Protokoll der Sitzung vom 09.10.2002

(Beifall beim SSW und vereinzelt bei der SPD - Holger Astrup [SPD]: Es sei denn, wir zerreden alles!)

Die Wahrnehmung von Chancen bedeutet auch, kurzfristig Überbrückungshilfen zu leisten. Nur um diese geht es. Es geht nicht um eine dauerhafte Subventionierung, sondern nur um die Überbrückung.

Um in den nächsten Jahren auf dem UMTS-Markt eine Rolle spielen zu können, muss sich die MobilCom in ihrem Kerngeschäft konsolidieren. Sie wird diesen Prozess auch schaffen. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, aber auch von der FDP, das ist der große Unterschied zu Holzmann. Es handelt sich bei der MobilCom tatsächlich um ein Unternehmen mit Zukunft, um ein Unternehmen, das sich am Markt behaupten kann. Das war bei Holzmann in keinster Weise der Fall.

Die MobilCom kann diesen Prozess allerdings nur dann einleiten, wenn ihr über kurzfristige finanzielle Probleme hinweggeholfen wird. Ich weiß, dass dies auch ein gewisses Risiko für den Staat bedeutet. Wir können dort auch einen Haufen Geld verlieren. Aber die Arbeitsplätze und der Erhalt des Unternehmens sind dieses Risiko wert. Wir als SSW sind bereit, die Landesregierung und auch die Bundesregierung bei der Hilfe für die MobilCom zu unterstützen. Wir müssen jetzt handeln und Verantwortung übernehmen. Der Bürger erwartet dies von uns und die, die handeln, werden von uns auch unterstützt.

(Beifall beim SSW und des Abgeordneten Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Ich erteile Herrn Minister Dr. Rohwer das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin den Mitgliedern der Fraktion der Freien Demokratischen Partei dafür dankbar, dass sie eine berechtigte Frage gestellt haben. Es ist nicht Aufgabe dieses hohen Hauses, in diesem Plenum Einzelheiten über MobilCom zu diskutieren.

(Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Ministerpräsidentin und ich haben deswegen auch entschieden, dass wir heute in dieser Sitzung nicht über Details reden.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Sehr gut! - Hol- ger Astrup [SPD]: Sehr vernünftig!)

Ich finde es aber ausgesprochen wichtig - das klang auch in verschiedenen Beiträgen an -, dass wir uns über die Außenwirkung dieser Debatte hier einmal Gedanken machen. Was ist eigentlich die Botschaft, Herr Kayenburg, die von dieser Diskussion heute ausgehen soll? Soll die Botschaft sein, es gibt im hohen Hause Dissens darüber, dass wir MobilCom mit allen uns verfügbaren Mitteln retten - ja oder nein? Diese Frage bitte ich Sie zu beantworten.

(Beifall bei SPD, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Ich erkläre nochmals - die Ministerpräsidentin hat das deutlich gesagt -: Die Landesregierung steht 100prozentig zu den Zusagen, die sie am 15. September dieses Jahres gemacht hat, nämlich alles das, was in ihrer Macht steht, zu tun, um möglichst viele

(Minister Dr. Bernd Rohwer)

Arbeitsplätze bei MobilCom zu retten. Das erwarten auch die Mitarbeiterinnen und die Mitarbeiter, die heute hier sind, und dazu stehen wir.

(Beifall bei SPD, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Meine Damen und Herren, ich will in diesem Zusammenhang nur sagen, dass seitdem eine Menge passiert ist. Wir haben Gespräche mit der MobilCom, wir haben Gespräche mit den Banken geführt. Es laufen Gespräche mit France Telecom - an diesem Freitag wieder mit einem sehr professionellen Vermittler. Es gibt gute Chancen, was die Schuldentilgung bei France Telekom angeht; es ist noch nicht sicher, aber es gibt Chancen. Das ist wichtig und das wäre ein entscheidender Schritt für eine MobilComLösung. Es gibt gute Chancen, dass wir Banken in ein Konsortium kriegen - das ist noch nicht sicher, aber es gibt gute Chancen -; die Bedingungen haben wir immer formuliert. Bei der letzten Sitzung des Regulierungsbeirates habe ich auch - das ist hier bereits angeklungen - das Thema UMTS thematisiert - das ist richtig -, nicht die Versteigerung; die ist gelaufen. Da brauchen wir Rechtssicherheit. Aber bei Fragen des künftigen Umgangs mit Lizenzen, mit zurückgegebenen Lizenzen, Auktionen, Zeiträumen - müssen bis 2003 alle Auflagen erfüllt werden, wie vorgeschrieben -, Kooperationen ist ja einiges erreicht worden. Das sind Fragen, über die wir reden. Ich sage also in Richtung MobilCom, in Richtung Öffentlichkeit klipp und klar: Wir, die Landesregierung, werden weiter alles tun, um möglichst viele Arbeitsplätze zu retten, und es gibt gute Chancen dafür.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Meine sehr geehrten Damen und Herren von allen Fraktionen, ich glaube schon, dass die Öffentlichkeit auch eine klare Aussage dazu erwartet: Gilt dies für alle, die hier sitzen? Ich brauche die Aussage auch, wenn ich jetzt außen etwas tue und natürlich, meine Damen und Herren, die gleichen Instrumentarien benutze, mit denen wir zurzeit versuchen, Baufirmen in Schleswig-Holstein über die Runden zu kriegen, nämlich mit den Instrumentarien der Bürgschaftsbank, der Investitionsbank und der Mittelständischen Beteiligungsgesellschaft.

