Wenn Sie, Frau Simonis, am 11. Februar als Reaktion auf die Situation bei HDW ausdrücklich das Angebot der Landesregierung erneuern, den Handelsschiffbau von HDW mit Mitteln der Wettbewerbshilfe und Landesbürgschaften zu stützen, dann sage ich: Landesbürgschaften sind gut, nur, was haben Sie sich denn bei der Wettbewerbshilfe gedacht? Ist Ihnen nicht klar, dass dort überhaupt keine förderfähigen Schiffe gebaut werden? Da haben Sie eine Nullaussage getätigt.
Dennoch müssen Sie sich fragen lassen, warum denn das Land die Wettbewerbshilfe in den vergangenen Jahren nicht ausgeschöpft hat. Es hat wirklich den Anschein, als ob Sie Arbeitslosigkeit lieber durch die Bundesanstalt für Arbeit finanzieren lassen wollen, als Arbeit selbst zu finanzieren. Damit haben wir unser Problem.
Wir haben im letzten Jahr über die Flender-Werft diskutiert. Dabei ist deutlich geworden, dass Sie selbst in Ihrem „Maritimen Bericht“ geschrieben haben, dass nach dem Auftragsvolumen die doppelte Förderung der Wettbewerbshilfe gerechtfertigt gewesen wäre. Nur, wann endlich lassen Sie Ihren markigen Worten auch Taten folgen?
- Ich habe dies nicht speziell für Flender angesprochen, sondern generell gemeint, Frau Gröpel. Aber erklären Sie doch heute öffentlich, ob die Werften in Schleswig-Holstein noch die Restmittel aus der 8. Fortsetzung des Wettbewerbshilfeprogramms bekommen. Bundesmittel stehen noch zur Verfügung.
Frau Simonis, sagen Sie uns heute, was Sie für das neue Programm der Wettbewerbshilfe ab Oktober letzten Jahres endlich an konkreten Mitteln bereitstellen wollen!
Die Situation ist so - jedenfalls für die kleineren Werften in Schleswig-Holstein - nicht länger tragbar. Neu zu akquirierende Aufträge sind nicht möglich, weil im Landeshaushalt keine Mittel vorhanden sind. Sie können deswegen den Werften heute gar keine finanzielle Hilfe versprechen, Frau Simonis. Ich habe
Eines will ich Ihnen auch noch sagen: Eine Mittelvergabe nach Gutsherrenart hilft nicht weiter. Schaffen Sie endlich Planungssicherheit für alle Werften hier im Lande!
Denn, Frau Simonis, das sollten wir gemeinsam wissen: Politik ist für die Rahmenbedingungen zuständig, und Werftenpolitik ist Bestandteil dieser Rahmenbedingungen. Wir dürfen also, wenn wir seriös bleiben wollen, den Betroffenen und ihren Familien nicht vorgaukeln, dass die Landespolitik schnell und effektiv in unternehmerische Entscheidungen eingreifen oder gar direkt Arbeitsplätze schaffen könnte. Genau dies ist nicht der Fall.
Und genau deswegen, Herr Neugebauer, müssen wir mit dem begrenzten politischen Instrumentarium der Wettbewerbshilfe und Landesbürgschaften zur Unterstützung des Werftenstandorts Schleswig-Holstein effektiv und klug umgehen. Als politisch Verantwortliche sollten wir gemeinsam streiten um die besten Konzepte für den Erhalt des Werftenstandorts Schleswig-Holstein, aber auch Einigkeit in dem Ziel erkennen lassen: HDW muss als Universalwerft erhalten bleiben!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Kayenburg! Ihre Forderung nach einer Werftenkonferenz ist eigentlich überflüssig, weil der Termin für die maritime Konferenz schon lange feststeht: im Mai in Lübeck.
(Martin Kayenburg [CDU]: Ja, im Mai, aber nicht jetzt, wenn Not am Mann ist! Jetzt muss sie stattfinden!)
Meine Damen und Herren, wir debattieren heute zum Thema Werftenpolitik nicht nur, weil in Kiel 750 Stellen bei HDW abgebaut werden sollen, nicht nur,
weil 750 Arbeitsplätze weniger für die Landeshauptstadt Kiel eine nach den Entscheidungen bei Heidelberger und anderen Firmen besonders bittere Pille sind, nicht nur, weil von einem solchen Stellenabbau Familien und viele Zulieferer betroffen wären, und hoffentlich nicht, weil wiederum eine Wahl bevorsteht, sondern weil HDW ein Symbol ist für den Erhalt des Werftenstandortes Deutschland und für den Erhalt des Werftenstandorts Kiel.
Wir werden uns gemeinsam mit den Beschäftigten und ihrer Gewerkschaft für den Erhalt der Arbeitsplätze einsetzen.
Wir scheuen uns auch nicht, mit der CDU an einem Strang zu ziehen, wenn es darum geht, für eine 50-%Beteiligung des Bundes an der Wettbewerbshilfe zu streiten.
