Protokoll der Sitzung vom 12.07.2000

Es wäre sicherlich hilfreicher, sich anzuhören, was hier vorgetragen worden ist, und die Argumente zu wägen. Es bringt nichts, an den Tatsachen vorbei Stimmung machen zu wollen. Das ist dem Verfahren meines Erachtens nicht angemessen.

(Beifall bei der SPD)

Ansonsten habe ich deutlich gemacht - das ist auch die Auffassung meiner Fraktion -: Jedes Engagement der Studierenden für ihr Fach ist ein positives Signal der Identifikation mit ihrer Ausbildungsstätte. Das ist hervorragend und sinnvoll und wir haben es in unsere Überlegungen mit einzubeziehen.

Die politischen Entscheidungen aber, das, was wir als Land auch in der Hochschulpolitik wollen, werden wir nicht aus einer Quersumme von Demonstrationen entscheiden,

(Beifall der Abgeordneten Ursula Kähler [SPD])

sondern aus der Abwägung aller Fakten, die auf den Tisch kommen. Dazu gehört auch die Akzeptanz von Studiengängen bei Studierenden. Studiengänge, für die eine hohe Nachfrage besteht, und auch Studiengänge, die eine hohe Qualität haben, will niemand schließen wir schon gar nicht.

(Beifall bei SPD und SSW)

Herr Abgeordneter Kubicki hat das Wort zu einem weiteren Kurzbeitrag.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Einige wenige Anmerkungen zu der Debatte über die Fragen, wie sich die Universität Kiel ausrichten soll und wie wir es mit der Hochschulautonomie halten wollen, müssen noch gemacht werden. Frau Ministerin, Kollege Weber, Hochschulautonomie bedeutet, dass sich weder Parlament noch Regierung in letzter Konsequenz in Entscheidungen der Universität einmischen können. Das heißt nicht, dass wir nicht an Willensbildungsprozessen teilnehmen und keine Meinungsäußerungen von uns geben sollen, denn der gesellschaftliche Dialog kann nur stattfinden, wenn beispielsweise dieses Parlament deutlich macht, worin es möglicherweise selbst Schwerpunktsetzungen der Universität Kiel sieht. Wäre es anders, hätten wir nie Debatten über die Einrichtung einer Technischen Fakultät geführt.

Frau Birk, wenn man Ihre Evaluationskriterien heranzieht - wobei ich nicht weiß, ob man sich mit Papieren der Grünen wirklich noch ernsthaft beschäftigen sollte -, dann müssten wir die Technische Fakultät schließen, weil die Nachfrage dort extrem gering ausgefallen ist. Keiner von uns würde auf die Idee kommen, das zu tun, weil wir genau wissen, dass das der falsche Weg wäre, da wir in vier, fünf oder zehn Jahren vor Riesenproblemen stehen würden.

(Beifall bei F.D.P., CDU, SSW und dem Ab- geordneten Karl-Martin Hentschel [BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN])

Deswegen sollte eine Debatte in aller Ruhe und Gelassenheit geführt werden und es sollte der Universität überlassen bleiben, wie sie sich entscheidet.

Frau Ministerin, wir alle wissen, dass man Strukturveränderungen nur vornehmen kann, wenn man auch die entsprechenden finanziellen Dotierungen hat. Strukturveränderungen bedeuten zunächst einmal

(Wolfgang Kubicki)

mehr Geld. Was wir momentan mit der Universität machen, ist nicht das Begleiten eines Strukturprozesses. Vielmehr zwingen wir sie - indem wir Mittel kürzen -, sich selbst zu entscheiden, wo innerhalb der Universität im Zweifel eingespart werden muss. Das ist das Gegenteil von Strukturreform, denn Sie wissen genau wie ich, dass man in Einheiten dieser Größenordnung in aller Regel auf diejenigen zurückgreift, die sich am wenigsten wehren können, weil sie im Senat, dem Konsistorium oder wo auch immer die geringsten Mehrheiten binden. Deshalb denke ich, wir müssen sehr intensiv darüber nachdenken, ob dies der richtige Weg ist, wenn man Strukturveränderungen hin zu einer Neuprofilierung der Universität will. Das ist nur als Anmerkung zum Nachdenken gedacht, denn ich weiß, dass große Fakultäten mit ihren möglichen großen Mehrheiten im Senat dem Strukturwandel unter Umständen entgegenstehen können.

So könnte ich auch fragen, ob wir beispielsweise Politologen in der Masse der Ausbildung brauchen. Da gibt es ganz andere Aussagen aus dem Ministerium. Der Herr Staatssekretär hält das für notwendig.

Herr Kollege Weber, die regierungstragenden Fraktionen stehen vor einem riesigen Problem. Das gilt übrigens auch für die Regierung. Ich kann mich noch daran erinnern, dass der Staatssekretär aus dem Bildungsministerium im November letzten Jahres und im Februar diesen Jahres kurz vor der Landtagswahl noch öffentlich erklärte, dass die Streichungen im Etat der Universität eine Phantomdebatte seien. Jetzt, drei Monate später, sind sie in den Zielvereinbarungen verankert. Ich kann mich daran erinnern, dass ein Wahlkampf mit den Erklärungen geführt worden ist, SchleswigHolstein ginge es ausgezeichnet, wir wären überall Spitze und ganz weit vorn, wir hätten aufgeholt und die Finanzkraft wäre in Ordnung. Der Haushalt wäre nicht nur solide, sondern auch für die nächsten fünf Jahre gesichert. Nun hören wir - was bei den Haushaltsberatungen noch zu hinterfragen sein wird -, dass das alles doch nicht so rosig sei.

