Protokoll der Sitzung vom 20.02.2003

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU - Wolfgang Kubicki [FDP]: Das kommt sowieso!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, obwohl wir Fusion und Umwandlung der beiden Landesbanken begrüßen, bleibt festzustellen, dass das Land und die Menschen diesen Prozess teuer bezahlen müssen. Die Landesregierung hat mit ihrer Landesbankpolitik im letzten Jahrzehnt einen dreistelligen Millionenbetrag verschenkt. Zuerst hat sie Friedel Neubers WestLB preiswert ein großes Anteilpaket zugeschanzt, im Glauben, der deutsche öffentlich-rechtliche Bankensektor habe Ewigkeitsgarantie.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: So ist das! - Wi- derspruch bei der SPD - Wolfgang Fuß [SPD]: PISA!)

Dieser Traum ist jäh an der Wirklichkeit zerschellt, und jetzt kann die WestLB ihre Anteile an der neuen Bank teuer verkaufen, und die stillen Reserven für Nordrhein-Westfalen geben Geld, welches das Land Schleswig-Holstein gut gebrauchen könnte.

(Beifall bei der FDP und der Abgeordneten Brita Schmitz-Hübsch [CDU] - Günter Neu- gebauer [SPD]: Wer hat Ihnen das eigentlich aufgeschrieben?)

Mit etwas strategischem Geschick hätte man einen Teil des jetzt verlorenen Geldes nach SchleswigHolstein zurückholen können.

(Ursula Kähler [SPD]: Erzählen Sie nicht immer im Konjunktiv, sondern sagen Sie einmal etwas Positives!)

Dieser Zwischenruf, lieber Kollege Fuß, hätte ich mir an Ihrer Stelle gespart. Aber darüber können wir gerne einmal ganz privat sprechen.

(Wolfgang Fuß [SPD]: Ich habe keinen Zwi- schenruf gemacht! Er merkt gar nichts!)

Aber liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, diese Chancen sind leider endgültig vertan. Jetzt kommt es darauf an, aus der gegebenen Lage das Beste zu machen. Die HSH Nordbank AG macht die gleichen Geschäfte wie eine private Bank. Sie hat eine private Rechtsform, und es gibt im 21. Jahrhundert in Deutschland keinen Grund mehr, warum sich der Staat als Privatbankier betätigen sollte. Deswegen sollten wir die

(Dr. Heiner Garg)

Anteile Schleswig-Holsteins so schnell wie möglich auf dem Kapitalmarkt veräußern.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ein Punkt ist bei dem vorliegenden Gesetzentwurf unseres Erachtens noch nicht berücksichtigt. Insoweit sind wir anderer Auffassung, Herr Minister Möller. Das betrifft die Spielbanken. Derzeit hält die Landesbank an den sechs Spielbanken Schleswig-Holsteins Beteiligungen zwischen 90 % und 100 %. Nach § 1 des Spielbankengesetzes dürfen diese Anteile nicht von der HSH Nordbank AG gehalten werden. Demnach müssten die Spielbankenbeteiligungen rechtswirksam aufgegeben werden, bevor die Landesbanken in einer AG verschmolzen werden dürfen. Da die Landesbank den Finanzausschuss in Unterrichtungen mehrfach und zu Recht gerade auf diesen Punkt hingewiesen hat, hierzu aber im vorliegenden Gesetzentwurf keinerlei Angaben gemacht werden, frage ich Sie: Hat sich die Rechtslage oder haben sich die Beteiligungsverhältnisse an den Spielbanken geändert, oder haben Sie nur ganz einfach vergessen, dies zu regeln?

(Günter Neugebauer [SPD]: Wer hat das im Finanzausschuss gesagt? - Zuruf des Abge- ordneten Rainer Wiegard [CDU])

- Das werden wir sehen, Kollege Wiegard.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, nun zum Immobiliendeal. Das Kreislaufgeschäft Immobiliendeal, das Sie, Herr Kollege Wiegard, als rundestes Geschäft dieses Finanzministers schlechthin bezeichnet haben, geht in seine hoffentlich letzte Runde. Erinnern wir uns: In einem millionenschweren Deal verkauft die Landesregierung die Liegenschaften an die Landesbank und gründet die GMSH, die die Liegenschaften verwaltet und zurück an das Land vermietet. Die Landesbank least die Liegenschaften durch die Landesbank und lässt die Liegenschaften durch die Landesbanktochter Investitionsbank betreuen. Außerdem hat sie Schulden aufgenommen und dem Land eine halbe Milliarde Euro überwiesen. Der Finanzminister wollte so die Kreditobergrenze umgehen. Das Bundesverfassungsgericht hat diese Absichten allerdings zum Glück zunichte gemacht. Dafür hat das Land mehrere Dutzend Millionen Euro für Grunderwerbsteuer, Notargebühren und Ähnliches bezahlt. Das ergibt einen zweistelligen Millionenbetrag dafür, dass das Land seine Liegenschaften mittelbar von sich selbst mieten darf.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, jetzt wird eine neue Gesellschaft gegründet. Die Liegenschaftsverwaltung Schleswig-Holstein bekommt die Liegenschaften und die Aufgabe, sie zu verwalten. Trotz ihres Namens

soll sie die Liegenschaften aber nicht verwalten. Das soll nämlich weiterhin die GMSH machen.

