Lassen Sie mich - ich war nicht dabei - aus der Resolution einige Punkte ansprechen, die mir in der Analyse der Resolution wichtig erschienen. Entscheidend für mich ist die Aussage, dass nationale Strategien - dazu gehören auch unsere Landesprogramme - immer ausgerichtet sein müssen auf die Interessen des Gesamtgebietes Ostseeregion, sofern diese Projekte, so heißt es in der Resolution, Cross-Border-Charakter haben, also über die Grenzen hinausreichen. Dazu gehört, wie in der Resolution beschrieben, zum Beispiel die Beachtung der drei gleichberechtigten Agenda-21-Säulen ökonomisches Wachstum, ökologisches Gleichgewicht und sozialer Fortschritt und die Implementierung der Ergebnisse der Kioto-Konferenz für alle Anrainerstaaten verbindlich umzusetzen. Es ist ausdrücklich zu begrüßen, dass die Resolution fordert, dass nicht nur Straßen und Schienennetze in das transeuropäische Netzwerk der Verkehrsinfrastruktur aufgenommen werden, sondern auch die Fährverbindungen im Ostseeraum.
Die Europäische Kommission wird aufgefordert, diesem Verkehrsmittel Fährverbindung als bedeutende Verbindung der Ostseeräume mehr Beachtung zu schenken. Auch unsere Landesregierung sollte die bestehenden erstklassigen Fährverbindung zu den Ostseeanrainerstaaten von Schleswig-Holstein aus, aber auch aus Mecklenburg-Vorpommern, mehr in die grenzüberschreitenden Verkehrsinfrastrukturprojekte aufnehmen, zum Beispiel bei der Verhandlung über die feste Fehmarnbelt-Querung.
Aus meiner Sicht sollte ergänzend hinzugefügt werden - das könnten wir bei der nächsten Ostseeparlamentarierkonferenz machen -, dass auch der NordOstsee-Kanal wegen seiner Bedeutung für die Ost- und Nordseeregion zum transeuropäischen Netzwerk gehören muss.
Eine Lösung des Kaliningrad-Problems bezüglich Visumpflicht ja oder nein mit der EU-OstErweiterung konnte nicht erreicht werden. Aber bis zum nächsten EU-Gipfeltreffen am 11. November, an dem auch der russische Präsident teilnehmen wird, will man eine Einigung mit Russland finden. Die
Übrigens ergibt sich die Frage des Visumverkehrs nicht nur für Kaliningrad, sondern auch für Polen an der ukrainischen Westgrenze, wo der kleine Grenzverkehr heute visumfrei verläuft. Über eine diesbezügliche Regelung nach dem Beitritt Polens in die EU ist in der Resolution nichts erwähnt.
Es ist positiv zu bewerten, dass die Resolution sehr konkrete Problemfelder des Gebietes Königsberg aufgreift, bei denen zur Lösung externe Hilfe erforderlich ist, wo aber die Oblast selbst auch zur Lösung beitragen kann. Das sind zum Beispiel die Problemfelder organisierte Kriminalität und Infektionskrankheiten; besonders erwähnt sei die HIV-Epidemie.
Ich halte es für wichtig, dass unsere politischen Freunde in der Oblast Kaliningrad selbst verstärkt zur Lösung der eigenen Probleme beitragen. Hinzuweisen auf in der Resolution nicht genannte Problemfelder ist auch Aufgabe der Ostseeparlamentarierkonferenz.
Der zweite Teil der Resolution befasst sich mit der Schiffssicherheit und mit dem Schutz der Ostsee. Unter Leitung einer Arbeitsgruppe aus MecklenburgVorpommern wurden die Beschlüsse der letztjährigen Konferenz in Greifswald konkretisiert. Dazu gehören zum Beispiel Risikoanalysen für Schiffe, Plattformen, Hafenanlagen. Sicherlich müssen in diesen Katalog der Sicherheitserhöhung auch zukünftige WindkraftOffshore-Anlagen aufgenommen werden.
Von hohem Interesse - und das war ein Anliegen insbesondere der russischen Vertreter aus St. Petersburg - war die stärkere Beachtung von im Zweiten Weltkrieg versenkten gefährlichen Kampfstoffen in der Ostsee bei allen Offshore-Aktivitäten. Ein neuer Bericht über die Risikoabschätzung wird „as soon as possible“ gefordert, also so bald wie möglich.