(Zuruf der Abgeordneten Ursula Kähler [SPD])

- Ja, Frau Kähler, wir werden darauf noch zurückkommen. Das Problem ist, dass Sie momentan schneller als gedacht von Ihrer eigenen Wahlkampfführung eingeholt werden.

(Beifall bei F.D.P. und CDU - Glocke des Präsidenten)

Herr Abgeordneter, kommen Sie bitte zum Schluss.

Ja, das ist der letzte Satz. Wir müssen die bis jetzt noch nicht geklärte Frage - die ich ans Finanzministerium weitergebe - klären, warum die Steuerkraft in Schleswig-Holstein sinkt, während sie in allen anderen Ländern steigt. Diese Frage ist nicht beantwortet und wenn wir sie nicht beantworten, führen wir die Debatte von heute in Permanenz.

(Beifall bei F.D.P. und CDU)

Zu einem weiteren Kurzbeitrag hat Frau Abgeordnete Fröhlich das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe etwas gegen Gespensterdebatten, deshalb bin ich hierher gekommen.

(Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: Das verstehe ich! - Lachen bei der CDU)

Es wurde hier gesagt, dass sich die Agrarwissenschaftlichen Fakultät in besonderer Weise auf dem Gebiet der Gentechnologie einen Namen gemacht hat.

(Unruhe)

- Ich finde es toll, dass Sie mir jetzt wieder zuhören können. Ich bin hierher gekommen, um noch einmal deutlich zu machen, dass dies nicht der Ausgangspunkt unserer Überlegungen zur Strukturreform der Hochschulen ist. Uns geht es tatsächlich darum, Räume und Strukturen mit ihren entsprechenden Bedingungen zu schaffen, damit sich Wissenschaft und Forschung in unserem Land weiterentwickeln können. Das bedeutet aber auch, dass wir Mut haben müssen, die Dinge beim Namen zu nennen. Wenn wir einen Vorschlag in den Raum gestellt haben, der ein dermaßen großes Echo findet, andere Vorschläge hingegen überhaupt nicht gewichtet und bewertet werden, dann spricht das nicht unbedingt für die Qualität dieser Debatte.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Zurufe von der CDU)

Eine Begründung können Sie sich jedoch total abschminken, denn hier wird falsch begründet, das ist die Frage der Sicherung der Welternährung, zu der sich die Agrarfakultät in Kiel angeblich einen besonderen Namen gemacht hat. Wir sollten uns an dieser Stelle nichts vormachen, denn - wie gesagt - ich habe etwas gegen Gespensterdebatten.

(Zuruf von der CDU)

(Irene Fröhlich)

Die Begründung, die sich auf Projekte für die Sicherung des Welternährung bezieht, möchte ich hier so nicht stehen lassen. Wir sollen uns hier nichts vormachen. Die Frage der Sicherung der Welternährung wird dann gelöst, wenn wir, die reichen Länder, gerechte Preise für die Produkte der Entwicklungsländer zahlen und darauf verzichten, die dort bestehenden Märkte mit unseren Überschüssen zuzuschütten.

(Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: Quatsch!)

Viele Fachleute für Entwicklungsländer und deren Wirtschaften meinen, dass die Gentechnik viel zu teuer und zu komplex sei, um die Ernährungsprobleme in den Ländern der so genannten Dritten Welt zu lösen. Das wollte ich unbedingt in diese Debatte mit einspeisen, damit sich nicht eine Selbstverständlichkeit ins Bewusstsein einfrisst.

(Zurufe von der CDU)

- Ich weiß, dass ich Sie damit furchtbar ärgere, aber das ist Teil meiner Aufgabe.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor, damit schließe ich die Beratung.

Wir kommen zur Abstimmung. Ich möchte Ihnen folgenden Vorschlag machen: Wir stimmen in zwei Teilen ab. Zunächst über den Ursprungsantrag und dann über den Dringlichkeitsantrag mit den entsprechenden Änderungsanträgen.

- Herr Abgeordneter Weber?

(Zuruf des Abgeordneten Jürgen Weber [SPD])

- Herr Weber, wenn ich Sie nicht höre, dann macht das nichts. Ich werde trotzdem das tun, was Sie vorschlagen wollen. Sie wollen vermutlich, dass wir über den Ursprungsantrag in zwei Teilen abstimmen.

(Jürgen Weber [SPD]: Herr Präsident! Nein, wir schlagen vor, sowohl den Dringlichkeits- antrag mit seinen Änderungsanträgen als auch den Ausgangsantrag der Fraktion der F.D.P. in den Bildungsausschuss zu überweisen.)

- Das ist natürlich ein sehr weitreichender Vorschlag, der allen anderen Anträgen vorgeht. Es ist also beantragt worden, alle Anträge an den Bildungsausschuss zu überweisen.

(Martin Kayenburg [CDU]: Mitberatend auch an den Agrarausschuss!)

- Gut, mitberatend an den Agrarausschuss.

Wer der Überweisung der vorgelegten vier Anträge an den Fachausschuss Bildung - mitberatend an den Agrarausschuss - zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Bis auf einige verspätete Gegenstimmen, die eigentlich JaStimmen waren, haben wir einstimmig so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 17 auf: