Protokoll der Sitzung vom 18.12.2002

Die nächste Luftbuchung ist die geplante reale Kürzung der Beamtenbezüge. Die Landesregierung rechnet damit, 35 Millionen € nicht ausgeben zu müssen, weil sie den Beamten gern das Weihnachtsgeld, das Urlaubsgeld und die Zulagen kürzen will. Herr Kollege Hay, ich habe viel Verständnis dafür, dass die sozialdemokratische Gerechtigkeit den Menschen draußen erklärt, dass man Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld und Zulagen erst ab einer bestimmten Einkommenshöhe kürzen will. Aber wie Sie mit dieser bestimmten Höhe die 35 Millionen € erwirtschaften wollen, das müssen Sie erklären. Das ist schon wieder eine bewusste Irreführung der Menschen draußen. Es wird überall gekürzt. Wir machen das nicht mit, weil wir glauben, dass die Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes bereits an ihrer Leistungsgrenze angelangt sind und dass sie dort, wo sie tätig sind, in der Regel eher zu schlecht als zu gut bezahlt sind.

(Beifall bei FDP und CDU)

Unser Konzept sieht anders aus: Ausgaben verringern und dann Personal einsparen, aber die, die tätig sind, ordentlich bezahlen. Dies steht im Gegen

satz zu Ihrer Vorstellung, möglichst breit einzustellen und die Leute immer schlechter zu bezahlen.

(Beifall bei FDP und CDU)

Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, das geht wiederum nur, wenn diese Pläne Bundestag und Bundesrat passieren, wogegen momentan vieles spricht, denn die unionsregierten Länder haben gemeinsam mit der FDP erklärt, dass sie dieser Öffnungsklausel nicht zustimmen wollen. Wenn die Kürzungen, wie zu erwarten, nicht kommen, ist das nächste Haushaltsloch da.

Bei beiden Gesetzesvorhaben, Steuervergünstigungsabbau und Kürzung der Beamtenbezüge, verzichtet die Landesregierung auch auf kaufmännische Vorsicht. Risikoabschläge auf die zu erwartenden Maximaleinnahmen unterlässt sie großzügig. Noch-Finanzminister Möller macht seinem Titel als „Herr der Haushaltslöcher“ alle Ehre: Jetzt plant er schon vorsätzliche Haushaltslöcher ein, damit ihm nächstes Jahr niemand seinen Ehrentitel streitig machen kann.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, mit diesem Haushaltsentwurf knüpft die Landesregierung nahtlos an die Reihe der verkorksten Haushalte der Vergangenheit an. Wenn dieser Haushaltsentwurf Gesetz wird, sind die Ausgaben gesetzlich festgelegt, beruhen die Einnahmen auf utopisch optimistischen Schätzungen und spätestens ab der Mai-Steuerschätzung wird der Finanzminister wieder schweren Herzens vor uns treten und verkünden, da stehe er nun und könne nicht anders, als Haushaltssperren zu verhängen, die globalen Minderausgaben zu erhöhen und noch mehr Schulden zu machen.

Ein bisschen vorgesorgt hat er selbstverständlich schon, zum Beispiel bei der Polizei. Schon im ersten Haushaltsentwurf hat er freimütig eingeräumt, dass die geplanten zusätzlichen Stellen nur zu Bruchteilen finanziert sind. In der Nachschiebeliste wird auch der Personalkostenansatz für Polizeibeamte um 0,5 % gekürzt, sodass die neuen Stellen nun gar nicht mehr finanziert sind. Auf unsere Frage, wie die neuen Stellen denn nun finanziert werden sollen, antwortet der Minister mit der Ausflucht der flexiblen Stellenbewirtschaftung, was nichts anderes heißt, als dass die Landesregierung schon jetzt auf die zusätzlichen Polizisten verzichtet hat.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der nächste Trick von Minister Möller besteht darin, sich und seinen Kollegen teure Reserven für Personalkostensteigerungen zu schaffen. Die sächlichen Verwaltungsausgaben sollen die Personalhaushalte decken. Dies heißt letztlich nichts anderes, als dass zum Beispiel die Weiterbildung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter

(Wolfgang Kubicki)

der mangelnden Personalplanung der Vergangenheit zum Opfer fallen soll.

