Protokoll der Sitzung vom 19.02.2003

Und noch ein letztes Wort! Zu meinen, dass außerhalb St. Peter-Ordings und des westlichen Eiderstedts dies überhaupt jemanden interessiert, ist auch ein Irrtum. Ich stehe hier, um für die Gemeinde St. PeterOding das Möglichste herauszuholen. Das haben Sie nicht verstanden.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Lachen bei CDU und FDP)

Ehe ich der Frau Abgeordneten Kolb das Wort erteile, möchte ich darauf hinweisen, dass sich die- oder derjenige, die oder der hier im Raum ein Handy benutzt, nicht erwischen lassen darf. Es gibt sofort einen Ordnungsruf.

(Abgeordnete der CDU-Fraktion weisen auf die Regierungsbank)

Frau Abgeordnete Kolb, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wie wir schon zweimal gehört haben: Nicht in ganz Schleswig-Holstein herrscht Strandparkverbot. In St. Peter-Ording ist parken auf 1 % des Strandes jahreszeitlich befristet erlaubt. Aber Ihnen, Herr Umweltminister, ist das nicht genug. Sie möchten, dass

(Veronika Kolb)

noch weniger auf schleswig-holsteinischen Stränden geparkt wird.

(Martin Kayenburg [CDU]: Da nickt er auch noch! Unglaublich!)

Für Sie steht derweil der Nationalpark SchleswigHolstein auf dem Spiel. Das einzige Problem dabei sind die Touristen, die auch wegen der Möglichkeit des Strandparkens nach St. Peter-Ording und in den Nationalpark kommen.

(Beifall der Abgeordneten Ursula Sassen [CDU])

Wenn das Strandparken so eingeschränkt wird, wie Sie, Herr Umweltminister, es wünschen, dann vertreiben Sie genau die Leute, die ja unter anderem den Unterhalt für die Nationalpark Service GmbH

(Beifall bei FDP und CDU)

zu einem sehr großen Teil mit bezahlen, nämlich die Touristen. Weil Sie das wissen, Herr Minister, wollen Sie auch den Anteil der Parkgebühren um 200 % erhöhen;

(Beifall bei FDP und CDU - Dr. Heiner Garg [FDP]: So ist es!)

denn dieser Anteil wird ja an die Nationalpark Service GmbH abgeführt. Kommen sollen die Touristen nicht mehr so zahlreich, dafür sollen aber diejenigen, die kommen, bezahlen.

Meine Damen und Herren, was sich so anhört wie ein Lustspiel des Ohnsorg Theaters, ist für die Betroffenen in der Region bitterer Ernst. Umfragen unter den Gästen in St. Peter-Ording haben gezeigt, dass die derzeitigen Absichten der Landesregierung bis zu 31,3 % der Urlaubsgäste am Ort vertreiben würden und bis zu 40 % der Tagesgäste. Hierdurch gingen bis zu 7,9 Millionen € Umsatz verloren, bis zu 4,1 Millionen € Einkommen und bis zu 200 Arbeitsplätze.

Was das für die Betroffenen in einer strukturschwachen Region wie St. Peter-Ording bedeutet, muss ich hier wohl nicht näher erläutern.

(Beifall bei FDP und CDU)

Im Kern der Diskussion steht also die Frage, ob die marginale Senkung der Belastung des Strandes der Landesregierung bis zu 7,9 Millionen € Verlust und bis zu 200 Arbeitsplätze zusätzlich wert sind.

Bis jetzt haben Sie, Herr Umweltminister, noch nicht dargelegt, ob und wie stark der Nationalpark Wattenmeer durch das Strandparken konkret beeinträchtigt wird.

(Zuruf von der CDU: Überhaupt nicht!)

Aber die Landesregierung hat bisher immer und überall mit Nachdruck erklärt, sie würde konkret um jeden Arbeitsplatz in Schleswig-Holstein kämpfen. Soweit ich informiert bin, wurde St. Peter-Ording davon bislang nicht ausgenommen.

Es gilt noch einmal zu betonen: Einerseits geht es um 1 % Strandfläche in St. Peter-Ording, einen kaum noch messbaren Anteil der Fläche des Nationalparks, von dem bisher offenbar noch keine messbare Beeinträchtigung der Umweltqualität im Nationalpark ausging.

