit Mai 2000 der Modellversuch „Elektronische Fußfessel“, und zwar mit gutem Erfolg. Die positive Bilanz, die der hessische Justizminister Wagner nach zweijähriger Erprobung zog, gipfelte jedenfalls darin, dass er die elektronische Fußfessel nach Abschluss des Modellversuches schrittweise in ganz Hessen einführen will. In Schweden, Holland, Frankreich, der Schweiz und in den
USA ist die Fußfessel, wenn auch teilweise unter anderen Voraussetzungen, bereits fester Bestandteil im Sanktionskanon. Insofern habe ich mich gewundert, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, dass Sie für Schleswig-Holstein die Fußfessel nur als einen Modellversuch fordern. Nach so viel Erprobung stünde es nach Auffassung der FDP Schleswig-Holstein gut an, nicht nur hinterher zu klappern, sondern die Fußfessel, jedenfalls unter den von Ihnen genannten Voraussetzungen, zum festen Bestandteil im Strafvollzug zu machen. Insofern freuen wir uns natürlich, dass Sie sich unserem Antrag anschließen und es damit nicht bei einem Modellversuch belassen, sondern sie gleich rechtlich einführen wollen.
Meine Damen und Herren, jede Chance, Freiheitsentzug zu vermeiden, muss genutzt werden. Ich sage das ganz unabhängig von den gegenwärtigen Zuständen in unseren Justizvollzugsanstalten. Freiheitsentzug ist und bleibt Ultima Ratio. Wenn es um Bestrafung geht und wenn es im Zuge fortschreitender Technisierung weitere Möglichkeiten zur Haftvermeidung gibt, dann sollten wir diese auch nutzen. Frau Justizministerin Lütkes hat schlicht Unrecht, wenn sie in diesen Möglichkeiten den Einstieg in die Zweiklassenjustiz wähnt. Lassen Sie mich das an einem Beispiel, bei dem die Fußfessel zur Vermeidung von Untersuchungshaft eingesetzt wird, deutlich machen. Hat ein Beschuldigter keinen festen Wohnsitz, so kann das bislang ohne weiteres einen Haftgrund begründen. Erklärt sich dieser Beschuldigte aber bereit, sich bei einem Familienmitglied oder einem Freund überwachen zu lassen, könnte man dank der Fußfessel von UHaft absehen. Der Beschuldigte ohne festen Wohnsitz hätte sozusagen eine letzte Chance.
Nach meinem Verständnis hat das viel weniger mit Zweiklassenjustiz zu tun, als beispielsweise die bestehenden Möglichkeiten, den Vollzug eines Haftbefehls gegen Kaution auszusetzen. Überhaupt sollte die Justizministerin vorsichtig sein, ein solches Schubladendenken zu befördern.
Die anstehende Sanktionsrechtsreform, die unter dem Titel „Schwitzen statt Sitzen“ durchaus bedenkenswerte Ansätze enthält,
um beispielsweise kurzzeitige Freiheitsstrafen durch gemeinnützige Arbeit zu ersetzen, auch in Fällen, in
denen eine Geldstrafe nicht geleistet werden kann, könnte sonst schnell einen falschen Zungenschlag erhalten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, nach allen bisherigen Erfahrungen bietet die elektronische Fußfessel auf der Grundlage der bestehenden Gesetzeslage gute Möglichkeiten, Haft zu vermeiden, und zwar in Fällen, in denen die Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt worden ist, in denen durch die elektronische Überwachung Untersuchungshaft vermieden werden kann, in denen sich Bewährungswiderrufe vermeiden lassen oder eine Reststrafenaussetzung vorgenommen werden kann. Der Zwischenbericht vom Mai 2002 des MaxPlanck-Instituts für ausländisches und internationales Strafrecht, das die Begleitforschung zum hessischen Modellprojekt „Elektronische Fußfessel“ übernommen hat, macht das eindrucksvoll deutlich.
Wir sollten aber auch durchaus in Erwägung ziehen, ob wir die Fußfessel nicht auch, wie beispielsweise in der Schweiz, als Alternative zum Strafvollzug bei kurzzeitigen Strafen heranziehen wollen. Noch gibt die StPO das nicht her. Ich bin aber guter Hoffnung, dass die Erkenntnisse aus den bisherigen Studien und die Erfahrungen unserer europäischen Nachbarn bald das Vorurteil verdrängen werden, die Fußfessel sei keine richtige Strafe.