Ein weiterer Trick soll die Verschiebung der Einstellung von Lehrerreferendaren sein. Anstatt die Referendare wie bisher im Februar einzustellen, damit sie sich auf ihre Unterrichtsverpflichtungen für das neue Schuljahr gut vorbereiten können, sollen die Referendare erst zu Beginn des neuen Schuljahres im August eingestellt werden. Auch das ist ein Taschenspielertrick. Referendare müssen heutzutage bedauerlicherweise sehr schnell nahezu vollwertigen Unterricht geben, weil die Schulen ansonsten überhaupt nicht mehr wüssten, wie sie den Unterrichtsausfall begrenzen können. Nimmt man den Referendaren die Einarbeitungszeit von Februar bis August, wird die Qualität des Unterrichts selbstverständlich darunter leiden, ja leiden müssen. Weil dieser Mangel allerdings nicht in diesem Haushalt, sondern erst in der nächsten PISA-Studie und in den Zukunftschancen unserer Kinder zu Buche schlagen wird, glaubt die Landesregierung, einen ungedeckten Scheck auf die Lebenseinkommen unserer Kinder ziehen zu können, um ihr gegenwärtiges Finanzchaos wenigstens kurzfristig auf dem Papier zu verdecken.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich komme damit zur Bildungspolitik, einem der verbliebenen, angeblichen Schwerpunkte der Regierung. Am schleswigholsteinischen Bildungssystem kann man sehen, warum der Sozialismus zum Scheitern verurteilt war. Schleswig-Holsteins Schülerinnen und Schüler bekommen im Durchschnitt 10 % weniger Unterricht als in anderen Bundesländern üblich, und zwar aus Büchern, in denen die DDR noch lebt. Schleswigholsteinische Schülerinnen und Schüler bekommen also bei zehn Schuljahren neun Jahre Unterricht. In der innerdeutschen PISA-Studie sind wir, von wenigen Ausnahmen abgesehen, auf den Abstiegsplätzen gelandet. Das ist umso schlimmer, da Deutschland schon im internationalen Vergleich im unteren Tabellendrittel war. Bis zum Schuljahr 2004/2005 müssen nach Berechnungen des Landesrechnungshofes über 1.000 zusätzliche Lehrer eingestellt werden und bis zum Schuljahr 2009/2010 insgesamt über 2.000 - zusätzlich, wohlgemerkt.

Wie reagiert die Landesregierung? Zur mangelnden Unterrichtsversorgung heißt es, das werde durch die kleineren Klassen ausgeglichen. Das hat aber nicht funktioniert, sonst hätte Schleswig-Holstein im innerdeutschen Vergleich nicht so schlecht abgeschnitten. Aber die schlechten PISA-Ergebnisse hat die Bildungsministerin ohnehin erwartet, so jedenfalls ihrer lapidarer Kommentar. Mit anderen Worten: Die Bildungsministerin ist sich ihrer mangelhaften

dungsministerin ist sich ihrer mangelhaften Bildungspolitik bewusst.

(Beifall bei FDP und CDU)

Wie stellt sich die Landesregierung Abhilfe vor? Zunächst senkt sie die geplanten zusätzlichen Lehrerstellen. Dann werden 50 erwirtschaftete Lehrerstellen im Sinn gerechnet. Wenn man dann in die Anlage zum Entwurf des Einzelplans 07 schaut, dann stellt man fest, dass im Jahr 2003 150 Lehrer mehr 10 Lehrer weniger bedeuten. 200 minus 50 im Sinn gleich minus 10, so einfach kann rot-grüne Mathematik sein.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, so verspielt RotGrün die Zukunft unserer Kinder. Die Bildungsministerin versteckt sich dabei ständig hinter imaginären Dreisätzen der eben aufgezeigten Qualität von Lehrerstellen, Unterrichtsstunden pro Lehrer und Unterrichtsstunden, die rechnerisch schon, aber tatsächlich nicht bei den Schülerinnen und Schülern ankommen. Sie bleibt geflissentlich die Antwort auf die Frage schuldig, warum Schleswig-Holsteins Schülerinnen und Schüler nach 15 Jahren sozialdemokratisch geführten Landesregierungen erheblich weniger Unterricht bekommen als anderswo und deshalb im Durchschnitt erheblich schlechter auf das Leben vorbereitet werden als anderswo, und das, obwohl es selbst bis zu den Sozialdemokraten durchgedrungen ist, dass gute Bildung die beste Arbeitslosenversicherung und die beste Altersvorsorge ist.

