Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben schon öfter über die Frage diskutiert, wie man die Zahl der Abgeordneten tatsächlich und wirksam reduzieren kann. Lassen Sie mich eingangs auf den Kommentar zu unserer Landesverfassung von Herrn von Mutius zurückkommen. Dort steht unter anderem:
„In Artikel 10 Absatz 2 Satz 1 wird die Zahl der Abgeordneten des … Landtages mit 75 festgeschrieben. Bisher ergab sich die Zahl der Abgeordneten aus dem Landeswahlgesetz und stand somit zur Disposition der einfachen Mehrheit im Landtag. Die Abgeordnetenzahl ist seit 1947 mehrfach geändert worden.
Zunächst sah man eine Zahl von 70 Abgeordneten im Landeswahlgesetz vor, dann ist diese Zahl auf 73 erhöht worden. Dann wurde sie auf 74 festgelegt.
„dass im Falle einer möglichen Pattsituation im Landtag verhindert werden sollte, dass dem Vertreter der Partei der dänischen Minderheit die Rolle des ,Züngleins’ an der Waage etwa bei einem konstruktiven Misstrauensvotum oder bei der Wahl des Ministerpräsidenten zukommt.“
„Die Festlegung der Abgeordnetenzahl in der Landesverfassung soll diese Frage aus der politischen Auseinandersetzung heraushalten, damit im Interesse verfassungspolitischer Kontinuität die Abgeordnetenzahl der Disposition der jeweiligen Regierungsmehrheit entspricht.“
Herr Kubicki und alle anderen, die dieser Frage der Neufestlegung der Zahl der Abgeordneten in der Landesverfassung kritisch gegenüber stehen, dies sind doch überzeugende Argumente dafür, dass wir die Zahl in der Landesverfassung festlegen. Ich und meine Fraktion wollen, dass Sie, Frau Spoorendonk, zu
Wir wollen eine tatsächliche und wirksame Reduzierung der Zahl der Abgeordneten von jetzt 75 auf 69. Sicherlich wird es in Zukunft möglicherweise Ausgleichs- und Überhangmandate geben. Wir können sie nicht abschaffen. Darüber haben wir hier mehrfach diskutiert.
Bei relativer Stabilität der beiden großen Volksparteien - die wird auch in Zukunft eintreten -, wird der Maßstab die Zahl von 69 Abgeordneten sein.
Eine Frage spielt auch die Mindestgröße eines Parlaments. Der Kollege Puls hatte in der letzten Debatte darauf hingewiesen. Ich will das noch einmal anfügen. Wir meinen, dass jetzt mit weiteren polemischen Diskussionen darüber, ob nicht etwa 50 Abgeordnete oder dann vielleicht einmal 40 oder 25 Abgeordnete reichen, Schluss sein muss. Wir sollten uns mit dieser Frage ernsthaft nicht mehr auseinander setzen. Ich hoffe, dass Sie das als Ernstzunehmende draußen im Land künftig nicht mehr tun.
Zu der Festlegung der Wahlkreise wird der Kollege Lehnert unter einem anderen Tagesordnungspunkt noch etwas sagen. Eines aber ist klar. In einem Flächenland wie Schleswig-Holstein geht es darum, dass die Abgeordneten, die sich den Wählerinnen und Wählern, den Bürgerinnen und Bürgern gegenüber verantwortlich fühlen, in einer überschaubaren Größe ihren Wahlkreis vertreten können und in Kontakt treten können zu den Vereinen, zu den Verbänden, zu den Menschen vor Ort.
Deswegen kann es nicht angehen, dass es hier aus Gründen, die kleinere Parteien haben - ich kann verstehen, dass sie im Landtag stärker vertreten sein wollen - zu einer weiteren Reduzierung der Zahl der Wahlkreise kommt. 40 ist nun wirklich die Grenze.
- Frau Kollegin Heinold, Ihnen ist schon einmal gesagt worden: Nur, weil Sie neben dem Rednerpult sitzen, ist Ihnen das Schreien - mich stört es nicht - nicht angeboren. Zu ihrem Argument, wenn es denn eines sein sollte, will ich sagen: Wir haben uns in langen Debatten davon überzeugt, dass dies die richtige Größenordnung ist.
Wir sind der Auffassung - dass will ich an dieser Stelle auch sagen -, dass schon ein Stückchen Mut dazu gehört, einer solchen Regelung gerade in der jetzigen Situation des Schleswig-Holsteinischen Landtages zuzustimmen. Zurzeit sind wir mit 89 Kolleginnen und Kollegen aufgrund des letzten Wahlergebnisses in einer extremen Situation. Ich bewundere diejenigen, die hier heute den Finger dafür heben, dass wir ab 2005 die Abgeordnetenzahl auf 69 festlegen. Die anderen bewundere ich weniger.