Ich brauche Ihre Aussage, ob Sie der Meinung sind, dass wir das nutzen dürfen, oder nicht. Da bitte ich Sie um Klarheit. Ich bin der Meinung, wir sollten MobilCom genauso behandeln wie jedes andere mittelständische und größere Unternehmen in SchleswigHolstein.

(Beifall bei SPD, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Es ist natürlich großer Unsinn, wenn gesagt wird, dass in einer Marktwirtschaft öffentliche Finanzierungsinstrumente nicht eingesetzt werden sollen. Sie sollen nicht eingesetzt werden, um Unternehmen dauerhaft am Leben zu erhalten, die nicht überlebensfähig sind. Aber Sie alle haben hier doch mit uns gemeinsam zig Beispiele dazu diskutiert, dass das vorübergehend sinnvoll ist. Da ist doch sogar Herr Stoiber in dieser Diskussion weiter als Sie hier mit der Diskussion, die Sie gerade geführt haben.

Also nochmals: Ich finde, ein klares Bekenntnis in Richtung: „Ja, der Kurs ist richtig, Sie stehen dazu“ist erforderlich. Es wäre schön, wenn Sie das gleich noch über Ihre Lippen brächten.

(Beifall bei SPD, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Ich erteile dem Oppositionsführer, Herrn Abgeordneten Kayenburg, das Wort.

(Holger Astrup [SPD]: Nun eine klare Aus- sage!)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Erstens. Wir stehen ohne Wenn und Aber für die Unterstützung von MobilCom,

(Beifall des Abgeordneten Karl-Martin Hent- schel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

allerdings nicht wegen der Scheinheiligkeitsrede des Wirtschaftsministers, sondern aus Überzeugung.

(Beifall bei der CDU - Widerspruch bei der SPD)

Zweitens. Uns geht es hier überhaupt nicht darum, Einzelheiten zu erfahren, sondern es war ja schon wichtig, jetzt zu hören, dass der Wirtschaftsminister durchaus Modelle, Methoden und Möglichkeiten sieht. Wer uns nun vorwirft, wir hätten dazu beigetragen, die Situation von MobilCom zu verschlechtern, Herr Kubicki, aber insbesondere die Kollegen auf der linken Seite- -

(Holger Astrup [SPD]: Heute zum Beispiel!)

- ich weiß ja, dass Sie es nicht hören wollen, aber Sie werden es hören müssen -,

(Zurufe von der SPD)

(Martin Kayenburg)

der muss sich bitte einmal in der Presse anschauen, was dort zu lesen steht.

Es ist doch völlig klar, dass eine Rettungsaktion für eine große Firma wie MobilCom zwangsläufig im Rampenlicht steht - nicht Kayenburg, sondern Rohwer. Dann muss man bitte schön zwangsläufig auch darüber diskutieren dürfen, wenn beispielsweise die Ministerpräsidentin sagt, dass MobilCom mit Bürgschaften zu unterstützen sei, wenn der Sanierungsplan überzeuge - „Handelsblatt“ vom 30. September. Ja, bitte schön, wer stellt denn hier was infrage? - Das sind doch nicht wir, sondern die Ministerpräsidentin in ihrer eigenen Zusage.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Das ist doch eine Selbstverständlichkeit! - Holger Astrup [SPD]: Das darf doch nicht wahr sein! - Wei- tere Zurufe von der SPD)

- Ich weiß ja, dass Ihnen das peinlich ist, aber das ist die Situation.

(Weitere Zurufe von der SPD - Glocke des Präsidenten)

Wir sind für die Unterstützung. Dann müssen hier auch klare Antworten kommen.

Ich bitte um etwas mehr Aufmerksamkeit.

(Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war wirklich peinlich!)

Wenn - das ist aus der Sicht der Banken völlig richtig - gleichwohl gesagt wird, dass diese Unterstützung EU-rechtskonform und wirtschaftlich tragfähig sein muss - die „Welt“ vom 30. September -, dann ist das eine Selbstverständlichkeit. Dies ist in der Öffentlichkeit gesagt worden und dann müssen wir genauso in der Öffentlichkeit sagen, dass wir dafür sorgen werden, diese Möglichkeiten zu schaffen, damit MobilCom gerettet werden kann.

(Holger Astrup [SPD]: Sie? Was?)

Deswegen sind die Gespräche in meinen Augen so wichtig.

Sie sollten auch nicht vergessen, wie beispielsweise die Gewerkschaften mit diesem Thema umgegangen sind. Herr Rohwer hat eben selbst gesagt, dass er das Verhalten des Finanzministers nicht so ganz nachvollziehen will, und dass möglicherweise - -

(Zurufe von der SPD: Was? Was? Was hat der gesagt?)

- Hinsichtlich der UMTS-Versteigerungen! So auch Herr Koppelin.

(Holger Astrup [SPD]: Hat er nicht gesagt! - Günter Neugebauer [SPD]: Hat er nicht ge- sagt! - Weitere Zurufe von der SPD - Holger Astrup [SPD]: Hat er nicht gesagt! Was soll denn so etwas?)

- Ich will Ihnen das gern zitieren. Koppelin: Mit der Versteigerung sei die jetzige Krise programmiert worden. Landesregierung und Bundesregierung hätten das erkennen müssen.