(Beifall bei FDP und CDU)

Ich beantworte Ihnen die Frage: Schleswig-Holsteins Kinder werden unter dieser Regierung schlechter gebildet und ausgebildet als in anderen Bundesländern, weil die Landesregierung glaubt, dass ihr Gerede vom politischen Schwerpunkt Bildung ausreicht, um alle Probleme zu lösen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das gleiche gilt für die Infrastruktur des Landes. Die Investitionsquote im Landeshaushalt ist seit über einem Jahrzehnt gesunken und die tatsächliche Quote liegt jedes Jahr unter der geplanten. Das hat Zehntausende möglicher zusätzlicher Arbeitsplätze gekostet, inklusive der damit verbundenen Steuereinnahmen. Warum? Weil sich weniger Unternehmen angesiedelt haben, als es bei besseren Standortbedingungen der Fall gewesen wäre, weil die ansässigen Unternehmen weniger Menschen beschäftigen, als sie es unter besseren Standortbedingungen täten, und weil bei besseren Standortbedingungen weniger ansässige Unternehmen insolvent würden. Diese Opportunitätskosten verfehlter Standortpolitik stehen nicht offen lesbar im Haushalt. Deshalb verneint die Landesregierung sie auch und hält das rot-grün regierte Schleswig

(Wolfgang Kubicki)

Holstein für die beste aller möglichen Welten. Trotzdem sind diese Opportunitätskosten real. Der stetig sinkende Anteil Schleswig-Holsteins am Bruttoinlandsprodukt der westdeutschen Flächenländer und der gleichzeitig steigende Anteil der schleswigholsteinischen Arbeitslosen an den westdeutschen Arbeitslosen beweisen dies. Das sind doch die Daten, die wir als Fakten zur Kenntnis nehmen müssen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, zusammenfassend stelle ich fest: Dieser Haushaltsentwurf beweist wieder einmal die Unfähigkeit der Regierung, mit ihrer Politik zum Wohle des Landes und einer besseren Zukunft für die Menschen beizutragen. Mit selbstgefälliger Ankündigungspolitik und selbsttäuschenden Buchungstricks verweigert die Regierung den Menschen Schleswig-Holsteins nachhaltig eine bessere Zukunft.

Wir stellen uns die Zukunft des Landes anders vor und setzen andere Schwerpunkte. Deshalb stellen wir dem rot-grünen Finanzchaos erneut unser durchdachtes Finanzkonzept gegenüber.

(Heiterkeit bei der SPD)

- Kollege Astrup, man mag darüber lachen. Aber interessanterweise können wir darauf verweisen, dass wir mit dem, was wir bereits in der Vergangenheit gefordert haben, immer auf der richtigen Seite waren.

(Beifall bei FDP und CDU - Widerspruch bei der SPD)

- Ich komme gleich noch darauf zurück. Nicht wir, Kollege Hay, müssen den Bürgern des Landes sagen, dass wir bei ihnen kürzen wollen, weil angeblich George Bush die Weltkonjunktur in Grund und Boden gedampft hat. Sie müssen doch einmal zur Kenntnis nehmen, dass die OECD-Studie Ihnen, den Roten und Grünen, bescheinigt, dass es durch Ihre Verweigerung der Politik zu einer Wirtschaftsmisere in Deutschland gekommen ist, die sich verstärkt hat und die sich fortsetzen wird, wenn Sie nicht endlich anfangen, Ihre Politik endlich an der Wirklichkeit auszurichten.

(Beifall bei der FDP)

Wir kürzen den Haushalt und schichten innerhalb des gekürzten Haushalts zu den Kernaufgaben der Landespolitik um. Bildung, innere Sicherheit und Investitionen in die Infrastruktur, Landesvermögen verkaufen wir einnahmemaximierend und verwenden die Erlöse nur, um neue Schulden zu vermeiden und alte zu tilgen. Das ist der einzig Erfolg versprechende Weg, um den Haushalt zu sanieren und zu konsolidieren. Auf diesem Konzept beruhen unsere Vorschläge.

Wir kürzen die Nettoausgaben um gut 500.000 € und steigern dabei die Investitionen netto um 22,7 Millionen €, die Bildungsausgaben netto um 16,5 Millionen € und die Ausgaben für die innere Sicherheit netto um 8,1 Millionen €. Wir stärken die Investitionskraft der Gemeinden, weil wir kein Geld aus dem kommunalen Investitionsfonds entnehmen und zusätzlich die Entnahmen der letzten beiden Jahre verzinst zurückzahlen. 16,3 Millionen € mehr für kommunale Investitionen!

Wir verkaufen die restlichen Anteile des Landes an der Landesbank und der LEG und lösen überflüssige Rücklagen auf. Mit den Erlösen senken wir die Nettoneuverschuldung um 569,4 Millionen € auf null und vermindern zusätzlich die Schulden des Landes um knapp 36 Millionen €. Gemessen an den Schuldengebirgen von Rot-Grün ist das nicht viel, aber es ist die erste Reduzierung der Landesschulden seit Jahrzehnten überhaupt. Ein Anfang wäre gemacht.