Die Ostseeparlamentarierkonferenz hat ihren Platz als eine der bedeutendsten politischen Institutionen im europäischen Einigungsprozess gefunden. Engagierte Persönlichkeiten - ich erwähne hier gerne noch einmal Herrn Arens -, Vorbereitungsteams, konkret formulierte Aufgaben und Erwartungen, gegenseitige Achtung und Vertrauen sind eine Grundvoraussetzung für das Gelingen des Einigungsprozesses, für das Verständnis der Parlamentarier. Setzen wir unsere Arbeit für die nächste Konferenz fort.
Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Die 11. Ostseeparlamentarierkonferenz in St. Petersburg war ein weiteres bedeutendes Ereignis, das die Zusammenarbeit und die Entwicklung der Ostseeanrainerstaaten voranbringen wird. Aber dass inzwischen Polen, Litauen, Lettland und Estland gewissermaßen auf Augenhöhe mit uns verhandeln können, ist auch heute, zwölf Jahre nach dem Fall der Mauer, immer noch eine wunderbare Erfahrung, wenngleich die Anpassung der sozialen Standards auch noch nicht annähernd erreicht ist.
Eine besondere Erwähnung benötigt immer noch die russische Förderation als Nachbar an der Ostsee. Wie Eingeweihte berichten, begegnete anfänglich die russische Politik der Ostseekooperation mit wenig Interesse. Präsident Arens hat das mit anderen Worten hier ebenso ausgedrückt. Dies ist jetzt nicht mehr so. Die Teilnehmer an der Ostseeparlamentarierkonferenz in St. Petersburg konnten feststellen, dass die russischen Partner mit großem Enthusiasmus ihre Nachbarn aus der Ostseeregion mit einer hochkarätig besetzten Delegation und im Rahmen einer vorzüglich organisierten Tagung empfingen.
Es gab natürlich nur Empfehlungen zu beraten und zu beschließen, Empfehlungen für die regionalen und nationalen Parlamente und für die Europäische Union.
Eindeutig positiv muss die Behandlung des Themas und der Fortschritt im Bereich „Maritime Sicherheit in der Ostsee“ bewertet werden.
Ein ausführliches Papier wurde in der Grundstruktur bereits vor einem Jahr in Greifswald erarbeitet. Unter der Leitung des Umweltausschusses des Landtages Mecklenburg-Vorpommerns - der Vorsitzende, Herr Dr. Henning Klostermann ist mit seinen Mitarbeitern als Gast hier - hat eine Arbeitsgruppe nunmehr ein vollständiges Konzept vorgelegt, das schon in Teilen umgesetzt werden konnte: Ein einheitliches Schiffsmeldesystem, elektronische Navigationssysteme, einheitliche Hafenstandards gerade auch für Gefahrguttransporte, Havarieabwehrpläne, Lotsenannahmepflicht, Austonnung und Koordinierung von Ausbildungsstandards werden eingeführt und sind in Teilen schon vorhanden.
In wenigen Jahren werden wir uns fragen, wie eigentlich alles funktioniert hat, bevor dieses Übereinkommen griff. Dies ist insgesamt ein großer Erfolg, der sich natürlich nunmehr praktisch bewähren muss.
Das große Interesse der Russischen Föderation berührte natürlich die in der Europäischen Union demnächst als Enklave bestehende Oblast Kaliningrad, uns als der nördliche Teil von Ostpreußen bekannt. Bemerkenswert war das Interesse der russischen Delegation, eine Resolution zu beeinflussen. die vorsah, einen visumfreien Zugang russischer Bürger über Kaliningrad und nicht nur im Transit zum Mutterland, sondern auch in die angrenzenden Staaten Polen und Litauen zu erreichen. Dies konnte so von den übrigen Teilnehmer natürlich nicht gewollt sein. Deshalb kam es nur zu einer Empfehlung an die Verhandlungspartner Europäische Union und Russland, einen Sonderstatus für die 950.000 Einwohner der Oblast Kaliningrad im Transit zum Mutterland auszuhandeln.
Intensität und Ausführlichkeit im Aushandeln des Textes der Resolution gerade dieses Punktes mögen ein Hinweis darauf sein, welches Gewicht dieser Konferenz von allen Teilnehmer beigemessen wurde.
Weitere Themen wurden in Beiträgen angerissen: Die Behandlung der in der Ostsee lagernden Giftgasmunition, die aus dem Ersten und Zweiten Weltkrieg stammt. Herr Kollege Ritzek ist darauf schon eingegangen. Ernsthafte Untersuchungen sind eingeleitet. Die Ergebnisse werden ausgetauscht. Nach Aussagen eines russischen Experten besteht die Hoffnung, dass die Gefahr abnimmt. Da dies aber nur eine Hoffnung ist, sind weitere Erforschungen der Lagerstätten notwendig. Für den Bedarfsfall sind Maßnahmen vorzubereiten.
