Protokoll der Sitzung vom 14.11.2002

Die Änderung des Gütezeichens Schleswig-Holstein vom produktbezogenen zum produktionsbezogenen Gütezeichen wäre wohl eher nicht förderlich.

Den fünften Punkt, die Unterstützung der Tierheime, die Gefahrhunde aufgenommen haben, haben sich sicherlich alle auf die Fahnen geschrieben. Das konnten wir heute auch hören. Sollte die Landesregierung die Tierheime aus einem bestimmten Haushaltstitel finanziell unterstützen wollen, wird sich wohl in diesem Haus kein Widerspruch erheben. Sollten wir den rot-grünen Antrag beschließen und sollte die Landesregierung nicht handeln, wäre Widerspruch in diesem Haus allerdings gewiss. Ich hoffe, er kommt dann zuallererst von Rot-Grün.

Einem zukünftigen Tierschutzbericht, der einmal in der Legislaturperiode erstattet wird, können wir durchaus etwas abgewinnen. Wenn dieser Bericht kommt, sollte sich dieser aber ausschließlich auf Schleswig-Holstein beziehen, da nur dann ein Bezug

(Lars Harms)

auf unsere Arbeit im Landtag hergestellt werden kann.

Im ersten Bericht wäre es sinnvoll darzustellen, welche landesrechtlichen Regelungen es in Bezug auf den Tierschutz gibt und wo möglicherweise noch Regelungslücken bestehen, damit wir uns als Landtag gemeinsam für eine Verbesserung der tierschutzrelevanten Regelungen einsetzen können. Da ich gerade eben das Wort „gemeinsam“ gebraucht habe, möchte ich mich vor allem bei drei Personen, der Kollegin Redmann, der Kollegin Fröhlich und dem Kollegen Garg, dafür bedanken, dass sie immer wieder tierschutzrelevante Aspekte in dieses Parlament einbringen und uns alle, die wir in diesem Bereich zumindest formell tätig sind, mitschleifen und uns richtig schön feuern unter dem A machen - ich benutze das Wort nicht.

(Beifall beim SSW und vereinzelt bei der SPD)

Ich bin sehr dankbar dafür. Ich weiß selber, wie schwer es ist, bestimmte Sachen immer wieder anzuschieben. Ich weiß auch, wie komplex dieses Thema ist und dass das nicht jeder nachvollziehen kann. Insofern danke ich auch für die pädagogische Hilfe.

(Beifall bei SSW, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich erteile Herrn Minister Müller das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Damen und Herren! Mit dem Antrag von SPD und Grünen und in Teilen mit dem Antrag der FDP kann ich mich sehr gern anfreunden. Sie bestärken die Landesregierung darin, dass Maßnahmen und Initiativen für den Tierschutz auch in Zukunft auf Unterstützung dieses Hauses zählen können. Das wird nicht nur durch eine ganze Reihe von bisherigen Vorhaben dokumentiert, wie zum Beispiel den Erlass zur Verbesserung der Schweinehaltung, dem Verbot der dauernden Anbindung von Pferden sowie durch die Bundesratsinitiative für ein bundesweites Verbot der Pelztierhaltung. Ganz aktuell, erst Ende September dieses Jahres, hat der Bundesrat auf Antrag Schleswig-Holsteins und Niedersachsens eine Initiative zur Regelung des Verbots der Straußenhaltung beschlossen.

Vorschläge, die die FDP in ihrem Änderungsantrag unterbreitet, sind zum Teil schon längst auf den Weg gebracht beziehungsweise zum Teil schon umgesetzt.

So hat das Umweltministerium in den beiden letzten Jahren in einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Verbesserung bei Abfertigung, Kontrolle und Dokumentation von Tiertransporten mitgewirkt. Ergebnis ist ein Handbuch, das den Vollzugsbehörden bundeseinheitliche Kriterien und landesspezifische Bestimmungen zur Durchführung und Überwachung von Tiertransporten vorgibt und die Dokumentation von Tiertransporten regelt. Dieses Handbuch wird natürlich periodisch fortgeschrieben.

Ich greife gern das Stichwort der Qualzucht auf. Wir haben zuletzt im April dieses Jahres erneut eine Abfrage in Schleswig-Holstein bei den Vollzugsbehörden der Kreise gestartet. Bis heute ist uns kein Hinweis darauf bekannt. Ich teile aber die Einschätzung, dass die Benennung von klaren Qualzuchtrichtlinien durch das zuständige Bundesministerium wünschenswert und erforderlich wäre.

