Wenn Einigkeit darüber besteht, dass Kindern mehr ermöglicht werden soll als die reine Unterbringung, dann müssen politische Vorgaben darüber entwickelt werden, welche pädagogischen Ziele in Kindergärten realisiert werden sollen. Die Kultusministerin hat Recht, dass Kindergärten nicht nur zum Spielen da sind. Dann muss man jedoch sagen, wozu sie da sind und wer das leisten soll. Es ist richtig, intensive Fördermaßnahmen zu fördern und den Bildungsauftrag der Kindergärten besonders hervorzuheben. Es müssen - Frau Birk, das haben Sie meiner Meinung nach etwas zart angesprochen - jedoch mehr sein als die 33 % der derzeitigen Einrichtungen in Schleswig
Auch Folgendes haben Sie sehr charmant und zurückhaltend angesprochen: Wie soll denn ein solches Konzept über das pädagogische Personal vermittelt werden, wenn sich einige Träger in ihren Einrichtungen die Fortbildungskosten für das pädagogische Personal schlichtweg sparen? Wenn die PISA-Studie gezeigt hat, dass sich Kindergärten international immer mehr als erste Stufe des Bildungswesens durchsetzen, dann müssen wir in Zukunft Erzieherinnen und Erzieher nicht nur dazu motivieren - ich finde, die meisten sind motiviert -,
sich für die Kinder zu engagieren, sondern wir müssen ihnen bei der Einlösung dieses Auftrages auch die entsprechenden Rahmenbedingungen schaffen. Das heißt konkret, wir müssen sie in die Lage versetzen, dass sie diesem von uns und von den Erzieherinnen und Erziehern selbst gewollten pädagogischen Auftrag erfüllen können.
Zum Schluss möchte ich ein Thema, das auch der Kollege Geerdts angesprochen hat, etwas ausführlicher beleuchten. Wenn wir uns die derzeitige Landschaft ansehen, dann stellen wir fest, dass sie sich aufgrund der Erhebungsprobleme statistisch nicht so schön einsortieren lässt, wie wir das vielleicht gerne hätten. Es ist aber noch ein zweiter Punkt, der mir jedenfalls viel wichtiger erscheint. Darüber haben wir uns bereits, angeregt durch die Elterninitiative Nordfriesland, unterhalten. Es ist weder von den Eltern noch von den Einrichtungsträgern noch von den Gemeinden noch von den Kommunen und, wenn wir ehrlich sind, noch vom Land in Zukunft sonderlich viel mehr Geld zu erwarten. Aber möglicherweise gibt es ja die Chance, das nicht beliebig vermehrbare Geld effizienter, das heißt zielorientierter einzusetzen.
Denn eine fehlende Passgenauigkeit der Angebote kann zumindest ein Indiz dafür sein, dass Geld heute nicht immer so optimal und effizient eingesetzt wird, wie man es vielleicht könnte.
Ein Vorschlag liegt vor, und zwar der von der Landesregierung vorgeschlagene Paradigmenwechsel, nämlich weg von einem angebotsorientierten und hin zu einem nachfrageorientierten System. Ich habe zu Beginn einmal meiner Fraktion gesagt: Nicht in Steine investieren, sondern in die Köpfe der Kleinen investieren.
(Beifall der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] - Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das haben sie von den Grünen abgeschrie- ben!)
- Moment! - Ich habe mir alle Mühe gegeben, dieses Konzept nicht nur zu durchdenken, sondern auch zu verstehen, und bin zu der von Herrn Geerdts angesprochenen Podiumsdiskussion der Elternvereinigung nach Nordfriesland gefahren. Ich habe mir vorher Gedanken darüber gemacht, was für dieses Konzept spricht - das wäre das grundsätzliche Motto, nicht in Steine, sondern in die Köpfe zu investieren - und was möglicherweise dagegen spricht. Wenn man ein Konzept, liebe Kolleginnen und Kollegen - es tut mir Leid, dass sie nicht da ist; aber vielleicht können Sie ihr das mit auf den Weg geben -, das als Diskussionsgrundlage im Raum steht, und wenn ein Vertreter einer Fraktion, nämlich ich, anwesend ist, der sich nicht darauf festgelegt hat zu sagen, dass wir das unter keinen Umständen haben wollen - das hatten andere Kollegen getan -, so zerredet, dass bei den Eltern nur noch der Eindruck entsteht, dass zusätzliche Ministerialbeamte beschäftigt werden sollen, weil dieser komische Punkteschlüssel, den ich in der Tat nicht ganz verstanden habe, so kompliziert ist - die Kollegin Fröhlich sagte, das reicht ihr alles noch nicht; es müssten noch viel mehr Kategorien und Kriterien werden -, dann muss ich Ihnen ganz ehrlich sagen: Darauf kann ich wirklich verzichten. Da steigt kein Mensch durch. Das versteht kein Mensch. Dann kommt das Geld auch nicht mehr bei denen an, bei denen es eigentlich ankommen soll.
