Protokoll der Sitzung vom 11.09.2002

(Beifall bei der SPD)

Die Bildungspolitik bleibt weiterhin einer unserer Schwerpunkte. Grundsätzlich teile ich die von unserem Bundeskanzler Gerhard Schröder im TV-Duell am Sonntag geäußerte Auffassung, dass die Reform unseres Bildungssystems durch Bundesgesetze auf den Weg gebracht werden muss, wenn die Länder sich gegenseitig blockieren oder sich als zu zögerlich erweisen. Dann muss der Bund handeln, damit wir vorankommen und uns nicht jahrelang über Kompetenzen streiten. Ich glaube, das muss ein Ergebnis der sich schon jetzt abzeichnenden Kompetenzdiskussion sein.

(Beifall des Abgeordneten Holger Astrup [SPD])

Wenn wir Deutschlands Bildungssystem auf internationales Niveau bringen wollen, dann muss es Veränderungen geben. Wir müssen ideologiefrei auch über Vorschläge diskutieren, wie sie gerade die Unternehmensberatung McKinsey auf den Weg gebracht hat. Ich glaube, der richtige Weg ist es, junge Menschen auf der einen Seite stärker zu fordern und auf der anderen Seite stärker zu fördern. Dies sind die beiden entgegengesetzten Pole, die sich wie ein roter Faden durch Veränderungen im Bildungswesen ziehen müssen.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der Finanzminister hat darauf hingewiesen, dass wir es auch im Haushaltsjahr 2003 schaffen wollen, weitere 200 neue Planstellen im schulischen Bereich zu schaffen. Es ist uns nicht leicht gefallen, diesen Kompromiss zu erreichen: 150 neue Stellen werden geschaffen, 50 Stellen sollen aus dem Bestand erwirtschaftet werden. Lassen Sie es mich als ehemaliger Lehrer deutlich sagen: Wichtig ist für mich nicht die Frage der Stellen, sondern wie viel Unterricht an den Schulen ankommt. Danach beurteile ich die Unterrichtsversorgung.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW - Zuruf des Abgeordneten Martin Kayenburg [CDU])

Wir begrüßen die von Ute Erdsiek-Rave gemachte Ankündigung, ab dem Schuljahr 2003/2004 mit der Einführung fester Grundschulzeiten zu beginnen. Gestartet werden soll mit den ersten und zweiten Klassen im Hamburger Randgebiet. Wenn damit teilweise ein Abschied von den üblichen 45 Minuten

Unterrichtszeit erfolgt, so ist ein kleines Stückchen Weisheit aus PISA aufgegriffen worden. Auch eine Konzentration der Sprachförderung für ausländische Kinder ist ein richtiger Schritt. Zusätzlich beginnt in diesem Schuljahr an circa 80 Schulen der Einstieg in Ganztagsangebote. Bei den sehr unterschiedlichen Initiativen und Gruppen vor Ort zeigen sich viel Kreativität und Eigeninitiative. Das Angebot des Landes ist aufgegriffen worden und den ewigen Schwarzmalern mit bürokratischer Erfahrung darf man sagen, dass auch mit kleinen Summen eine Menge bewegt werden kann. Man muss sich nur einmal vor Ort erkundigen, was alles gemacht wurde.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Im Bereich der Kindertagesstättenförderung soll noch in diesem Jahr eine Neuregelung auf den Weg gebracht werden, die sich an belegten Plätzen ausrichtet und die unterschiedlichen Betreuungszeiten und verschiedenen Angebotsformen berücksichtigt. Inhaltlich muss daran gegangen werden, auf der Grundlage der Erkenntnisse aus der PISA-Studie den Bildungsauftrag der Kindertagesstätten weiterzuentwickeln. Ich stelle mir die Frage, ob es für uns in SchleswigHolstein auch ein Weg ist, im Kindergartenbereich nicht nur zu fördern, sondern auch zu fordern. Andere Länder gehen diesen Weg. Wir müssen uns intensiv damit beschäftigen, ob wir eine andere, qualitätsvollere und höhere Ausbildung der Vorschulpädagogen brauchen. Andere Industrienationen zeigen, dass das so falsch nicht sein kann.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Lassen Sie mich kurz auf den Hochschulbereich eingehen: Für die Hochschulen erwarten wir Ende dieses Jahres die Ergebnisse der Erichsen-Kommission, die eine Bewertung der Hochschulstruktur des Landes vorlegen und gleichzeitig Vorschläge für Veränderungen machen wird. Ich gehe davon aus, dass wir Vorschläge bekommen werden, die man als einschneidend bezeichnen muss. Es ist dann unsere Aufgabe in diesem hohen Haus, diese Vorschläge - wenn wir sie als richtig erachten - auch gegen regionale Proteste durchzusetzen, wenn es uns gelingen soll, auch in Zukunft in Schleswig-Holstein ein leistungsfähiges Hochschulwesen zu haben. Dies muss geschehen. Daran müssen wir uns alle messen lassen. Nur wer in dieser Frage den unbequemen Weg geht, wird am Ende Erfolg haben.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Lothar Hay)

Ein jährlich wiederkehrendes Thema in den Haushaltsberatungen ist die Frage, wie wir als Landtag und Haushaltsgesetzgeber mit den Minderheiten umgehen. Wir als SPD-Landtagsfraktion streben hier die Überrollung der Summen des Jahres 2002 an.

(Beifall des Abgeordneten Dr. Ulf von Hielmcrone [SPD])

- Herr Kollege Hielmcrone, wir freuen uns, dass Bundeskanzler Gerhard Schröder in einem Gespräch mit der friesischen Volksgruppe und der dänischen Minderheit zugesichert hat, sich für eine Kontaktstelle beim Deutschen Bundestag einzusetzen. Hier wird nachgeholt, was beim dänischen Folketing schon die Regel ist. Der Bundeskanzler hat sich auch positiv zu der für das kommende Jahr geplanten Förderung der Friesen durch Projektmittel im Umfang von 250.000 € geäußert.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Sehr gut!)