Die Frage, ob und wie Tierversuche zu reduzieren sind, habe ich vor der Sommerpause unter anderem mit Mitgliedern des Tierschutzbeirats und der Kommission für Tierversuche gemeinsam erörtern lassen. Unter Berücksichtigung der Voten des Tierschutzbeirats und der Kommission für Tierversuche werden weiterhin vertiefte Zulassungsbedingungen - auch für nicht genehmigungsbedürftige Anlagen - geprüft. Ich würde mir allerdings wünschen, dass die Unterstützung des hohen Hauses dann auch im Konkreten und nicht nur im Prinzip erfolgt. Wenn das eine oder andere Unternehmen dieses aus wirtschaftlichen Gründen beantragt, ist die Diskussion nicht mehr ganz so einfach.

(Beifall der Abgeordneten Konrad Nabel [SPD], Sandra Redmann [SPD] und Irene Fröhlich [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

In diesem Zusammenhang werden auch die Empfehlungen des Europäischen Parlaments zur Änderung der Richtlinie 76/668 EWG ausdrücklich begrüßt und unterstützt, nach denen Tierversuche für Kosmetikprodukte sowie die Vermarktung tiergetesteter Schönheitsprodukte verboten werden soll. In den vergangenen Jahren hat sich insofern auf dem Gebiet des Tierschutzes vieles in die richtige Richtung bewegt. Unterstützung dafür ist immer willkommen.

Möglich wurde das nicht zuletzt durch das gesteigerte öffentliche Bewusstsein, das gerade in Fragen des Tierschutzes zugenommen hat. Es ist auch nach wie vor für alle Aktivitäten erforderlich. Herr Dr. Garg, die schrecklichen Beispiele haben Sie erwähnt. Vor diesem Hintergrund komme ich gern dem Wunsch nach, dem Landtag einmal pro Wahlperiode einen Tierschutzbericht vorzulegen, um dem Informati

(Minister Klaus Müller)

onsbedürfnis der Abgeordneten - und natürlich auch dem der interessierten Bürgerinnen und Bürger - Rechnung zu tragen. Gleichzeitig kann damit sicherlich auch erreicht werden, dass tierschutzbezogenes Denken und Handeln innerhalb der Gesellschaft gefördert wird. Es kann aber auch Verständnis für die Probleme bei der Durchführung des Tierschutzrechts und des faktischen Tierschutzes geweckt werden. In einem solchen Bericht werden selbstverständlich auch die ohnehin aufgrund der Versuchstiermeldeverordnung jährlich zu erfassenden und mitzuteilenden Tierversuchszahlen veröffentlicht werden. Das ist sicherlich ein kompakter Ort dafür.

Auf vielen Ebenen werden wir weiterhin dafür sorgen, den Tierschutz konsequent und stetig zu verbessern. Seit dem vergangenen Jahr gelten strengere tiergerechte Maßstäbe bei der Neuerrichtung von Anlagen für die Schweinehaltung. Zur Verbesserung der Haltungsbedingungen in der Geflügelmast finden mit den Interessenverbänden auf Basis freiwilliger Vereinbarungen intensive Gespräche statt.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Gern werde ich dem Wunsch folgen, durch eine Änderung des Tierschutzgesetzes auch ein Verbandsklagerecht für Tierschutzverbände nach dem Vorbild des Klagerechts für Umweltverbände bei staatlichen Verstößen gegen das Naturschutzrecht einzuführen. Mit Verlaub, Frau Scheicht, man kann jedes gute Anliegen ad absurdum führen, wenn man falsche und dumme Beispiele wählt. Das Beispiel, das Sie vorhin von der Eintagsfliege und der Baustelle in Lübeck gebracht haben, war sicherlich eines, das in die Kategorie dumme Beispiele gehört.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten Renate Gröpel [SPD] und Dr. Christel Happach-Kasan [FDP])

Mit der Konkretisierung und Vereinheitlichung von Sachkundenachweisen, wie zum Beispiel für Personen, die mit Zoo- und Zirkustieren arbeiten, befasst sich unter Mitwirkung Schleswig-Holsteins bereits die Arbeitsgruppe für Tierschutz der Arbeitsgemeinschaft der für das Veterinärwesen zuständigen obersten Landesbehörde. Hier sorgen wir für und arbeiten wir an bundesweit angeglichenen Standards. Das ist sicherlich ein richtiger Weg. Auch die bei der Haltung und Zurschaustellung von Tieren in Zirkusbetrieben und ähnlichen Einrichtungen angesprochenen Probleme bedingen einen Handlungsbedarf. Beispielsweise gibt es eine Initiative aus Hessen, die von dem Ministerpräsidenten angeregt und der zuständigen Ministerin in Vorbereitung erarbeitet wurde. Diese hat bisher nicht die Zustimmung des Kabinetts

gefunden und somit auch noch nicht das Licht des Bundesrats erblickt. Ich könnte mir aber vorstellen, dass Schleswig-Holstein dieses Vorgehen grundsätzlich begrüßt und dem aufgeschlossen gegenübersteht.

