Protokoll der Sitzung vom 04.04.2003

Was das Gesamtdeckungsprinzip anbetrifft, so ließe sich hier vielleicht auf der Basis von Sockelbeträgen eine Lösung erreichen. Es wäre im Interesse der Frauen, aber auch im Interesse des rechtsstaatlichen Verkehrs zwischen uns und unseren neuen Nachbarstaaten, deren Grenzen nun zum Glück offen sind. Dies wäre ein richtiges Signal. Ich frage mich, ob es nicht zusätzlicher Anstrengungen im Bereich der Ermittlung und Strafverfolgung bedarf, um hier noch zu besseren Ergebnissen zu kommen. Den beiden Mitarbeiterinnen von contra sind die Defizite, wenn sie denn da sind, bestimmt nicht anzulasten.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten Günter Neugebauer [SPD] und Ursula Kähler [SPD])

Ich erteile Frau Abgeordneter Hinrichsen das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Ministerin, herzlichen Dank für den Bericht. Ich habe es so empfunden, dass die gestellten Fragen auch beantwortet wurden. Sie haben die Problembereiche angesprochen, insbesondere aber auch die Bereiche, in denen wir noch Hausaufgaben zu machen haben. Auch haben Sie heute freundlicherweise bereits angekündigt, welche Initiativen in dieser Richtung laufen. Auch wollen wir, soweit es möglich ist, weiter informiert werden. Der Bericht zeigt, wie wichtig die Hilfestellung für die betroffenen Frauen und Mädchen ist. Ein besonderer Dank geht an die Mitarbeiterinnen von contra die unter den bestehenden Bedingungen alles tun, um das Beste für die Opfer herauszuholen.

(Beifall bei SSW, SPD, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abgeordneten Thorsten Geißler [CDU])

Ich sage auch einen Dank an das Nordelbische Frauenwerk, das neben dem Land Träger und Financier von contra ist. Vielen Dank! Ich freue mich auf die Ausschussberatungen.

(Beifall bei SSW, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Damit schließe ich die Beratung. Es ist beantragt worden, den Bericht zur Beratung an den Innen- und Rechtsausschuss zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte um sein Handzeichen. - Gegenstimmen! - Stimmenthaltungen! - Das ist einstimmig so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 37 auf:

Gesundheitsstandort Schleswig-Holstein Bericht der Landesregierung Drucksache 15/2552

Ich erteile der Frau Ministerpräsidentin das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Mai 2000, zu Beginn der Legislaturperiode, habe ich angekündigt, dass die Landesregierung die Chancen des wachsenden Zukunftsmarktes Gesundheit für unser Land nutzen wolle. Der Gesundheitsstandort Schleswig-Holstein hat traditionell viel zu bieten. Für eine weitere Profilierung war und ist dies immer eine gute Ausgangslage. Nach zwei Jahren der bestehenden Gesundheitsinitiative wollen wir nun eine erste Zwischenbilanz ziehen. Die Landesregierung legt Ihnen deshalb heute diesen Bericht vor.

Die zentrale Botschaft ist: Schleswig-Holstein braucht sich als Gesundheitsadresse nicht zu verstecken. Das sage nicht nur ich, sondern das sagen vor allem die Partner im Land und Organisationen wie die Weltgesundheitsorganisation WHO, die uns dies ebenfalls bescheinigen.

Gesundheitswirtschaft in Schleswig-Holstein steht für Wirtschaft, Arbeit und Innovation. Wir haben dies frühzeitig erkannt und wollen diese Potenziale auch in Zukunft nutzen. Auf diesem Gebiet - und vor allem auch auf anderen Gebieten - entwickelt sich der Gesundheitssektor außerordentlich dynamisch. Ursachen dafür sind sicher die demographische Entwicklung und das wachsende Gesundheitsbewusstsein der Menschen. Darüber hinaus aber entwickeln die medizinische Wissenschaft, die Medizintechnik, die Pharmazie sowie die Bio- und Gentechnologie mit rasan

(Ministerpräsidentin Heide Simonis)

ter Geschwindigkeit neue Erkenntnisse und neue Produkte. Oft mündet dies in neue Behandlungsmethoden oder in ganz neue Angebote auf dem Gesundheitsmarkt. An den Hochschulen entstehen im Umfeld der Gesundheitswirtschaft neue Studiengänge, wie etwa Krankenhausmanagement an der FH Flensburg oder der Studiengang Medical Technology, den die FH und die Universität zu Lübeck gemeinsam entwickelt haben.