Nach monatelangen Gerüchten gab es nun in der letzten Woche die bittere Gewissheit, dass bis Mai 2004 750 Mitarbeiter ihren Arbeitsplatz verlieren sollen. Erklärt wird dies als Reaktion auf die Krise im Handelsschiffbau. Wer sich jedoch die Entwicklung von HDW in den vergangenen zwei Jahren anschaut, der ahnt, dass es um mehr geht als um eine Krise im Handelsschiffbau. Hier gab es auch eindeutig Krisen im Bereich des Managements.
Dass wiederum die Arbeitnehmer als erstes die Last auf die Schulter gebürdet bekommen, ist dabei keine Überraschung. Manager, die heute Schwierigkeiten in ihren Unternehmen haben, reagieren zur Freude der Analysten mit dem Reflex, erst einmal Arbeitnehmer zu entlassen. Das führt zumindest zu kurzfristigen Kursgewinnen, spricht jedoch nicht unbedingt für verantwortliches Handeln der Führungskräfte.
Auch an die Führung der HDW in den letzten Jahren muss es erlaubt sein die eine oder andere Frage zu stellen. Wenn die Ministerpräsidentin zu Recht die Perspektive von HDW als Universalwerft aufzeigt,
so muss gefragt werden, ob die Entscheidungen der letzten Jahre immer dazu angetan waren, eben dieses Ziel mit dem unternehmerischen Nachdruck zu verfolgen. Das erklärte Ziel des Vorgängers des jetzigen Vorsitzenden Burmester, Herrn Lederer, war es doch, HDW für die Zukunft fit zu machen.
Warum, so frage ich, hat dann Babcock 500 Millionen € aus dem Unternehmen gezogen? Warum, so frage ich, gibt es ein Vorstandsmitglied, das seit mehreren Jahren für die Akquisition von Handelsschiffen zuständig ist, aber nicht einen einzigen Auftrag an Land gezogen hat?
(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Martin Kayenburg [CDU]: Und was hat die Landesregierung getan?)
Und wenn man sich die Erklärungsversuche von Klaus Lederer für das Abziehen von 525 Millionen € von HDW auf der Zunge zergehen lässt, wächst das Vertrauen in deutsche Unternehmer nicht unbedingt. Und es hilft heute HDW wenig zu wissen, dass der inzwischen insolvente Babcockkonzern 525 Millionen € Schulden bei HDW hat. Ein weiteres Beispiel dafür, dass Verantwortungsgefühl nicht für irgendein Unternehmen, sondern für die Menschen, die in einem Unternehmen arbeiten, bei deutschen Unternehmern immer unterentwickelter ist. Lassen Sie mich dies als Lübeckerin an dieser Stelle sagen: Auch der Niedergang von Flender ist letztlich im Kern durch das Missmanagement der Unternehmensführung entschieden worden.
Es ist nicht so, wie es heute auch wieder bei Herrn Kayenburg anklang und wie die Opposition glauben machen will, dass diese Situation durch eine zu geringe Werftenhilfe entstanden wäre. Das ist nicht wahr. Aus vielen Gesprächen vor Ort weiß ich, dass das auch so gesehen wird, und ich weiß auch, dass die über 800 Beschäftigten der Flenderwerft, die von der Insolvenz betroffen sind und um den Verlust ihres Arbeitsplatzes fürchten, sehr gut nachvollziehen können, wie ihren Kollegen bei HDW jetzt zumute ist.
Der Bezirksleiter der IG-Metall, Frank Teichmüller, hat deutlich gemacht, dass die Überlegungen der Unternehmensführung von HDW, die jetzt zur Entlassung von 750 Mitarbeitern führen sollen, in keinem Fall schlüssig sind. Er hat sicherlich Recht, wenn er feststellt, dass der Marineschiffbau allein nicht ausreicht, eine Werft auszulasten. Er hat sicherlich auch Recht, wenn er im Bereich von kleinen Kreuzfahrtschiffen, Luxusyachten und Roll-on-Roll-off-Fähren auf die Konkurrenz in der Bundesrepublik hinweist. Auch sein Fazit ist richtig, dass die Werft mit der Entscheidung für den Arbeitsplatzabbau als Universalwerft gefährdet wird. Und wenn man weiß, dass die Belegschaft 550.000 Stunden auf Arbeitszeitkonten angespart hat, dann ist es auf den ersten Blick bei diesem Volumen, das 370 Arbeitsplätzen für ein Jahr entspricht nicht schlüssig, zuerst an Entlassungen zu denken. Bedenkenswert dürfte der Vorschlag sein, die Arbeitszeit ohne Lohnausgleich von 35 auf 30 Stunden zu verringern, damit die Flexibilität zu erhöhen und gleichzeitig zu einer Qualifizierung der Beschäftigten beizutragen.
Meine Damen und Herren! Es liegt im Interesse einer starken Industrienation, eigenständigen Schiffbau aufrecht zu erhalten. Von daher ist die Bundesregierung aufgefordert, ebenfalls die Idee eines Werftenverbundes für die nächsten Jahre mit zu unterstützen. Dies kann auch dadurch geschehen, dass man sowohl unserer als auch der neuen Forderung der CDU zustimmt und der Bund wiederum 50 % der Wettbewerbshilfen übernimmt. Diese konkrete Forderung vermisse ich im Übrigen in Ihrem gemeinsamen Antrag.