Ich will kurz auf das eingehen, was von Ihnen soeben nebenbei als Änderungsantrag zur Verfassung gekommen ist. An dieser Stelle möchte ich den Kollegen Kubicki zitieren - Landtagssitzung vom 13. Dezember 2002 - :
„Eine Verfassungsänderung durch einen Entschließungsantrag ohne vorherige Ankündigung auf den Weg zu bringen, dessen endgültige Fassung erst seit gestern bekannt ist, ist ein einmaliger und - wie ich meine - peinlicher Vorgang in der Parlamentsgeschichte.“
„Wir haben in der Vergangenheit immer davor gewarnt, die Verfassung zu einem Sammelsurium von aufgelisteten Staatszielbestimmungen zu machen.“
Herr Kubicki wenn Sie sich die Debatte aus den Jahren 1997 und 1998 speziell zum Thema Sinti und Roma vor Augen führen, werden Sie feststellen, dass Sie dazu Folgendes gesagt haben - das ist die 51. Sitzung vom 18. Februar 1998. Ich zitiere mit der Erlaubnis der Frau Präsidentin wörtlich:
„Wenn alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind und wir uns alle so verhalten, dass alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind: Wieso - so frage ich mich - bedarf es dann eines besonderen Schutzes! Glauben wir wirklich, dass sich die Verfassungswirklichkeit am Verfassungstext orientiert? Wenn wir be
haupten, das gelte schon fürs Grundgesetz nicht, warum sollte das für die schleswigholsteinische Landesverfassung gelten?“
Das war die Auffassung des Kollegen Kubicki zur Ablehnung der Aufnahme der Staatszielbestimmung zum Schutz der Minderheit Sinti und Roma.
Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, Sie alle kennen die Haltung der CDU-Fraktion zu diesem Punkt, zur Aufnahme dieser Staatszielbestimmung.
- Herr Kollege Kubicki es ist mir sehr ernst. Ich habe keine Lust, mit Ihnen jetzt so zu diskutieren. An dieser Stelle ist Folgendes zu sagen. Diese Gruppe der Bevölkerung in unserem Bundesland ist mit dem ganz stark emotionalen Wunsch angetreten, dass das als Staatsziel in die Verfassung aufgenommen wird. Wir als CDU haben aus vielen Gründen, die damals dargelegt worden sind, gesagt: Wir wollen es nicht. - Ich denke nach wie vor, dass es solche Begründungen gibt.
Ich möchte Ihnen in aller Ernsthaftigkeit Folgendes sagen. Ich halte es für außerordentlich bedenklich, dass man, wenn man eine solche Auffassung, wie Sie sie damals dazu vertreten haben und die von mir akzeptiert wird, nach wie vor für richtig hält, jetzt um einer politischen Strategiespielerei willen anfängt, diese Bevölkerungsgruppe mit ihrem Wunsch, in die Landesverfassung aufgenommen zu werden, wieder in die Debatte hineinbringt. Das ist einfach nicht in Ordnung.
Wir können über vieles miteinander diskutieren. Wir können an vielen Ecken miteinander streiten. Ich finde hin und wieder durchaus interessant, wenn es politische Strategien gibt, über die man sich freuen kann und bei denen man denkt: Na ja, dahinter steckt ein witziger Gedanke. - An dieser Stelle aber gebührt der Minderheit der Sinti und Roma die notwendige Sensibilität. Wenn man das eigentlich gar nicht will, sollte man diese Diskussion nicht einmal so eben nebenbei anfangen, weil man die SPD in dieser Frage vorzuführen gedenkt.
Ich halte das dieser Bevölkerungsgruppe gegenüber für nicht redlich. Das gilt auch für die anderen Staatszielbestimmungen.
Wir sind bereit, uns mit allen Fragen inhaltlich sachgerecht auseinander zu setzen, aber ich finde, wir sollten es bei solch sensiblen Themen lassen, das zu strategischen Politspielereien zu machen. Das ist nicht in Ordnung. Deswegen kann ich mich den Worten des Kollegen Puls nur anschließen.
Im Übrigen will ich abschließend sagen: Ich finde, dass das auch ein Stückchen politischer Kultur in diesem Haus ist. Wir sind uns doch alle darüber im Klaren, dass Verfassungsänderungen der Zweidrittelmehrheit bedürfen. Was soll’s denn, wenn es nicht vorher miteinander in Ausschussberatungen vernünftig besprochen worden ist, in interfraktionellen Sitzungen?