Die Mitverantwortung des Menschen für das seiner Obhut anheim gegebene Lebewesen erfordert es, im Bereich des Tierschutzes ethische Grundsätze anzuwenden. Das ist hier mehrfach angeführt worden. Aus diesem Grunde ist es nicht nur in abstrakten Diskussionen notwendig, nicht primär nach wirtschaftlichen, sondern nach tierschutzethischen Gesichtspunkten vorzugehen. Dies entspricht auch der Intention des Tierschutzgesetzes, die nicht auf ein Verbot von Haltungsformen abzielt, sondern darauf, dass die Haltungsformen so definiert und konkretisiert werden, dass sie den Anforderungen des § 2 Tierschutzgesetz in höchst möglichem Maße genügen. Nicht die betriebswirtschaftlichen Notwendigkeiten bestimmen die Höhe des Standards, die wir den Tieren zubilligen wollen, sondern die tierethischen Anforderungen. Die Entscheidung darüber, ob bestimmte Haltungsformen betriebswirtschaftlich noch sinnvoll sind, beziehungsweise ob die Haltung von Tierarten überhaupt aufgegeben wird, ist eine Folge des gesellschaftlichen Tierschutzauftrags. Insoweit hat die bloße Tiernutzung hier zurückzutreten. Dieser Landtag hat dies anhand der Pelztierordnung fundiert diskutiert.

Auf dem Weg zu einer neuen Land- und Ernährungswirtschaft ist deshalb auch die Agrarpolitik so zu gestalten, dass die Tierhaltung insgesamt umweltfreundlich und artgerechter wird. Hierzu hat die Landesregierung in den vergangenen Jahren erheblich beigetragen. Unser Ziel ist es, insgesamt zu erreichen, dass die Tier- und Flächenprämien der EU-Agrarförderung stärker mit den Agrarumweltpolitikprogrammen verknüpft werden. Direktzahlungen an Landwirte sollen an Auflagen gebunden werden. Dies soll insbesondere durch gute fachliche Praxis mit höheren Tierschutzstandards bei den Förderrichtlinien für die Landwirtschaft und durch Bindung der Investitionsförderung an artgerechte Tierhaltung geschehen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der Unterstützung der linken Seite des Hauses bin ich da sicher. Ich bin sicher, dass Herr Dr. Garg viele Chancen haben wird, auch auf der rechten Seite des Hauses an der Zustimmung zu dieser Leitlinie zu arbeiten. Im Hinblick auf die kürzlich erfolgte Verankerung des Tierschutzes als Staatsziel in der Verfassung kommt dem Tierschutz zu Recht ein hoher und in Zukunft noch höherer Rang zu. Das ist ein großer politischer Erfolg. Ich glaube, dem sind alle nicht nur

(Minister Klaus Müller)

in Donnerstagsreden, sondern in ihrem konkreten Alltagshandeln verpflichtet.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Es ist beantragt worden, die Anträge an den Umweltausschuss zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Das ist einstimmig so beschlossen.

Wir treten in die Mittagspause ein. Die Sitzung ist unterbrochen.

(Unterbrechung: 13:06 bis 15:01 Uhr)

Meine Damen und Herren, wir treten nach der Mittagspause wieder in die Beratung ein. Der eine oder andere wird sicherlich noch nachkommen; viele Kolleginnen und Kollegen haben ja draußen an der Demonstration der Waldbesitzer und der Forstbeamten teilgenommen.

Zunächst begrüße ich neue Gäste. Als erstes Mitglieder der Stabskompanie, Brigade 18, Neumünster,

(Beifall)

dann Damen und Herren der Arbeitsgemeinschaft 60 plus, Neumünster,

(Beifall)

und die Damen und Herren des Verbandes politischer Jugendorganisationen Rendsburg-Eckernförde. -

(Beifall)

Herzlich willkommen im Schleswig-Holsteinischen Landtag!

Nun möchte ich noch etwas außerhalb der Tagesordnung bekannt geben. Im heutigen Plenum wird zum letzten Mal Herr Peter Hübner aus dem Wissenschaftlichen Dienst - Ihnen allen sicherlich wohl bekannt - an der Tagung teilnehmen.

(Zurufe: Oh, oh!)

Es wird ja so manchem Abgeordneten unterstellt - der, den ich meine, ist zur Zeit nicht im Raum -, Gründungsmitglied des Schleswig-Holsteinischen Landtages zu sein. Auf wen auch immer diese Vermutung zutreffen möge, Herr Hübner wird ihn spielend übertreffen. Denn Herr Hübner begleitet die

Arbeit des Schleswig-Holsteinischen Landtages kontinuierlich seit dem 1. April 1966. Darf ich fragen, ob einer der Anwesenden länger dabei ist? - Das ist nicht der Fall.

(Heiterkeit)