Ich möchte ganz klar sagen: Mir hat es ausgesprochen Leid getan, weil ich völlig ergebnisoffen dorthin gefahren bin und inhaltlich so einiges auf den Deckel bekommen habe, dass ich gedacht habe, bevor wir das realisieren, was gerade vorgestellt wurde, lassen wir lieber alles, wie es ist. Wenn das, was Sie vorgestellt haben, immer noch die Diskussionsgrundlage sein soll, dann will ich auf jeden Fall eine Angst, die die Eltern dort berechtigterweise geäußert haben, weitergeben dürfen.
Es besteht die große Befürchtung, dass bei einem solchen Konzept die besonderen Belange eines Flächenlandes wie Schleswig-Holstein tatsächlich völlig den Bach hinuntergehen. Das, sehr geehrte Frau Ministerin, müssen wir ernst nehmen und diese Angst müssen wir ausräumen.
Eine zweite Angst müssen wir ausräumen und das gilt nicht nur für diesen Diskussionsvorschlag. - Ich komme zum Schluss, Herr Präsident. - Bei jeder Neuordnung, die wir anstreben, darf auch nicht der Hauch des Anscheins entstehen, als sei dies eine Sparschwein-Aktion, bei der man sagt, man mache etwas Neues, in Wirklichkeit will man aber Geld einsparen. Noch nicht einmal der Anschein darf erweckt werden, wenn wir es wirklich ernst damit meinen, für Kinder in Zukunft mehr zu tun und die knappen Ressourcen optimal einzusetzen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Familienpolitik, die Bildung und die Einwandererintegration haben Hochkonjunktur. Gegenwärtig können wir uns deshalb über die politische Aufmerksamkeit für Kinder und Jugendliche nicht beklagen. Ob es nämlich um Familien, Gesundheit, Kriminalität, Drogenkonsum oder soziale Ausgrenzung geht - immer wieder wird der Ursprung der Probleme im Kindesalter deutlich. Deshalb wird es glücklicherweise allmählich zum Allgemeingut, dass eine gesellschaftlich und ökonomisch weitsichtige Politik schon bei den Kindern einsetzt.
Sozusagen das Minimum besteht darin, dass ihnen eine vernünftige Betreuung zur Verfügung steht. Kinderbetreuung fördert die Entwicklung der Kinder, bietet ihnen Chancengleichheit und ermöglicht auch die Erwerbstätigkeit der Eltern. Selbst diese grundlegenden Voraussetzungen waren lange nicht gewährleistet. Aber in diesem Punkt hat sich unsere Gesellschaft im vergangenen Jahrzehnt gewaltig weiterentwickelt. Wir haben den Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz bekommen und auch umgesetzt. Trotz der zunehmend schwieriger werdenden Situation aufgrund der öffentlichen Finanzen wurde in den 90er-Jahren die Betreuung kontinuierlich ausgebaut. Die Personalkostenförderung des Landes
wurde von 1988 bis 2001 mehr als verdoppelt, nämlich von 25 Millionen € auf 53 Millionen €. Diese Zahlen zeigen eindrucksvoll, welche erheblichen Kraftanstrengungen unternommen wurden, und zeigen vor allen Dingen auch, welche Defizite vorher bestanden haben.