Kollege Hay, wenn die öffentliche Hand ein Beispiel dafür geben kann, dass es eine verlässliche Finanzpolitik auch in der Zukunft geben kann, dass wir anfangen wollen mit dem Sparen, dass wir anfangen wollen mit dem Schuldenabbau, dann jetzt. Nur dann werden wir bei den Unternehmen Vertrauen gewinnen und sie zu Investitionen veranlassen können, von denen sie momentan Abstand nehmen. Es wird nämlich genau das befürchtet, was die Ministerpräsidentin ständig verkündet: regelmäßig mehr Steuern auf Ertrag und Einkommen mit der Folge, dass die Unternehmen Attentismus üben! Das verschärft das Problem, statt ihm entgegenzuwirken.

Selbstverständlich sind viele unserer Vorschläge der Sache nach nicht neu. Verlässliche Finanzpolitik zeichnet sich ja gerade dadurch aus, dass sie nicht ständig wie ein rot-grüner Flummi durchs Land hüpft. Das Leben ist voller Überraschungen und die Menschen und Unternehmen haben schon mit genug Widrigkeiten und Veränderungen zu kämpfen. Die Politik sollte sich mit Überraschungen weitestgehend zurückhalten.

Gute Finanzpolitik ist nahezu langweilig: mittelfristig den Finanzhaushalt ausgleichen und über den Konjunkturverlauf die automatischen Stabilisatoren arbeiten lassen, keine hektischen diskreten Budgetveränderungen, um jedem noch so kleinen Schlenker der Wirtschaftsleistung hinterherzulaufen.

Die strukturellen Probleme des Landes haben sich kaum verändert. Sie sind nur gewachsen. Folglich passen unsere strukturellen Konzepte der letzten Jahre weiterhin. Es wird allerdings immer wichtiger, sie zügig und konsequent umzusetzen.

(Wolfgang Kubicki)

Herr Kollege Hay, Sie haben die Opposition, insbesondere die Union, aufgefordert, an der Frage der Reduzierung von Aufgaben des Staates, der Organisation der Verwaltung mitzuwirken. Ich kann Ihnen nur sagen: Willkommen im Club! Lesen Sie einmal nach, was wir gemeinsam seit 1994/95 hier im hohen Haus gefordert und was Sie dauernd verweigert haben.

(Beifall bei der FDP)

Uns jetzt aufzufordern, wir sollten mittun, ist schon ein Stück aus dem Tollhaus. Wir können Sie nur auffordern: Setzen Sie endlich die Vorschläge der Opposition um, damit zügig wieder Klarheit herrscht. Dann haben wir nichts zu befürchten.

Auf der Einnahmeseite schlagen wir Folgendes vor.

Wir verkaufen die Anteile des Landes an der neuen LB AG komplett für 500 Millionen €. Ich bin begeistert, dass der Finanzminister und der Fraktionsvorsitzende der SPD nun gerade uns sagten: Wer einen solchen Preis in den Raum stellt, der verschlechtert damit die Verhandlungsposition des Landes. - Ich kann nur feststellen: In der letzten Zeit hat das Land schlecht verhandelt, ohne dass wir irgendwelche Preise in den Raum gestellt haben. Erklären Sie mir einmal, warum der Finanzminister für einen fünfprozentigen Anteil

(Minister Claus Möller: Bis 5 %!)

einen Preis in den Raum stellen kann und wir nicht einen Preis für einen 29-prozentigen Anteil in den Raum stellen können.

(Beifall bei der FDP)

Die Logik Ihrer Argumentation erschließt sich mir nicht. Selbstverständlich haben wir nur aufgenommen, was wir mindestens als Erlös erwarten. Ich kann Ihnen sagen, Herr Kollege Hay, Herr Kollege Möller: Überlassen Sie die nächsten Verhandlungen einfach einmal Fachleuten, machen Sie das nicht selbst. Dann wird das Ergebnis besser ausfallen, als es bisher geschehen ist.

(Beifall bei der FDP - Holger Astrup [SPD]: Schlaumeier!)

Die Fusionsverhandlungen der Landesbank gehen dem Ende entgegen. Der Doppelsitz Hamburg/Kiel und die Sicherung der meisten Arbeitsplätze wird vertraglich abgesichert. Nach Abschluss der Fusion besteht für das Land kein Grund mehr, als Privatbankier aufzutreten. Die LB AG wird zentrale Funktionen für unsere Sparkassen erfüllen. Deshalb sollten wir zunächst dem Sparkassen- und Giroverband Schleswig-Holstein die Möglichkeit bieten, eine

Sperrminorität zu erwerben. Sollte der SGV das nicht wollen, dann werden sich andere Käufer finden. Der Kollege Hay hat bereits auf Interessenlagen aus Skandinavien hingewiesen.