Sie ist für die Betroffenen eine letzte Chance, Haft zu vermeiden, nicht mehr, aber auch nicht weniger. Die Fußfessel ist keine Verschärfung der Bewährung, aber auch nicht nur eine kleine Strafe; denn die beständige Konfrontation mit der Situation sowohl durch den psychischen Druck der Fessel als auch durch den physischen Druck, einen regelmäßigen Tagesablauf einhalten zu müssen, macht dem Betroffenen ausreichend deutlich, dass er sich am Riemen reißen muss. Im Ergebnis zeigt das weit mehr präventive Wirkung als der tatsächliche Strafvollzug. Wir sollten dieses Instrument nutzen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es gibt Argumente für und Argumente gegen den elektronisch kontrollierten Hausarrest als Instrument neuer strafjustizieller Sanktionen. Wir als SPD-Landtagsfraktion
Das Konzept „Training einer regelmäßigen straffreien und sinnvollen Lebensführung im gewohnten familiären und sozialen Umfeld und dadurch Vermeidung einer ansonsten notwendigen und kostenaufwendigen Freiheitsstrafe in einer ohnehin überfüllten und überlasteten Justizvollzugsanstalt“ ist gut. Ob das Ziel allerdings mit der Maßnahme „elektronische Fußfessel“ wirklich und wirksam erreicht werden kann, ist nach den bisher vorliegenden Erfahrungen und Erkenntnissen eher zweifelhaft. Die Hoffnungen, überfüllte Vollzugsanstalten entlasten zu können und mit dem Haftersatz viel Geld sparen zu können, werden sich schon deshalb nicht erfüllen, weil der in Betracht kommende Täterkreis relativ klein ist und weil für die Kontrolle und Überwachung kaum weniger Personal benötigt wird als im normalen Vollzug.
Wir liegen eher auf der Linie der Bundesregierung, die mit praktikablen alternativen Sanktionsformen wie zum Beispiel gemeinnütziger Arbeit den Strafvollzug sinnvoller und billiger machen will. Einen Modellversuch zur Erprobung der elektronischen Fußfessel in Schleswig-Holstein halten wir für überflüssig, weil es bereits Modellversuche in anderen Bundesländern, zum Beispiel in Hessen, gibt. Der dort laufende Versuch wird wissenschaftlich begleitet; der Herr Kollege Geißler hat darauf hingewiesen. Der Versuch läuft noch - Herr Kollege Geißler hat auch darauf hingewiesen - bis 2004, und abschließende Ergebnisse der wissenschaftlichen Auswertung liegen uns bisher nicht vor. Wir sollten diese Ergebnisse abwarten und sie hinsichtlich ihrer Anwendbarkeit und Übertragbarkeit auf die schleswig-holsteinischen Verhältnisse überprüfen.
Die von CDU und FDP hier heute voreilig beantragte erkenntnisblinde Einführung der elektronischen Fußfessel lehnen wir ab. - Ich danke Ihnen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, das hört sich natürlich auf den ersten Blick toll an, was Sie, Herr Geißler, hier an Zahlen präsentiert haben. 4.400 Hafttage vermieden, 57 Personen insgesamt erfolgreich resozialisiert. Das macht
eine Ersparnis von etwa 360.000 € aus. Zu diesen Ergebnissen sind wir auch gekommen; die waren ja auch nachzulesen. 90 % der auf diese Weise Inhaftierten sollen die Bewährungszeit ohne Verletzung der Auflagen bewältigt haben, im Gegensatz zu etwa 70 % der unter regulärer Bewährung Stehenden. Lieber Herr Geißler und werte Kolleginnen und Kollegen von der CDU, ich nehme an, dass es diese Bilanz war, die Sie bewogen hat, das Thema in den Schleswig-Holsteinischen Landtag zu bringen.
Man muss allerdings, wie in manchen Fällen im Leben, etwas genauer hinschauen, und wenn man das auch an dieser Stelle tut, relativiert sich das Bild sehr schnell. Am eklatantesten fällt ins Auge, dass der Betreuungsschlüssel der Bewährungshilfe bei den Probanden mit Fußfessel wesentlich günstiger war. Während in der regulären Bewährungshilfe eine Person 70 Verurteilte zu betreuen hat, waren es mit der Fußfessel nur 10 Verurteilte. Es bleibt also völlig offen, ob das Verhalten während der Bewährungszeit auf die Fußfessel oder auf die intensive Betreuung durch Bewährungshelfer zurückzuführen ist.
Auch wurden den Probanden bei Bedarf Wohnung und Telefon besorgt - ein Service, der der Sozialisierung sicherlich dienlich ist, der aber den gewöhnlichen Verurteilten, durchaus einleuchtend, nicht zur Verfügung steht.
Aber auch aus einem weiteren Grund ist die Bilanz des hessischen Versuchs noch nicht aussagekräftig: Die Bewährungszeit ist dazu da, dass sich der Betreffende - wie der Name schon sagt - bewährt, und zwar als freier Mensch, der selbstständig Entscheidungen über sein Handeln trifft. Herr Hildebrand, die elektronische Fußfessel ist eine besondere Art des Freiheitsentzugs, und deswegen verstehe ich gerade bei einem Liberalen einen solchen Satz nicht, wie Sie ihn gesagt haben:
„Wir sollten jede Chance nutzen, den Freiheitsentzug zu vermeiden.“ Dies, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist ein Freiheitsentzug, und er ist auch als solcher gemeint, sonst macht er überhaupt keinen Sinn. Herr Hildebrand, Sie haben das Wichtigste nicht verstanden!
Die Fußfessel ist eine besondere Art des Freiheitsentzugs. Es findet eine sehr dichte Überwachung statt, die eine bestimmte Lebensführung erzwingt.