Der geneigte Zuhörer könnte sich jetzt fragen, warum die Liegenschaften des Landes so lange um den heißen Brei herum gehandelt werden. Ganz einfach: Die Landesregierung will keine weiteren Steuern für den Immobiliendeal zahlen. Das ist kaufmännisch auch rational; denn die Landesregierung will ein Steuerschlupfloch nutzen und Steuern sparen, indem sie dem Landtag vorschlägt, eine landeseigene Briefkastenfirma zu gründen.

(Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Haben Sie es auch gemerkt?)

Eine geschichtliche Fußnote hierbei ist, dass das Land dadurch unter anderem vermeidet, Grunderwerbsteuer an sich selbst zu zahlen und hierdurch verhindert, dass diese ansonsten vom Land an sich selbst gezahlte Landessteuer unsere Einnahmen aus dem Länderfinanzausgleich und den Bundesergänzungszuweisungen mindert.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Frau Heinold muss jetzt sagen: Illegaler Steuerbetrug!)

Herr Finanzminister, ich denke, in diesem Punkt sind wir uns wohl einig: So schön kann deutsches Steuerrecht sein!

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU - Wolfgang Kubicki [FDP]: Wir könn- ten in Liechtenstein eine Stiftung für so et- was anbieten!)

- Ihr könnt dann draußen vor der Tür verhandeln, wer wem was anbietet. - Damit kann man zum Immobiliendeal hoffentlich nur noch sagen: Dies war hoffentlich die letzte Runde im Kreislaufgeschäft mit den Landesliegenschaften. Denn eines ist sicher - ich denke, darin sind sich zumindest Union und FDP einig -: Der gesamte Immobiliendeal war zwar umsonst, aber dafür verdammt teuer.

(Beifall bei FDP und CDU)

Herr Finanzminister, eine letzte Frage, die ich von Ihnen und nicht von Ihrem Amtsnachfolger beantwortet haben möchte: Gehen Sie eigentlich davon aus, dass, so sie denn käme, Wertzuwachssteuer anfiele, oder wie wollen Sie die auch noch trickreich umgehen? Das würde mich sehr interessieren.

Ansonsten werden wir diesen Prozess im Finanzausschuss selbstverständlich weiterhin positiv begleiten, sodass wir das Gesetz dann in zweiter Lesung verab

(Dr. Heiner Garg)

schieden können. -Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei FDP und CDU)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich Frau Abgeordneter Monika Heinold das Wort.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Ich bin gespannt, ob Sie jetzt auch von legalem Steuerbetrug sprechen!)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es hat mich besonders gefreut, dass die CDU die Größe hatte, dem Finanzminister hier zu danken

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

und insgesamt anzuerkennen, dass wir bei allen Differenzen in den Details eine ausgesprochen gute Lösung vor uns liegen haben. Die Fusion der beiden Landesbanken Hamburg und Schleswig-Holstein ist praktizierte norddeutsche Zusammenarbeit im besten Sinne. Wir könnten lange darüber philosophieren, warum es scheinbar mit Rot-Schwarz einfacher ist als mit Rot-Rot oder Rot-Grün-Rot. In der Sache ist das Ergebnis gut. Die Interessen beider Länder werden gebündelt und zwischen beiden Ländern ist ein fairer Interessenausgleich ausgehandelt worden. Durch die Schaffung von Kompetenzzentren in Kiel und in Hamburg bleiben Arbeitsplätze in Schleswig-Holstein dauerhaft erhalten und es ist vereinbart worden, dass es zu keinen betriebsbedingten Entlassungen im Zuge der Fusion kommt. Das mag den Damen und Herren auf der rechten Seite des Hauses egal sein; für uns ist es absolut wichtig.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Auch die Wirtschaft begrüßt diese Fusion, da sie die Interessen der beteiligten Standorte in ausgewogener Weise aufnimmt. Für die Landesbank ist diese Fusion die notwendige Grundlage dafür, um sich auch mit den neuen Auflagen aufgrund der Verständigung zwischen der EU-Kommission und der Bundesregierung am Markt bewähren zu können. Dabei ist die Überführung in eine Aktiengesellschaft mit der Möglichkeit eines späteren Börsenganges ein völlig neuer Schritt für die Landesbank und ihre Anteilseigner. Aus der Sicht meiner Fraktion muss sich die Landesregierung als Anteilseigner der Bank auch weiterhin dafür einsetzen, dass die neue HSH Nordbank AG dazu beiträgt, der Wirtschaft in unserem Bundesland einen ortsnahen und ihr wohlgesonnenen Ansprech