Schätzungen gehen von einem mittelfristigen Wachstum des deutschen Marktes für Medizinprodukte von 4 % bis 5 % aus. International werden sogar noch höhere Raten erwartet. Schlüsseltechnologien des 21. Jahrhunderts wie die Bio-, Gen-, Informations- und Medizintechnologie finden im Gesundheitswesen breite Anwendungsfelder. All dies sind gute Gründe, Schleswig-Holstein gemeinsam auf diesem Wachstumsmarkt der Zukunft zu positionieren.

Nach meiner Anregung im Rahmen der Regierungserklärung hat sich vor gut zwei Jahren die Gesundheitsinitiative gegründet. Gemeinsam mit der Landesregierung arbeiten darin Akteure aus dem Gesundheitswesen, aus Wirtschaft und Wissenschaft sowie aus Vereinen und Verbänden des Gesundheitsmarktes an der Stärkung des Gesundheitsstandorts Schleswig-Holstein.

Im Bericht der Landesregierung ist zusammengefasst, was die Mitglieder der Gesundheitsinitiative bis jetzt gemeinsam geschafft und auf den Weg gebracht haben. Er zeigt deutlich, wodurch sich der Gesundheitsstandort Schleswig-Holstein auszeichnet. Es handelt sich um ein sehr leistungsfähiges und effizientes Gesundheitswesen. Es geht um eine innovative medizintechnische, pharmazeutische und bio- beziehungsweise gentechnologische Industrie. Es hilft der Tourismusbranche, die sich den wandelnden Anforderungen - insbesondere im Wellnessbereich - stellt. Es dient den Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen, die gemeinsam mit Unternehmen und Einrichtungen des Gesundheitswesens praxisorientiert an Lösungen arbeiten. Es schafft auch ein herausragendes Klima der Kooperation und der Aufgeschlossenheit für neue Wege.

Dies ist natürlich nicht allein der Verdienst der Landesregierung. Ärzte und Beschäftigte im Gesundheitswesen, Professoren und wissenschaftliche Mitarbeiter an Hochschulen und Forschungseinrichtungen, engagierte Unternehmer, Aktive in den Vereinen und Verbänden waren maßgeblich mit daran beteiligt, den Gesundheitsstandort Schleswig-Holstein im nationalen und im internationalen Wettbewerb zu stärken. Richtig ist, dass die Politik der Landesregierung mit ihren Gesundheitsinitiativen dabei war und zu den

Erfolgen beigetragen hat. Wir haben die Akteure zusammengebracht. Wir haben Ideen und Leitprojekte entwickelt und mit der Umsetzung begonnen.

Die Gesundheitsinitiative hat das Bewusstsein für die Bedeutung des Zukunftsmarkts „Gesundheit in Schleswig-Holstein“ geschärft, neue Kontakte geschaffen und bestehende verstärkt. Eine Reihe von Projekten wie die Machbarkeitsstudie Medizintechnik Campus oder die Qualitätsgemeinschaft medizinische Rehabilitation haben wir finanziell unterstützt.

Nach unserem großen Gesundheitskongress in Lübeck vom November 2001 sprach Agis Tsouros von der europäischen Zentrale der WHO in Kopenhagen von einem einzigartigen Ereignis. Gesundheit sei bisher noch nie in so breiter und vernetzter Form diskutiert worden.

