Protokoll der Sitzung vom 14.11.2002

platzinhaber rückübertragen, haben große Zuwächse bei den Beschäftigungszahlen und bei der Schaffung von Arbeitsplätzen.

(Beifall bei FDP und CDU - Zuruf des Ab- geordneten Friedrich-Carl Wodarz [SPD] - Glocke des Präsidenten)

- Kollege Wodarz, das gilt unter anderem für Spanien und Großbritannien. Über diese zentrale Frage müssen wir ehrlich debattieren. Wir müssen sie ehrlich abschließend beantworten und eine Entscheidung treffen, die mutig ist, sonst schaffen wir keinen einzigen neuen Arbeitsplatz.

(Beifall bei FDP und CDU)

Ich erteile Frau Abgeordneter Birk das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach den grundsätzlichen Ausführungen meines Kollegen Dr. Garg, die an die gestrige Debatte anlässlich der Mittelstandförderung anknüpften, möchte ich mich eng an den Bericht orientiert zu wenigen Aspekten zu Wort melden. Frau Moser, Sie schreiben auf Seite 20 ff., dass Schleswig-Holstein die Weiterentwicklung, wie sie jetzt geplant ist, unterstützt, weil es nun zu einer Synchronisierung der verschiedenen Koordinierungsprozesse auf europäischer Ebene, zu einem Dreijahreszyklus, kommt. Damit soll eine jährliche Ausrichtung, die zu Misshelligkeiten geführt hat, überwunden werden. Ich interessiere mich dafür, was das konkret für die Zuweisung der Mittel, für das Controlling während der Programme und für die abschließende Kontrolle heißt. Das ist die Arbeit des Ausschusses.

Wir haben auf der einen Seite häufig das Problem, dass bestimmte Diskontinuitäten entstehen, weil Mittel erst dann von den europäischen Geldgebern ausgezahlt werden, wenn Programme schon weit fortgeschritten sind. Das geschieht aus Sicht der europäischen Geldgeber durchaus zu Recht. Auf der anderen Seite haben wir aber das Problem, dass bei den Trägern hier im Lande eine Liquiditätslücke entsteht. Ich denke aber, dass es für die konkrete Ausgestaltung unserer Arbeitsmarktprogramme vor Ort sehr wichtig ist, dies zu wissen. Das ist jedoch auch eine Spezialfrage für den Ausschuss.

Ich bin sehr dankbar für den Bericht und die angehefteten Dokumente aus Brüssel. Wenn ich die Mitteilungen der Kommission an den Rat von 2001 aufschlage und das Kapitel 3.3 zur Geschlechtergleich

stellung nachlese, dann habe ich das Gefühl, ich habe ein frauenpolitisches Pamphlet erster Güte vor mir, denn die lokale Beschäftigungsstrategie soll auf allen Ebenen nicht nur die erwerbslosen Frauen als Adressatinnen im Blick haben. Die Frauen sollen vielmehr auch als Akteurinnen mitwirken, und zwar nicht nur in Gleichstellungsstellen, sondern in allen Kommission, die über die zukünftigen Arbeitsprogramme befinden sollen. Überall sollen sie gleichberechtigt vertreten sein. Wenn ich da an manche Kommission vor Ort oder auch an die Kommissionen der Arbeitsämter denke, dann gibt es einiges nachzuholen.

Im Übrigen ist es sehr gut, dass noch einmal aufgelistet wurde, worauf sich das Gender Mainstreaming im Einzelnen bezieht. Es wird nicht nur gezählt, wie viele Frauen und wie viele Männer in den einzelnen Programmen sind, sondern es wird bei der Planung der Programme auch von Vornherein für eine entsprechende Infrastruktur und Zielsetzung gesorgt. Hier sind wir mit unserem Programm „Frau und Beruf“ und einigen anderen Angeboten gar nicht schlecht davor. Es stellt sich allerdings auch deutlich dar, dass das Thema Teilzeit für Frauen und für Männer in der Fortbildung und auch bei den Angeboten eine große Rolle zu spielen hat. Hier sind wir sicher weiter als manches andere europäische Land. Dennoch gibt es noch einiges zu tun.