(Beifall bei FDP und CDU)

Andererseits geht es um 200 Arbeitsplätze und Millionenverluste für die Tourismuswirtschaft in einem strukturschwachen Raum. Es geht nicht darum, das Strandparken räumlich auszuweiten. Angesichts dessen entscheiden wir uns für den Tourismus und für die örtliche Wirtschaft. Wir weigern uns, Millionenbeträge und Hunderte von Arbeitsplätzen für ein grünes Prestigeobjekt zu opfern, das der Umwelt kaum nutzt, aber die Tourismuswirtschaft in einem strukturschwachen Raum nachhaltig schwächt.

(Beifall bei FDP und CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ein Wort noch zum Kollegen Dr. von Hielmcrone. Es erscheint politisch sehr geschickt, die gegenseitige Diskussion um die öffentlichen Geldbeträge anzureichern, die bereits in St. Peter-Ording ausgegeben wurden.

(Konrad Nabel [SPD]: Zu Recht!)

Aber für die gegenwärtige Diskussion ist das irrelevant. Versunkene Kosten sollten zukunftsgerichtete Entscheidungen nicht beeinflussen.

(Zurufe von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es bringt niemandem etwas, die in der Vergangenheit sinnvollerweise getätigten öffentlichen Investitionen jetzt mit den zu erwartenden zukünftigen Verlusten zu verrechnen. Es ist schlicht und einfach nur falsch gerechnet.

(Beifall bei der FDP und des Abgeordneten Martin Kayenburg [CDU])

Stattdessen sollten wir uns darauf konzentrieren, welche Auswirkungen die gegenseitig diskutierten Alternativen auf die Zukunft von St. Peter-Ording haben. In diesem Sinne entscheiden wir uns dagegen, die örtliche Tourismuswirtschaft erheblich zu schwä

(Veronika Kolb)

chen und dadurch bis zu 200 Arbeitsplätze für ein grüner Prestigeobjekt zu opfern.

(Beifall bei der FDP und des Abgeordneten Martin Kayenburg [CDU])

Wir sind für eine Regelung der Strandbeparkung im Rahmen der sehr vernünftigen Vorschläge der Gemeinde St. Peter-Ording und der bereits getätigten Investition.

(Beifall bei FDP und CDU)

Und abschließend: Ganz besonders wichtig erscheint uns, dass es jetzt unabhängig vom Ausgang dieses parlamentarischen Verfahrens schnell einen Kompromiss für die Vorsaison 2003 gefunden wird. Diese beginnt nämlich am 1. März, spätestens jedoch mit dem Beginn der Osterferien. Und wir sollten darüber nachdenken, ob deshalb nicht eine schnelle Entscheidung möglich ist.

(Beifall bei FDP und CDU)

Das Wort hat Frau Abgeordnete Fröhlich.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ein Nationalpark, auch Teile davon, sind kein Großparkplatz und kilometerweit zugestellte Flächen sind weder typisch für die nordfriesische Landschaft, noch tragen sie zur Erholung bei.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Soweit so gut und so einfach. Nun wurde diese Art von Nutzung seit langem ohne gesetzliche Grundlage praktiziert und das Nationalparkgesetz - Frau Kolb, wenn ich Sie daran erinnern darf - stammt von 1985, also aus der CDU-Zeit. Allerdings gibt es seit 1999 einen Vertrag zwischen der Gemeinde und dem Land, um diesen ungesetzlichen Zustand zu beenden, in dem festgeschrieben wurde, dass es eine 20-jährige Rechtsgarantie für diese eigentümliche touristische Ausstattung geben soll. Gleichzeitig erhielt die Gemeinde die nötigen Mittel, 4,5 Millionen € - ob das indiskutabel ist, Frau Kolb, frage ich dann doch einmal -, zur Verbesserung der Infrastruktur für einen autounabhängigeren Tourismus.

(Veronika Kolb [FDP]: Das zahlen wir gern zurück!)

Für die Gemeinde gab es die Auflage, sich ernsthaft um den Aufbau eines nationalparkfreundlichen touristischen Segments zu bemühen, vorzugsweise in der

Vor- und Nachsaison. Falls es der Gemeinde im Zuge der gewünschten Neuregelung der Parkzeiten jetzt wichtiger ist, mit ganzjährigen Strandparkmöglichkeiten - zum Beispiel in Ording - zu werben, könnte sie parallel zum Autostrand die anderen Strandabschnitte nationalparkfreundlich im Sinne des Naturschutzes entwickeln, zum Beispiel durch thematische Angebote in Richtung Natur-, Kunst-, Kinder- oder Nostalgiestrand.

(Unruhe)

Ein ernsthaftes, verlässliches Signal der Gemeinde in diese Richtung ist notwendig. Ein Salto rückwärts wird es mit den Grünen in der Landesregierung nicht geben.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abgeordneten Günter Neugebauer [SPD])