Dr. Carl Hermann Schleifer, Vorstandsvorsitzender der Damp Holding AG, lobte im November 2002 im Ärzteblatt Schleswig-Holstein die Gesundheitsinitiative - ich darf mit Ihrer Genehmigung, Herr Präsident, zitieren -:

Ich halte die Initiative für hervorragend, weil sie im Prinzip alle Voraussetzungen hat, die gesundheitlichen Angebote dieses Landes wesentlich aktiver in den Markt zu bringen mit den Möglichkeiten der Vernetzung einer guten Gesamtkonzeption und einer entsprechende Koordinierung. Ich bewerte die Initiative auch deshalb als sehr geeignet, weil wir in Schleswig-Holstein über eine gewisse touristische Infrastruktur und ein MarketingKnow-how verfügen. In der Kombination mit der Touristik hat die Gesundheitswirtschaft eine zusätzliche Chance.

Hier sieht man, dass die Akteure durchaus erkannt haben, wo und warum sie zusammenarbeiten.

Als letztes nenne ich die „Lübecker Nachrichten“. Dort wurde am 21. Januar 2003 geschrieben:

Die Idee, Schleswig-Holstein als Gesundheits- und Wellness-Land zu vermarkten, wurde von der Opposition zu Unrecht belächelt. Hier liegen große Potenziale für die Zukunft.

Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben es nicht nur mit den zukünftigen Potenzialen zu tun. Die Erfolge in der Praxis sind greifbar und anschaulich. Schon jetzt profitieren davon Patientinnen und Patienten und junge, angehende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler genauso wie die anerkannten Koryphäen.

(Ministerpräsidentin Heide Simonis)

Erst vor wenigen Wochen konnte eine Forschungsgruppe vom Universitätsklinikum Schleswig-Holstein in Kiel nach mehrjährigen Arbeiten einen höchst bedeutenden Erfolg präsentieren. Den Forschern ist es im Tierversuch gelungen, mithilfe adulter Stammzellen das Abstoßen von Organen nach Transplantation zu verhindern. Dies war bisher, wie wir uns erinnern, nur mit dem Einsatz der umstrittenen embryonalen Stammzellen erreicht worden.

Jetzt sollen in Kiel auch die Möglichkeiten für den klinischen Einsatz beim Menschen erforscht werden. Dazu entsteht ein Kompetenzzentrum Transplantationsmedizin und Biotechnologie. Das Land, die Universität Kiel und das Unternehmen Fresenius ProServe als eine public private partnership werden dafür eine auf sechs Jahre angelegte Stiftungsprofessur einrichten.

Ende Februar 2003 wurde in Lübeck weltweit zum ersten Mal ein neuer OP-Roboter eingesetzt. Mit einem computerassistierten Operationssystem wurde einer Patientin aus Lübeck in minimalinvasiver Technik die Gallenblase entfernt. Nach dem Eingriff blieben nur kleine Narben zurück. Die Technologie wurde am Massachusetts Institute of Technology entwickelt und in Zusammenarbeit mit Partnern aus den USA und Schweden vom Universitätsklinikum Schleswig-Holstein in Lübeck für die praktische Anwendung konzipiert.

Bundeskanzler Schröder hat in seiner Regierungserklärung am 14. März zu Recht darauf hingewiesen, dass die Reserven, die in einer Modernisierung der Kommunikationstechnologien im Gesundheitswesen liegen, noch nicht ansatzweise ausgeschöpft sind. Der elektronische Patientenausweis wird nach Auffassung des Kanzlers auch dazu beitragen, kostenaufwendige Doppel- und Mehrfachversorgung zu vermeiden und die Qualität der Behandlung zu erhöhen. Wenn es der Kanzler sagt, wird es schon stimmen.

(Veronika Kolb [FDP]: Dummes Zeug!)

Denn wenn wir es sagen, hört ja sowieso keiner richtig darauf.

