Sie haben heute erklärt, dass Sie einen Nachtragshaushalt vorlegen wollen. Ich kann Ihnen nur sagen: Sie können gar nicht anders, wenn Sie das gesamtwirtschaftliche Ungleichgewicht erklären. Aber als wir im Sommer einen Nachtragshaushalt gefordert und Ihnen klar gemacht haben, wie die Zahlen aussehen werden, haben Sie diesen abgelehnt. Wir könnten viel besser dastehen, wenn Sie unseren Vorschlägen gefolgt wären.
Wie dramatisch die Situation für Schleswig-Holstein ist, haben Sie eben selbst deutlich gemacht, Herr Minister. Die Differenz zum Haushaltssoll liegt in diesem Jahr bei 365 Millionen €. Die globalen Minderausgaben 37 Millionen € und die globalen Mehrausgaben betragen 100 Millionen €. Das Haushaltsrisiko beläuft sich in diesem Jahr auf mehr als eine halbe Milliarde Euro. Im nächsten Jahr wird es genauso sein. Dort haben Sie ebenfalls Minderausgaben, Mehreinnahmen und vor allem 100 Millionen € von der Landesbank eingebucht. Ich frage Sie: Wie wollen Sie bei einem Haushaltsrisiko von einer halben Milliarde Euro eigentlich mit den hier vorgestellten Zahlen umgehen? Wir warten gespannt auf Ihre Konzepte.
Konzepte hat er ja nicht; das ist sein Problem. - Herr Minister Möller, Ihre Anrufe bei Frau Simonis helfen überhaupt nichts.
Die Hütte brennt. Die Dame, die das zu verantworten hat, sitzt in China und macht unsinnige Vorschläge zur Kürzung der Gehälter der Mitarbeiter. Vor dem Hintergrund darf sich niemand wundern, wenn es auf der Straße Protest gibt mit dem Ruf: „Heide muss weg!“
Ich frage mich nur - das ist die Bitte an den Kollegen Hay -, ob der Spruch „Heide muss weg“ nicht nach den Haushaltsberatungen möglicherweise „Hayde muss weg“ lauten muss, Herr Astrup. Unabhängig davon finde ich, das Ketchup-Lied des Kanzlers findet eine grausige Fortsetzung. Wie heißt es so schön: „Was du heute kannst versprechen, darfst du morgen wieder brechen.“ Die zweite Strophe muss heißen: „Kiel ist da mein bestes Beispiel. Simonis kam noch nie ans Ziel.“
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kayenburg, im Dichten mögen Sie vielleicht die Note befriedigend erhalten. Was die Vorlage von Alternativen oder Konzepten angeht, kann ich Ihnen nur die Note sechs bescheinigen.
Wenn Sie ehrlich gewesen wären, dann hätten Sie nicht bestreiten können, dass die in der Tat desaströse Steuerschätzung im wesentlichen Maße das Ergebnis der weltweiten konjunkturellen Entwicklung,
Wo waren Sie, als wir Anstrengungen unternommen haben, die Einnahmeseite durch Wiedereinführung der Vermögensteuer und eine angemessene Erhöhung der Erbschaftsteuer zu verbessern? Sie haben sich in die Büsche begeben.
Wo waren Sie in den letzten Jahren, als wir ganz konkrete Vorschläge zu Einsparungen in freiwilligen Bereichen und zur Schließung von Behördeneinrichtungen in Schleswig-Holstein unterbreitet haben?
Stattdessen haben Sie die Demonstranten vor dem Landeshaus ermuntert und vor Ort und in diesem Hause bis zum gestrigen Tage eine Fülle von neuen Versprechungen unterbreitet und Ausgabensteigerungen gefordert.
Herr Präsident, ich habe im Rahmen der Aktuellen Stunde nur eine Redezeit von fünf Minuten. Insofern möchte ich ausnahmsweise darauf verzichten.
Herr Kayenburg, auch ein Blick über die Landesgrenze würde Ihnen die Augen öffnen, wenn Sie ehrlich sind.