Wer die Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage liest, kann nicht im Zweifel sein, dass im letzten Jahrzehnt bei der Kinderbetreuung viel erreicht worden ist. Allerdings bleibt wenig Zeit, um sich auf den Lorbeeren auszuruhen. Die Daten im vorliegenden Bericht machen sehr deutlich, dass die meisten Eltern, vor allem die Mütter, immer noch kaum die Chance auf eine Vollzeitbeschäftigung haben. Deshalb ist es für die zukünftige Entwicklung vor allem notwendig, die Betreuungszeiten auszuweiten. Meine Vorredner haben sich dazu ja auch schon geäußert. Die geplante Förderung der Landesregierung setzt auch an diesem Punkt an: Längere Betreuungszeiten sollen zusätzlich gefördert werden.
Grund zum Rasten gibt es nicht, denn unsere Ziele haben sich weiterentwickelt. Heute geht es eben nicht mehr nur darum, einen Halbtagsplatz vorzuhalten, damit die Kinder dort „geparkt“ werden können. Es geht um Förderung und Prävention. Dadurch gewinnen auch die Inhalte und die Qualität der Betreuung immer mehr an Bedeutung. Gerade die Qualität gerät aber angesichts der ohnehin enormen Investitionen unter finanzpolitischen Druck. Das haben wir schon bei der Diskussion um die Senkung der Standards der Kindertagesstätten erlebt. Mit dem neuen Fördermodell der Landesregierung wird jetzt versucht, die Defizite in der Versorgung zu beheben, ohne mehr auszugeben. Die vorgeschlagenen strukturellen Änderungen werden aber nicht ohne Einschnitte bei der Qualität umgesetzt werden können.
Wir halten vor allem eine reine Pro-Kopf-Förderung für falsch. Die neue Finanzierung der Landesregierung ist eigentlich so, als ob man in öffentlichen Bussen den Fahrscheinpreis davon abhängig macht, wie viele Leute gerade im Bus sitzen. Unrentable Linien auf dem Land würden folglich gleich ganz geschlossen werden. Wie im Busverkehr hat die öffentliche Hand aber auch bei den Kindergärten eine Verantwortung für die Grundversorgung in der Fläche. Auch ein Mensch, der in den „unendlichen Weiten“ Nordfrieslands wohnt, kann für sich in Anspruch nehmen, dass sein Kind in vertretbarer Entfernung pädagogisch ordentlich betreut wird.
Es ist richtig, dass die Finanzierung pro Kind heute erheblichen Schwankungen unterliegt. Ein Kind in einer nicht ganz gefüllten Einrichtung auf dem Land kostet uns mehr als ein Kind in einer zum Bersten vollen Kita im Hamburger Randgebiet. Ich kann nachvollziehen, dass die größeren Häuser und Träger dies als ungerecht empfinden, aber es ist nun einmal so, dass es wesentlich teurer ist, eine Einrichtung mit wenigen Kindern in einem Dorf in Nordfriesland zu betreiben als mehrere Gruppen oder sogar mehrere Einrichtungen mitten im Stadtgebiet.
Wir sind entschieden dagegen, dass die Kindergartenlandschaft wie früher bei den Dorfschulen zentralisiert wird. Wir können es nämlich den Kleinsten nicht zumuten, dass sie im ländlichen Raum jeden Tag lange Strecken im Bus zurücklegen müssen, damit 20 oder 22 Kinder für eine Gruppe zusammenkommen. Die Erhaltung kleiner Einrichtungen wäre bei der neuen Finanzierung aber nur durch eine höhere Kostenbeteiligung der örtlichen Jugendhilfeträger oder der Eltern möglich. Dies scheint uns keine Alternative zu sein. Ein anderes Problem in Verbindung mit der Pro-Kopf-Finanzierung besteht darin, dass damit auch Anreize dafür gesetzt werden, dass vor allem große Träger die Gruppengrößen maximal ausreizen. Das mag wirtschaftlicher sein. Ob es qualitativ oder pädagogisch sinnvoller ist, ist zweifelhaft.
Wir haben uns in diesem Hause bereits mehrfach mit den Standards für Kindertagesstätten auseinander gesetzt. Unsere Haltung dabei ist klar: Wir wollen keine weiteren Verschlechterungen des Parameters Gruppengröße. Gerade angesichts der vielen Anforderungen, die wir heute an eine Kindertagesstätte stellen, können wir dies nicht vertreten. Die Kindergartenförderung muss auch berücksichtigen, dass die Personalkosten der Kindertagesstätten weitgehend unabhängig von der Kinderzahl sind.