In Flensburg ist ein derartiger elektronischer Patientenausweis im Rahmen der Gesundheitsinitiative bereits entwickelt worden. Die Karte soll Versichertendaten und einen erweiterten Notfalldatensatz mit Angaben zur Blutgruppe, zu Allergien, Impfungen, Implantaten und so weiter speichern. Mit Informationen über wichtige Medikationen und Warnhinweisen trägt sie wesentlich zur Arzneimittelsicherheit bei. Noch in diesem Jahr soll die Karte in einer Pilotgruppe in Flensburg praktisch erprobt werden, und zwar

unter Mitwirkung von Krankenhäusern, Arztpraxen und so weiter.

Exklusiv in Deutschland sind fünf schleswigholsteinische Kliniken nach einem internationalen Ausschreibungsverfahren bei der norwegischen Reichsversicherungsanstalt zur Behandlung norwegischer Patienten akkreditiert. Wir haben bereits darüber berichtet und diskutiert. Dies ist ein Beleg für die gute Qualität und das besondere Engagement schleswig-holsteinischer Krankenhäuser.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Eher für die schlechte norwegische Gesundheitspolitik!)

- Man sollte sich nie nach unten orientieren, sondern seine eigenen Sachen loben, Herr Abgeordneter Garg. Das schadet nämlich gar nichts.

(Beifall bei der SPD)

Nach Angaben der Krankenhausgesellschaft sind in den letzten zwei Jahren mehr als 1.000 norwegische Patienten in Schleswig-Holstein behandelt worden. Als wir 1999 anfingen, waren es lediglich 24.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, auf diesen positiven Urteilen über den Gesundheitsstandort Schleswig-Holstein sollten wir uns nicht ausruhen, sondern weitere Schritte entwickeln. Denn bei einem so dynamischen Markt mit einer solch rasanten technischen und wissenschaftlichen Entwicklung kann man es sich auf keinen Fall leisten, in den Anstrengungen nachzulassen. Das heißt, auch in Zukunft kommt es darauf an, die Akteure zusammenzubringen und die Fortentwicklung und Stärkung unseres Gesundheitsstandorts im Auge zu behalten.

Dabei ist auch die Intensivierung der norddeutschen Zusammenarbeit wichtig, insbesondere mit der Freien und Hansestadt Hamburg. Der Anknüpfungspunkt ist die Zusammenarbeit von Unternehmen der Medizintechnik und der Biotechnologie, wissenschaftlicher Einrichtungen aus Schleswig-Holstein und Hamburg sowie die gemeinsame Beteiligung an Messeauftritten. Auch mit Niedersachsen, das jetzt gerade das Thema Gesundheit für sich entdeckt, kann ich mir eine solche Kooperation vorstellen.

Was verstärkt werden muss, ist das Marketing des Gesundheitsstandorts Schleswig-Holsteins. Hier kommt wirklich der Satz zum Tragen: Tu Gutes, und rede darüber, statt darüber zu schweigen! Denn eine internationale Vermarktung von Kompetenzen, Dienstleistungen und Produkten des Gesundheitswesens ist ein zentraler Aspekt, um auch international den guten Ruf unseres Landes an dieser Stelle weitertragen zu können. Dazu wird als besonderer inhaltli

(Ministerpräsidentin Heide Simonis)

cher Schwerpunkt die Nutzung der I-und-KTechnologie herauszuarbeiten sein.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, jeder Bericht beschränkt sich notwendigerweise auf große Linien und einzelne herausragende Projekte. Sie haben jetzt noch die Möglichkeit, Einzelheiten in dem Bericht nachzulesen und sich damit vertraut zu machen und dann natürlich mit der Landesregierung und den Kolleginnen und Kollegen darüber zu diskutieren, wo unter Umständen noch Defizite sind und was verstärkt werden kann.

Am 13. Mai findet im Kieler Norwegenkai eine Projektbörse der Gesundheitsinitiative statt. Darin stellen sich eine Reihe erfolgreicher Projekte und Netzwerke vor. Seien Sie doch so nett, da vorbeizukommen. Sie werden stauen, was in diesem Land alles möglich ist.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)