Daneben befasste sich der Kongress mit dem biologischen Zustand der Ostsee, der immer noch stark gefährdet wird, insbesondere durch die Einleitung von Abwässern aus den Ländern der ehemaligen Sowjetunion und Polen und - wie wir jetzt im Sommer erfahren haben - auch durch landwirtschaftliche Einträge von den dänischen Inseln. Das Plenum hat sich mit dieser Thematik heute Vormittag ausführlich befasst.
Auch hier wurde dahingehend Einvernehmen erzielt, die begonnenen Schutzmaßnahmen fortzusetzen. Dies soll auch dem Ziel dienen, die Fischbestände wieder zu regenerieren und dem gefährdeten Ostseedelphin, dem Schweinswal oder auch Tümmler genannt, wieder eine Lebenschance zu geben.
Anknüpfend an das durch Mecklenburg-Vorpommern erfolgreich behandelte Thema „Maritime Sicherheit in der Ostsee“ haben wir uns in der schleswigholsteinischen Delegation überlegt, das Thema „Nationale Minderheiten im Ostseeraum“ in den kom
menden Konferenzen stärker in den Vordergrund zu rücken. Die FDP-Fraktion wird diesen Gedanken gern mit aufnehmen, um ihn zu einem besonderen Beitrag des Landes Schleswig-Holstein zu machen.
Mein abschließender Gedanke: Ich persönlich bin sehr froh gestimmt, erneut an einer völkerverbindenden Veranstaltung beteiligt gewesen zu sein.
Das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich jetzt dem Herrn Fraktionsvorsitzenden Karl-Martin Hentschel.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte zunächst Herrn Präsident Arens für seine Arbeit danken und ebenso dem Europaausschuss, dem ich nicht als Mitglied angehöre, für sein Engagement in dieser Frage. Es ist gerade für Schleswig-Holstein wichtig, dass diese Aktivitäten als eine Art schleswig-holsteinischer Außenpolitik fortgesetzt werden. Es ist für Schleswig-Holstein sehr wichtig, dass diese Aktivitäten von diesem Parlament ausgehen.
Ich spreche hier anstelle des Abgeordneten Steenblock, der seit heute nicht mehr diesem Parlament, sondern dem Bundestag angehört. Er hat mich gebeten, auf zwei Punkte dieser Konferenz einzugehen, die ihm besonders am Herzen liegen.
Der eine Punkt ist Kaliningrad. Russland lehnt weiterhin eine Visumslösung, auch eine Lösung in Form eines Abonnementvisums ab und fordert einen Korridor. Es muss eine Lösung unterhalb der Korridorlösung gefunden werden. Es muss Russland ermöglicht werden, Kaliningrad als normalen Teil seines Staatsgebietes zu bereisen und wirtschaftliche Konflikte zu lösen. Umgekehrt gilt dies für die Kaliningrader natürlich auch.
Die Lösung darf nicht nur die Visumspflicht umfassen, sondern muss auch die wirtschaftlichen Chancen des Gebietes von Kaliningrad verbessern. Dort liegt es zurzeit noch sehr im Argen, wie mir alle, die dort gewesen sind, berichtet haben. Es muss Entwicklungsperspektiven für Kaliningrad geben. Daran müssen wir alle gemeinsam arbeiten. Im Moment sieht es nicht so aus, dass es eine Freihandelszone Kaliningrad geben wird, die Kapital anzieht. Das Gegenteil ist der Fall. Das Kapital geht eher in die Nachbarregionen Polen und Litauen, aber gerade nicht nach Kali
ningrad. Das hat schon zu einer massiven Verarmung dieser Region geführt. Das ist für uns alle nicht gut.
Ich bin weiter gebeten worden, auf einen zweiten Punkt der Resolution einzugehen. Ich freue mich, dass die Frage der Schiffssicherheit ein Schwerpunkt der Ostseeparlamentarierkonferenz in St. Petersburg war. Ich freue mich auch, dass man mit der Resolution ausgesprochen wichtige und weitreichende Punkte für die Schiffssicherheit im Ostseeraum verabschiedet hat. Ich möchte nur einige Punkte nennen: Die Unterstützung der Arbeit der IMO - der Internationalen Meeresorganisation - bei der Etablierung eines Modells zur Überwachung der Flaggenstaaten, die Unterstützung der Konvention der Internationalen Labor Organisation - ILO -, die Forderungen sozialer Mindeststandards und die Aufforderung an die Ostseeanrainerstaaten, diese Konvention zu ratifizieren, die es noch nicht getan haben.