Dies sind zwei Aspekte, die ich aus den umfassenden Möglichkeiten des Dokuments herausgegriffen habe. Ich denke, es ist gut, wenn man im Europaausschuss - und vor allem im Sozialausschuss - auf die Details eingeht. Auch wenn der Bericht über die augenblickliche Lage nicht der Stein der Weisen ist, so bin ich doch sehr dankbar dafür, dass wir eine Zusammenfassung haben. Nach der Fragestellung kann der Bericht nicht die Lösung zur Arbeitsmarktproblematik dieses Jahrhundert sein, wie Herr Garg dies dargestellt hat. Herr Garg, Sie haben einen Maßstab an den Bericht gelegt, dem er von seiner Fragestellung her nicht gerecht werden kann.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Lachen des Abgeordneten Werner Kalinka [CDU])

Dennoch möchte ich hervorheben, dass es ein brauchbares Arbeits- und Nachschlaginstrument ist. Als solches ist es auch gedacht. Sehr oft haben wir den Fall, dass wir uns vor Ort in Einzelfragen vertiefen. Wir haben hier ein Grundlagendokument, von dem aus wir beurteilen können, welche Maßnahmen Schleswig-Holstein für die Rahmenbedingungen schaffen kann und welche nicht.

(Angelika Birk)

Wir haben im Sozialausschuss für Anfang Januar eine zweitägige Anhörung zum Thema Arbeitsmarktpolitik geplant. Es wäre gut, wenn wir den Anzuhörenden den Bericht zeitnah zukommen ließen und ihn in diesem Rahmen diskutierten.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Ich erteile Frau Abgeordneter Hinrichsen das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vielen Dank für den Bericht. Die europäische Beschäftigungsstrategie ist nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Forderung entstanden, dass die Europäische Union nicht nur eine wirtschaftliche, sondern auch eine soziale Dimension haben muss. Natürlich spielte die fehlende Akzeptanz der Bevölkerung für die EU und die EU-weite hohe Arbeitslosigkeit eine wichtige Rolle bei der Entscheidung für eine gemeinsame Beschäftigungsstrategie.

Auf dem Luxemburger Beschäftigungsgipfel von 1997 wurden die Prinzipien der zukünftigen gemeinsamen Strategie diskutiert und im Amsterdamer Vertrag von 1998 festgeschrieben. Dabei ist es schon interessant zu sehen, dass es insbesondere die sozialdemokratischen EU-Länder waren, die sich für die neue Strategie einsetzten, während die konservativ geführten Länder - allen voran damals die CDU/FDPgeführte Bundesregierung - eher ablehnend waren.

(Martin Kayenburg [CDU]: Deshalb sind sie auch alle abgewählt worden!)

- Genau, CDU und FDP wurden deshalb abgewählt. - Bei der europäischen Beschäftigungsstrategie geht es konkret darum, dass die arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen und Zielsetzungen - -

(Unruhe)

- Es wäre nett, wenn Sie mir noch zuhören würden. Es ist schwierig, zu so später Stunde noch zu reden. Ich habe Ihnen auch zugehört!

(Beifall bei SSW und SPD)

Statt Arbeitslosigkeit zu verwalten, wollte man durch aktive Maßnahmen die Arbeitslosigkeit verhindern und bekämpfen. Positiv möchte ich dabei hervorheben, dass auch das Ziel des Gender Mainstreaming in den beschäftigungspolitischen Leitlinien festgeschrieben ist.

Aus Sicht des SSW gibt es bei den bisherigen Erfahrungen mit der europäischen Beschäftigungsstrategie verschiedene Probleme. Zum einen ist es klar, dass jedes Mitgliedsland seine eigenen spezifischen Arbeitsmarktverhältnisse hat. Man kann aber nicht EUweit mit den gleichen Mitteln verschiedene Probleme lösen. Dies gilt insbesondere, wenn man sich die verschiedenen Steuer- und Sozialsysteme der Länder ansieht. Zum anderen ist es auch klar, dass die entscheidenden Rahmenbedingungen für mehr Beschäftigung von der Wirtschafts- und Finanzpolitik sowie von den Tarifpartnern gesetzt werden. Diese Verhältnisse sind von Land zu Land verschieden.