partner zu bieten und dass Arbeitsplätze und Ansprechpartner in Kiel erhalten bleiben.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Grundlage der Geschäftspolitik der Landesbank ist bisher der öffentliche Auftrag. Sollte sich diese Geschäftspolitik der Bank grundlegend ändern, müsste sich das Land natürlich die Frage stellen, warum es seine Anteile an der Bank halten soll. Da stimme ich der FDP zu. Um die von der EU vorgegebene klare Trennung von Wettbewerbs- und Fördergeschäft umzusetzen, legt uns das Finanzministerium heute außerdem einen Gesetzentwurf zur Umwandlung der Investitionsbank in eine eigenständige Anstalt des öffentlichen Rechts vor. Die Investitionsbank wird von der Landesbank abgespalten und bleibt als Förderbank erhalten. Wir brauchen die Investitionsbank nach wie vor als starkes Förderinstrument. Das Liegenschaftsvermögen wird von der Investitionsbank auf eine neue Anstalt übertragen. Dadurch soll es zu einer Optimierung der bestehenden Struktur der Liegenschaftsverwaltung kommen. Meine Damen und Herren von der CDU: Sie mögen darüber lächeln, dass etwas, das einmal gegründet worden ist, von der eigenen Landesbank optimiert wird. Ich finde es selbstverständlich, dass wir einen stetigen und ständigen Optimierungsprozess unserer Anstalten haben.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW - Martin Kayenburg [CDU]: Sie haben Geld verschleudert!)

- Über Geldverschleuderung würde ich gern einmal mit Ihnen streiten. Wir gucken uns einmal die Bilanzen von Waigel, Stoltenberg und anderen an. Herr Kayenburg, dann streiten wir über Geldverschleuderung, kein Problem!

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Martin Kayenburg [CDU]: Die waren her- vorragend!)

Der Finanzausschuss hat sich mit dieser Konstruktion schon im letzten Herbst beschäftigt. Wir werden anhand der vorliegenden Gesetzentwürfe erneut prüfen, ob dieser Weg optimal ist. Entscheidend ist für meine Fraktion dabei, dass die Liegenschaften so verwaltet werden, dass überflüssige Liegenschaften verkauft werden, dass der Sanierungsstau weiter behoben wird, dass Energie eingespart wird und dass die Bewirtschaftung insgesamt sparsam konzipiert wird.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Zusammenfassend kann ich für meine Fraktion sagen: Wir beglückwünschen die Regierung zu den guten

(Monika Heinold)

Ergebnissen in ihren Verhandlungen mit der Hamburger Landesbank. Wir bedanken uns bei Herrn Dr. Rümker und all denen, die auch in der Verwaltung federführend dazu beigetragen haben, dass das Ganze als ein so guter Gesetzentwurf vor uns liegt. Wir freuen uns, dass mit der Fusion eine durchaus relevante länderübergreifende Zusammenarbeit zustande gekommen ist. Wir setzen darauf, dass sich die neue Bank wirtschaftsfreundlich im Interesse unserer klein- und mittelständischen Wirtschaft verhält. Wir würden uns freuen, wenn es der Bank gelänge, weitere Kooperationspartner oder Anteilseigner zu finden; möglichst hoch im Norden. Wir wollen die Investitionsbank als starke Förderbank erhalten. Wir werden darauf achten, dass die Übertragung des Liegenschaftsvermögens dazu führt, dass die zugesagten Einsparpotenziale in der Bewirtschaftung der Liegenschaften auch umgesetzt werden. Wir werden im Gesetzgebungsverfahren darauf achten, dass auch zukünftig die parlamentarische Kontrolle und die parlamentarische Information sowohl bei der Investitionsbank als auch bei der Verwaltung der Liegenschaften gewährleistet sind.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Der Finanzminister hat darauf hingewiesen: Die Frage der Ausgliederung der Spielbanken muss im Finanzausschuss beraten werden. Aus der Sicht meiner Fraktion sollen die Spielbanken nach wie vor in öffentlicher Hand bleiben. Das ist eine sehr eindeutige Position.