Das ist der richtige Weg, wenn auch der Bund erkennt, dass er eine Verantwortung für Minderheiten in der Bundesrepublik Deutschland hat.

(Beifall bei SPD und SSW)

Im Dezember letzten Jahres hatte ich das Thema Gebietsreform in meiner Haushaltsrede aufgegriffen. Das Beispiel der Stadt Fehmarn zeigt, dass der Weg von unten nach oben - was Veränderungen betrifft - der richtige Weg ist.

(Beifall bei SPD und FDP)

Vernünftige Verwaltungsstrukturen, Kostenreduzierungen und optimale Gemeinde- und Ämtergrößen werden von den Kommunalpolitikern vor Ort oft besser erkannt, als wenn wir den Versuch machen, von der Landesebene aus etwas überzustülpen.

(Beifall bei SPD und FDP - Klaus Schlie [CDU]: Sehr richtig!)

Ich erwarte noch mehr Beispiele wie das der Stadt Fehmarn. Wir sollten zu diesem Weg ermuntern, ihn unterstützen und uns selbst daran ein Beispiel nehmen.

Das dringendste Problem habe ich mir bis zum Schluss aufgehoben. Ich meine die Arbeitslosigkeit. Ich weiß, dass Selbstkritik für Politiker außergewöhnlich ist. Zwar bin ich erfreut darüber, dass die Arbeitslosigkeit im Vergleich zum Vormonat zurückgegangen ist, dennoch haben wir in SchleswigHolstein aber nach wie vor eine viel zu hohe Arbeitslosigkeit. Auch nach dem 22. September wird es keinen Königsweg zur Beseitigung der Arbeitslosigkeit geben.

(Zurufe von der CDU)

Wir sind uns aber sicher, dass viele Vorschläge der Hartz-Kommission ihren Teil zur Entbürokratisierung und damit gleichzeitig zur beschleunigten Vermittlung beitragen können.

(Beifall bei der SPD)

Es ist richtig und konsequent, wenn sich unsere Sozialministerin Heide Moser entschieden hat, gemeinsam mit den Sozialpartnern dort schon jetzt Lösungen in Angriff zu nehmen, wo die Vorschläge sinnvoll und ohne großen Aufwand umsetzbar sind. Dies gilt zum Beispiel für sofortige Vermittlungsaktivitäten der Arbeitsämter nach Kündigung eines Arbeitsverhältnisses. Dies gilt auch bei der Frage der Freistellung von Gekündigten zur Arbeitssuche. Das ist der richtige Weg, wie wir es in Schleswig-Holstein schaffen können, wieder mehr Menschen in Arbeit und Brot zu bekommen.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Für uns in den Ländern ist der Blick auf den Termin der Bundestagswahl am 22. September von großer Bedeutung. Schließlich wissen wir aus der nahen Vergangenheit, dass viele Berliner Entscheidungen die Landesebene stärker berücksichtigen, als uns lieb ist.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: So ist es!)

Unter diesem Gesichtspunkt können die Länder nur hoffen, dass die alte Bundesregierung auch die neue ist.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Heiterkeit bei CDU und FDP - Wolfgang Kubicki [FDP]: Gerade die Grü- nen müssten das hoffen!)

- Warten Sie ruhig ab! - Schaut man nämlich auf das Vorhaben der heutigen Berliner Opposition, so treffen Neuverschuldung in zweistelliger Milliardenhöhe durch die Union und Forderung nach umfangreichen Steuersenkungen vonseiten der FDP aufeinander. Länder und Gemeinden sind mittelfristig aber nicht in der Lage, Steuersenkungen über die jetzt beschlossenen hinaus zu verkraften. Weitere Verschuldungen treffen zukünftige Generationen. Das ist eine Politik, die mit Sozialdemokraten nicht machbar ist.

(Beifall bei der SPD - Zurufe von der CDU)

Im Haushaltsplanentwurf des Jahres 2003 werden die

(Lothar Hay)

Schwerpunkte Arbeit, Bildung und innere Sicherheit ganz oben stehen.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Das sagten Sie schon!)

Wir werden gemeinsam mit der Landesregierung weitere Kürzungen vornehmen. Ferner werden wir beabsichtigte strukturelle Maßnahmen unterstützen und durch eigene Vorschläge ergänzen. Wir Sozialdemokraten blicken mit froher Erwartung auf den 22. September. Die SPD-Landtagsfraktion wird für den zweiten Teil der Legislaturperiode gemeinsam mit der Landesregierung am politischen Schwungrad drehen,

(Beifall bei der SPD – Zuruf von CDU und FDP: Oh! - Zuruf von der CDU: Haben Sie die Grünen verloren? - Wolfgang Kubicki [FDP]: Bravo!)

sodass wir unser Land im gesteigerten Tempo bis 2005 ein deutliches Stück voranbringen. Die Opposition hat wie immer keine Vorschläge gemacht.

(Lebhafter Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Bevor ich das Wort weitergebe, möchte ich weitere Gäste begrüßen. Auf der Tribüne haben Platz genommen Mitglieder der AG 60 plus aus Burg auf Fehmarn. In Zukunft muss es wohl Stadt Fehmarn heißen. - Herzlich willkommen!

(Beifall)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Kubicki das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dies wäre der Platz für eine Generalabrechnung mit der Landesregierung, insbesondere so kurz vor der Bundestagswahl.

(Brita Schmitz-Hübsch [CDU]: Ja und?)