Dazu wird im Bericht überhaupt nicht auf die zweifelhafte Rolle der Europäischen Zentralbank bei der Beschäftigung in Europa eingegangen. Es gibt nämlich viele Kritiker, die unzufrieden damit sind, dass die Europäische Zentralbank nur die Inflationsvermeidung und nicht - wie beispielsweise die amerikanische Zentralbank - auch die Vollbeschäftigung als Ziel hat. Auf jeden Fall ist ersichtlich, dass die Europäische Zentralbank mit ihrer Zinspolitik nicht viel für die Beschäftigung in den Euro-Ländern tut. Dabei könnte die Europäische Zentralbank viel mehr für eine positive Beschäftigung in Europa erreichen, und zwar gemeinsam mit den Maßnahmen der europäischen Beschäftigungsstrategie.

Zusammengefasst muss man sagen: Die konkreten Auswirkungen der EBS auf die Beschäftigungslage der verschiedenen Länder lassen sich kaum messen. Dies hat auch die Landesregierung in ihrem Bericht festgestellt. Gerade deshalb stellt sich die Frage, wie erfolgreich die EBS war. Es bleibt richtig, dass die EU-Länder ihre arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen auch in Zukunft absprechen und koordinieren sollen. Wir können uns aber angesichts der vielen anderen Faktoren, die auf die Entwicklung am Arbeitsmarkt Einfluss nehmen, nicht zu viel von diesen Initiativen erhoffen.

Es ist wichtig und auch richtig, dass die Landesregierung bei der Weiterentwicklung der aktiven Arbeitsmarktpolitik in Schleswig-Holstein auf die nationalen und europäischen Rahmenbedingungen Rücksicht nimmt. Eine eigenständige Arbeitsmarktpolitik des Landes wird in Zukunft sogar noch verstärkt auf die Finanzmittel des Europäischen Sozialfonds bauen müssen. Das erfolgreiche Programm „Arbeit für Schleswig-Holstein 2000“ soll bis 2006 mit einem Volumen von insgesamt 230 Millionen € weitergeführt werden. Wir hoffen, dass dies angesichts der neuesten Steuerschätzung, die darauf hinweist, dass die Bundes- und Landesmittel nicht in diesem Umfang fließen können, so umgesetzt werden kann. Im

(Silke Hinrichsen)

Herausgegeben vom Präsidenten des Schleswig-Holsteinischen Landtags - Stenographischer Dienst

Übrigen steht auch die ESF-Förderung im Zusammenhang mit der Ausweitung der EU und der Neugestaltung der Finanzierung der EU nach 2006 auf dem Prüfstand.

Als Fazit bleibt: Wenn wir in Schleswig-Holstein und der Bundesrepublik entscheidend bei der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit weiterkommen wollen, dürfen wir nicht nur auf die Hilfe der EU warten, sondern dann müssen wir auch unsere hausgemachten Struktur- und Konjunkturprobleme schnellstens lösen.

(Beifall des Abgeordneten Werner Kalinka [CDU])

Das ist aber ein abendfüllendes Programm, das nicht Gegenstand der heutigen Debatte ist.

(Beifall beim SSW und des Abgeordneten Hermann Benker [SPD])

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung. Es wurde beantragt, diesen Bericht zur abschließenden Beratung federführend an den Europaausschuss und mitberatend an den Sozialaus

schuss zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Das ist einstimmig so beschlossen.

Vereinbarungsgemäß rufe ich Tagesordnungspunkt 38 ohne Aussprache auf:

Statistischer Arbeitsmarktbericht Schleswig-Holstein 2001

Bericht der Landesregierung Drucksache 15/2233

Es ist beantragt worden, den Bericht der Landesregierung zur abschließenden Beratung an den Sozialausschuss zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Das ist einstimmig so angenommen.

Die Sitzung ist geschlossen.

Schluss: 18:30 Uhr