Wir lehnen die Reform der Landesförderung nicht in Bausch und Bogen ab, wir meinen aber, dass eine Neuordnung mindestens einen Sockel an Förderung für alle Einrichtungen gewährleisten muss. Wir be
grüßen es ausdrücklich, dass längere Öffnungszeiten und besondere Leistungen der Einrichtung honoriert werden sollen. Das gilt für die Integration von Behinderten ebenso wie für Zuschläge für besondere sprachliche Leistungen für Migrantenkinder oder andere Minderheiten. Die Grundzüge der Reform bleiben allerdings problematisch.
Aber insgesamt gesehen, sind wir bei der Grundförderung für die 3- bis 6-Jährigen schon sehr weit gekommen. Unsere besondere Aufmerksamkeit verdienen deshalb die Betreuungsangebote für Kinder vor und nach dem Kindergartenalter. Das eine ist die Altersgruppe der Kinder unter 3 Jahren. Hier besteht ein erhebliches Unterangebot. Das lässt sich aus dem Bericht genau ersehen.
Zum anderen geht es zukünftig auch um eine ordentliche Betreuung für die Schulkinder. Spätestens seit der Diskussion um die Ausländerintegration und um die PISA-Bildungsstudie ist die Nachmittagsbeschäftigung der Schulkinder wieder ins Zentrum der Aufmerksamkeit gerückt. Wir sind dagegen, die Schule einfach in den Nachmittag zu verlängern. Die Angebote am Nachmittag sollen etwas anderes sein als eine Verlängerung der Wissensvermittlung. Die beste Lösung liegt zwischen Schule und Betreuung. Sie ist ein pädagogisch wertvolles Angebot, das den Kindern eine sinnvolle Freizeitgestaltung gestattet und den Eltern die Berufstätigkeit ermöglicht. Sie fördert die Entwicklung auf Gebieten jenseits der schulischen Wissensvermittlung und bietet den Kindern andere Chancen.
Hier sind Einrichtungen wie die betreute Grundschule oder die geplanten Ganztagsangebote - allerdings nur - ein erster Schritt. Ich kann verstehen, dass man aus finanziellen Gründen auf Quantität setzt, dass man die deutlich billigeren Angebote vorzieht. Wer es aber ernst meint mit der Zusammenarbeit von Schule und Jugendhilfe wie auch mit der Vorbeugung vor sozialen Problemen und PISA-Pleiten, darf die Qualität hierbei nicht aus den Augen verlieren. Deshalb müssen auch pädagogisch hochwertige, präventiv angelegte Angebote der Jugendhilfe wie Horte, Häuser der offenen Tür, dänische Freizeitheime und Freizeitclubs weiterhin gefördert werden.
Wir sind dagegen, durch die Einrichtung von reinen Betreuungsveranstaltungen bei den qualifizierten und
damit teureren Angeboten der Jugendhilfe zu sparen, was gerade auf kommunaler Ebene möglicherweise längerfristig beliebt werden dürfte.
Die Anstrengungen der letzten Jahre waren vor allem darauf ausgelegt, den Familien die Tagesplanung zu erleichtern. Diese Möglichkeit der Betreuung aller Kinder ist das absolute Minimum. Schleswig-Holstein hat in den letzten Jahrzehnten erhebliche Anstrengungen unternommen, um die Zahl der Betreuungen im Land stark zu erhöhen. Jetzt ist es Zeit, auch darauf zu achten, dass die Qualität nicht weggespart wird. Damit würden wir nämlich kaum den politischen Herausforderungen gerecht werden, vor denen wir gegenwärtig stehen.
In diesem Zusammenhang möchte ich mich dem Dank, den alle anderen ausgesprochen haben, anschließen. Ich denke, wir werden die Einzelheiten aus diesem Bericht vor allen Dingen im Ausschuss besser besprechen können. Die einzelnen Statistiken sind interessant, aber es sind sicherlich auch noch Nachfragen notwendig. Das konnte ich heute ein wenig heraushören.
Deshalb möchte ich auch auf den Beitrag von Frau Birk eingehen, die sich auf Seite 90 des Berichts, auf die Elternbeteiligung beim dänischen Schulverein bezogen hat. Wenn Sie die beiden vorhergehenden Seiten lesen,