Schauen Sie dorthin, wo Ihre Parteien regieren! Ich nenne die Beispiele Hessen und Hamburg. Die Erklärungen der Finanzminister könnten aus der Feder von Claus Möller stammen, weil sie nämlich in der Begründung der Auswirkungen, Folgen und Ursachen dieser in der Tat desaströsen Steuerschätzung deckungsgleich sind. Auch in Hessen, Hamburg und in den Ländern, in denen CDU und FDP regieren, werden Sie um spürbare Eingriffe in Besitzstände nicht herumkommen. Sie müssen den Mut haben, das auch den Menschen in Schleswig-Holstein zu sagen. Hier dürfen Sie sich nicht verweigern.
Nach Ihren Erklärungen zur Bundestagswahl sage ich: Es ist in doppelter Hinsicht gut, dass Sie am 22. September die Bundestagswahl nicht gewonnen haben. Es ist gut für unser Land, meine Damen und Herren, aber auch für Ihre Partei. Wie hätten Sie denn jetzt den Wählerinnen und Wählern erklären wollen, warum Ihre Versprechen in Milliardenhöhe nach der Bundestagswahl nicht hätten eingelöst werden können?
(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Zuruf von der CDU: Wie erklä- ren Sie Ihre Wahlversprechen?)
Meine Damen und Herren, natürlich kann die Ausrufung der Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts keine Lösung der Probleme sein. Denn Schulden müssen zurückgezahlt werden und kosten viel Geld, meine Damen und Herren. Aber wir teilen die Auffassung der Regierung. Schulden sind unvermeidbar. Auch weil es angesichts des in diesem Jahr zu erwartenden hohen Defizits beim Vollzug in den Jahren 2003 und 2004 zu einer Defizitabdeckung kommen würde, sagen wir: Es gibt keine Alternative zur Kreditaufnahme in diesem Jahr, weil wir bei
einem Verzicht auf ein weiteres Defizitspending zu einer weiteren Belastung des Arbeitsmarktes und der konjunkturellen Entwicklung beitragen würden. Die Situation verpflichtet uns, sehr kurzfristig spürbare Eingriffe im Ausgabenbereich und Verbesserungen im Einnahmebereich vorzunehmen. Ich sage das ganz bewusst, meine Damen und Herren: Ich hoffe darauf, dass Sie sich dieser gemeinsamen Verantwortung für unser Land erstmalig nicht verweigern. Es ist nicht nur unser Land, sondern unser gemeinsames Land, für das wir alle gemeinsam in diesem Hause eine große Verantwortung tragen.
Wir kommen nicht darum herum, meine Damen und Herren, sehr kurzfristig spürbare Einschnitte, Streichungen und Reduzierungen bei den freiwilligen Leistungen vorzunehmen. Wir kommen auch nicht darum herum, die Personalkosten, die fast 40 % des Nettohaushaltes umfassen, durch Stellenstreichungen zu reduzieren.
Aber ich sage: Es geht dabei auch ohne betriebsbedingte Entlassungen. Wir werden trotz Ihres erwarteten Widerstands im Detail auch nicht darum herumkommen, die Verwaltungsstrukturen noch weiter zu verschlanken, um auch in diesem Bereich nicht nur zu mehr Bürgernähe und Effizienz, sondern auch zu Kosteneinsparungen zu gelangen.
(Dr. Heiner Garg [FDP]: Luftblasen! - Wei- terer Zuruf von der FDP: Fangen Sie bei der Staatskanzlei an!)
Ich appelliere an Sie: Machen Sie mit! Unterstützen Sie unsere Vorhaben zur Verbesserung auf der Einnahmeseite! Machen Sie mit uns mit, wenn es darum geht, im Interesse des Landes sich auch gegen noch so berechtigte Einzelinteressen von Verbänden und Bürgergruppen zur Wehr zu setzen. Hören Sie auf, die Reform der Körperschaftsteuer im Bundesrat zu blockieren, meine Damen und Herren! Wir stehen vor einer großen Herausforderung für unser Land.
Machen Sie mit uns mit! Ich appelliere an Sie. Wir werden wahrscheinlich den Mut alleine aufbringen müssen. Aber auch Sie tragen für dieses Land in dieser schwierigen Zeit Mitverantwortung.
Für die Fraktion der FDP hat jetzt der Herr Abgeordnete Dr. Heiner Garg das Wort. - Ich möchte darauf hinweisen, dass wir nicht zu viel überziehen können. Die Redezeit beträgt fünf Minuten pro Person.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Sehr geehrter Kollege Neugebauer, wie viel Peinlichkeit und Unehrlichkeit wollen Sie eigentlich diesem Parlament noch zumuten?