Besonders erfreulich ist es, dass es gelungen ist, die Notwendigkeit von Zielgebieten in der Ostsee als besonders schutzwürdiges Seegebiet vorzusehen - das Thema PSSA also, das wir schon öfter diskutiert haben. Das soll in Zukunft von den Ostseeanrainerstaaten ratifiziert werden. Entsprechende Gebiete sollen in der Ostsee ausgewiesen werden.
Der nächste Punkt betrifft die Ausrüstungspflicht von Schiffen mit dem automatischen Schiffssicherheitssystem. Auf der Konferenz wurde dazu aufgefordert, dass die Ausrüstungspflicht von Schiffen mit dem ASI-System vorgezogen werden soll. Es ist aufgefordert worden zur Umsetzung der Baltic Strategie, der Strategie für Auffangeinrichtungen für Schiffsabfälle und gleichartige Stoffe in Häfen aus der HELCOMKonferenz, einschließlich geeigneter Durchführungs-, Überwachungs- und Strafverfolgungsaktivitäten.
Als Letztes möchte ich auf das eingehen, was mein Vorredner bereits erwähnt hat. Es sollen geeignete Maßnahmen getroffen werden, um eine Reduktion der langzeitig Schaden verursachenden Nährstoffeinträge herbeizuführen. Wir haben heute Morgen eine Debatte darüber geführt. Wir wissen, dass trotz gewisser Fortschritte noch immer große Probleme bei den baltischen Staaten und Polen sowohl bezüglich der Abwässer als auch bezüglich der landwirtschaftlichen Ausstöße bestehen, insbesondere der Stickstoffausstöße gerade auch in Dänemark, aber natürlich auch in Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern.
Diese aufgestellten Forderungen sind sehr wichtig. Es ist gut, dass sich diese Konferenz schwerpunktmäßig mit diesen Themen befasst hat. Ich begrüße deswegen diese Resolution ausdrücklich und hoffe, dass die
Behandlung dieser Fragen in diesem Landtag nicht mit der heutigen Debatte abgeschlossen ist, sondern dass aus der Beratung dieser Resolution Konsequenzen auch für die Politik des Schleswig-Holsteinischen Landtags gezogen werden.
Das Wort für den SSW im Schleswig-Holsteinischen Landtag erteile ich jetzt der Sprecherin, Frau Anke Spoorendonk.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eine Bemerkung vorweg: Ich möchte mich im Namen des SSW bei dem Landtagspräsidenten Arens, bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung und bei meinen Kollegen für die Ostseeparlamentarierkonferenz und für die Arbeit, die damit verbunden war, bedanken.
Die Tatsache, dass die diesjährige Ostseeparlamentarierkonferenz unter der Überschrift „Wege der Integration und der Kooperation“ in St. Petersburg stattfand, könnte an sich als ihr wichtigstes Ergebnis bezeichnet werden. Zugleich wurde aber schon im Laufe der Eröffnungszeremonie deutlich, dass man von russischer Seite nicht nur gewillt war, im Sinne der Konferenz zu agieren, sondern auch vorhatte, sie als Plattform für das Propagieren eigener nationaler Interessen zu nutzen. Ich muss sagen: Bemerkenswert war die Offenheit, mit der es geschah. Der Landtagspräsident sprach dann an, zu welchen internen russischen Problemen diese russische Auffassung führte. Dabei ging es um die Situation von Minderheiten im Ostseeraum, aber nicht zuletzt auch um die Situation der russischen Minderheit in den baltischen Staaten und um Kaliningrad. Die Kaliningrad-Frage war überhaupt das entscheidende Thema der Konferenz; das haben wir ja heute auch schon gehört. Sie war - auch das ist schon gesagt worden - letztlich der Grund dafür, dass die Erarbeitung der Abschlussresolution kein Selbstgänger war. Mit anderen Worten: Um den Inhalt der genannten Resolution richtig einschätzen zu können, sollte man bedenken, dass sie erstens konsensfähig sein musste und dass sie zweitens nicht den Hintergrund widerspiegelt, vor dem sie entstanden ist. Dass dieser Prozess gelang, ist, denke ich, auch ein Erfolg der Ostseeparlamentarierkonferenz.