Protokoll der Sitzung vom 12.09.2002

Wer die Vertiefung des Fahrwassers mit der Hochwasserkatastrophe in Zusammenhang bringt, täuscht die Menschen und will, Frau Heinold, nur sein ökologisches Süppchen kochen. Ich halte es allerdings für notwendig, dass wir in unserem Land eine Diskussion darüber führen, ob und inwieweit die Wasser- und Bodenverbände durch eigenwillige bürokratische Regelungen bei der Bekämpfung des Hochwassers gehindert wurden. Mich würde interessieren, warum die Verbände zum Beispiel zu neuen Formen der Abwassergrabenpflege genötigt oder möglicherweise durch entsprechende Vergütung verführt wurden, die den jahrelangen Erfahrungen der Verbände widersprechen.

Ich halte es auch für notwendig zu untersuchen, wie stark die öffentlichen Mittel für die Verbände zugunsten einer grünen Klientel zurückgefahren wurden.

(Beifall bei der CDU)

Ferner will ich wissen, warum die Landesregierung nicht eingeschritten ist, als offensichtlich wurde, dass die Verbände erforderliche Deicherhöhungen nicht würden finanzieren können. Eine frühe Kostenübernahme wäre allemal billiger gewesen als der Schaden, der jetzt entstanden ist.

(Beifall bei CDU und FDP)

Dabei will ich die vermeidbaren Sorgen, Ängste und Belastungen der Menschen gar nicht erst in Betracht ziehen.

Der heute eingebrachte Antrag der CDU-Fraktion, zu dem meine Kollegin Todsen-Reese und mein Kollege Klaus Schlie noch sprechen werden, zeigt Wege auf, wie Schleswig-Holstein in der Zukunft den Risiken besser vorbeugen und auf die Folgen starker Regenfälle besser vorbereitet werden kann. Wir zeigen auch Wege auf, wie den Opfern von solchen Überschwemmungen wirksam und gerecht geholfen werden kann.

(Beifall bei FDP und CDU)

Wir wissen, dass unsere Forderungen Geld kosten.

(Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Das macht ja nichts!)

(Martin Kayenburg)

Aber angesichts der Katastrophen müssen wir vorbeugende Abwehrmaßnahmen zugunsten der Menschen schaffen und uns auch mit den nachsorgenden Möglichkeiten befassen. Insofern geht unser Antrag viel weiter als die allgemeinen Appelle und die Resolutionen der anderen Fraktionen. Ich bin überzeugt: Mit dem CDU-Antrag wären wir auf einem guten Weg.

(Beifall bei CDU und FDP)

Herr Minister Buß möchte gerne direkt antworten. Gibt es Einwände dagegen, dass zunächst Herr Minister Buß das Wort erhält? - Das ist nicht der Fall. Herr Minister, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich spreche auch nur kurz; denn ich möchte, Herr Kayenburg, nur zu einem Punkt Stellung nehmen, was Lauenburg und Geesthacht betrifft.

Ich muss wirklich sagen: Ich bin mehr als enttäuscht. Einen solchen Unsinn habe ich selten gehört.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Gelder, die dort gezahlt worden sind - jeweils 500.000 € - stammen aus dem Sofortprogramm des Bundesinnenministers zur Wiederherstellung der gemeindlichen Infrastruktur. Beide Städte haben selbstverständlich Schäden nachgewiesen, die genau unter dieses Programm zu subsumieren sind.

(Zuruf des Abgeordneten Martin Kayenburg [CDU])

- Das verstehen Sie doch überhaupt nicht! Natürlich haben wir das geprüft.

(Martin Kayenburg [CDU]: Das haben Sie nicht geprüft!)

- Was glauben Sie denn eigentlich? Wir haben das sehr wohl geprüft. Wir haben den Städten in unbürokratischer Weise Gelder zur Verfügung gestellt, damit sie die Reparaturarbeiten möglichst schnell in Auftrag geben können.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN, FDP und SSW)

Dass das dann auch noch persifliert wird, ist wirklich ein starkes Stück. Ich freue mich, dass wir die Möglichkeit hatten, den Städten schnell zu helfen. Das werden wir auch in Zukunft tun, egal was Sie sagen oder nicht sagen.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN, FDP und SSW)

Das Wort erteile ich jetzt der Frau Abgeordneten Gröpel.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Minister Klaus Buß hat gerade richtig gestellt, was Herr Kayenburg hier in einer nicht nachahmenswerten Weise gesagt hat. Ich glaube, Sie haben immer noch nicht verstanden, um was es überhaupt geht und worum wir uns in Zukunft zu kümmern haben.

(Beifall bei der SPD)

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, wir alle haben die Bilder der unvorstellbaren Verwüstung, die die Flutkatastrophe quer durch Deutschland und Europa angerichtet hat, vor Augen, Menschen, die hilflos und verzweifelt mit ansehen mussten, wie ihr Hab und Gut zerstört wurde, Menschen, die Angst um ihr Leben hatten oder ihr Leben lassen mussten. Unser tiefes Mitgefühl gilt den Angehörigen der Opfer in den Überflutungsgebieten.

Tief beeindruckt sind wir von der überwältigenden Hilfsbereitschaft und Solidarität in allen Teilen der Bevölkerung. Diese Katastrophe hat gezeigt, dass die Menschen in höchster Not zusammenstehen. Besonders gefreut hat uns das Engagement der jungen Menschen.

(Beifall im ganzen Haus)

In Schleswig-Holstein konnte ein Deichbruch zum Glück verhindert werden, sodass die befürchteten Schäden nicht eingetreten sind. Auch die SPD-Fraktion bedankt sich bei den vielen engagierten Einsatzkräften von Feuerwehr, Technischem Hilfswerk, Bundeswehr, Bundesgrenzschutz, Polizei, den privaten Hilfsorganisationen und den unzähligen Bürgerinnen und Bürgern, die zu den Hilfsmaßnahmen beigetragen haben.

(Beifall im ganzen Haus)

Im Gegensatz zur CDU dankt die SPD-Fraktion auch der Landesregierung für die Hochwasserschutzmaßnahmen, die sie schnell und entschlossen eingeleitet hat, unter anderem für die finanzielle Zusage zur Deichverstärkung im Bereich Lauenburg.

(Beifall bei der SPD)

(Renate Gröpel)

Herr Kayenburg, Sie müssen den Menschen einmal persönlich erklären, wieso Sie die Bereitstellung von Mitteln aus dem Verfügungsfonds der Ministerpräsidentin als übereilt bezeichnet haben. Sagen Sie das doch einmal vor Ort. Dann werden Sie hören, was die Menschen dazu sagen.

(Beifall bei der SPD - Martin Kayenburg [CDU]: Fragen Sie einmal die Gemüsebau- ern!)

Im Gegenteil, es ist ein gutes Zeichen.

Für die SPD-Fraktion wiederhole ich klar und deutlich: Der Schutz des Menschen mit seinem Hab und Gut hat beim Hochwasserschutz absolute Priorität.

(Beifall bei SPD und FDP)

Auch zukünftig werden Deichbaumaßnahmen ein Instrument für den Hochwasserschutz bleiben.

Lassen Sie mich an dieser Stelle auf den Entschließungsantrag der FDP zum Landeswassergesetz eingehen. Sehr geehrte Frau Happach-Kasan, er ist überflüssig und von derselben Unkenntnis geprägt wie Ihr Vorschlag, die Haseldorfer Marsch zu fluten.

(Beifall bei der SPD)

Daher werden wir den Antrag ablehnen.

Im Übrigen sind wir auch schon viel weiter. Der neue Generalplan Küstenschutz sieht vor, den Sicherheitsstandard der Deiche um 50 cm zu erhöhen. Damit nimmt Schleswig-Holstein die Aussagen der Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen zum Anstieg des Wassers aufgrund der globalen Erwärmung sehr ernst. In den letzten 100 Jahren hat der Anstieg um 0,7° Celsius zu einem Anstieg des Wassers um 20 cm geführt. Prognostiziert wird in den nächsten Jahrzehnten ein Anstieg um mindestens 1° Celsius. Jeder kann sich ausrechnen, was das bedeutet.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: 30 cm!)

Der Zusammenhang zwischen den scheinbar gehäuft auftretenden Wetterextremen und der bereits eingetretenen Klimaerwärmung ist in den vergangenen Tagen und Wochen oft thematisiert worden. Es ist mittlerweile unbestritten, dass der Mensch seinen Anteil am Klimawandel hat. „Weltweiter Wetterwahnsinn“ so lautete die Überschrift in den „Lübecker Nachrichten“ vom 6. September 2002. Russland kämpft gegen das Feuer, Italien gegen das Wasser und Japan gegen den Wind. Kein Tag ohne neue Unwetterkatastrophen. Der Taifun vom vergangenen Wochenende hat in unserer chinesischen Partnerschaftsprovinz Zeijang an der Ostküste verheerende Zerstörungen angerichtet.

Wollen oder müssen wir uns daran gewöhnen? Nein, wir müssen mit aller Entschiedenheit entgegenwirken. Dies zeigt, wie wichtig der Klimaschutz ist.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Deshalb muss die seit dem Regierungswechsel in Schleswig-Holstein von 1988 eingeleitete Politik der ökologischen Modernisierung auch gegen den Widerstand der Interessengruppen weitergeführt werden. Energie einsparen, Wärmedämmung, Förderung der regenerativen Energien, Atomausstieg, Aufbau der Kraft-Wärme-Kopplung, Neuordnung der Mobilität, mehr Naturschutz und stärkere Ökologisierung der Landwirtschaft zahlen sich langfristig ökonomisch aus -, auch bei Ihnen.